Keine kostenfreien Toiletten in Warnemünde?

Nachdem Ortsbeirat und Bürgerschaft für kostenlose Toiletten in den Rostocker Seebädern gestimmt haben, hat Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen Widerspruch eingelegt

14. Mai 2021, von
Keine kostenfreien Toiletten in Warnemünde?
Keine kostenfreien Toiletten in Warnemünde?

Kostenfreie Toiletten wünschen sich Einwohner und Urlauber in den Rostocker Seebädern schon lange. Im Rahmen der neuen Kurabgabesatzung sollte dies endlich umgesetzt werden. Der Ortsbeirat Warnemünde brachte einen Änderungsantrag ein, den die Bürgerschaft mit knapper Mehrheit beschloss. Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) ging dagegen jedoch in Widerspruch – nicht ganz unerwartet, denn es gib erhebliche finanzielle und formale Bedenken.

OB Madsen: Beschluss gefährdet Wohl der Hansestadt Rostock

„Dieser Beschluss gefährdet nach meiner Auffassung, die von sämtlichen Senatoren geteilt wird, das Wohl der Hansestadt Rostock“, heißt es im Widerspruch des Verwaltungschefs. Mit ca. 96.000 beziffert die Verwaltung die jährlichen Entgelte, die der Stadtkasse bei einer kostenlosen Toilettennutzung fehlen würden.

„Dass die Welt oder Rostock untergeht, wenn die Toiletten kostenlos sind, ist so nicht richtig“, konterte Alexander Prechtel, der in seiner Zeit als Ortsbeiratsvorsitzender selbst viele Jahre für kostenlose Toiletten in Warnemünde kämpfte. „Ich habe den Verdacht, dass dies die Zahlen von ganz Rostock sind“, so Prechtel, denn vor zwei, drei Jahren wurden ihm auf Nachfrage wesentlich niedrigere Einnahmen für die Seebäder genannt. „Selbst wenn man das nehmen würde, was hier im Widerspruch aufgeführt wird, was auf Kosten auf die Stadt zukommt, wäre das durch die halbe Million dicke gedeckt“, bezieht er sich auf die kalkulierten Mehreinnahmen durch die Anpassung der Kurabgabe. Zudem würden auch die Reparatur- und Wartungskosten für die Münzschlösser entfallen, warf Mathias Ehlers vom Umweltausschuss ein.

Die geplante Anpassung der Kurabgabe soll lt. Tourismusdirektor Matthias Fromm jedoch nur die maximal erlaubten 90 Prozent der Kosten abdecken. Fällt die Deckungsquote durch die kostenlose Toilettennutzung unter diesen Wert, müssen die Kosten indirekt doch wieder über einen höheren Zuschuss der Stadt gedeckt werden.

Steuerliche Nachteile in sechsstelliger Höhe

Neben dem Wegfall der Entgelte gib es jedoch noch ein weiteres Problem, das erhebliche finanzielle Auswirkungen für die Stadt haben könnte. Bislang werden die öffentlichen Toilettenanlagen in Rostock als „Betrieb gewerblicher Art“ (BgA) geführt. Aufgrund der Einnahmen besteht aktuell das Recht zum Vorsteuerabzug.

Wären die Toiletten kostenfrei, würde es keine Einnahmeerzielungsabsicht mehr geben und die Berechtigung zum Vorsteuerabzug entfiele, so die Verwaltung. Neben dem jährlich entgehenden Vorsteuerabzug (51.000 EUR) drohen auch Rückforderungen des Finanzamts in Höhe von 172.000 Euro. Zusätzlich würden sich geplante Investition bis 2023 um ca. 76.000 Euro verteuern.

Die Problematik ist nicht neu: Nachdem der Ortsbeirat Warnemünde 2019 versucht hatte, das Entgelt für einzelne Toiletten über sein Ortsbeiratsbudget zu finanzieren, hatte Finanzsenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski (SPD) bereits vor gut einem Jahr auf das Vorsteuerthema hingewiesen.

Ortsbeirat möchte neuen Antrag für kostenfreie Toiletten

Neben den finanziellen Aspekten gab es beim Änderungsantrag des Ortsbeirats auch formale Fehler. Die „Entgelte für die Inanspruchnahme öffentlicher Sanitäranlagen der Hansestadt Rostock“ wurden durch einen Bürgerschaftsbeschluss aus dem Jahr 2008 (0527/07-BV) festgelegt. Dieser könne nicht durch einen Änderungsantrag für die Kurabgabesatzung außer Kraft gesetzt werden, dazu wäre ein eigenständiger Beschluss des Stadtparlaments notwendig, heißt es im Widerspruch.

Bis zur Augustsitzung der Bürgerschaft möchte der Ortsbeirat die formalen Fehler beheben und einen neuen Antrag einbringen. Dabei sind zwei Punkte zu berücksichtigen, erläutert der Ortsbeiratsvorsitzende Wolfang Nitzsche (Linke). Einerseits müssen die Toilettenanlagen im Geltungsbereich der Kurabgabe aus dem Beschluss 0527/07 herausgenommen werden. Dies gilt jetzt bereits für die Toilettenanlagen auf den Friedhöfen. Deren Benutzung ist entgeltfrei und wird über die Friedhofsgebühren finanziert.

Andererseits soll die Kurabgabesatzung um den Zusatz „kostenlose Nutzung der Sanitäranlagen“ erweitert werden. Um den Wortlaut des Antrags möglichst rechtssicher zu verfassen, möchte sich der Ortsbeirat in den kommenden Wochen noch einmal intern abstimmen.

Und noch etwas gibt es zu beachten: Da die Toiletten auch von Einheimischen oder Tagestouristen genutzt werden, die keine Kurabgabe zahlen, müsste dies durch einen Eigenbetrag der Stadt pauschal abgegolten werden. Diesen Weg würde auch andere Kommunen gehen, so Prechtel, etwa Kühlungsborn.

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