2. Medienpolitischer Stammtisch in Rostock
Sind die Zeitungen noch zu retten?
2. Dezember 2009, von Dirk
Am gestrigen Dienstag fand im Studio von rok-tv der zweite Medienpolitische Stammtisch statt.
Das Thema dieser Veranstaltung „Sind die Zeitungen noch zu retten?“ gab Anlass und Zündstoff für einige interessante Gespräche.
Rostocks Offener Kanal (rok-tv) behandelt zumeist fernsehrelevante Themen, aber aus gegebenem Anlass wurde nun auch einmal den Printmedien ein Beitrag gewidmet.
Im Rahmen des Medienmagazins „Lokalisiert“ in Zusammenarbeit mit rok-tv, der tv-werkstatt, dem Institut für Neue Medien und der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde die gut besuchte Podiumsdiskussion organisiert.
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Interessant fand ich die Tatsache, dass der „Stammtisch“ als eine Liveaufzeichnung stattfand. So bekam man einen guten Eindruck, wie Fernsehen hinter den Kulissen abläuft und die vielen fleißigen Kamera-, Ton-, Licht- und Regiemitarbeiter schon etliche Minuten vor der Aufnahme verschiedenste Aufgaben durchführten.
Begrüßt durch die Leiterin von rok-tv, Bettina Pinske, wurden die Anwesenden für die Live-Veranstaltung instruiert, damit nicht noch ein Handy klingelt oder Blitze der Kameras die Aufnahmen stören.
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Moderiert wurde die Diskussion von Gerd Schneider, dem langjährigen Direktor des NDR-Landesfunkhauses Mecklenburg-Vorpommern. Zu seiner linken nahm Prof. Siegfried Weischenberg, Kommunikations- und Medienwissenschaftler sowie Direktor der Journalistischen Fakultät der Universität Hamburg, Platz. Weiterhin war der Chefredakteur des Nordkuriers, Michael Seidel, anwesend.
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Der ehemalige Chefredakteur der prämierten Braunschweiger Zeitung, Paul-Josef Raue, konnte leider aus beruflichen Gründen nicht an der illustren Runde teilnehmen. Den frei gewordenen Podiumssitz übernahm Robert Haberer, Betriebsratsvorsitzender der Ostsee-Zeitung.
Die Zeitungen stecken schon seit Längerem in der Krise. Der Auflagenrückgang ist enorm, in den letzten Jahren ist der Absatz der gedruckten Medien um ein Fünftel zurückgegangen. Daher wurde über Probleme und Perspektiven insbesondere der Tageszeitungen diskutiert.
Die Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen“ möchte die Qualität und Vielfalt im Sektor der Tageszeitungen erhalten. Bei einer von Gewerkschaften getragenen Initiative sollte man nicht allzu idealistische Ziele erwarten. Ob es allerdings überhaupt noch viel zu erhalten gibt, steht auf einem anderen Blatt.
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In der überregionalen Berichterstattung dominieren Agenturmeldungen. Dank zusammengelegter Mantelredaktionen – weit weg vom Leser – oft ohne jeden regionalen Bezug. Da könnte wenigstens bei den regionalen und lokalen Beiträgen gepunktet werden. Doch mit Artikeln auf Boulevardniveau, schlichten Meldungen und Berichten oder nahezu unverändert abgedruckten Pressemeldungen lockt man keine Leser. Eigene Recherchen, kritische Fragestellungen, Interviews – meist Fehlanzeige, leider! Belanglose Zeilen-, Spalten- und Seitenfüller sind eher die Regel als die Ausnahme. Sprachliche Schwächen und Fehler ebenso. Wen wundert es bei den ausgedünnten Redaktionen – ein Teufelskreis.
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Da dürfte sich nicht nur die jüngere Generation fragen, warum sie für Informationen bezahlen soll, die es in anderen Medien oft aktueller findet, kostenlos noch dazu. Der Griff zur Zeitung bleibt aus. Das ‚böse‘ Internet trägt natürlich auch seinen Anteil an der Krise im Zeitungsmarkt. DAS Internet, also auch wir und ihr, liebe Leser – gar nicht so anonym.
Dass der 2. Medienpolitische Stammtisch in Rostock hier Lösungen finden würde, war wohl weder Ziel noch zu erwarten. Eine interessante, rundum gelungene und sehr professionell durchgeführte Veranstaltung war es auf jeden Fall. Dank Live-Mitschnitt hoffentlich bald auf rok-tv zu sehen – schaut rein!
Bis dahin sei ein ebenso interessanter wie gut recherchierter Artikel (ja, es gibt sie noch) zur Thematik empfohlen – „Deutschland, entblättert“ von Zeit-Online.