Das Volkstheater Rostock zeigt „Amphitryon“
Komödie von Molière im Theater im Stadthafen
4. Januar 2011, von Stefanie„Was ist hier Täuschung? Was ist wahr?“ Das herauszufinden ist nicht immer einfach. Erst recht nicht, wenn höhere Mächte im Spiel sind, die anscheinend willkürlich ein Spielchen mit einem treiben. Die Motive bleiben mitunter undurchschaubar. Manchmal geschieht es auch nur aus purem Vergnügen zum Leidwesen der Getäuschten.
Das muss auch „Amphitryon“ erfahren, wie die Besucher des Theaters im Stadthafen derzeit im gleichnamigen Stück von Molière beobachten können. Bettina Rehm hat die Komödie von 1668, die sich des mythologischen Stoffes aus der Antike über die Zeugung des Halbgottes Herkules bedient, in die Gegenwart platziert. Auf der Veranda, die von Werner Brenner funktional und im biederen Baumarktschick ausgestattet wurde, kommt es zwischen dem frisch vermählten Ehepaar Amphitryon und Alkmene zum verzweifelten Ehekrach.
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Denn der Feldherr Amphitryon (Tim Ehlert) ist verwirrt. Als er nach einer erfolgreichen Schlacht zu seiner frisch vermählten Gattin (Laura Bleimund) zurückkehrt, glaubt er, sie sei nicht ganz bei Trost. Denn die behauptet doch tatsächlich, bereits mit ihm die vorherige Nacht verbracht zu haben. Doch wie kann das sein?
Das riecht gewaltig nach Betrug. Und dahinter steckt kein geringerer als Jupiter (Alexander Flache), der höchste Gott, persönlich. Der hatte mal wieder Lust auf ein kleines erotisches Abenteuer und schreckt dafür auch nicht vor unlauteren Mitteln zurück. Als übermächtiger Gott ist es für ihn ein Leichtes sich in Amphitryons Ebenbild zu verwandeln und dessen Frau zu verführen, ohne Rücksicht auf die Folgen für das Paar. Denn auch Alkmene bemerkt den Schwindel nicht und fühlt sich von ihrem Ehemann verspottet.
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Gemeinsam mit dem Publikum betrachtet Jupiter vom Zuschauerraum aus, was er durch sein Maskenspiel angerichtet hat. An seiner Seite steht Merkur (Jakob Kraze), den der oberste Gott für seine Zwecke eingespannt hat. Der Götterbote geht nicht minder zimperlich mit den Menschen um. Vor allem Sosias (Ulrich K. Müller), der Diener Amphitryons, hat darunter zu leiden. Denn Merkur beansprucht, Sosias zu sein. Doch „Kann ich aufhören, ich zu sein?“, fragt sich der in eine tiefe Identitätskrise gestürzte Diener.
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Ob Jupiter oder Merkur – die Oberen nutzen ihren Übermacht gegenüber den Unteren brutal aus, sodass einem bei der Komödie schon mal das Lachen im Halse stecken bleiben kann. Das war vielleicht auch eine Absicht des Dramatikers Molière, der mit dem Stück ursprünglich die Arroganz des Königs kritisieren wollte. Aber auch heute scheinen derartige Konstellationen ja nicht fremd zu sein. Vor allem Sosias Szenen behandeln das Verhältnis zwischen Regierenden und Regierten. „Die hohen Herren bilden sich ja ein, es müsste alles sich nach ihren Willen fügen. Der Herr befiehlt. Der Knecht muss fliegen.“ Mit der ihn besonders hart treffenden Identitätsproblematik wird er zu einer der interessantesten Figuren des Stückes.
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Seine Ehe mit Cleanthis (Sandra-Uma Schmitz) spiegelt in gewisser Weise die Haupthandlung wider, die sich vor allem mit der Beziehung zwischen Frau und Mann beschäftigt, welche zwischendurch auch immer wieder mit Songs der Popkultur klanglich untermalt wird.
Für die komischen Effekte, es handelt sich trotz aller Schicksalshärte ja um eine Komödie, liefern die beiden Doppelgängerhandlungen einige Pointen: „Herr ich war schon hier, bevor ich angekommen war.“ Obwohl sich die Schauspieler mit überzogenen Gesten und pointierter Verssprache bemühen, für Lacher zu sorgen, bleibt die Reaktion beim Publikum dennoch eher zurückhaltend.
Die nächsten Vorstellungen gibt es am 7., 8. und 16. Januar sowie am 3. Februar im Theater im Stadthafen.