Winterkonzert des Freien StudentenOrchesters Rostock 2011
Studenten musizieren vor 700 Gästen in der Nikolaikirche
20. Dezember 2011, von Andre
Studenten wird ja oft nachgesagt, dass sie neben der Uni fast ausschließlich feiern und schlafen. Dass es sich dabei (meistens) um ein Vorurteil handelt, bewies gestern das Freie StudentenOrchester Rostock. Und es war wirklich erstaunlich, was die 60 Musiker innerhalb der letzten zehn Wochen auf die Beine gestellt haben. Neben Studium und Arbeit wurden Stücke von Modest Mussorgski, Reinhold Glière und Ludwig von Beethoven einstudiert und gestern im Rahmen des Winterkonzertes vor 700 Gästen in der Nikolaikirche präsentiert.
2005 taten sich einige Hobbymusiker zusammen und gründeten ein gemeinsames Orchester. Ende 2006 waren aus den anfänglich 20 Musikern 70 geworden und das F.S.O.R. wurde als offizieller Verein eingetragen. Seitdem ist das Orchester zum größten studentischen Amateur-Sinfonieorchester in Mecklenburg-Vorpommern angewachsen und begeistert mit mehreren Konzerten im Jahr. Alle Musiker und auch der Vorstand machen ehrenamtlich und aus Liebe zur Musik mit.
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Fast kein Sitzplatz war gestern Abend mehr frei in der Nikolaikirche. 700 Zuschauer wollten erleben, wie sich die Musiker drei große Komponisten vornehmen.
Unter der Leitung von Dirigent Henning Ehlert, der sonst als Studienleiter und Korrepetitor am Theater Vorpommern beschäftigt ist, wurde als Erstes Modest Mussorgski zu Gehör gebracht. Das Werk „Night on Bald Mountain“ des russischen Komponisten war der ideale Auftakt des Abends – sogar mit mehreren Paukenschlägen. Die Musik zeigt eine vierteilige Hexengesellschaft und klang dementsprechend düster und bedrohlich, unterstützt auch von der grandiosen Akustik in der Kirche.
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Als Nächstes folgte ein dreiteiliges Hornkonzert von Reinhold Glière. Für die drei Sätze war Juliane Grepling als Solistin zu Gast. Die 23-Jährige begann im Alter von acht Jahren Horn zu spielen und ist seitdem zu einer mehrfach preisgekrönten Musikerin geworden. Und so überzeugte sie auch vollkommen im Zusammenspiel mit dem Rest des Orchesters. Auch wenn Glière eher unbekannt ist, war es doch eine gute Wahl der Rostocker Musiker, dieses romantisch angehauchte und mit leichten Folkloreelementen versehene Stück zu spielen.
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In der folgenden Pause konnten sich die Gäste mit einem Glühwein stärken und auch die Bilder und Gedichte von Schülern der Hundertwasserschule begutachten. Denn für das Konzert rief das F.S.O.R. die Aktion „Kinder in die 1. Reihe“ ins Leben. Zuerst wurde im November an der Schule in Lichtenhagen ein großer Projekttag organisiert, wo die Kinder die Instrumente selbst mal ausprobieren und kennenlernen durften. Zum Abschluss des Tages gab es ein Quiz, in dem die Kinder Freikarten für die erste Reihe bekamen. Als Teil der Arbeit gestalteten die Fünftklässler dann Bilder und Gedichte zu Modest Mussorgskys Werk, die in der Kirche gezeigt wurden.
Zum Abschluss wagte sich das F.S.O.R erstmals an Ludwig van Beethoven. „Geduld, Disziplin und Präzision sind die besonderen Fähigkeiten, die wir während unserer Proben erlernten, um Beethoven lebendig werden zu lassen“, berichten die Musiker im Programmheft. Und sie schlugen sich dabei sehr gut. Ich konnte bei der Darbietung der etwas unbekannteren 2. Sinfonie in D-Dur keine Qualitätsunterschiede zu einem professionellen Orchester erkennen.
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Und auch das Publikum war begeistert und spendete mehrere Minuten lauten Applaus. Unter den Gästen waren auch Conrad Hofmeister und Mathilde Bénard. Die beiden sind Studenten und haben auch ein kleines Kind, was den regelmäßigen Besuch von Konzerten natürlich schwierig macht. „Aber wenn man dann doch mal Zeit hat, gehen wir schon ganz gerne mal zu solchen Abenden“, sagte Conrad. „Es war eine tolle Stimmung in der Kirche und es hat mir wirklich ganz toll gefallen“, resümiert Mathilde. Auch sie waren sich einig, dass man keinen Unterschied zu professionellen Musikern gehört habe.
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Und wie fanden es die Musiker selbst? „Ich bin total begeistert. Es waren so viele Leute da, es war richtig bewegend auf der Bühne zu stehen“, sagte Theresa Lücking. Die Cellistin, die Lehramt studiert, ist mit vier weiteren Musikern auch im Vorstand des Orchesters. Unter ihnen auch Deborah Bergter, die schon seit fünf Jahren dabei ist. „Wir haben zu Semesterbeginn angefangen, einmal die Woche und an zwei separaten Wochenenden zu proben“, berichtet die Referendarin.
„Wir haben uns 600 Leute als Ziel gesetzt und das haben wir erreicht“, erzählt Theresa stolz. Besonders bei so viel Arbeit, die in einem Konzert steckt, sei es toll, wenn das dann so gewürdigt wird, besonders da das Studium doch teilweise etwas darunter leiden musste. Besonders die aus einer spontanen Idee entstandene Aktion mit den Kindern war für alle Beteiligten ein großer Gewinn. Die Musiker hatten Spaß und auch die Kinder in der ersten Reihe waren begeistert.
Die nächste Möglichkeit, das Orchester live zu erleben, bietet sich am 5. Februar. Dann gibt es, wieder in der Nikolaikirche, ein gemeinsames Benefizkonzert mit dem Rock-Pop-Gospel Chor CELEBRATE. Jeder der etwas für Musik übrig hat, sollte sich diesen Termin im Kalender markieren.