„QUOAI“ und „apfelbaum“ - Galerie Wolkenbank
Von Mathematik, Kunst, Bildung und kleinen Baumeistern
27. März 2010, von Olaf
Interdisziplinär dürfte das Wort der Woche werden. Nachdem ich am Mittwoch bei der Interdisziplinären Fakultät der Uni Rostock zu Gast war, zog es mich heute in die Galerie Wolkenbank.
Vom Hörsaal in die Galerie? Der eine oder andere mag sich vielleicht verdutzt die Augen reiben, aber es passt durchaus! Kunst, Bildung und Wissenschaft haben sich – interdisziplinär oder fachübergreifend – vereint und das Ergebnis ist: QUOAI.
QUOAI, ein Spiel aus 100 Holzbausteinen, das Zahlen begreifbar macht, spannende Einblicke in die Mathematik ermöglicht und dabei einen pädagogischen Ansatz verfolgt.
Mathematik und Kunst zu vereinen, so lautet das Ziel, das die Bildhauerin Claudia Maria Ammann mit ihrem Spiel erreichen möchte.
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Wer sich um den „apfelbaum“ sorgt, dem sei versichert, dass dieser nicht für die 100 kleinen Holzbausteine sterben musste. Der Titel der Ausstellung sei symbolisch gemeint. Erfolgt Erkenntnis für die Künstlerin doch am besten durch einen herzhaften Biss in einen Apfel.
Eröffnet wurde die Ausstellung mit einem fachübergreifenden Gespräch, moderiert von Dr. Kornelia Röder vom Staatlichen Museum Schwerin. Und auch hier wurde der symbolträchtige Apfel zwischen den Gesprächspartnern hin und her gereicht.

Zu der Idee ist sie ganz im Spiel gekommen, erläuterte die Künstlerin. In der Schule sei sie immer zu langsam gewesen. Vor allem, weil sie stets gründlich sein musste. „Ich konnte nichts lernen, was ich nicht verstehen durfte”, so Ammann.
Viele Menschen seien in der Lage, etwas zu lernen, was sie erst mal nicht verstehen. „Das bewundere ich, aber bei mir ist es nicht so und ich habe gesehen, dass es sehr, sehr viele Leute gibt, die das Problem haben.“
Als ihre erste Tochter acht Jahre alt war, habe sie sich daran erinnert und sie gefragt, welche Farben die Zahlen hätten. Nur so, als Spiel.
Da achtjährige Mädchen durchaus andere Interessen haben, als mit ihren Müttern zusammen Zahlen zu jonglieren, musste Claudia Ammann alleine weiter spielen. Herausgekommen ist die Matrix, die wir oben (und unten) im Bild sehen.
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Vom kleinen Einmaleins sei sie zur Modulo 9-Matrix gekommen. Für alle, bei denen die Schulzeit doch schon ein wenig zurückliegt: Es ist der Rest, der bei der ganzzahligen Division durch 9 verbleibt – in diesem Fall noch mit 9 für Rest 0, damit die Null entfällt. Tja, schwere Kost am Samstagabend.
Claudia Ammann habe aber einfach nur die Quersummen genommen und gar nicht gewusst, was sie da macht. Dabei sei sie jedoch „in einen Lustgarten gefallen“ und so kam es zu QUOAI – 100 Holzklötzchen, die durch Größe, Farbe und Motiv die Zahlen von 1 bis 9 repräsentieren.
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Sie habe gesucht und gesucht, bis plötzlich Dr. Bärbel Lorenz auf ihren Hof kam. Bärbel Lorenz, Lerntherapeutin am Duden-Institut, arbeitet mit Kindern, die eine Rechenschwäche haben.
Plötzlich mit neun statt mit zehn Zahlen zu rechnen, „bricht erst mal völlig das Denken um“, so Lorenz. Das Verständnis für Zahlen spielerisch zu entdecken, selbst kreativ zu sein, sei eine Chance für Kinder, die nicht den Zugang zur geschriebenen Ziffer haben.
In tage- und nächtelangen Diskussionen sei ein pädagogisches Handbuch entstanden, das viele Möglichkeiten zum Entdecken bietet. Damit es nicht heißt, „ach, wir nehmen es einmal und spielen mal und dann stellen wir es wieder in die Ecke“.
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Solveig Haugwitz ist über einen Beitrag im Fernsehen auf die Idee aufmerksam geworden.
Selbst in der Weiterbildung tätig, war sie sich sofort sicher: „Das muss in Lehrerfortbildungen gezeigt und vorgestellt werden!“ Schnell war der Kontakt hergestellt und zusammen mit Claudia Ammann präsentierte sie den Lehrern das Spiel in ihren Seminaren.
Klar zu machen, „dass man durch den handlungsorientierten Umgang mit so einem wundervollen Material manchmal viel mehr Mathematik schaffen kann, als es mit einer Lehrbuchseite oder auch zweien gelingt“, sei ihr dabei ein besonderes Anliegen gewesen.
Schließlich müssen die Lehrer – trotz des Rahmenplans – die Zeit einräumen, um im Unterricht zu spielen.
Vera Hempel, Kindergärtnerin und auf Psychomotorik spezialisiert, hat Claudia und damit auch QUOAI in der Silvesternacht kennengelernt. Es war gleich so, dass „in ihrem Kopf mehrere Türen aufgesprungen sind.“
Wenn man mit Kindern zusammensitzt und spielt, eröffne sich auch den Erwachsenen eine völlig neue Welt. Alle mit Mathematikschwäche oder auch –stärke seien gleichermaßen begeistert. Das habe sie ganz besonders fasziniert, betonte Hempel.
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„Zahlen sind nicht einfach nur langweilig oder starr, sondern was ganz Spannendes und hier hat man das direkt vor Augen.“
„Ein Kern von Zahlen, ein Apfelkern …“ – da schloss sich der Kreis also wieder.
Wünschen würde sich Vera Hempel, dass sich auch in der Psychomotorik ein Platz für die Idee finden lässt, um es an Erzieherinnen und Pädagoginnen weiterzureichen, damit möglichst viele in den Genuss dieses Spiels kommen.
Für den musikalischen Rahmen sorgte an diesem Abend übrigens Moritz Köther auf seinem Saxophon.
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Grau ist alle Theorie, was zählt, ist der harte Praxiseinsatz. Kuno, der kleine Baumeister, schien von den Holzbausteinen jedenfalls mehr als begeistert zu sein. Auch, wenn ihm das kleine Einmaleins dabei sicher noch völlig egal gewesen sein dürfte, noch …
Dass Holzbausteine nicht nur den ganz Kleinen Spaß bringen können, bewies Anja Willutzki (21). Sie ließ sich von Johanna Heyne in die Geheimnisse des Spiels einweihen und war sichtlich stolz, als sie nach kurzer Zeit ihre Modulo 9-Matrix erschaffen hatte.
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Wer hätte das gedacht? Kleine Bauklötzchen zaubern jungen Damen ein Strahlen ins Gesicht! Wenn das nicht der ultimative Geschenktipp für den nächsten Geburtstag ist.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Liebste nicht mit den Steinchen nach euch wirft, weil sie doch eher etwas anderes erwartet hat …
Bei einem Glas Wein und dem einen oder anderen netten Gespräch klang ein gelungener Abend in und vor der Galerie Wolkenbank aus.
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Wer jetzt neugierig geworden ist, kann die Ausstellung noch bis zum 24. April besuchen. Geöffnet ist die Galerie Wolkenbank Mittwoch bis Samstag jeweils von 14 bis 19 Uhr.
Natürlich kann das Spiel in der Galerie auch käuflich erworben werden. Verschiedene Größen und sogar ein Computerspiel sind im Angebot – für den Nachwuchs oder die Liebste.