Stromerwachen und Drehorgeln in Warnemünde
Warnemünde am 1. Mai 2010: 16. Stromerwachen und 6. Drehorgeltreffen
2. Mai 2010, von Katrin
Es ist Mai, der erste Mai 2010. Bilderbuchwetter, vergnügte Leute und wieder einmal erwacht Warnemünde aus seinem Winterschlaf.
Die Vorsitzende des Warnemünde Vereins, Astrid Voß, freute sich gestern über die so zahlreich erschienen Gäste des 16. Stromerwachens in Warnemünde. Ferner erklärte sie: „Der Schnee türmte sich noch tief, als wir mit unseren Partnern anfingen, dieses Wochenende zu planen“. Genauso lange aber freue sich der Verein auch schon auf diese Festtage, betonte sie.
Mit dem Stromerwachen wurde traditionell die Warnemünder Saison eröffnet. Zugleich fand das 6. Drehorgeltreffen in Warnemünde statt. Seit 2000 treffen sich alle zwei Jahre Drehorgelspieler aus ganz Deutschland und Europa, um mit ihren historischen mechanischen Orgeln und dem Warnemünder Publikum ein freudiges Drehorgelfest zu feiern. Aus ihren musikalischen Zauberkästen erklangen fröhliche Schlager, Evergreens und Volkslieder.
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Dr. Ullrich Wimmer vom „Club Deutscher Drehorgelfreunde“ verwies gegen 11.15 Uhr an der Alten Vogtei dezent auf die Sammeldosen, die sich an den Orgeln befinden. Das Drehorgel spielen mache nämlich sehr durstig, meinte er. Was zwar die Warnemünder Wirte freue, die Drehorgelspieler seien deshalb allerdings auf die Großzügigkeit ihrer Hörerschaft angewiesen.
Er führte weiter aus, dass sein Club habe mehr als tausend Mitglieder aus 16 Nationen habe. Viele Mitglieder seien schon etwas älter. Doch halte das Spielen der Drehorgel nun einmal jung. So gäbe es etwa Drehorgelfreunde, die gerade 90 geworden seien und dennoch mit ihren Orgeln nach Paris oder Wien reisten. In seinen Grußworten dankte er abschließend in heiterem Ton den Warnemündern dafür, „dass sie das ertragen, drei Tage lang Gedudel“.
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Daraufhin wurde traditionell die über 100-jährige Bahnhofsbrücke gedreht. Die starken Männer des Football-Teams „Rostock Griffins“ übernahmen diese ehrenvolle Aufgabe. Für die musikalische Begleitung des bedeutenden Augenblicks sorgte das Drehorgel-Orchester „Musica-Romantica“ mit Frerich und Theda Kramer, Gerold Bülthoff und Rudolf Poppinga aus Rhauderfehn. Tanzende Paare sah ich auch auf der Brücke. Ein kunterbuntes Treiben, wie es sich für ein schönes Volksfest gehört, war das eben.
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Ein Ereignis jagte das nächste. Die Brücke war kaum wieder geschlossen, da trat schon die Kindertruppe der Warnemünder Trachtengruppe auf. In ihren historischen Trachten, die übrigens allesamt selbst geschneidert wurden, führten sie traditionelle Volkstänze vor. Karin Scarbarth, die Leiterin der Gruppe, gab am Ende der Darbietung einem besonderen Herzenswunsch Ausdruck. Sie erklärte, dass noch jemand gesucht werde, der die kleinen Tanzdirns tänzerisch unterrichten helfen könne. Wer Interesse daran hätte, könne sich jederzeit bei der Warnemünder Trachtengruppe melden.
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Dann war es endlich soweit. Viele der anwesenden Männer hatten wohl schon sehnsüchtig auf diesen Moment gewartet. Gerade erst frisch im Amt, vollzog der Tourismusdirektor Matthias Fromm den Fassbieranstich. Plötzlich bildete sich eine erwartungsvolle Menschentraube am Ort des Geschehens. Mit Bier hatte ich nicht so viel am Hut und verließ lieber das Getümmel.
Ich schlenderte ein wenig vor mich hin, da begegneten mir und meiner Kamera die Drehorgelspieler Leo Schiffer und Edith Kuhlmann aus Brunsbüttel.
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Sie erzählten mir, was sie so sehr am Drehorgelspielen fasziniere. Der unmittelbare Kontakt mit den Menschen auf der Straße begeistere sie. Viele Leute würden ihnen ihre großen und kleinen Geschichten erzählen und so ständen sie immer „mitten im Leben“, beschrieb es Leo Schiffer.
Edith Kuhlmann verriet mir noch, dass die Hunde die vielen Reisen ganz prima mitmachen würden. Die beiden spielen einzeln oder im Duett auf modernen und historischen Drehorgeln. Ihr musikalisches Repertoire reicht dabei von Klassik über Jazz, Rock und Pop bis hin zu Evergreens und Schlagern. Musik zum Tanzen, Schmusen, Schunkeln und Mitsingen steht bei ihnen auf dem Programm.
Ich musste mich aber leider schon wieder von ihnen verabschieden, wollte ich doch unbedingt noch am Alten Strom entlang spazieren, das Handwerkerdorf am Leuchtturm in Augenschein nehmen und eine Runde mit dem Riesenrad drehen.
Mein Weg zum Riesenrad führte entlang des Alten Stroms. Ich kam an den unterschiedlichsten Marktständen vorbei. Da wurden Schmuckstücke, Holzspielzeug, Kitsch und Dekoartikel, Glaskunstwerke, Schuhe und Dufthölzer angeboten. Ein kunterbuntes Angebot, wie geschaffen für einen gemächlichen kleinen Wochenendbummel. Für das leibliche Wohl war ebenfalls gesorgt. Crépes, Räucherfisch, Kuchen, Bier, Mutzen und Rostocker Rauchwurst. Was immer auch das Herz oder der Magen begehrte, hier wurde man fündig.

Mitten im Getümmel begegnete ich einer weiteren ganz eigenen lieben Persönlichkeit. „Vogel-Jockel“ konnte die unterschiedlichsten Vogeltöne nachahmen. Wirklich beeindruckend, diese Schose. Ich hatte mich bereits von ihm verabschiedet, da hörte ich ihn noch sagen: „Na, ich bin wohl die einzige Pfeife hier, was?“.
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Mit jedem Schritt erhob sich mein Ziel, das Riesenrad, höher in den Himmel. In diesem Jahr war es zum ersten Mal direkt am Strand aufgebaut worden. Ich freute mich schon auf den Ausblick übers Meer und musste auch gar nicht lange warten, um einen Platz in einer der runden und schaukligen Hängekabinen zu ergattern. Am Himmel war kaum eine Wolke zu sehen und so war der Ausblick überwältigend. Ich konnte nicht nur ganz Warnemünde, sondern auch die tiefblaue Ostsee weithin überblicken.
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„Der Frühling ist nun endlich da, wie wunderbar, trara“, dachte ich, ließ mir die Sonne ins Gesicht scheinen und den Seewind um die Ohren pfeifen.
Das Handwerkerdorf am Leuchtturm wollte ich mir abschließend noch anschauen. Da herrschte eine biergartenähnlich fröhliche Stimmung und es gab neben einer Besenbinderei, einer Bernstein-Manufaktur auch eine Böttcherei zu entdecken.
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Eil derweil hatte ich genug gesehen und erlebt. Mein Heimweg entlang des Alten Stroms wurde begleitet von den vielen, übrigens auch bunt und prächtig gekleideten, Drehorgelspielern und ihren lustigen Liedern.
Auch die nächsten Tage ist noch viel los im Ostseebad. Wie wäre es mal wieder mit einem kleinen Ausflug?