Neues Anwendungszentrum für Regelungstechnik

Universität Rostock und die IAV automotive engineering tüfteln gemeinsam in einer Versuchshalle im Rostock Park im Tannenweg

2. Februar 2012, von
Das neue Anwendungszentrum Regelungstechnik
Das neue Anwendungszentrum Regelungstechnik

Daniel Düsentrieb hätte sich hier ganz sicher wohlgefühlt. In einer etwa 300 qm großen Halle etwas abgelegen am westlichen Stadtrand Rostocks wurde heute eine neue Wirkungsstätte für Forscher der Universität Rostock und Ingenieure der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV) eröffnet. Nach bereits zehnjähriger Zusammenarbeit ziehen nun die Wissenschaftler des Lehrstuhls für Regelungstechnik und die IAV automotive engineering unter ein mit alten Holzpfeilern abgestütztes Dach. Auch die Fachhochschulen Wismar und Stralsund waren am Aufbau des Anwendungszentrums für Regelungstechnik beteiligt und werden auch zukünftig an gemeinsamen Projekten zusammenarbeiten.

Prof. Dr. Bernhard Lampe
Prof. Dr. Bernhard Lampe

Im Mittelpunkt steht dabei immer die Regelungstechnik. Es handelt sich dabei um eine versteckte Technologie, wie Prof. Dr. Bernhard Lampe, Dekan der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik, hinweist. Ein Kind hätte zwar Arme und Beine, könne trotzdem nicht sofort laufen, sondern müsse es lernen. Ein hervorragender Fußballspieler, der seinen Lauf auch noch mit anderen Spielern koordinieren muss, sehe auch nicht viel anders aus als wir alle. Es komme auf die Inneren Werte an, die Prozesse die ablaufen, veranschaulicht der Wissenschaftler das Forschungsgebiet.

Auch bei der Entwicklung neuer Technologie im Anwendungszentrum für Regelungstechnik geht es um die Inneren Werte von Mensch, Technik und Systemen. Die Forscher wollen biologische und technische Prozesse nicht nur verstehen und dafür Experimente durchführen und Modelle konstruieren, sondern ihre Erkenntnisse auch anwenden und Regelkreise beeinflussen. „Theorie und Praxis müssen Hand in Hand gehen“, betont Bernhard Lampe.

Drei Felder stehen dabei im Fokus in der Versuchshalle, in der 20 bis 30 Mitarbeiter gleichzeitig tätig sein können: die Weiterentwicklung von Automotoren, Experimente zur automatischen Steuerung von Schiffen und Meeresfahrzeugen sowie Untersuchungen zur Unterstützung des menschlichen Herzens durch geregelte Pumpensysteme.

Arbeit am Motorenstand
Arbeit am Motorenstand

Für die Weiterentwicklung von Automotoren wurde ein moderner Motorenprüfstand eingerichtet. Für diesen Bereich haben sich die Wissenschaftler der Universität Rostock mit der IAV automotive engineering, zu deren Kunden die Autohersteller VW, Audi und Porsche gehören, zusammengetan. Bereits vor zehn Jahren begann die Kooperation. Nun ist das Büro der IAV von Wismar nach Rostock umgezogen. Von der räumlichen Nähe zur Hochschule verspricht sich Dr. Rüdiger Goyke, Arbeitsdirektor bei der IAV, eine Erweiterung des Forschungsspektrums und qualifiziertes Personal. „Wir machen keinen Maschinenbau, sondern Regelungstechnik“, unterstreicht noch einmal ein Mitarbeiter. „Heute gibt es viel Elektronik im Motor. Die Software der Steuergeräte, um beispielsweise die Leerlaufdrehzahl zu optimieren, die machen wir. Was hier entwickelt wird, werden Sie in zwei bis drei Jahren in Ihrem Fahrzeug finden, leider nicht sichtbar, nur als Algorithmus.“

Modelle für die Erforschung maritimer Steuerungssysteme
Modelle für die Erforschung maritimer Steuerungssysteme

Nicht nur die IAV automotive engineering, auch andere Partner der Universität nutzen die Versuchshalle für gemeinsame Forschung. Mit der TU Berlin entwickeln die Rostocker Ingenieure einen Rettungskatamaran. Ein Mitarbeiter erklärt das Problem: „Auf großen Schiffen bleibt oft unbemerkt, wenn einer über Bord geht. Wenn es bemerkt wird, das Schiff gebremst und beigedreht hat, ist es zu spät.“ Ihre Lösung des Problems ist ein Fahrzeug, das automatisch abgeworfen wird, sobald ein Sender an der Weste des Seemanns mit Wasser in Berührung kommt. Automatisch wird dadurch ein Signal zum Rettungskatamaran gesendet. Dieser steuert dann auf den Rettungsbedürftigen zu und kann ihn aufnehmen.

Rettungkatamaran
Rettungkatamaran

Während es bei diesem Projekt um Leben und Tod geht, will ein anderer Hersteller seinen Kunden mit einem Katamaran, auf dem ein Wohnwagen gestellt werden kann, die Ferien versüßen. Dafür setzt er auf ein Steuerungskonzept, dass im Anwendungszentrum für Regelungstechnik erarbeitet wird. In einem runden Bassin können die Ingenieure kleine Modelle schwimmen lassen.

Alexander Sievert
Alexander Sievert

Im medizinischen Bereich forscht Ingenieur Alexander Sievert an einem Herzunterstützungssystem. „Wenn das Herz es nicht mehr schafft, ausreichend zu pumpen, wird es mit diesem System verbunden“, erklärt er. Um zu überprüfen, ob das, was entwickelt wurde, auch funktioniert, wurde im Anwendungszentrum für Regelungstechnik ein Ersatzkreislauf entwickelt, der in dieser Entwicklungsphase Tierversuche erspart.

„Die messtechnischen Möglichkeiten waren am Institut, wo wir zuvor gearbeitet hatten, beschränkt. Hier hat man alles konzentriert an einem Ort,“ lobt er seinen neuen Arbeitsplatz.

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