„Luv un Lee“ und Kathy Kelly in der KTV
Ein Shanty-Gospel-Konzert der besonderen Art in der Heiligen-Geist-Kirche
24. Mai 2010, von Katrin
Am Freitag wurde ich in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt Zeugin eines musikalischen Zusammentreffens der besonderen Art. Kathy Kelly, die viele Jahre lang Produzentin und Sängerin der erfolgsgekrönten Familiencombo „The Kelly Family“ war, musizierte gemeinsam mit dem Rostocker Shanty-Chor „Luv un Lee“ in der Heiligen-Geist-Kirche. Als ich diese erreichte, war sie schon recht gut gefüllt und ich hatte großes Glück, noch einen Platz in der ersten Reihe erwischen zu können.
„Grande Dame of Gospel and Folk“ wird sie genannt. Kathy Kelly wurde 1963 in Massachusetts geboren und fand fünf Jahre später in Spanien eine neue Heimat. Als sie 15 Jahre alt war, begann ihre Familie die Laufbahn als Straßenmusiker. Die Kellys entwickelten sich zur weltbekannten Kultband. Ihr Album „Over the Hump“ war in Deutschland die meistverkaufte Platte aller Zeiten. Derzeit befindet sich Kathy auf ihrer „Gospel-European Tour“. Diese führte sie auch nach Rostock.
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Gospelsongs und Seemannslieder, ob das zusammenpasst? Von langen Reisen, harter Arbeit, Liebe und der Sehnsucht nach der Heimat erzählen jedenfalls Shantys wie auch Gospelsongs. Und dass diese Genres sehr wohl miteinander harmonieren, konnte ich an diesem Abend selbst erleben.
Zuvor hatte ich mich noch ein wenig zu gedulden. Die Tür im Chorbereich, der zur Bühne umfunktioniert worden war, ging ab und an auf. Dann stiefelten aber immer nur Tontechniker oder andere wichtige Konzert-Organisations-Management-Leute hindurch. Sie warfen einen verstohlenen Blick auf das Publikum, redeten mit anderen wichtigen und ebenfalls sehr beschäftigten Menschen und stimmten Musikinstrumente. Ich wurde schon richtig ungeduldig, da traten die Chorsänger von „Luv un Lee“ endlich vor ihr Publikum. Und was war das für ein Auftritt! Während sich der Chor noch positionierte, trat einer der Sänger in den Vordergrund und läutete feierlich den Beginn des Abendprogramms an der „Luv un Lee“-Glocke ein. Dann färbte sich der gesamte Chorbereich rot und die Matrosen von „Luv un Lee“ stimmten ihr erstes Lied an.
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Die Shanty-Truppe gibt es schon seit 1981. Damals wurde sie vom VEB Fischkombinat Rostock gegründet. Seit 1990 werden ihre Lieder im NDR und auf weiteren Sendern ausgestrahlt. Zwei Tourneen durch die USA haben sie erlebt und sie sangen 1999 im Rahmen eines Sommerfestes zum Ende der Amtszeit des einstigen Bundespräsidenten Roman Herzog auf Schloss Bellevue. Ihr Repertoire umfasst Shantys, Seemannslieder, maritime Evergreens, Heimat- und Scherzlieder sowie weihnachtliche Lieder. Diese singen sie auf hochdeutsch, englisch und „up platt“.
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Nun aber zurück zum Konzert. Ihr zweites Lied an diesem Abend war „Gelbe Rose von Texas“. Es ist von Seeleuten aus Amerika nach Europa gebracht worden und handelt von Liebe und einem schönen Mädchen.
Das nächste Lied, „Sailing“, bezog sich auf den Augenblick an Bord eines Schiffes, indem die optimistische Stimmung der Seefahrer in Sehnsucht nach zu Hause umschlägt. „So mancher Sturm wird wehn, bis wir uns wiedersehn“, sangen „Luv un Lee“. Der Klang ihrer Stimmen ertönte in der Kirche noch eindrucksvoller als an anderen Orten. Die Heiligen-Geist-Kirche schien mir der rechte Ort zu sein, um diesen phantastischen Sängern noch mehr Klangraum zu geben. Die Wirkung ihrer Darbietung steigerte sich dadurch sehr. Nach dem fünften Lied trat der Shantychor zunächst ab, um dem Star des Abends Freiraum auf der improvisierten Bühne zu gewähren.
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Kathy Kelly nahm diesen dankend an. Nach nur kurzer Begrüßung des Publikum stimmte sie den Opener „Who´ll Come With Me“ an. Dabei begleitete sie der Keyborder Andreas Recktenwald. Beide wussten das Publikum in Handumdrehen zu begeistern. Neben gefühlvollen Balladen stimmten sie auch stimmungsgeladene und heitere Songs an. Kathy erwies sich bei der Performance als absolute Multiinstrumentalistin. Spielte sie eben noch Akkustikgitarre, griff sie beim nächsten Song schon zum Akkordeon. Neben englischsprachigen Titeln erklangen auch deutsche und spanische. Bei Letzteren musste ihr besonders warm ums Herz geworden sein, denn sie erwähnte anschließend ihre glücklichen Erinnerungen an ihre Kindheit in Spanien. Nun folgte eine Pause.
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Danach trat erneut der Shantychor vor die Mikrophone. Die „Islandfischer“, ein altes flämisches Fischerlied, eröffnete von neuem den maritimen Liederreigen. Nach dem „Samoasong“ und einigen weiteren gab der Chor das „Seemannslied-Medley“ zu Gehör. Die Zuhörer klatschten dabei im Takte. Bei solch guter Stimmung ließen es sich beide, der Chor und Kathy Kelly, nicht nehmen, zum Höhepunkt dieses Konzertes gemeinsam aufzutreten. Bei Evergreens, wie „La Paloma“ oder „Rolling Home“, konnten sie ihr ganzes Können vereinen. Die Hörerschaft geriet dabei ganz aus dem Häuschen. Am Ende der Veranstaltung waren sowohl „Luv un Lee“, Kathy Kelly wie auch das Publikum dankbar für diesen gelungenen Abend. Als besonderen Abschluss darf auch Kathys Resümee verstanden werden, dass Rostock ihrer Meinung nach vor zwanzig Jahren schon eine liebenswerte und schöne Stadt gewesen, heute aber noch viel schöner sei.