Protest zur feierlichen Immatrikulation an der Universität Rostock

Studenten protestieren beim traditionellen Einzug der Universitätsleitung in die Marienkirche gegen Burschenschaften

17. Oktober 2014, von
Der Einzug des akademischen Festzuges in die Marienkirche wird von Burschenschaftsgegnern flankiert, die die Burschenschaftler in die zweite Reihe drängen.
Der Einzug des akademischen Festzuges in die Marienkirche wird von Burschenschaftsgegnern flankiert, die die Burschenschaftler in die zweite Reihe drängen.

Seifenblasen und Tomaten flogen heute vor dem Portal der Marienkirche durch die Luft. Aus Protest gegen die Burschenschaftler, die beim traditionellen Einzug der Universitätsleitung in die Marienkirche, wo die Universität 1419 einst gegründet wurde, ebenfalls schon traditionell Spalier stehen. Zur Begrüßung vieler neuer Studenten an der Universität haben sich Rektor und Dekane mit historisch anmutenden Talaren herausgeputzt und auch die Burschenschafter zeigen sich in alten Schmuckuniformen und heben beim Eintritt des akademischen Festzugs in die Kirche ihre Degen über die Köpfe.

Traditionell ziehen der Rektor und die Dekane anlässlich der feierlichen Immatrikulation in historischen Gewändern vom Hauptgebäude der Universität über die Kröpi bis zur Marienkirche. In diesem Jahre erstmalig an einem Freitagnachmittag mit vielen Passanten. Bisher fand der Umzug immer am Samstagvormittag statt.
Traditionell ziehen der Rektor und die Dekane anlässlich der feierlichen Immatrikulation in historischen Gewändern vom Hauptgebäude der Universität über die Kröpi bis zur Marienkirche. In diesem Jahre erstmalig an einem Freitagnachmittag mit vielen Passanten. Bisher fand der Umzug immer am Samstagvormittag statt.

In diesem Jahr jedoch blieben die Degen in der Scheide und die drei Vertreter der Burschenschaft Obotritia, die der Ankündigung der Demonstration trotzten, traten in die zweite Reihe. Vorne hatten sich gut dreißig Studenten mit Regenbogenflaggen und Bannern aufgestellt, um gegen die „Burschis“ zu protestieren. „Wir wollen sie hier nicht haben, weil sie sexistische, nationalistische teils auch rassistische Tendenzen haben. Das gehört nicht zur Universität, die sich für Vielfalt und Toleranz einsetzt“, erklärt Florian Fröhlich vom Allgemeinen Studierenden Ausschuss (AStA) der Universität, der zu der Demo aufgerufen hatte. Erst letzte Woche hatte sich der Studentenrat in einem Beschluss von Burschenschaften, „Studierendenverbindungen“ und Corps distanziert und sich gegen die Inszenierung als Teil der Universität während der feierlichen Immatrikulation ausgesprochen. Auf dieser Sitzung war ein Kandidat, der ebenfalls Mitglied einer Verbindung sein soll, ebenfalls bei der Gremienwahl chancenlos geblieben, tickerte das Studentenmagazin Heuler.

Die Studentenvertretung hatte zum Protest gegen das Spalierstehen der Burschenschaften vor dem Marienkirchenportal aufgerufen.
Die Studentenvertretung hatte zum Protest gegen das Spalierstehen der Burschenschaften vor dem Marienkirchenportal aufgerufen.

Der Gegenwind bei der Immatrikulationsfeier ist für die Burschenschafter neu, träfe sie aber nicht wirklich, sagen die drei Obotriten. „Ich bin für Vielfalt und gegen Rassismus. Ich hasse es, wenn andere intolerant gegenüber Unbekannten sind. Ich habe kein Problem damit, wogegen sie demonstriert haben“, sagt Kolja, der sich mit Vorurteilen aus der Burschenschaftsszene konfrontiert sieht.

Nils, auf dessen Stirn eine Fechtnarbe prangt, erklärt den Hintergrund des Spalierstehens so: „Früher war es üblich, dass die Studenten dem Rektor die Ehre bezeugten. Die Tradition führen wir gerne weiter. Auch wir wollen die Erstsemester begrüßen und ihnen viel Glück wünschen.“

Ein Bild vom letzten Jahr. Acht Studenten von drei Rostocker Männerbünden standen Spalier. (Foto: Archiv)
Ein Bild vom letzten Jahr. Acht Studenten von drei Rostocker Männerbünden standen Spalier. (Foto: Archiv)

Neben der Burschenschaft Obotritia, die 1883 gegründet wurde, gibt es mittlerweile wieder insgesamt sieben Studentenverbindungen, davon zwei Burschenschaften und eine noch recht junge Frauenverbindung. Es sind die Gemeinschaft, das starke Füreinander-Einstehen, die Themenvielfalt bei Vortragsabenden, zu denen Personen aus Wirtschaft und öffentlichem Leben eingeladen werden und das Netzwerk, was die Mitgliedschaft für die jungen Studenten attraktiv macht, erklären die drei Burschenschaftler.

3.286 Studierende werden zum Wintersemester 2014/15 ihr Studium an der Universität Rostock aufnehmen (Stand 15. Oktober 2014). Bis zur Ausschlussfrist Ende Oktober wird noch immatrikuliert, sodass diese Zahl noch steigen wird. Insgesamt sind derzeit 13.705 Studierende an der Universität Rostock eingeschrieben.

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