Wiro-Dialog zum Wohnen auf dem Werftdreieck
Zurückhaltende Resonanz bei der Wiro-Auftaktveranstaltung zur Bürgerbeteiligung zur Entwicklung des Werftdreiecks
29. Mai 2015, von Stefanie
Ob Jenny Simon und ihre Freunde auch in Zukunft mit ihren Hunden auf der großen Brachfläche zwischen der ehemaligen Neptun-Werft, der Lübecker Straße und der Werftstraße frei herumtollen können? Wohl eher nicht. Geht es nach den Plänen der Wiro (Wohnen in Rostock Wohnungsgesellschaft) und vieler Rostocker, soll das Areal, das auch unter dem Namen Werftdreieck bekannt ist, bebaut werden. Die Wiro ist seit letztem Jahr Eigentümer von sieben der zehn Hektar, die nun neu gestaltet werden sollen.
Die junge KTV-Bewohnerin bedauert dies, denn hier sei eine der wenigen Freiflächen der Stadt und anders als im Barnstorfer Wald oder im Fischerdorf komme es mangels Kinder auch nicht zu Konflikten mit den Vierbeinern. Doch Kinder sollen auch hier Vorrang haben, so die übereinstimmende Meinung vieler Einwohner, die sich in diesem Bereich ein kinder-, senioren-, fußgänger-, radfahrer- und geldbeutelfreundliches Wohnen wünschen.
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Frau Schreiber, die seit nunmehr 70 Jahren im Hansaviertel wohnt, kann sich vorstellen hierher zu ziehen. Sie wünscht sich viel grün, Häuser, die nicht zu hoch sind und einen Aufzug haben. „Ich möchte in der Nähe bleiben, weil wir hier Freunde haben. Allerdings möchten wir auch nicht mehr in den zweiten Stock laufen.“
Unbedingt müsse eine Kita hierher, ein Spielplatz und alles, was gut für Kinder ist, findet Edelgard Katke. Sie arbeitet im benachbarten Max-Planck-Institut und kennt von dort die Anfragen von Bewerbern nach wohnungs- bzw. arbeitsplatznaher Kinderbetreuung.
Michael Hermann ergänzt: An ein gewisses Maß an Infrastruktur müsse ebenfalls gedacht werden: Ärztehaus, Frisör oder Cafés, damit das Wohnviertel kein reines Schlafviertel wird.
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Berücksichtigt werden müsse auch die Geschichte des Werftdreiecks. Vor gut 20 Jahren wurden die meisten Bauten auf dem Gelände abgerissen. Zuvor befand sich hier ein Industrie- und Gewerbegebiet. Zuletzt die Neptun-Werft, zuvor unter anderem auch die Heinkel-Flugzeugwerke, in denen bedeutende Technologien der Luftfahrt entwickelt, aber auch sehr viele Zwangsarbeiter während der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigt wurden.
Diese Spuren der Vergangenheit sollten angemessen lesbar bleiben. Wolfgang Dahle aus Lichtenhagen schlägt vor, dass sich die neuen Gebäude mit Klinkerarchitektur in das historische Ensemble des gegenüberliegenden Thomas-Münzer-Platzes einfügen sollen. Ein anderer kann sich vorstellen, neue Straßen nach Luftfahrtpionieren zu benennen. Wiederum andere würden die Geschichte am liebsten ruhen lassen, weil sie als schmerzhaft empfunden wird.
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„Das was geäußert wurde, ist kompatibel mit dem, was wir uns vorstellen“, resümiert Wiro-Geschäftsführer Ralf Zimlich nach der Auftaktveranstaltung einer umfangreichen Bürgerbeteiligung zur Entwicklung des Werftdreiecks. Gleich zwei Unternehmen hat das Wohnungsunternehmen beauftragt, den Dialog mit den Rostockern zu begleiten.
Denkt man an ähnliche Prozesse beispielsweise zur Mittelmole, zum Alten Güterbahnhof oder zur Nordkante des Neuen Marktes, fällt die Resonanz jedoch vergleichsweise zurückhaltend aus. Gerade mal gut zwei Dutzend interessierte Einwohner kamen zur Diskussionsrunde, die andere Hälfte der Anwesenden bestand aus Vertretern von Politik, Verwaltung und Medien. Auch die KTV-Ortsbeiratsvorsitzende Anette Niemeyer hätte sich eine größere Teilnahme gewünscht.
Lag es an der frühen Anfangszeit um 17 Uhr, an der Aussicht, dass die Veranstaltung vier Stunden beanspruchen sollte (die dann doch um eine Stunde schrumpfte) oder einfach daran, dass sich der Unmut der Anwohner über die ursprüngliche Planung bereits vor gut zwei Jahren auf einer Einwohnerversammlung äußerte und in entsprechende Bahnen gelenkt wurde.
Damals war noch vorgesehen auf dem Werftdreieck Gewerbe und Büros anzusiedeln. Dies wurde jedoch stark abgelehnt. Stattdessen sollte mit Wohnungsbau auf den in Rostock angespannten Wohnungsmarkt reagiert werden. So hat es schließlich auch die Bürgerschaft beschlossen.
Nach der Bürgerbeteiligung, die sich noch bis in den Sommer hineinzieht, folgt ein einphasiger, städtebaulich-freiraumplanerischer Wettbewerb, dem ein Bewerbungsverfahren vorgeschaltet ist. Anfang 2016 soll dann ein Preisgericht über den Sieger entscheiden und die Ergebnisse sollen der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Wann der erste Spatenstich in den Boden gerammt wird, bleibt hingegen noch ungewiss.
Bürgerbeteiligung:
Online Informationen und Austausch: werftdreieck-rostock.de
Weitere Offline-Termine:
- Di 23. Juni Quartierspaziergang zum Thema Verkehr und Lärm ab 17:00 Uhr
- So 28. Juni Quartierspaziergang zum Thema Denkmalschutz ab 10:30 Uhr
- Mi 15. Juli 2. Bürgerversammlung