Streit um Neuregelung der Straßenmusik
Einige Straßenmusiker brauchen jetzt eine Erlaubnis, wenn sie auf der Kröpeliner Straße oder in Warnemünde spielen wollen – Senator Chris Müller erklärte sich vor dem Kulturausschuss
26. November 2016, von Stefanie
Für Unmut sorgte in den letzten Wochen eine sogenannte Allgemeinverfügung, die neue Regeln für die Straßenmusik in Rostock aufstellt. Nach heftiger Kritik, die in der letzten Woche sogar auf der Straße demonstriert wurde, erklärte sich nun der verantwortliche Senator Chris Müller vor dem Kulturausschuss. Dem, wie dessen Leiterin Susan Schulz zuvor anmerkte, negativ aufgestoßen sei, dass die Kulturverwaltung nicht beteiligt gewesen sei.
„Dass wir das nicht mit Ihnen diskutiert haben, hat einen ganz einfachen Grund: Wir sind eben kein Kultur-TÜV. Es geht nicht darum Kultur zu reglementierten, sondern darum, dass die mit der Straßenmusik verbunden Emissionen andere beeinträchtigen. Wir müssen mit den Spitzen irgendwie umgehen und können sie nicht ungehindert laufen lassen“, so Müller.
Bisher war das Musizieren auf Rostocks Straßen erlaubnisfrei. Das heißt, jeder konnte sich auf die Straße stellen, um ohne Verstärker zu musizieren, musste aber nach 30 Minuten mindesten 100 Meter weitergehen. So ist es in einer Sondernutzungsvereinbarung geregelt. Die tauge aber nicht für Straßenmusik, da sie nur Regelungen zur Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs erlaubt, so der Senator für Ordnung. Eine neue Rechtsgrundlage musste also her, mit der der kommunale Ordnungsdienst steuernd eingreifen könne. Seit Ende Oktober nun müssen Musikgruppen mit mehr als vier Spielern und Instrumente wie Trommeln, Blechblasintrumente, Saxofone und Klaviere genehmigt werden, um auf der Kröpeliner Straße oder in Warnemünde auftreten zu dürfen.
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Mit massenhaften Beschwerden von Anwohnern und Gewerbetreibenden, der Universität, die über unzumutbare Arbeitsbedingungen geklagt habe, und der Stadtbibliothek, die in einem Schreiben Belästigungen im Lesesaal anführte, begründet Chris Müller den Handlungsbedarf.
Auch Mike Lokenvitz, der in der Kröpeliner Straße arbeitet, leidet unter der „Dauerbeschallung“ und bestätigt: „Kaum ist der eine Musiker unten weg, steht der nächste vor der Tür. Es ist nicht möglich bei geschlossenen Fenstern und Türen ein Beratungsgespräch zu führen. Ich selber gehe am Tag bis zu viermal runter und bitte den Musiker seinen Standort zu wechseln, wenn seine Zeit um ist.“
Sigrid Beleites von der in der Kröpeliner Straße ansässigen Caritas hingegen hält die Neuregelung für „eine völlige Überreaktion“. „Ich habe direkt vorm Fenster den ganzen Tag die Straßenmusik verschiedener Art: die Kosaken, den Akkordeonspieler aus Litauen usw. Es ist manchmal anstrengend. Wir machen Beratungsarbeit und brauchen sehr viel Ruhe, müssen uns viel einfühlen und denken. Trotzdem würde es uns nicht im Leben einfallen, Straßenmusik verringern oder verbieten zu wollen. Das gehört zu der weltoffenen toleranten, vielfältigen Rostocker Stadt.“
„Ziel der Regelung ist nicht gewesen, die Straßenmusik von Rostock zu verbieten. Wir müssen aber auch auf die Interessen der Anwohner Rücksicht nehmen“, entgegnet Chris Müller seinen Kritikern. „Nach unseren Erfahrungen sind 90 Prozent der Auftritte von der Regelung überhaupt nicht berührt. Für alle anderen ist es auch nicht verboten. Es heißt ja nicht, dass nicht hin und wieder mehr als vier Musiker auftreten können und nie wieder ein Saxophon benutzt werden darf. Sondern wir wollten darüber Kenntnis haben, damit wir das ein bisschen steuern und regeln können. Deswegen ist das einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen, sodass wir am Ende alles zulassen können.“
Für diejenigen, die eine Erlaubnis brauchen, verspricht der Senator ein unbürokratisches Verfahren. Die Kontrollkräfte vor Ort sollen Genehmigungsformulare mit sich führen. Es werde geprüft, ob der Antrag gebührenfrei gestaltet werden könne. „Wir sind gerade dabei drei Standorte zu identifizieren, die aus unserer Sicht geeignet sind für Platzzuweisungen, mit beherrschbaren Schallemissionen.“ Nach Aussage des Senators sollen nur die Kröpeliner Straße und Warnemünde kontrolliert werden, da es woanders keine Beschwerden gäbe.
Der Ortsbeirates Kröpeliner-Tor-Vorstadt zeigt sich mit dieser neuen Regelung jedoch nicht zufrieden. „Sie gilt für die gesamte Stadt. Auch der Doberaner Platz und am Brink sind davon betroffen“, bemängelt dessen Vorsitzende Anette Niemeyer und beanstandet die überzogenen Abstandsregelungen und Zeiteinschränkungen. Der Ortsbeirat hat deshalb Widerspruch gegen die neue Allgemeinverfügung zur Regelung der Straßenmusik in Rostock eingelegt. Sie ist zunächst bis zum 31. Dezember 2017 gültig.