Wunschliste mit über 750 Ideen für Zukunftsplan
Ergebnisse der ersten Bürgerbeteiligungsphase zur Vorbereitung eines neuen Flächennutzungsplans für Rostock vorgestellt
20. Februar 2018, von Stefanie
„Wie verteilen wir die Schmerzen am Besten?“ – das scheint die Leitfrage von Rostocks leitendem Stadtplaner Ralph Müller zu sein. Sein Amt steht vor der Aufgabe einen neuen Flächennutzungsplan für die Hansestadt zu erarbeiten. Dieser legt auf den 181 Quadratkilometern des Stadtgebietes lückenlos fest, ob eine Fläche bebaut und wie sie genutzt werden darf.
Der aktuelle Plan von 2006 werde von anderen Annahmen getragen. Nun geht die Verwaltung davon aus, dass die Stadt wächst – auch wenn die Prognose von 2015 nicht unumstritten ist. Für 25.000 zusätzliche Einwohner werden einfach mehr Flächen gebraucht, selbst wenn alles achtgeschossig gebaut werden sollte, rechnet Ralph Müller vor. „Letztendlich werden es Freiflächen sein, die wir in Anspruch nehmen wollen. Auch im Innenbereich müssen wir vielleicht Grünflächen in den Wohngebieten, die uns wertvoll sind, opfern. Das müssen wir miteinander diskutieren.“
Nicht nur die Verwaltung und die Bürgerschaft, die letztendlich den Plan beschließt, sondern auch die unterschiedlichen Vorstellungen der Bürger sollen in diesem Diskussions- und Abwägungsprozess einbezogen werden. Ziel sei es, so der Amtsleiter, die Dauer des Erarbeitungsprozesses so kurz wie möglich zu halten, im Idealfall fünf Jahre. Indem diejenigen, die sich beteiligen wollen, mit ihren Ideen frühzeitig eingebunden werden, soll die Anzahl der notwenigen Auslegungen möglichst gering bleiben. „Es macht uns Sorge, dass die Entwicklungen in der realen Welt immer schneller und dynamischer werden und Verwaltungsprozesse dabei nicht mithalten können“, sagt Rostocks Finanzsenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski. Weil der Druck gerade im Bereich Wohnen einfach zu groß sei, werde deshalb bis zum abschließenden Beschluss des neuen Flächennutzungsplanes auch der aktuelle parallel geändert.

Dennoch: Bevor das Amt im nächsten Jahr mit der förmlichen Ausarbeitung des Flächennutzungsplanes beginnt, lässt es sich in diesem Jahr Extra-Zeit für eine mehrteilige Bürgerbeteiligung. Eine sechsstellige Summe gibt die Stadt für deren Moderation aus. Damit der Otto-Normal-Rostocker auch etwas mit dem verwaltungsfachlichen Begriff „Flächennutzungsplan“ anfangen kann, wurde daraus der „Zukunftsplan“. Die mit einem familiären Du gestellte Kampagnenleitfrage „Wie soll dein Rostock wachsen?“ lieferte den Impuls Ideen einzureichen.
762 Anregungen wurden seit Januar auf einer Online-Plattform und bei Infoständen in mehreren Stadteilen gesammelt. „Für dieses trockene Thema sind die Zahlen richtig gut“, beurteilt Ralph Müller. Von kleinteiligen Vorschlägen für Flächennutzungen bis hin zu generellen strategischen Anliegen, sei alles dabei gewesen. Nach Themen sortiert und in Diagrammen aufgearbeitet wurden die ersten Ergebnisse auf einem abendlichen Infomarkt vorgestellt. Viele Besucher nahmen die Gelegenheit wahr mit den zahlreich anwesenden Verwaltungsangestellten ins Gespräch zu kommen. Es gehe nichts verloren, beteuerten die Organisatoren.
Diese Bürgerbeteiligung sei ein Lackmustest für weitere, kündigt Chris Müller-von Wrycz Rekowski an. Die Stadt ist gerade dabei Regularien für eine echte Mitbestimmung zu entwickeln. Inwiefern einzelne Wünsche dann tatsächlich auch berücksichtigt werden, bleibt abzuwarten. Der Zukunftsplan bündele nicht nur die Ideen dieser ersten Beteiligungsphase, sondern auch die von Expertenrunden und offenen Workshops, die in den nächsten beiden Monaten stattfinden. Auch die bereits erstellten Fachpläne wie der Hafennutzungsplan, der Mobilitätsplan Zukunft oder das Umwelt- und Freikonzept, welches gerade parallel entwickelt wird, fließen in den Zukunftsplan ein.
„Ich wünsche mir einen regen Stadtdiskurs. Besonders spannend, finde ich, wird es dann, wenn die Interessen aufeinandertreffen und wenn die Abwägungsprozesse losgehen. Demokratie lebt von Mehrheitsentscheidungen, aber auch von Minderheitenschutz. Ich wünsche mir, dass beides gut gelingt und dass wir offen miteinander umgehen. Ich wünsche mir auch Mut für unkonventionelle Ideen und Vorschläge, sagt Katrin Schankin. Die Jugendkoordinatorin im Stadtjugendring formulierte damit ungeplant das Abschlusswort des Abends, wofür sie viel Applaus erntete.
Die Ideen können auf der Website zukunftsplan-rostock.de nachgelesen werden.