Aktionstag für Menschen mit Behinderung 2010

Europäischer Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung

6. Mai 2010, von
Roland Methling
Roland Methling

Anlässlich des Europäischen Aktionstages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung fand gestern ein vielfältiges und – im wahrsten Sinne des Wortes – kunterbuntes Veranstaltungsprogramm im Foyer des Rathauses und auf dem Universitätsplatz statt. Unter dem Motto: „Inklusion – Dabei sein! Von Anfang an.“ wurde an das Recht von Menschen mit Behinderung erinnert, von Anfang an und in allen Lebenssituationen voll und ganz dabei sein zu können. Ich war auch voll dabei und kann allerlei Interessantes berichten.

Zur Eröffnung des Aktionstages sprach um 9.00 Uhr der Oberbürgermeister der Stadt Rostock, Roland Methling, im Foyer des Rathauses. Er wies darauf hin, dass derzeit etwa 18.000 behinderte und chronisch kranke Menschen in Rostock leben würden und sagte: „Gerade am heutigen Tag fordern wir alle ihren Anspruch auf Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe ein.“ Ihm sei gleichwohl bewusst, fuhr er fort, dass auf Straßen, Plätzen wie auch öffentlichen Einrichtungen der Stadt noch zahlreiche Barrieren abgebaut werden müssten. Der Abbau von Barrieren, die in den Köpfen beständen, müsse jedoch täglich wahrgenommen und als gemeinsame Aufgabe angesehen werden. Die Ratifizierung der UN-Konventionen über die Rechte von Menschen mit Behinderung am 26. März 2009 bezeichnete er als einen „echten Meilenstein für Teilhabemöglichkeiten und Selbstbestimmung“. Schließlich eröffnete er die Fotoausstellung „Miteinander“.

Fotoausstellung Miteinander
Fotoausstellung Miteinander

Diese hatte der Verein „barrierefreies rostock e.V.“ organisiert und begleitet. Ausgestellt wurden bereits zum achten Mal Werke von behinderten und nicht-behinderten Amateurfotografinnen und Amateurfotografen aus Rostock. Privatpersonen, Mitarbeiter von Einrichtungen für behinderte Menschen und behinderte Menschen hatten ihre ganz eigene Sicht der Dinge fotografiert. Momentaufnahmen, kleine Augenblicke des Glücks sowie Fotografien von Pflanzen, Tieren und Menschen sah ich da.

Diskussionsforum im Rathaus Rostock
Diskussionsforum im Rathaus Rostock

Der Verein: Selbsthilfe M-V e.V. veranstaltete von 9.30 Uhr bis 11.45 Uhr ein öffentliches Diskussionsforum im Rathaus-Foyer. Unter dem Motto „Wer? Wann? Wo? Wie? Warum? – Miteinander für Teilhabe“ standen Wiltraud Kornagel und Petra Kröger vom Rostocker Beirat für behinderte und chronisch kranke Menschen, die Landtagsabgeordnete Irene Müller, Renate Radloff vom deutschen Schwerhörigenbund und Bernd Rohsmannek vom Behindertenbeirat der Stadt Güstrow allen Interessierten Rede und Antwort.

Manja Kirschnick und Jeannette Winkler
Manja Kirschnick und Jeannette Winkler

Mich zog es indes auf den Universitätsplatz. Auf dem Weg dorthin kam ich an einem äußerst farbenfrohen Verkaufsstand vorbei. Da wurden knallgrüne Frösche mit leuchtend gelben Kugelaugen, bunte Holzblumen, Mobiles und selbstgetöpfertes Keramikgeschirr mit wunderbaren Mondnachtmotiven feilgeboten. Man hat mir mein Interesse wohl gleich angesehen. Na, jedenfalls sprachen mich Manja Kirschnick und Jeannette Winkler alsbald an und ich nutzte diese Gelegenheit dazu, mehr über diese bunten Kostbarkeiten in Erfahrung zu bringen. Die beiden erzählten mir, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen diese liebevollen kleinen Dinge in den Rostocker DRK-Werkstätten angefertigt hätten. Sie bräuchten – wie jeder Mensch – ebenso eine feste Tagesstruktur wie eine Tätigkeit, die ihr Selbstwertgefühl steigere. Ein bezahlter Arbeitsplatz in den Werkstätten ermögliche ihnen all dies, so Jeannette. Die Früchte dieser Arbeit würden dann, wie an diesem Tage an einem Verkaufstand auf Straßenfesten, auf Märkten oder in den Verkaufsläden der DRK-Werkstätten in Rostock verkauft werden. Zu gern hätte ich noch ein kleines Pläuschchen mit den Beiden gehalten. Doch mein Reportergewissen riet mir, mich weiter umzuschauen.

Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung - Memorywand
Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung - Memorywand

Auf dem Universitätsplatz war eine Memorywand aufgebaut worden. Wer wollte, konnte daran zwei Felder umdrehen und erhielt, wenn die auf der Rückseite der Felder erscheinenden Symbole übereinstimmten, einen kleinen Preis. Als ich gerade zugegen war, gewann Angelika Schneider eine ulkige kleine grüne Dose. Später erzählte sie mir, dass sich darin wohl Sämereien befänden.

Theatergruppe „Die Verzauberten“ Rostock
Theatergruppe „Die Verzauberten“ Rostock

Angelika hatte ihren Preis gerade erst in die Tasche gesteckt, da zog auch schon die Theatergruppe „Die Verzauberten“ die Aufmerksamkeit aller auf sich. Sie schwangen und schunkelten ein Mädchen in einem Tuch hin und her und versetzten es dadurch in grenzenlose Freude. Obendrein balancierten buntgekleidete Artisten auf großen Bällen und wurden in die Luft gehoben. Es war ein einziges Freudenstück voller kleiner Glücksmomente.

Theatergruppe „Die Verzauberten“ auf dem Rostocker Universitätsplatz
Theatergruppe „Die Verzauberten“ auf dem Rostocker Universitätsplatz

Musikalische Klänge durften hier selbstverständlich nicht fehlen. Am Ende der Darbietung tanzten alle ausgelassen miteinander.

Fünf Minuten vor zwölf Uhr erlebte ich die Trommelgruppe „Ramboleros“ auf dem Universitätsplatz. Sie begeisterten mit einem einzigartigen Trommelwirbel. Die Musiker hatten unheimlich viel Spaß und ließen all ihren musikalischen Energien freien Lauf. Solch ein Trommelwirbel ertönte zeitgleich in allen europäischen Städten, in denen ebenfalls der Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung ausgerichtet wurde. Das Publikum klatschte bald schon lautstark mit. Die „Ramboleros“ strahlten vor Freude.

Trommlergruppe Ramboleros
Trommlergruppe Ramboleros

Anschließend startete ein Demonstrationszug von der Bühne aus über die Lange Straße zum neuen Markt. Auch er wurde von lautem Trommelwirbel begleitet. Diesmal kam dieser aus der Trommel eines riesigen Akrobaten auf Stelzen. Er trug einen schicken blauen Mantel und auf dem Haupte einen schwarzen Zylinder.

Ich hatte an diesem Tag wieder viel gesehen, gelernt und erlebt. Vor allem hat mich das Engagement der vielen Vereine, Verbände und Organisationen, die sich für die Gleichstellung von behinderten Menschen einsetzen und sie in ihrem täglichen Leben unterstützen, beeindruckt.

Aktionstag zur Gleichstellung Rostock
Aktionstag zur Gleichstellung Rostock

Der Aktionstag wurde vom „Team 5.5.“, das sich aus den Vereinen: Selbsthilfe M-V e.V., barrierefreies rostock e.V., baf e.V., Behindertenverband Rostock e.V., Sprecherrat des Beirates für behinderte und chronisch kranke Menschen der Hansestadt Rostock, Ohne Barrieren e.V. und dem Verein Integrativer Treff e.V. zusammensetzt, organisiert. Schön, dass es ihn gibt. Trägt er doch auf eindrückliche Weise dazu bei, dass die „Barrieren, die auch in den Köpfen vorhanden sind“, wie sich der Oberbürgermeister ausdrückte, abgebaut werden.

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