Polizei bremst Critical Mass aus
Critical Mass in Rostock – Polizei greift ein – Blockade einer Straße in der KTV
1. November 2012, von Stefanie
Wenn Fahrradfahrer sich scheinbar zufällig treffen und in einem großen Schwarm durch die Stadt touren, spricht man von einer Critical Mass, auf Deutsch: kritische Masse. Bei mehr als 15 Personen ist es ihnen nach §27 der Straßenverkehrsordnung (StVO) erlaubt, auf Straßen in Verbänden zu zweit nebeneinander zu fahren. Das Besondere an dieser Art von Fahrradtour beschreibt Thomas Möller vom ADFC in Mecklenburg-Vorpommern so: „Es geht darum, die Masse der Radfahrer auch im Straßenraum erlebbar zu machen.“
Die große Ansammlung von Radfahrern stößt nicht bei jedem auf Gegenliebe. Vor allem bei ungeduldigen Autofahrern, die die langsamen Fahrräder nicht ohne Weiteres überholen können oder die ungern auf das Ende eines langen, querenden Trosses warten, wenn ihre Ampel schon längst wieder grün leuchtet. Konflikte bleiben da nicht aus.
Den Verkehr nicht zu stören, „sondern sich selbstbewusst als Teil des Verkehrs zu definieren und unter Einhaltung aller Verkehrsregeln gemeinsam durch die Stadt zu fahren“, darauf legt eine Gruppe von Rostocker Critical-Mass-Fahrern, die lieber anonym bleiben möchte, jedoch großen Wert.
Bei der gestrigen Halloweenfahrt sah sich die Polizei dennoch veranlasst, einzugreifen Von einem Verkehrschaos in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt ist in einer Meldung die Rede. Etwa 25 Radfahrer hätten die gesamte Fahrbahn für sich benutzt. Sie seien dabei bewusst langsam gefahren und hätten kein Auto vorbeigelassen. Ferner seien die meisten Fahrräder nicht verkehrssicher gewesen. 15 Teilnehmer müssen daher mit einer Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit rechnen.
Außerdem überprüft nun die Ordnungsbehörde, ob die Radfahrer, die ein Schild mit der Aufschrift „Hier ruht der motorisierte Verkehr“ am letzten Fahrrad angebracht hatten, gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben.
„Es geht uns nicht darum, eine Demonstration anzumelden. Wir wollen einfach nur Fahrrad fahren“, betont hingegen ein Teilnehmer den informellen Charakter der Tour, die keinen offiziellen Veranstalter ausweist. Die Radfahrer der Critical Mass sind nun empört. Vor allem über die Art und Weise, wie die Polizeibeamten vorgegangen sind.
Dabei startete die Tour für die – laut Teilnehmer – 52 Radfahrer fröhlich mit Musik und Geklingel am Neuen Markt. Auf dem Südring in Höhe der Mensa – so ihre Schilderung – seien sie zum ersten Mal von der Polizei angesprochen worden. Sie hätte die Radfahrer aufgefordert, die rechte Fahrspur zu verlassen und auf den Radweg auszuweichen. „Der anschließende Verweis auf die StVO veranlasste die Beamten wohl nachzulesen. Auf jeden Fall wurde wenig später erstmal nur noch angewiesen, besser in Zweierreihe zu fahren, was die Gruppe auch tat“, berichten die Radler.
In der Fritz-Reuter-Straße angekommen stoppte die Polizei an der Ecke Waldemarstraße schließlich den Radverband. „Hierbei rissen Polizeibeamte Teilnehmende der Gruppe vom Fahrrad. Wut, Blessuren, Sachbeschädigung am Fahrrad einer teilnehmenden Person und eine durch die Polizei blockierte KTV waren die Folgen“, lauten die Vorwürfe der Critical-Mass-Teilnehmer, die nun eine Entschuldigung fordern.
Seit diesem Frühling bewegt sich regelmäßig am letzten Freitag eines Monats eine Critical Mass durch Rostock.
Weltweit treffen sich Radler zu derartigen Fahrten. Die erste Critical Mass startete vor über 20 Jahren in San Fransisco. Mit 80.000 Teilnehmern fand 2008 in Budapest die bisher größte Critical Mass der Welt statt. Auch in Hamburg ist die Anzahl der Teilnehmer bereits auf über 1.000 gestiegen und macht damit die größte Critical Mass in Deutschland aus. Wie in Rostock gab es auch in Hamburg eine Sonderfahrt zu Halloween. Davon berichtet Andrea Reidl im Fahrrad-Blog Velophil auf Zeit online.
Foto: Critical Mass Rostock