Windräder vor Warnemünde - Pro & Contra
Attraktion, notwendiges Übel oder Katastrophe für den Tourismus – das geplante Forschungstestfeld für Offshore-Windenergieanlagen vor Warnemünde spaltet die Gemüter
20. August 2019, von Olaf
„Wenn ich am Strand bin, gucke ich entweder zur Sonne, sammle Fossilien oder gucke mir schöne Menschen am FKK-Strand an“, erklärt Holger Matthäus. Das wird sich auch nicht ändern, wenn irgendwo am Horizont etwas herumsteht, befürwortet Rostocks Bau- und Umweltsenator klar das geplante Forschungstestfeld für Offshore-Windenergieanlagen vor Warnemünde.
Viele Urlauber und Gäste schätzen jedoch den freien Horizont – „das sehen wir bei dieser Entwicklung gefährdet“, entgegnet Matthias Fromm (Tourismusdirektor Rostock und Warnemünde) und wirft den Tourismus mit über 15.000 Arbeitsplätzen und mehr als 500 Millionen Euro Bruttowertschöpfung als einen der wichtigsten Wirtschaftszweige der Hansestadt in die Waagschale.
Im Rahmen der Zwischenevaluation des Verbundprojektes „Netz-Stabil“ hatte die Universität Rostock heute Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Tourismus zu einer Podiumsdiskussion über die geplanten Windanlagen vor Warnemünde geladen.
Mit einer einzelnen großen Windanlage könne man eine Kleinstadt mit Energie versorgen, verdeutlicht Professor Uwe Ritschel vom Lehrstuhl für Windenergietechnik der Universität Rostock das Potenzial der Offshore-Technik. „Auf der anderen Seite ist da noch großer Forschungsbedarf“, begründet er die Notwendigkeit für das geplante Forschungstestfeld. Pilot- und Demonstrationsanlagen soll es vor der Warnemünder Küste ebenso geben wie begleitende Forschung, was für die Uni Rostock eine sehr gute Perspektive biete.

Es würde aber nicht nur um das Testfeld gehen, wirft Matthias Fromm ein, sondern auch um ein kommerzielles Offshore-Windfeld. „Hier möchten wir unsere touristischen Interessen mehr berücksichtig sehen“, fordert der Tourismusdirektor.
Für den in Warnemünde geborenen Senator Matthäus überhaupt kein Problem, denn der Blick aufs Meer war vor Warnemünde „nie frei von Technik“. Es gab immer die blinkenden Seezeichen sowie die beleuchteten Schiffe auf Reede. Als Kind habe er die gezählt und „das war immer ein toller Horizont“.
Fromm sieht jedoch nicht nur den freien Blick, sondern auch maritime Großveranstaltungen wie die Hanse Sail oder die Warnemünder Woche durch den Bau der Windräder beeinträchtigt. Die Segelreviere seien nicht betroffen, verspricht Andree Iffländer (Vorsitzender WindEnergy Network e.V.). Für ihn stehen Wertschöpfung und Chancen für die Industrie im Vordergrund.
Im Namen der Stadt erklärt Holger Matthäus die Unterstützung der Windenergie „in jeglicher Form“ – als wichtigen Bestandteil der Rostocker Energiewende. So wollen die Stadtwerke einen großen Wärmespeicher bauen, in den überschüssige Windenergie fließen könnte. Zudem gibt es einen Bürgerschaftsbeschluss und einen Auftrag an die Stadtwerke, sich finanziell an einem Windpark zu beteiligen, so der Bau- und Umweltsenator.
Einigkeit besteht darin, das Forschungstestfeld nicht „schlechtzureden“. Negative Presse über riesige Windräder vor der Küste würde der gesamten Wirtschaft schaden, auch dem Tourismus. Zudem stehe bislang nur das Vorranggebiet fest, das Genehmigungsverfahren sei noch gar nicht gestartet und alle Beteiligten können sich noch einbringen, so Andree Iffländer.
Und vielleicht, so der Vorschlag von Professor Hans-Günter Eckel, könnte eine „Rundfahrt durch den Windpark“ ähnlich wie jetzt schon Hafenrundfahrten zu einer ganz neuen Touristenattraktion werden.