Bürgerschaft hilft Hansa Rostock
Rettung für Hansa Rostock: Eine deutliche Mehrheit der Rostocker Bürgerschaft stimmt Hilfspaket für den Fußballclub zu
9. Mai 2012, von Stefanie
Die Rostocker Bürgerschaft sagt Ja zum FCH und rettet Hansa Rostock damit vorerst vor dem Bankrott. Mit einer deutlichen Mehrheit stimmten die 44 anwesenden Mitglieder dem Hilfspaket zu.
Es umfasst neben einem Teilerlass der Steuerschulden in Höhe von 680.000 Euro auch den Ankauf eines im Vereinsbesitz befindlichen Sportgeländes in Evershagen im Wert von 530.000 Euro sowie eine Zuwendung von 750.000 Euro. Damit konnte die drohende Insolvenz des Fußballclubs vorerst abgewendet werden. Nach dem Abstieg der ersten Mannschaft aus der Zweiten Bundesliga hätte dies den Absturz in die Regional- oder Oberliga bedeutet.
Die Entscheidung fiel den Bürgerschaftsmitgliedern jedoch nicht leicht. Zahlreiche Änderungsanträge waren aus den Fraktionen in den letzten beiden Tagen noch eingereicht worden.
„Die rationale Entscheidung wäre ein Nein, aber mir ist der Verein wichtig und ich bin mir der Konsequenzen bewusst. Die möchte ich als emotionaler Mensch nicht tragen“, begründete Steffen Bockhahn (Linke) seine Zustimmung „wider besseres Wissen“.
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„Für mich ist das keine Kopfentscheidung. Es geht hier eigentlich um Verbundenheit“, meint Frank Giesen (CDU), der einen Hansa-Schal in den Sitzungssaal mitgebracht hatte. Er versteht den FC Hansa als „Kultur des kleinen Mannes in Rostock“, hält das in der gleichen Sitzung bezuschusste Volkstheater als „Kultur des großen Mannes“ dagegen und schlägt vor, die Geschäftsanteile am Stadion zu 50 Prozent zu übernehmen.
„Wenn ich Ja zum FC Hansa sage, muss ich Nein zu diesem Sanierungskonzept sagen“, so die Überzeugung von Frank Schadowksi (FDP). „Es wird bei diesem Paket aller Voraussicht nach nicht bleiben“, prognostiziert Eva-Maria Kröger (Linke). „Die Existenzgefährdung bleibt akut. Geld allein ist keine Lösung“, sagt auch Sybille Bachmann (Rostocker Bund).
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Besonders umstritten unter den Bürgerschaftsmitgliedern war der Zuschuss von einer Dreiviertelmillion Euro. „Für alle anderen Vereine dieser Stadt geben wir etwas mehr als 600.000 Euro jährlich aus“, verglich Steffen Wandschneider (SPD) die Größenordnung. Die Befürchtung, dass andere Vereine und Projekte benachteiligt werden, teilte er mit vielen anderen.
Auch der Steuererlass warf bei vielen die Frage der Gleichheit mit anderen Unternehmen in ähnlicher Situation auf. Aber der FC Hansa sei mehr als ein Unternehmen, so die Aussage vieler. Beeindruckt von der großen Mobilisierungskraft eines der größten Vereine des Landes in den letzten Wochen, erkannten viele seine soziale und emotionale Ausstrahlung auf die Fans an.
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„Der Verein leistet eine hervorragende Jugendarbeit. Den Sportplatz in Evershagen hat der Verein für den Schulsport kostenlos zur Verfügung gestellt“, lobt Jugend- und Sportsenatorin Juliane Melzer (SPD).
Dennoch betonen viele den Unmut gegenüber randalierenden Fans, die der Hansestadt ein negatives Image verpassen.
Trotz „vieler guter Gründe gegen dieses Paket“, spricht sich Anke Kittel (SPD) doch dafür aus. In der ungeklärten Frage, was bei einer Insolvenz von Hansa Rostock aus dem Stadion wird, sieht sie ein städtebauliches Problem auf die Stadt zukommen.
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Für Dieter Neßelmann (CDU) gibt es einen weiteren Grund den Bankrott des Fußballclubs zu verhindern: „Bei einer Insolvenz werden wir von den Steuern gar nichts sehen. Da nehmen wir lieber den Teilverzicht.“
Auch ihm ist bewusst, „dass mit der heutigen Entscheidung bei Weitem noch nicht alles gelöst ist.“ Viele Redner sehen neben der Hansestadt Rostock, die selbst verschuldet ist, auch das Land, die Sponsoren und die Fans in der Pflicht den FC Hansa zu unterstützen.
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Als „Atempause“ wollen die Grünen ihr positives Votum für den Antrag verstanden wissen. „Eine dauerhafte Förderung kommt für uns nicht infrage“, kündigt ihre Fraktionsvorsitzende Simone Briese-Finke an und wünscht sich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Stadt und Verein.
„Wir sind glücklich, dass wir diese Etappe geschafft haben. Das Abstimmungsergebnis haben wir nicht zuletzt – bei allen fachlichen und wirtschaftlichen Daten, die wir präsentiert haben – dieser einmaligen Welle der Sympathie und Solidarität der Fans zu verdanken“, zeigte sich Vorstandsvorsitzender Bernd Hofmann nach der Sitzung erleichtert.
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Mit großer Erleichterung, Umarmungen und Freudengesängen reagierten die gut 3000 Fans, die sich vor dem Rathaus versammelt hatten. Einige Rauchbomben in den Hansa-Farben wurden gezündet, was bei vielen Fans nicht ohne Widerspruch blieb.
Bereits in den vergangenen Wochen hatten sich die Fans mehrmals auf dem Neuen Markt zusammengefunden, um an die Bürgerschaft zu appellieren, dem Hilfspaket zuzustimmen. Zuletzt drückten am Sonntag bei einer Demonstration zum Stadion Tausende Anhänger ihre Solidarität mit Hansa Rostock aus.
Über 25.000 Unterschriften wurden vor der Sitzung an die Bürgerschaft übergeben. Viele Bürgerschaftsmitglieder berichteten, dass sie zahlreiche Zusendungen erhalten haben, in denen sich die Menschen für, aber auch gegen das Hilfspaket aussprachen.