Ex-Völkerfreundschaft-Kreuzfahrtschiff „MS Azores“ in Warnemünde
Unter dem Namen „Azores“ hat heute das frühere DDR-Urlauberschiff „Völkerfreundschaft“ im Kreuzfahrthafen Rostock-Warnemünde festgemacht
8. Juli 2015, von Stefanie
160 Meter lang, 21 Meter breit und maximal 550 Passagiere an Bord – unter all den neuen, großen Kreuzlinern, die Tag für Tag Tausende Touristen in den Kreuzfahrthafen Rostock-Warnemünde bringen, kann die vergleichsweise kleine Azores mit ihren Daten nicht beeindrucken. Es ist vielmehr seine Geschichte, die dieses Kreuzfahrtschiff besonders macht und den einen oder anderen Zaungast am Warnemünder Passagierkai nostalgisch werden lässt.
1946 in der Werft Götaverken im schwedischen Göteborg vom Stapel gelaufen, kam das Passagierschiff ab 1948 unter dem Namen „Stockholm“ auf Transatlantikstrecken zum Einsatz. 1956 kollidierte die „Stockholm“ nach dem Auslaufen aus New York mit dem gut doppelt so großen italienischen Luxusschiff „Andrea Doria“. Nach schwerer Schlagseite sank die „Andrea Doria“ Stunden später, 51 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben. Die schwer beschädigte „Stockholm“ kehrte nach New York zurück und wurde repariert.
1959 wurde das ‚Unglücksschiff‘ von der DDR gekauft, in „Völkerfreundschaft“ umbenannt und ab Anfang 1960 als Kreuzfahrtschiff des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) vom VEB Deutfracht/Seereederei Rostock (DSR) bereedert. Bis zum Verkauf im Jahr 1985 waren jeweils bis zu 568 Passagiere bei den zahlreichen Reisen an Bord. 25 Jahre lang war Rostock Heimathafen der „Völkerfreundschaft“.
Zwischenzeitlich unter dem Namen „Fridtjof Nansen“ in Oslo als Unterkunft für Asylbewerber genutzt, begann 1992 der komplette Umbau, bei dem nicht viel mehr als der stabile Rumpf des Schiffes erhalten blieb. Nach einer weiteren Modernisierung war der Kreuzliner von 2005 bis 2012 als Athena unterwegs.
2013 in Azores umbenannt, ist das in Madeira (Portugal) registrierte Kreuzfahrtschiff seit dem 26. Januar 2015 für den britischen Kreuzfahrtanbieter „Cruise & Maritime Voyages“ (CMV) im Einsatz und ersetzt dort die MS Discovery. Nach der Sommersaison soll die „MS Azores“ in „MS Astoria umbenannt werden und den französischen Markt erobern – es bleibt damit weiterhin das älteste noch im Einsatz stehende Transatlantik-Schiff der Welt.
Neben der auch als „V1“ betitelten „Völkerfreundschaft“ fuhren zwei weitere Urlauberschiffe, wie die Kreuzfahrtschiffe in der DDR offiziell genannt wurden, für den FDGB über die Meere. Die 1960 auf der Mathias-Thesen-Werft Wismar gebaute „Fritz Heckert“ war bis 1970 im Einsatz und wurde 1999 verschrottet. Die zuvor als ZDF-Traumschiff „MS Astor“ bekannte „Arkona“ fuhr ab 1985 für die DDR und ist heute unter dem Namen Saga Pearl II unterwegs. Sie wird das nächste Mal am 18. September 2015 in Rostock-Warnemünde erwartet.
Die Azores wird den Kreuzfahrthafen Rostock-Warnemünde heute Abend gegen 20 Uhr mit dem Ziel Tallinn wieder verlassen.
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