„Lange Straße Abbey Road“- im Theater im Stadthafen
Uraufführung mit Musik, Schauspiel und Film feiert 50 Jahre Beatles
3. November 2010, von Stefanie
Kreischende Fans verfolgen vier junge Musiker auf Konzerten, auf Straßen, auf dem Bahnhof, überall. Mit diesen Bildern beschreibt der Film „A Hard Day’s Night“ von 1964 Szenen aus dem Alltag von John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Star auf dem Höhepunkt der „Beatlemania“.
Ein halbes Jahrhundert ist es nun schon her, dass sich die „vier netten Jungs aus Liverpool“ zu einer Rock’n’Roll Band zusammenfanden und in einem Hamburger Nachtklub zum ersten Mal als „The Beatles“ auftraten. In den darauffolgenden zehn Jahren setzten sie musikalische und kommerzielle Maßstäbe, die heute noch Gültigkeit haben. Weltweit begeistern sie seither über Generationen hinweg ihre Fans.
Davon gibt es auch in Rostock eine ganze Reihe, wie bei der Uraufführung von „Lange Straße Abbey Road“ im Theater im Stadthafen am Montagabend deutlich wurde. 200 Gäste wollten im ausverkauften Theater die Rostocker Hommage an die Beatles sehen, an der schon im Vorfeld zahlreiche Akteure vom Landesverband für Populäre Musik und Kreativwirtschaft, der Hochschule für Musik und Theater, dem Institut für Neue Medien und das Rostocker Volkstheater mitwirkten.

Inszeniert wurde die Show aus Musik, Schauspiel und Film unter der Leitung von Mark Auerbach und Wolfgang Schmiedt. Sie verlegten die Geschichte, die die Beatles im England der Swinging Sixties erlebt hatten, ins Jahr 2010 nach Rostock. Ein gelungener Kunstgriff nach dem „Was-wäre-wenn-Prinzip“, der in seiner Unglaublichkeit beim Publikum für einige Lacher sorgte.
Gleich am Anfang wurden auf einem Split-Screen die Parallelen deutlich. Links lief der schwarz-weiße Originalfilm „A Hard Day’s Night“ mit den Beatles, rechts die farbige Rostocker Version mit den Plastic Wings. So heißt die fiktive Band aus „Lange Straße Abbey Road“, die von der Hansestadt aus die Musikwelt erobert. Die witzig-freche Art, wie die Musiker mit der überwältigen Aufmerksamkeit durch Fans und Medien umgehen, gleicht sich auf verblüffende Weise. Durch das Festhalten an visuellen Vorgaben bleibt der Transfer in die Gegenwart jedoch teilweise etwas inkonsequent (Würden hysterische Fans etwa heute wirklich noch CD-Läden stürmen?). Den Original-Vorgaben, der Musik, dem coolen schwarzen Rollkragen-Look kann man dann wohl doch nichts mehr hinzufügen.
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Das ist auch gut so für eine Beatles-Hommage. Sehr erfreulich war, dass die Songs der Beatles, die live auf der Bühne von sieben Musikern gespielt wurden, den originalen treu blieben und trotzdem auf interessante und angenehme Weise eigenständig waren. Dafür sorgte nicht zuletzt auch die eindringliche Stimme der Sängerin Anna Janine Wöhrlin. Der Enthusiasmus und die Spielfreude der Musiker (wen wundert’s bei der Musik) übertrug sich auch auf das Publikum. Viele wären bestimmt gern zum Tanzen aufgesprungen, wenn da nicht die Theaterstühle gewesen wären.
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Die Handlung des Theaterstückes blieb ebenfalls eng an der Geschichte der „Fab Four“ angelehnt. „To the Toppermost of the Poppermost“ wird ihr Weg von den jugendlich charmanten Jungs aus Liverpool, über die kreativen Musiker, die mit einer Reihe innovativer Elemente die Popmusik bereicherten, ihren Drogentrips, Größenwahn, bis zur ernüchternden Trennung nachgezeichnet.
Johanna, Paul, Gerda und Richard dargestellt von Sandra-Uma Schmitz, Andreas Köhler, Maria Radomski und Tim Ehlert entsprachen den legendär gewordenen Charakteren der britischen Band John, Paul, George und Ringo. Die unkonventionelle, reflektierte Johanna in sportlich-legerer Kleidung und der Schwiegermutterliebling Paul in bürgerlich, kariertem Anzug bilden das dominierende kreative Duo innerhalb der Plastic Wings.
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Das Publikum wird Zeuge wie aus einer einfachen Melodie auf „Scrambled Eggs“ das weltbekannte „Yesterday“ entsteht. Die zarte Gerda, mit romantischen Blümchen geschmückt, hat es da schwer, ihre eigenen Ideen einzubringen und auch der ansonsten so heiter wirkende Richard vermisst die alten Zeiten mit seinen Freunden. Dissonanzen machen sich in der Band bemerkbar. Größenwahnsinnige Statements wie „Wir sind bekannter als Jesus“ lassen die Zustimmung in der Öffentlichkeit sinken.
Johanna konzentriert sich mehr und mehr auf ihre Beziehung zu einer asiatischen Schönheit (Hsin-Han Chang), die an Yoko Ono erinnert. Ihr gemeinsam vorgetragener Song „Strawberry Fields Forever“ stellte einen der vielen Höhepunkte in „Lange Straße Abbey Road“ dar und sorgte für Gänsehaut.
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Nicht ganz unschuldig an der Entwicklung der Plastic Wings dürfte auch ihr Manager (Ulrich K. Mühe) sein. In schillernden Auftritten treibt er die Bandmitglieder an und führt sie immer wieder auf teuflische Weise in Versuchung. Da helfen auch Beschwörungsformeln wie „We Can Work It Out“ oder „Let It Be“ nicht weiter. Am Ende gehen die Plastic Wings getrennte Wege.
Und mit welchem Beatles-Stück könnte man diese Trennung passender untermalen als mit …?
Stopp, das wird natürlich nicht verraten – die Auflösung gibt es am 5.November, 2., 3. und 4. Dezember im Theater im Stadthafen.