Iris Hanika liest aus „Das Eigentliche“
Halbzeit bei der LiteraTour Nord 2010/2011
9. Dezember 2010, von Andre
Aller guten Dinge sind drei. Und die Lesung von Iris Hanika am Dienstag in der anderen buchhandlung ist nicht nur die dritte Lesung der LiteraTour Nord gewesen, sondern gleichzeitig auch die letzte in diesem Jahr. Drei Veranstaltungen folgen dann im nächsten Jahr und dann wird entschieden, wer den mit 15000 Euro dotierten Preis gewinnt. Für Rostock stimmen neben dem Publikum noch Germanistikprofessor Lutz Hagestedt, die andere buchhandlung und das Literaturhaus Rostock ab.
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Iris Hanika ist nach Christoph Peters und Rolf Lappert die erste Frau, die bei der diesjährigen Tour las. Ihr Roman „Das Eigentliche“ handelt von der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Hauptperson Hans Frambach ist Archivar in dem fiktiven Institut für Vergangenheitsbewirtschaftung und arbeitet darin die Zeit um 1945 auf. Er ist immer noch so stark von den Verbrechen der Zeit beeinflusst, dass ihm ein normales Leben eigentlich nicht mehr möglich ist. Hanika hat mit dem Roman ein intensives Buch geschrieben, das uns den schwierigen Umgang mit unserer Vergangenheit deutlich vor Augen führt.

Ich persönlich fand bei diesem Mal die Lesung selbst nicht so gelungen. Iris Hanika machte zwar einen souveränen Eindruck, jedoch begann sie fast sofort zu lesen. Sie gab keinerlei Randinformationen zu dem Roman, was es schwer machte, sich auf das Thema einzustellen. Als man jedoch im Thema drin steckte, konnte man der zur Abwechslung weiblichen Vorlesestimme gut folgen. Auffallend war besonders, dass Iris Hanika immer wieder Literaturverweise in das Buch einfügte. Fast wie bei einer wissenschaftlichen Arbeit gab es Quellenangaben und Lesehinweise.
Auf diese Besonderheit ging Literaturwissenschaftler Lutz Hagestedt auch im anschließenden Gespräch ein. Er fragte, ob dies eine Neurose der Hauptfigur oder doch eher ein Mittel in der Erzählebene sei. Hanika verriet daraufhin: „Eigentlich kann ich gar nicht gut erzählen. Das Buch soll mehr eine Zustandsbeschreibung sein.“

Das Gespräch war auch deutlich ernster und nicht so klamaukig wie die Gespräche mit Peters und Lappert, was vermutlich vor allem am Thema des Buches liegt. Trotzdem war es hochinteressant zu erfahren, dass Iris Hanika das Buch hauptsächlich für sich selbst geschrieben hat. „Dieser Roman ist das Buch, was ich immer schreiben wollte, damit wollte ich mir selbst etwas von der Seele wälzen“, sagte die Autorin.
Mit der LiteraTour Nord geht es am 11. Januar weiter. Dann stellt Peter Waterhouse seinen Roman „Der Honigverkäufer im Palastgarten und das Auditorium Maximum“ vor. Wer Lutz Hagestedt einmal selbst in Aktion sehen will, kann sich auch den 13. Dezember vormerken. Dann stellt er zusammen mit Johannes Möller Robert Gernhardts Texte zur Poetik in der anderen buchhandlung vor.