Max Goldt liest aus „Gattin aus Holzabfällen“

Literaturhaus Rostock springt bei der Lesung für das gesperrte Große Haus des Volkstheaters ein

10. Mai 2011, von
Max Goldt liest aus "Gattin aus Gattin Holzabfällen"
Max Goldt liest aus "Gattin aus Gattin Holzabfällen"

Seine Bücher heißen „Ein Buch namens Zimbo: Sie werden kaum ertragen, was Ihnen mitgeteilt wird“, „Vom Zauber des seitlich dran Vorbeigehens“ und „QQ.“ Mindestens genauso kreativ wie bei den Titeln, geht es in den Geschichten und Kolumnen von Max Goldt her, die auch mal einen Titel wie: „Die Verbesserung von Jessicas Mutter mithilfe eines Mülleimers“ tragen. Der Mann, der mit bürgerlichen Namen Matthias Ernst heißt, war nach zwei Jahren Abstinenz wieder in Rostock, um sein neues Buch „Gattin aus Holzabfällen“ im Peter-Weiss-Haus zu präsentieren.

Katinka Friese
Katinka Friese

Bevor der Autor jedoch die Bühne betrat, hielt Katinka Friese, Programmleiterin im Literaturhaus, noch eine kurze Rede. Das Literaturhaus Rostock ist kurzfristig eingesprungen, da die ursprünglich für März geplante Lesung im Großen Haus des Volkstheaters nicht stattfinden konnte. Sie betonte, dass jeder Mensch Kultur im Peter-Weiss-Haus mitgestalten kann, zum Beispiel durch Leih- und Schenkgemeinschaften. Auch sei der Umbau des Hauses noch nicht fertiggestellt, aber „Unfertiges kann ja auch Anreiz für kulturelles Schaffen sein.“

Buchtisch der anderen buchhandlung
Buchtisch der anderen buchhandlung

Der als „Großmeister der Kolumne“ angekündigte Goldt war das letzte Mal vor zwei Jahren in Rostock, damals in der HMT. Nun war er zum ersten Mal im Peter-Weiss-Haus und brachte mit „Gattin aus Holzabfällen“ sein erstes Bilderbuch mit. Der Autor kommentiert darin gefundene und selbst geschossene Bilder, was sich natürlich schlecht auf einer Lesung machen lässt. „Ich wollte nie mit einem Beamer oder Laptop reisen. Aber da sich die Buchhändler beschwerten, wenn ich auf der angekündigten Lesung nicht das neue Buch vorstellte, werde ich Ihnen nun neun Bilder beschreiben und die Unterschrift vorlesen“, sagte Goldt.

Das Publikum im Peter-Weiss-Haus
Das Publikum im Peter-Weiss-Haus

Zwar konnte man sich einen Teil der Bilder gut vorstellen, teilweise fehlte aber die visuelle Komponente. Das Flugticket mit der Aufschrift „Berlin Sch´feld“, konnte man sich noch gut vorstellen und somit war die Subskription, die beschrieb, warum die Abkürzung nur für Berlin Scheißfeld stehen könne, noch gut verständlich. Anders war es bei dem fiktiven Dialog mit zwei indianisch gekleideten Frauen. Dieser wirkt wahrscheinlich nur mit dem Originalbild. Aber so hatte man wenigstens einen Anreiz, noch einmal den Buchtisch der „anderen buchhandlung“ aufzusuchen.

Max Goldt 2011 im Peter-Weiss-Haus
Max Goldt 2011 im Peter-Weiss-Haus

Neben Kostproben aus dem neuen Buch, gab es auch Texte aus den älteren Büchern zu hören. Die Lesung zeichnete sich nicht nur durch die genialen Texte mit gestochener Sprache aus, sondern auch durch die Vortragsweise. Der gebürtige Göttinger schafft es punktgenau zu betonen, die richtigen Pausen zu machen und seine Stimme so zu verstellen, dass es nicht zu künstlich wirkt. Wer also zwischen Hörbuch und gedruckter Version schwankt, sollte auf jeden Fall zu der vorgelesenen Variante greifen.

Max Goldt
Max Goldt

In der hundertfünfzig-minütigen Lesung gab es neben vielen lustigen Anekdoten auch Lebensweisheiten und Zitate zu hören. So ging es kurzzeitig um „Würzburg, das Weinfass an der Autobahn“ und schon kurz darauf war man in Hannover, wo ein Bordell mit „spooning and snogging“ wirbt. „Zungenküsse und kuscheln – genau die zwei Sachen, die man bei den meisten Prostituierten vermisst“, ließ der Künstler das Publikum an seinen persönlichen Erfahrungen teilhaben.

Auch durfte ein sprachkritischer Text nicht fehlen, denn Sprachkritik sei in Deutschland ein zentrales Thema. Goldt monierte, dass hier sprachliche Entgleisungen noch mit einem Preis geehrt und weiterverbreitet werden, dem Unwort des Jahres. Besser sei es, den Mantel des Schweigens darüber auszubreiten. Nebenbei verriet der Künstler in einem vorgetragenen Telefondialog, wie man lästige „Spamanrufe“ abwehrt.

Anrufer: Mein Name ist Meißner. Von der Forschungsgruppe Sprache.
Goldt: Glaub ich nicht.
Anrufer: Wie, das glauben Sie nicht?
Goldt: Naja, es gibt in Deutschland schon viele komische Namen, von der Heide, von der Lippe, aber von der Forschungsgruppe Sprache, so heißt doch keiner!
Anrufer: Das verstehe ich jetzt nicht.
Goldt: Das tut mir leid, tschüss!

Als Zugabe gab es noch eine Sexualgroteske, die nur wenige Autoren schreiben würden. Dies sei für Goldt unverständlich, da die beiden Gebiete doch eigentlich eine große Schnittmenge haben. Wie vor jedem Text goss er sich auch vor der Zugabe nach – insgesamt leerte er zwei Flaschen Wasser. In der kurzen Groteske spielt er mit dem Gedanken, dass jede Frau auch die männlichen Geschlechtsmerkmale in ihren Genen habe und so theoretisch auch den Penis des Vaters weitergeben könne. Eine sehr fragwürdige Vorstellung, die aber wieder für viele Lacher im Publikum sorgte.

Lutz Hellmig
Lutz Hellmig

Die anschließende Möglichkeit auf eine Signatur nahm auch der Rostocker Lutz Hellmig wahr. „Mir hat es super gefallen, es war gewohnt gute Qualität.“ Der 43-Jährige hat Max Goldt schon zuvor mehrfach live gesehen. „Ich bin das erste Mal über Max Goldt als Musiker gestoßen. Dies ist schon lange her“, sagte Hellmig. Er verfolgte den Werdegang des Künstlers weiter, der erst für das Magazin Titanic schrieb und dann selbst Bücher veröffentlichte. „Von mir aus hätte er ruhig noch zwei Stunden länger lesen können“, zog er lächelnd Resümee.

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