MV Poetry All Stars im Ursprung
Poetenmarathon mit fünf regionalen Slam-Größen
30. Januar 2012, von Stefanie
Diego Hagen, Carlo Ihde, Thomas Linke, André Marschke und Pascal Zurek, fünf junge Poeten, sind beim Rostocker Slam- und Lesebühnenpublikum keine Unbekannten. Schon oft haben sie ihre Federn gezückt, ihre Zuhörer mit originellen Textkreationen begeistert und sich erfolgreich bei verschiedenen Dichterwettstreiten nach vorn gekämpft.
Bei „MV Poetry All Stars“ waren sie nun wieder auf der Bühne versammelt. Der große Kampf gegen Mitstreiter und die Stoppuhr blieb diesmal jedoch aus. Kein Slam, nur Poetry gab es gestern Abend für die gut 170 Gäste im Ursprung. Über zwei Stunden romantische Gedichte, spannende Kurzgeschichten, aufschlussreiche Statistikanalysen und beeindruckende Wortartistik trugen die Fünf in drei Blöcken vor. Dabei gelang ihnen ausgesprochen Geistreiches. Aber – und das gaben sie selbst zu – auch für unterirdische Niveaulosigkeiten war sich der ein oder andere nicht zu schade.
Gewisse Kraftausdrücke scheinen einfach von Vorteil zu sein, um bei potenziellen Rezipienten erfolgreich Aufmerksamkeit zu erregen. Der Rostocker Student Thomas Linke führte dies anhand eines besonders vulgären Romananfangs vor. „Wenn der erste Satz stimmt, ist alles andere egal.“
Fürs Simple und Derbe war auch der aus Lübz stammende Germanistik-Student André Marschke zu haben. Gemeinsam schlugen sich die zwei dann mit Vierzeilern auf den Punkt gebrachte Klassiker der Weltliteratur und zeitgenössische Bestseller um die Ohren. Wie bei den beiden, so konnte sich das Publikum auch bei den anderen Poeten von deren großer Belesenheit und Freude an Intertextualität überzeugen. Die „Ballade vom Fischer“ des Greifswalder Studenten Diego Hagen war so eine Collage aus Versatzstücken bekannter Verse von Heines Loreley bis zu Hoffmanns Struwwelpeter-Geschichten.

Inspirieren ließen sich die jungen Dichter jedoch nicht nur von ihrer Lektüre. Auch mit Beobachtungen aus ihrem Studentenleben, der Popkultur, der Medienwelt, Gesellschaft und Politik oder ihrem alltäglichen Umfeld setzten sie sich wortgewandt, mal laut und direkt, mal subtil und leise, mal humorvoll und mal ernst auseinander.
Ja, ernste und melancholische Texte hatten ebenfalls ihren Platz im Programm. Nur selten sind solche auf einem Poetry-Slam mit Publikumspreis zu finden, da die Zuhörer zumeist den heiteren Krachern den Vorzug geben.
Ausgeschlossen sind in der Regel auch musikalische Beiträge. Ausnahmsweise setzte sich Carlo Ihde jedoch ans Piano und lockerte den Poetenmarathon mit seinen bissigen und lyrischen Liedern auf.
Mit zartem Gesang schmückte auch Pascal Zurek einen seiner Beiträge aus. Der gebürtige Niedersachse studiert in Rostock Musik. Und weil sich Musik auf sein Zweitfach Physik reimt, erkannte Moderator Christoph Lenz darin die Bestätigung für die Zugehörigkeit zu den MV Poetry All Stars. Aber natürlich überzeugte Pascal Zurek das Publikum auch davon, dass er mehr kann, als „Herz“ und „Schmerz“ zu einem Reim zu kombinieren.