Neueste Nachrichten aus Rostock und Warnemünde

Sonne, Strand und gute Laune
An diesem Wochenende hat es die Sonne ja mal richtig gut mit uns gemeint. Mussten wir in den vergangenen Wochen noch hoffen, dass wir bei der Grillparty nur mit Nieselregen davon kommen, war in den letzten Tagen an Nässe von oben gar nicht mehr zu denken. Der Regenschirm fand seine neue Bestimmung als Sonnenschutz und das Regencape konnte mit dem Bikini getauscht werden. Doch was tun bei so überraschend vielen Sonnenstunden und sommerlichen Temperaturen? Am Sonntag zierte keine Wolke den strahlend blauen Himmel und auch kein frisches Lüftchen war in Rostock zu spüren. Das Schoko-Eis war vermutlich wieder in jedem Supermarkt ausverkauft und die Sonnencreme musste erstmal aus der hintersten Ecke des Schrankes hervorgekramt werden. Grund genug für einen Großteil der Bevölkerung auf den Balkon, in den Kleingarten oder an den Strand zu pilgern. Zum Glück für alle Strandbesucher hatte sogar der Rewe in Warnemünde am Sonntag geöffnet, sodass der vergessene Einweg-Grill, die Sonnencreme und das kühle Dosenbier schnell noch eingekauft werden konnten, bevor es ans Meer ging. Dort angekommen erwies es sich zunächst scheinbar als Meisterleistung, ein ruhiges Plätzchen mit wenig Steinen im Sand zu finden, doch in den hinteren Strandbereichen lichtete sich das Gedränge allmählich. Dank des frischen Ostseewindes waren die Temperaturen am Strand gut auszuhalten und fürs Sonnenbaden beinahe schon etwas zu kühl. In der Luft waren es auch am frühen Nachmittag kaum 20°C, das Wasser erreichte gerade mal 13°C. Kein Wunder also, dass die breite Masse sich mit Grillen und Bräunen begnügte und nur wenige sich wagemutig ins Meer stürzten. Trotz vergleichbar milden Strandwetters sollte die Sonne jedoch keinesfalls unterschätzt werden. Auf dem Heimweg klebte mir die für den Sommer typische Mischung aus Schweiß, Sonnencreme und Strandsand auf der Haut, doch ich hoffte wenigstens, dank meiner Vorsichtsmaßnahmen einem Sonnenbrand entkommen zu sein. Aber nichts da, zum Abend hin merkte ich schon, welche Stelle ich vergessen hatte einzucremen – meine ohnehin schon vom Barfußpfad zugerichteten Füße!
7. Juni 2010 | Weiterlesen
Kooperation der Unis Rostock und Alabama
Die Universität Rostock will zukünftig enger mit der University of Alabama in Huntsville (UAH) zusammenarbeiten. Um dies zu bekräftigen, unterzeichneten heute Rektor Professor Dr. Wolfgang Schareck und Professor Dr. David B. Williams, Präsident der UAH, eine Vereinbarung, die Kooperationen in den Bereichen Wissenschaft, Ausbildung und Kultur vorsieht. „Zusammen sind wir stärker“, sagte David B. Williams, als er seine Universität im Rostocker Audimax vorstellte. Die 1950 gegründete Universität in Huntsville ist bekannt für ihre Forschung und Lehre in den Bereichen Astrophysik und Atmosphärenwissenschaften und pflegt eine enge Zusammenarbeit mit der NASA. Mit der Universität Rostock will sie vor allem auf dem Gebiet der Systemischen Ingenieurwissenschaften und Anwendungen, wie zum Beispiel Automatisierungstechnik, Materialforschung, Ressourceneffizienz und Energieforschung kooperieren. Geplant ist auch ein Austausch auf den Gebieten Atmosphären- und Erdsystemwissenschaften, Gesundheit und Lebenswissenschaften sowie Maritime Sicherheit. Der Austausch soll durch gemeinschaftliche Forschungsprogramme und Projekte gefördert werden. „Die Beziehung soll gestärkt werden. Doch es liegt nicht nur an den Forschern, sondern auch die Studierenden müssen sich austauschen“, machte Wolfgang Schareck deutlich. Für den wissenschaftlichen Nachwuchs wollen beide Universitäten Auslandsstudienprogramme anbieten. Außerdem sind Graduierten-Anschlussprogramme für Doktoranden, insbesondere auf dem Gebiet der Systemischen Ingenieurwissenschaften angedacht. Der Rektor der Rostocker Universität freut sich auf eine stärkere internationale Zusammenarbeit. Derzeit gibt es Kooperationsvereinbarungen mit 50 Universitäten weltweit, vor allem aus dem Ostseeraum. Die Kooperation mit der University of Alabama in Huntsville ist die achte in den USA. Zur Vertragsunterzeichnung war eine hochrangige Delegation aus Alabama angereist. Stationen ihrer Reise waren Neustrelitz, Greifswald, Stralsund und das historisch-technische Museum in Peenemünde. Heute stand eine öffentliche Vorlesung mit dem Titel „Space, Research & Technology Lecture“ im Audimax der Universität Rostock auf dem Besuchsprogramm. Der ehemalige Chef-Administrator der NASA, Professor Michael D. Griffin, heute Honorarprofessor an der University of Alabama in Huntsville äußerte sich zur Bedeutung des Forschungsschwerpunkts „systemische Wissenschaften“. Höhepunkt der Vorlesung war für viele aber der Vortrag von Thomas Reiter, der als erfahrenster Raumfahrer Deutschlands gilt. Er ist zweifacher Langzeit-Astronaut und war der erste Deutsche, der einen Weltraumausstieg unternahm. Seit 2007 ist er Mitglied im Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und stellte in dieser Funktion in seiner Vorlesung wichtige Arbeitsschwerpunkte des Forschungszentrums vor.
7. Juni 2010 | Weiterlesen
Vierfachanlauf im Kreuzfahrthafen Warnemünde
Zum ersten Mal legten heute Morgen vier Kreuzfahrtschiffe auf einmal im Seebad Warnemünde an. Für einen Tag machten die „Azamara Journey“, die „Grand Mistral“, die „Norwegian Sun“ und die „Sea Cloud II“, die größte Dreimastbark der Welt, am Passagierkai in Rostock-Warnemünde fest. In der Vergangenheit hat es zwar schon einige Vierfachanläufe gegeben, mangels Liegeplätzen musste aber immer einer der Kreuzfahrtriesen auf den Rostocker Überseehafen ausweichen. Nachdem der Kai saniert wurde und neue Abfertigungsgebäude entstanden sind, gibt es nun im Seebad genügend Platz. Hinzu kommt, dass die „Sea Cloud II“ zwar die größte Dreimastbark der Welt ist, mit 117 Metern Länge für Kreuzfahrtschiffe aber fast schon klein erscheint und sich so bequem zusammen mit der Grand Mistral den Liegeplatz P8 im Werftbecken teilen konnte. Zusammen benötigen die „Azamara Journey“, die „Grand Mistral“, die „Sea Cloud II“ und die „Norwegian Sun“ etwa 770 Meter Kailänge. Mitgebracht haben sie rund 5.000 Passagiere und 2.000 Crewmitglieder. Trotz der frühen Morgenstunde und des strömenden Regens fanden sich einige Schaulustige am Warnemünder Kai ein. Ein Paar aus dem Harz, welches im Seebad seinen Urlaub verbringen möchte, war extra in der Nacht schon losgefahren, um rechtzeitig zum „Schiffe gucken“ anzukommen, obwohl die beiden ihre Ferienwohnung erst gegen Mittag beziehen können. „Man kann ja die Schiffe im Internet beobachten. Oft sind sie schon eine Stunde früher da. Deshalb sind wir schon um halb eins losgefahren, um sie nicht zu verpassen“, erzählte der Mann, der die Ankunft der Schiffe mit seiner Kamera festhielt. Bisher hatten die beiden noch keine Gelegenheit selbst mal Gast auf einem Kreuzliner zu sein. „Aber eine Runde würden wir schon ganz gerne mal drehen“, sind sich die beiden einig, während sie das Anlegen der „Norwegian Sun“ am Pier 7 beobachten. Aus Anlass dieses besonderen Vierfachanlaufs gibt es eine heute Abend eine Port Party mit maritimer Musik und Unterhaltung direkt an der Kaikante am Pier 7. Das Auslaufen der Schiffe wird mit einem Schlepperballett und einem Feuerwerk begleitet. Am 10. Juli wird es dann den zweiten Vierfachanlauf in Warnemünde geben. An vier weiteren Tagen legen die Schiffe im Dreierpack an. Bildergalerie:
7. Juni 2010 | Weiterlesen
Eröffnung des Barfußpfades im IGA-Park
Schöneres Wetter hätte sich der IGA-Park für seinen verspäteten Kindertag wohl nicht aussuchen können. Schon am frühen Vormittag verwöhnte uns die Spätfrühlingssonne mit sagenhaften 20°C – vor anderthalb Wochen hätte man das gar nicht für möglich gehalten. Kein Wunder, dass man da erstmal skeptisch bleibt und ich mich tatsächlich noch überreden ließ, eine dünne Jacke mitzunehmen. „Könnte im Schatten ja kalt werden …“ Aber nicht nur das Kinderfest und das gute Wetter lockten heute zahlreiche Besucher in den Rostocker IGA-Park. Auch die offizielle Eröffnung des neu errichteten Barfußpfades stand auf dem Programm und machte die ehemalige Gartenschau damit zur Attraktion für Besucher und Einheimische. Den Startpunkt zu finden war nicht weiter schwer. Mit Karten kann ich zwar nicht viel anfangen, doch die ungefähre Richtungsangabe der Kassiererin und die vielen kleinen Hinweisschilder führten mich schließlich schneller als gedacht zum Ziel. Etwa im Schatten des mächtigen Weidendoms gelegen wurde der Start für den Abenteuerpfad errichtet. Wasserspender stärken im Schatten der Bäume die Verdurstenden, montierte Schläuche dienen gleichzeitig der Fußreinigung. Damit man sich während des Rundgangs nicht noch das eigene Schuhwerk über die Schulter hängen muss, steht den Besuchern eine Reihe von Schließfächern zur Verfügung, in denen schließlich sogar noch meine Jacke Platz fand. Zur feierlichen Eröffnung pünktlich um elf Uhr erschienen auch Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens und IGA-Park-Geschäftsführer Jörg Vogt, um den Anlass entsprechend zu würdigen. Und um der Würdigung noch ein bisschen Symbolgehalt zu verleihen, durfte erstere mithilfe der Kinder Emilie und Florian das rote Absperrband durchschneiden und damit den Barfußpfad für die Besucher freigeben. Doch was wäre eine Eröffnung ohne einen ersten Rundgang, um sich selbst von der neuen Touristenattraktion des Parkgeländes zu überzeugen? Wagemutig, wie ich bin, war ich mir selbstverständlich nicht zu schade, den Pfad selbst für meine lieben Leser zu testen und dabei auch nasse Füße zu riskieren. Bevor „wagemutig“ jedoch zu „waghalsig“ wird, muss man natürlich über mögliche Tücken und Risiken im Bilde sein. „So 70 Zentimeter kann man schon mal weg sein“, hieß es da von den Verantwortlichen. „Was?“, kam es sofort erschrocken von unserer lieben Bürgerschaftspräsidentin, die ihrerseits ebenfalls ihre rosa lackierten Zehnägel entblößte und den Rundgang wagen wollte. Der Rostocker Barfußpfad ist einer von etwa 62 in ganz Deutschland. Es gibt zwei verschieden lange Wege, die etwa einen und zwei Kilometer lang sind und durch den Nordosten des IGA-Parks führen. Auf der Strecke sind 16 Mitmach-Stationen verteilt, die sämtliche Sinne des Besuchers fordern. Dabei werden natürlich auch die verschiedensten Vegetationszonen durchquert, wie etwa Wald, Wiese, Sumpf und Strand. Los ging der Pfad mit harmlosen Betonplatten auf einem harmonischen Waldweg. „Das ist ja wie als wenn ich bei mir zu Hause über die Terrasse gehe“, zeigte sich Karina Jens begeistert. Die erste Hürde ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Schon nach der ersten Wegbiegung tauchte unvermittelt eine Kuhle mit Heu auf, die Besucher und Prominenz gleichsam tapfer durchquerten. Aber nicht nur neue Hindernisse wurden für den Pfad errichtet, auch alte Parkelemente wurden in diesen mit eingebunden. So durften sich die Mutigen bei der nächsten Station durch den Weidentunnel tasten – gern auch mit geschlossenen Augen. Die Kurzbeinigen und Kleinwüchsigen hatten an dieser Stelle einen kleinen Vorteil, der sich an späterer Stelle aber noch vielfach ausgleichen würde. Nach der „Steinschlange“ und dem kleinen Spielplatz wurde es richtig schön nass für die Füße und all jene, die sich erfolgreich vor dem Ausziehen der Schuhe gedrückt hatten, bereuten diese Entscheidung möglicherweise erstmals. Kurz darauf standen wir auch schon vor der entscheidenden Weggabelung, man könnte auch sagen: in unserer bisher recht großen Gruppe wurde die Spreu vom Weizen getrennt. Und der wagemutige Weizen mit der Kamera um den Hals geht natürlich mit den langen Weg, ist doch klar. Keine schlechte Entscheidung, denn schon nach wenigen Metern wandte sich der Holzbohlenweg als Brücke über einen Arm der Warnow und belohnte die Mutigen mit einem Blick auf große Fische und eine schön gestaltete Parkanlage. Doch auch die wahren Herausforderungen der Strecke standen kurz bevor. Nach einigen Mitmach-Stationen fand sich unsere kleine Gruppe plötzlich vor einer tiefen Lehmgrube wieder, die an den Seiten mit Geländern ausstaffiert war. Nur diejenigen mit geringer Hemmschwelle und kürzerer Hose wagten den Abstieg ins Ungewisse – und erklommen auf der anderen Seite mit strahlender Begeisterung und matschig braunen Füßen wieder das Grasland. Was vom Lehm nach weiteren Stationen und ein paar hundert Meter über Rasen und Asphalt noch nicht auf der Strecke geblieben war, wurde spätestens vom klaren Warnow-Wasser abgespült. Denn unvermittelt traten wir aus dem Schatten der Bäume und fanden uns am Strand des IGA-Parks wieder, wo sich die Gruppe begeistert in die kühlen Fluten warf – jedenfalls knöchelabwärts. Und da war es dann auch schon: das gefürchtete Hindernis mit den 70 Zentimetern abwärts. An einer schmalen aber nicht zu verachtenden Stelle sah der Pfad vor der Kulisse des Traditionsschiffes vor, dass der Besucher den Flussarm durchwaten sollte. Eine Messlatte am unerreichbaren anderen Ufer zeigte sogar einen Wasserstand von ganzen 80 Zentimetern an. Ein besonders tapferer Herr aus der Gruppe wagte schließlich den Anfang und stieg in den Fluss. Trotz kurzer Hose und langer Beine sah er allerdings nach noch nicht einmal der Hälfte der Strecke ratlos zu uns zurück, das Wasser war einfach zu tief. Sven, unser Pfadführer von der Umweltbildung, hat dafür die Erklärung: „Der Boden bewegt sich im Wasser, da kann es schon mal tiefer sein. Gegen eine nasse Hose hilft nur den Hintern in die Sonne halten, auch wenn’s dusselig aussieht.“ Nur gut, dass der Weg durch den Fluss sich über die Brücke umgehen lässt. Die letzten beiden großen Highlights waren dann wieder auf dem Weg, der mit der kleinen Strecke zusammenführt. Zum einen bot der Pfad einige Meter Abenteuer durch tiefen Morast im Wald, zum anderen durften besonders Mutige ihre Schmerzempfindlichkeit auf dem Scherbenbett testen. Viel zu schnell war unser Rundgang beendet. Ein bisschen wehmütig wurde ich dann schon, als plötzlich wieder der Waschplatz mit den Schließfächern vor uns auftauchte. Dort wurden die letzten Lehmklumpen, Heubüschel und Kieselsteinchen von den Füßen gespült und diese dann in Ermangelung eines Handtuchs an der warmen Mittagssonne getrocknet. Der Barfußpfad kann übrigens unter fachlicher Führung auch in Gruppen und mit Schulklassen besucht werden, mehr Informationen gibt es unter www.IGA2003.de
6. Juni 2010 | Weiterlesen
„I'm not there“ - Nichtporträts von Tim Kellner
Der Titel „I’m not there“ weckte meine Neugier. Bisher kannte ich ihn von einem Bob-Dylan-Song und dem gleichnamigen Film über sein Leben. Jetzt hat der Fotograf und Gewinner des Rostocker Kunstpreises Tim Kellner eine Ausstellung unter diesem Titel in der Galerie Wolkenbank eröffnet. Auf der Vernissage am 4. Juni erklärte mir der Künstler aber dann, dass die Verbindung zu Bob Dylan nicht beabsichtigt sei. „Durch meine Stipendien Aufenthalte in den USA und Australien steht mir die englische Sprache nahe und inhaltlich passt der Satz zu meinem Projekt“, sagte Tim Kellner über die Entstehung des Titels. Zu sehen sind großformatige Porträts, meist farbig. Das Besondere daran: Den abgebildeten Personen wurde ein wesentlicher Teil, der ihre Individualität sichtbar macht, genommen – das Gesicht. Was wie eine hastige Momentaufnahme wirkt, ist teilweise eine aufwendig inszenierte Studiosituation. Vor zwei Jahren hat die Arbeit an diesem Projekt begonnen. Tim Kellner zeigt auf eine Wand mit zwei Schwarz-Weiß-Fotografien, auf denen Personen abgebildet sind, deren Gesichter dem Betrachter abgewandt sind oder im Halbschatten liegen: „Die Elemente der Bilder habe ich zusammengestellt, die Personen im Raum, die Lampen, das Licht. Alles sollte aber plausibel sein. Das gelingt nicht immer. Dadurch entsteht Reibung, die die Wahrnehmung bewusst macht.“ „Christof“, ebenfalls eine Schwarz-Weiß-Aufnahme, ist das erste Porträt gewesen. Der junge Mann steht noch im Raum. Seine Gesichtszüge sind verschwommen, aber immer noch erkennbar. Bei fünf großen Farbbildern reduzierte sich schließlich das Interesse des Fotografen auf das Porträt. „Diese Bilder sind durch intensive Bearbeitung am Computer entstanden. Ich habe jeweils mehrere Porträtaufnahmen zu einer einzigen zusammengesetzt“, erklärte Tim Kellner seine Arbeitsweise. Im „Portrait#1“ ist zu erkennen, dass diese Technik noch für das gesamte Bild angewendet wurde. Bei den anderen vier konzentriert sich die Manipulation auf das jeweilige Gesicht. Auf diese Weise entstand der Eindruck der Unschärfe. Die individuellen Merkmale der Gesichter verflüchtigten sich. Das Subjekt ist nicht mehr da. Außerdem zu sehen sind drei Werke, die der Reihe „Stages“ entstammen. Auch diese Serie „atmet diesen Geist des Flüchtigen. Die aufgenommenen Szenen zeigen, wie wenig sich Kellner um die Individualität seines Personals kümmert. Die von ihm fotografierten Menschen scheinen, als seien sie lediglich in Kauf genommene Störfaktoren bei der Betrachtung seines eigentlichen Gegenstands. Am Ende bleiben in vielen Arbeiten Kellners leere, wesenlose Container zurück, die mit Geist zu füllen zur Aufgabe des Publikums wird“, sagte Thomas Klemm über das Werk seines Freundes. Noch bis zum 24. Juli können Interessierte der Aufforderung von Thomas Klemm nachkommen und die Ausstellung von Tim Kellner in der Galerie Wolkenbank besuchen.
6. Juni 2010 | Weiterlesen
A. R. Penck in der Kunsthalle Rostock
„Wie schaffen wir es, dass wir A. R. Penck nach Rostock bekommen? Immerhin haben wir für ihn die Kunsthalle renoviert“, witzelte Rostocks Bürgermeister Roland Methling bei der Wiedereröffnung der Rostocker Kunsthalle am heutigen Sonntagnachmittag. A. R. Penck nahm zwar nicht persönlich an der Ausstellungseröffnung teil, seine Werke haben aber ihren Weg nach Rostock gefunden und können nun besichtigt werden. Die Ausstellung wurde vom Direktor der Kunsthalle, Dr. Jörg-Uwe Neumann, eröffnet, der dem Oberbürgermeister und dem Land für die Konjunkturgelder dankte, die für die Renovierung der Kunsthalle bereitgestellt wurden. Insgesamt waren für die Baumaßnahmen fast eine Millionen Euro nötig. Da dabei effizient gewirtschaftet wurde, können nun auch noch die Fenster renoviert werden, und zwar so, dass es möglich sein wird, Großobjekte in Zukunft direkt in die Kunsthalle zu fahren. Außerdem meinte er, dass er sich keine bessere Ausstellung als diese zum Thema 20 Jahre deutsche Einheit vorstellen könne. Nach den Grußworten des Bürgermeister richtete Kurator Detlef Weitz das Wort an die Besucher. Er warf zunächst die Frage auf, ob man es wagen könne, die Sammlung der Kunsthalle mit so einem ausdrucksstarken Künstler wie A. R. Penck zusammenzubringen. Seine Antwort darauf: „Wir haben es einfach gemacht.“ Er betonte zudem das enorme Potential der Kunsthalle Rostock für zukünftige Ausstellungen. Die Ausstellung zeigt etwa 40 Bilder von A. R. Penck aus der Sammlung der Familie Böckmann aus Berlin, die auch unter den Gästen war. Gezeigt werden Bilder aus der gesamten Schaffensperiode von Penck im Zeitraum von 1956 bis 2007. Kombiniert werden die Bilder mit literarischen Texten aus seiner Feder, sowie Fotografien und biografischen Angaben zu seinem Leben. A. R. Penck, der mit bürgerlichem Namen Ralf Winkler heißt, beschäftigt sich in seinen Werken mit der Frage „wie kann man Deutschland darstellen, wie kann man Deutschland malen?“ Seinen Künstlernamen hat er übrigens nach dem Eiszeitforscher Albrecht Penck gewählt. Ein gutes Pseudonym für die Zeit des kalten Krieges. Der Autodidakt erkannte früh sein künstlerisches Talent und entwickelte schnell einen ganz eigenen Stil, da er erkannte, dass dies nötig ist, um die Menschen mit seiner Kunst zu erreichen. Seine Bilder erinnern mit ihren Strichmännchenzeichnungen häufig an Höhlenmalereien. Auch als Musiker machte sich Penck in der Free-Jazz-Szene einen Namen. Insofern ist es nur konsequent, dass die Vernissage mit Improvisationsmusik von Lothar Fiedler an der Gitarre untermalt wurde. Die Musik, die mal verspielt, mal fast schön verstörend wirkte, harmonierte sehr gut mit der Stimmung in Pencks Werken. Die Besucher waren sehr positiv von der Ausstellung angetan. Landtagsabgeordneter Peter Stein meinte beispielsweise: „Ich bin beeindruckt ob der Fülle, die hier zusammengekommen ist.“ Bisher habe er nur einzelne Illustrationen in Zeitschriften gesehen, aber nie ein Werk Pencks in Originalgröße, heute gleich etwa 40 auf einmal. Auch Heidi Vogt zeigte sich begeistert: „Ich bin beeindruckt. Es ist einfach eine völlig neue Interpretation Deutschlands.“ Des Weiteren lobten die Ausstellungsbesucher die schöne und sehr geräumige Präsentation der Werke. Die Ausstellung war zuletzt im vorigen Jahr in Bremen in der Weserburg zu besichtigen, damals passend zum Thema 20 Jahre Mauerfall. In Rostock wird sie noch bis zum 29. August für Besucher geöffnet sein. Wer sich also einmal auf eine ganz neue Interpretation Deutschlands einlassen möchte, der sollte in der nächsten Zeit der Kunsthalle einen Besuch abstatten.
6. Juni 2010 | Weiterlesen
Organspende und Organtransplantation
„Wenn man will, dass einem geholfen wird, ist man dann auch bereit zu geben?“ Diese Frage stellte Manuela Schwesig, Ministerin für Soziales und Gesundheit, anlässlich einer Gesprächsrunde zum Thema „Organtransplantation, eine Herausforderung an die Gesellschaft“ auf der 6. Nationalen Branchenkonferenz der Gesundheitswirtschaft in Rostock. Mehr als 12.000 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Jeden Tag sterben drei Menschen, die eine Organspende hätte retten können. Der Bedarf steigt. Die Zahl der Patienten, die aufgrund ihres Alters oder Diabeteserkrankungen auf Spenderorgane oder Gewebe angewiesen sind, nimmt zu. Problematisch ist deshalb, dass die Anmeldungen für eine Spende sinken. Im letzten Jahr wurden 4.700 Organe und außerdem auch Gewebe transplantiert. Die durchschnittliche Spenderrate im gesamten Bundesgebiet beträgt 15 pro eine Million Einwohner. „Es könnten aber 40 Organspender pro eine Million Einwohner sein“, erläutert Professor Dr. Günter Kirste, Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation, die Situation in Deutschland. Mecklenburg-Vorpommern zählt zu den Vorreitern. Hier kommen immerhin 26 Spender auf eine Million Einwohner. Über das gute statistische Ergebnis freut sich Manuela Schwesig: „Wir wollen uns darauf aber nicht ausruhen. Jeder einzelne Fall zählt.“ Angesichts der nicht ausreichenden Spenderquote stand deshalb die Frage, wie sie zu steigern sei, im Mittelpunkt des Expertengesprächs. Zwei Ansätze wurden dabei besonders intensiv diskutiert: zum einen, wie die Bereitschaft der Bevölkerung zum Spenden erhöht werden kann und zum anderen, wie strukturelle und organisatorische Abläufe verbessert werden können. Eigentlich ist die Zustimmung zur Organtransplantation mit etwa 75% recht hoch. Dennoch besitzen nur 17% der Deutschen einen Spenderausweis und haben sich bewusst dafür entschieden, nach ihrem Tod einem anderen ihre Organe zur Verfügung zu stellen und so Leben zu retten. Das Hauptproblem ist die Spannungssituation, die unmittelbar nach dem Versterben des Patienten entsteht. Angesichts des Todes ihres Angehörigen reagieren viele Menschen unsicher und ablehnend gegenüber einer Organentnahme. Um dieser Unsicherheit aus dem Wege zu gehen, plädierten viele der Anwesenden für eine systematische Abfrage beispielsweise im Rahmen des Ersten Hilfe Kurses des Führerscheinlehrgangs. Kontrovers wurde die Widerspruchslösung debattiert, wie sie etwa in Spanien gilt. Hier ist die Organentnahme zu Transplantationszwecken nach dem Tod zulässig, wenn der Verstorbene dem nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Manuela Schwesig wies daraufhin, dass diese Lösung derzeit in der Bevölkerung in Deutschland nicht mehrheitsfähig sei. Und auch Wolfgang Schareck, Rektor und Professor für Gefäß- und Transplantationschirurgie an der Universität Rostock hält nichts von einer Gesetzesänderung. „Das bringt nichts. Ich bin zuversichtlich aufgrund der Gesundheitskarte. Da soll die Entscheidung von jedem verzeichnet werden. Eine Änderung bzw. Umentscheidung ist später auch noch möglich.“ Das größte Potenzial sahen die Experten in der Aufklärung. Der Landtagsabgeordnete Ralf Grabow aus Rostock – selbst Betroffener – hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, das Thema Organtransplantation noch stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Dafür hat er gemeinsam mit Ärzten und Betroffenen einen Verein gegründet, der vor allem in Schulen informieren will. „Die Gesellschaft muss sich damit auseinandersetzen. Wir wollen, dass Schüler Multiplikatoren werden, die das Thema zu Hause mit den Eltern besprechen“, sagte Ralf Grabow über das Ziel des Vereins. Manuela Schwesig begrüßte diese Initiative. Sie ergänzte, dass das Thema Organtransplantation in den Lehrplänen der 7. und 8. Klasse durchaus vorgesehen ist. Allerdings werden diese Vorgaben nicht überall umgesetzt. Verbesserungsbedarf sahen die Teilnehmer der Gesprächsrunde auch hinsichtlich der Strukturen und Organisation in den Kliniken selbst. Wegen der hohen Arbeitsbelastung der Ärzte wird das Thema zu oft vernachlässigt. Dies führt dazu, dass Fälle, bei denen eine Organentnahme in Frage kommt, nicht gemeldet werden und Gespräche mit den Angehörigen nicht oder nur unzureichend stattfinden. Ein Transplantationsbeauftragter, der seine Kollegen entlastet und den Angehörigen als professioneller Gesprächspartner zur Verfügung steht, könnte hier unterstützend wirken. Der gestrige Tag der Organspende sollte für jeden Einzelnen Anlass sein, noch einmal intensiv über das Thema Organspendeausweis nachzudenken.
6. Juni 2010 | Weiterlesen
15. Street – Basketball – Tour MV 2010
Bereits zum 15. Mal machte am heutigen Morgen die Street – Basketball Tour an der Sportanlage des Ostseegymnasiums in Rostock Evershagen Halt. Insgesamt 13 Teams aus den Kreisen Rostock, Doberan und Güstrow traten dabei gegeneinander an, um sich für die Landesmeisterschaften in Schwerin am 3. Juli zu qualifizieren. Manche der Teams sind bereits seit vielen Jahren regelmäßig dabei. Organisator der Veranstaltung war die Sportjugend Mecklenburg Vorpommern, die dabei von Coca Cola, Antenne MV und der AOK M-V unterstützt wurde. Gespielt wurde zunächst in drei Gruppen, wobei die Mannschaften der männlichen Basketballer der Altersklasse 18 und älter in zwei Gruppen mit je vier Teams an den Start gingen. Die jüngeren Teams sowie die Frauen- und Mixed-Mannschaften bildeten eine Gruppe mit fünf Teams. Aus den Vierergruppen spielten anschließend im Halbfinale die beiden ersten gegeneinander. Unter den dritt- und viertplatzierten der Gruppen wurden die Plätze fünf bis acht ausgespielt. Gespielt wurden 10 Minuten pro Partie oder bis eine Mannschaft 16 Punkte erreichte. Bei einem Unentschieden wurde ein weiterer Punkt zur Entscheidung ausgespielt. Für die Qualifikation zum Landesfinale galt allerdings nicht die Gesamtplatzierung, sondern der Vergleich innerhalb der Landkreise Rostock, Doberan und Güstrow. Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl, mit beispielsweise nur einer Mannschaft aus Doberan, qualifizierten sich letztlich aber alle Teams. Die beiden Erstplatzierten beim Landesfinale dürfen dann beim Bundesfinale in Münster antreten. Vielleicht gelingt dies ja einem der Teams. Zum Aufwärmen wurde vor Turnierstart noch ein Shoot-out Wettbewerb von der 6er Linie durchgeführt. Diesen konnte Andrew Blanca von der TSV Stylers für sich entscheiden. Als Preis gab es Gutscheine von McDonald’s. In der 5er Gruppe setzte sich am Ende das Mixed-Team „Sigi und die Kakerlaken“ aus Doberan souverän und ungeschlagen durch. Auf den Plätzen folgten „Die Graaler“, ebenfalls aus Doberan und das Team „Big Panthers“ aus Rostock. In beiden Vierergruppen erreichten die Gastmannschaft „Dargun Tigers“ und „Dierkow Machine“ aus Rostock als Gruppensieger die Finalrunden. Die Teams „BIG“ aus Rostock und „Fuchskacke Gradebusch“ aus Güstrow wurden jeweils Gruppenzweiter und kamen damit ebenfalls weiter. In den Finalrunden setzte sich „Dierkow Machine“ souverän durch und wurde vor den „Dargun Tigers“ Erster. Im Spiel um Platz 3 lieferten sich BIG und „Fuchskacke Gradebusch“ ein enges Spiel, das die Mannschaft aus Güstrow am Ende knapp mit 9:8 gewinnen konnte. Obwohl es sich um die Qualifikation zum Landesfinale handelt, ist die Zukunft der Veranstaltung ungewiss, da in den letzten Jahren die Teilnehmerzahl stetig abgenommen hat. Andreas Blümel, Vereinsberater der Sportjugend Rostock, führt dies auf die abnehmende Euphorie gegenüber der Sportart zurück. Vor einigen Jahren traten noch über 50 Teams gegeneinander an, heute nur noch 13. Die Spieler würden sich ihrerseits aber sicherlich über eine Neuauflage des Turniers im nächsten Jahr freuen.
6. Juni 2010 | Weiterlesen
10. Rostocker Kunstnacht
Die 10. Rostocker Kunstnacht in der Östlichen Altstadt begann am helllichten Tag bei strahlendem Sonnenschein. Über 30 Mitveranstalter boten mit Ausstellungen, Lesungen, Konzerten, Theatervorstellungen und Performances ein so interessantes und umfangreiches Programm, dass einem die Auswahl wirklich schwer fallen konnte. Ich entschied mich, mit „Gut Ding Will“ im Fischerbruch zu beginnen. In der Idylle eines Gartens an einem ruhigen Seitenarm der Warnow präsentierten die Künstler ihre Werke zwischen Obstbäumen und stellten auch im Verlauf des Abends noch Bilder her. Zur Abkühlung zog es mich als Nächstes in die Gewölbegalerie. Für „Die Liebe – Amor“ den musikalischen Abend zwischen gestern und morgen war es noch zu früh. So konnte ich mich in Ruhe den ausgestellten Holzskulpturen und Bildern widmen. Im Künstleratelier nebenan war eine Fotoausstellung angekündigt. Als ich in der Tür stand, war erstmal nur ein schwebender weißer Kasten zu sehen. Um die Ecke saß der Fotograf Jürgen Rolfs zwischen einem Computer und einer Kamera. „Hier entsteht heute Abend erst das Kunstwerk“, klärt er auf. „Die Besucher können Teil meiner Performance werden.“ Was sollten diese tun? Die Besucher begaben sich in den schwebenden Kasten. Dieser hatte auf allen Ebenen Löcher, hinter denen sich ein neues Bild befand, oder auch nicht. Als Beobachter dokumentiert Jürgen Rolfs mit der Kamera alle Versuche der Besucher, die Löcher zu finden. Anschließend sollten sie ausgedruckt und aufgehängt werden. Inspiriert wurde der Autodidakt von seinen Beobachtungen, die er auf Ausstellungen gemacht hat: „Mich interessiert, wie die Betrachter sich einem Bild nähern. Einige, oft selbst Künstler, gehen ganz dicht heran und beugen und hocken sich davor“, erzählt Jürgen Rolfs über die Idee für seine Aktion. Hört sich interessant an, da ich aber eine der Ersten war und noch keine Fotos fertiggestellt waren, wollte ich später noch einmal vorbeikommen, um mir die Ergebnisse anzuschauen. Inzwischen führte mich meine Kunstnachttour in weitere Ausstellungen – in die Galerie Wolkenbank, wo Fotografien von Tim Kellner zu sehen waren und ins Künstleratelier im Schleswig-Holstein-Haus. Hier waren unter dem Titel „Fundorte“ Objekte und Installationen der Künstlerin Annette Czerny ausgestellt. Fotos, Skulpturen, Malerei, Installationen – nach so viel bildender Kunst, brauchten meine Augen mal eine Pause. Also kümmerte ich mich jetzt um meine Ohren und besuchte ein Harfenkonzert in der Hochschule für Musik und Theater. Alena Butt hieß die Musikerin, die das Programm zum größten Teil gestaltete. Ich lauschte den barocken Klängen eines Harfenkonzerts von Georg Friedrich Händel und einer klassisch-modernen Sonate von Paul Hindemith. Andreas Wehrenfennig von der Staatskapelle Halle stellte dem Publikum Kompositionen des englischen Harfenvirtuosen Elias Parish-Alvars vor. Er war einer der Ersten, die die neuen Spielmöglichkeiten der Doppelpedalharfe voll ausreizte. Welche Klangeffekte dadurch entstehen, zeigte Andreas Wehrenfennig mit seiner Introduktion und Variation über ein Thema aus Bellinis Oper „Norma“. Dass auch ausgefallene Kleidungsstücke, Hüte und Accessoires große Schöpfungskraft voraussetzen und deshalb auch Mode als Kunst bezeichnet werden kann, davon konnten sich die Besucher der Kunstnacht bei der Modenschau von Yadviga Adesskaya in der Grubenstraße überzeugen. Auch kunstvoller Schmuck wurde an vielen Orten präsentiert. Bei Romy Niekammer beispielsweise durfte man einen Blick in ihre Goldschmiede werfen, wo sie farbenfrohe Edelsteine zu fantasievollen Schmuckstücken verarbeitete. Mode und Schmuck wurden auch in der Produzentengalerie artquarium gezeigt. Malerei und Skulpturen machten die Ausstellung dort zu einer der vielseitigsten an diesem Abend. In der Gerberei hingegen konzentrierte man sich auf die Präsentation der Bilder eines Künstlers aus Hannover, My Rho. Zusammengefasst unter dem Titel „Fetischträume dreidimensional gefangen“ zeigen die Bilder Frauen, die als Tiere fantasievoll inszeniert wurden. Ursprünglich als dreidimensionale Darstellung mit dem Computer hergestellt, zeichneten sie sich durch eine besonders intensive räumliche Tiefe aus. Erotisch ging es auch im Café À Rebours zu. Hier entführte der Berliner Salontenor Daniel Malheur mit seinem Monokel Pop in die wilden 20er Jahre. Begleitet von seinem Trichtergrammofon sorgte mit alten Kabarettschlagern und Chansons, die er mit ausladender Mimik und Gestik vortrug, für viel Amüsement beim Publikum. Seinen Abschluss fand die Kunstnacht in der Nikolaikirche. Hier waren bereits am Nachmittag die 4. Norddeutschen Maler- und Grafikertage eröffnet worden, eine Gelegenheit für viele Künstler der Region ihre Arbeit vorzustellen und zu verkaufen. Einer von ihnen war der Vedutenzeichner Kjeld Heinze, der seine zeitgenössischen Ansichten von Mecklenburg-Vorpommern mitgebracht hatte. Auf beeindruckende Weise bringt er mit einem Bleistift fotorealistische Stadtansichten und Landschaften auf Papier. „Bei diesem Baum fasziniert mich, wie nach und nach die Formen entstehen“, erklärte Kjeld Heinze, als er auf ein vor ihm liegendes Bild wies, welches gerade auf Grundlage eines Fotos entstand. Er erzählte, dass er sich das Zeichnen selbst beigebracht hat und die präzise Darstellung eines Motivs etwa 60 Stunden in Anspruch nimmt. Gegen Mitternacht begann in der Kirche das Kunstnachtfest. Unter Mitwirkung von „Tanzland“, der Gruppe Claudia Graue und Wolfgang Schmiedt und den Timskis feierte das Publikum noch bis in die frühen Morgenstunden. Viele von ihnen zeigten sich begeistert. „Eine großartige Stimmung. An einigen Orten ging es ganz schön turbulent zu. Ich habe mich dann gern zu den ruhigeren Plätzen zurückgezogen“, fasste ein Besucher seine Erlebnisse auf der 10. Rostocker Kunstnacht zusammen.
6. Juni 2010 | Weiterlesen
7. Papendorfer Triathlon 2010
„Noch lebe ich“, so die Aussage von Varta-Repräsentant Daniel Selim kurz vor dem Start der Männer beim 7. Papendorfer Triathlon. „Ankommen hat oberste Priorität“, ergänzte Selim, der zum ersten Mal einen Triathlon absolvierte. Mit seinem Start reihte er sich in die Tradition der Varta-Repräsentanten der letzten Jahre ein, die ebenfalls selbst am Triathlon in Papendorf teilgenommen hatten. Das sportliche Ereignis war Teil der Varta TriEnergy Tour 2010, die in insgesamt elf Städten in ganz Deutschland Halt macht, so in Bremen, Berlin oder Freiburg. Im Rahmen der Tour wird Breitensport für die ganze Familie geboten, wobei der Spaß am Sport im Vordergrund steht. Heino Grewe-Ibert verkündete dazu passend das Motto des Triathlons: „Menschen stärken und junge Menschen für den Sport begeistern.“ Organisiert wird die Tour gemeinsam von Varta und der Deutschen Triathlonunion (DTU). Verantwortlich für die Veranstaltung in Papendorf zeichnete sich der Triathlonclub FIKO Rostock. Am Leben blieben zum Glück alle der teilnehmenden Sportler an diesem Samstag. Bei strahlendem Sonnenschein begaben sich etwa 400 Teilnehmer auf die Strecke, um zu schwimmen, Fahrrad zu fahren und zu laufen. „Petrus spielt ja hervorragend mit“, freute sich auch Papendorfs Bürgermeister Klaus Zeplien. Zeplien betonte zudem, dass es sich beim Triathlon um einen sehr anspruchsvollen Sport handelt, sowohl für die Athleten, als auch für die Organisatoren. In diesem Sinne bedankte er sich bei allen Sportlern und Helfern, die zum Gelingen des Ereignisses beigetragen haben. Am Vormittag gingen zunächst die Schüler und Jugendgruppen an den Start. Insgesamt handelte es sich um 52 Nachwuchssportler, so viele wie noch nie. Das Schwimmen wurde in diesen Altersklassen allerdings aus Sicherheitsgründen abgesagt, da das Wasser im See in den Tagen zuvor nur 12°C betragen hatte. Für einen Start sind mindestens 14°C Voraussetzung. Unter den jüngsten Teilnehmern (6 und 7 Jahre) konnten sich Jette Struck bei den Mädchen und Carlos Schenk bei den Jungen durchsetzen. Beide starteten für das Endurance Team Neubrandenburg, Carlos war vor Kurzem auch schon beim Swim & Run erfolgreich. Bei den acht- und neunjährigen Sportlern, die 2,5 km Fahrrad fuhren und 400 m liefen, gewannen Stine Hinrichs vom SC Neubrandenburg und Jonas Mier vom SC Empor Rostock 2000. Die Schüler der Gruppe B (10 und 11 Jahre) absolvierten bereits 5 km auf dem Fahrrad und 1 km laufend. Dort setzten sich jeweils Anna-Lena Stirnemann und Louis Schenk, beide vom SC Neubrandenburg, durch. Unter den Schülern der Altersklasse 12/13 und den Jugendlichen mit 14 und 15 Jahren ging es um die Landesmeisterschaft. Bei den Schülern sicherten sich Maik Waldow und Lena Meißner den ersten Platz (beide SC Neubrandenburg). Bei den Jugendlichen siegte Max Hübner in einer Zeit von 33 Minuten und 42 Sekunden vor Johannes Schmitz und Paul Schnee, alle drei vom SC Neubrandenburg. Bei den Mädchen gewann Jenny Hildebrandt (SC Neubrandenburg) in 35 Minuten und 26 Sekunden vor Luise Grambow (SC Neubrandenburg) und Lisa-Sophie Sturm (Tangermünder LV 94) durch. Am Nachmittag erfolgte dann der Start der Staffeln und des Jedermann-Triathlons. Als Erstes stand das Schwimmen im Papendorfer See über eine Distanz von 650 m auf dem Programm. Dabei begaben sich neben den Staffelteilnehmern, zunächst noch die Frauen und Männer über 40 ins Wasser. Der Triathlon der Männer unter 40 startete gut eine Stunde später in einer zweiten Welle. Nach dem Schwimmen folgten 20 km auf dem Fahrrad und 5 km Laufen. Bei den Familienstaffeln, die in einer getrennten Wertung starteten, wurde jede Disziplin von einem anderen Familienmitglied zurückgelegt. Moderator Stephan Klein kommentierte unermüdlich die verschiedenen Wettbewerbe und sorgte damit zusätzlich für Stimmung am Streckenrand. Für das leibliche Wohl der Zuschauer und Sportler war ebenfalls bestens gesorgt. Doch mit dem Ende des sportlichen Teils sollte noch lange nicht Schluss sein in Papendorf – im Anschluss wurde auf dem Marktplatz noch gegrillt und gefeiert. „Hier stimmt das Netzwerk“, meinte Heino Grewe-Ibert von der DTU und so dürfte dem 8. Papendorfer Triathlon im nächsten Jahr nichts im Wege stehen. Neue Gesichter sind dann sicher gerne gesehen, vielleicht bist du ja eins davon.
5. Juni 2010 | Weiterlesen
Harry Rowohlt - Lesung im Literaturhaus
„Nacht der Amateure“, so heiße die Silvesternacht unter uns Profitrinkern, erklärte Harry Rowohlt zu Beginn seiner Lesung im Literaturhaus Rostock. Doch mit dem Alkohol hat er es nicht mehr so, der „Ambassador of Irish Whiskey“. Statt Whiskey steht eine Wasserflasche auf dem Tisch. Polyneuropathie zwinge ihn zu einer gewissen Enthaltsamkeit, aber viermal pro Jahr dürfe er sich noch gepflegt die Kante geben, so sein Arzt – „ich bin schon überfällig.“ Wann man überhaupt betrunken ist? „Wenn man nicht mehr ohne fremde Hilfe auf dem Rücken liegen kann“, so eine irische Faustregel. Einem Laster frönt er aber noch, dem Rauchen. Wobei er als Raucher das allgemeine Rauchverbot durchaus begrüße, wie Rowohlt verriet. „Früher musste man auf Feten stundenlang ermitteln, wer die Netten und die Klugen sind. Jetzt geht man vor die Tür.“ Harry Rowohlt (65) – Übersetzer, Kolumnist, Autor, Schauspieler und wohl einer der begnadetstes Rezitatoren unserer Zeit. Viele junge, angehende Autoren würden ihn immer wieder nach Tipps fragen, um veröffentlicht zu werden. „Machen Sie’s wie ich. Ich schreibe nur auf Bestellung und brauche mir dann um die Veröffentlichung keine Sorgen zu machen.“ Nachteil der Geschichte? Man habe kaum unveröffentlichtes Material für die Lesungen, worüber sich erst kürzlich ein junger Mann bei einer Veranstaltung beschwert hätte. Heute hatte er jedoch etwas dabei. Ganz zufällig sei es noch unveröffentlicht, verriet Rowohlt, da der Verlag vergessen hat, das Buch beim Zwischenhändler anzumelden. „Dass man seine Bücher ungern los wird“, sei schon eine komische Verlagspolitik, aber er könne es verstehen, denn es sei ein „wirklich schönes Buch“. „Sie sind ein schlechter Mensch, Mr. Gum!“, so der Titel des Kinderbuchs von Andy Stanton, das Rowohlt übersetzt hat. Eigentlich hieße es ja „Herr Gum“, aber das Buch solle auch verfilmt werden. Und „Mister“ lippensynchron mit „Herr“ zu übersetzen, „das sieht nicht aus“, wie der Hamburger zu sagen pflegt. „Er war der komplette Horror. Und er hasste Kinder, Tiere, Spaß und Maiskolben mit Butter und Salz.“ Was er hingegen liebte, dieser Mr. Gum? Den ganzen Tag im Bett herum zu dösen, einsam zu sein, Sachen grimmig anzusehen, in der Nase zu bohren und die Popel zu essen. – „Ich finde das ganz gut, dass das ausgerechnet in einem Kinderbuch thematisiert wird“, scherzte Rowohlt. Das Haus von Mr. Gum? Völlig verkommen. Überall Müll und Dreck, das Schlafzimmer war eine einzige Sauerei und in den Küchenschränken wohnten Insekten – „richtig große und jedes Insekt hatte ein Gesicht und einen Namen – und einen Beruf.“ Sein Garten jedoch war „der hübscheste, grünlichste, geblümteste, gartenartigste Garten“ im ganzen Ort. Wie ganz erstaunlich der Garten war? „Denk Dir eine Zahl zwischen eins und zehn, multipliziere diese Zahl mit fünf, addiere zu der Zahl 350, ziehe 11 ab, wirf all diese Zahlen weg und stell Dir einen ganz erstaunlichen Garten vor!“ Wenn jemand behauptet, er sei in einer Lesung gar nicht mehr aus dem Lachen herausgekommen, war er bei Rowohlt. Oder er war noch nie bei Rowohlt – und lügt. Die Lachmuskeln des Publikums wurden an diesem Abend wirklich strapaziert. Warum der Garten von Mr. Gum so hübsch, grünlich, geblümt und gartenartig war bei dem verkommen Haus? „Weil sonst eine ärgerliche Fee in seiner Badewanne erschienen wäre und ihn mit einer Bratpfanne gehauen hätte. Du siehst, es gibt immer eine ganz simple Erklärung für Sachen.“ Beim Übersetzen der Figur „Martin Münzwäscherei, der eine Münzwäscherei betrieb“ wurde Rowohlt schlagartig klar, warum ihn so viele fragen, weshalb er nicht den Rowohlt-Verlag leite. Klar, wenn man so heißt … Tolle Figuren, die bildlichste Bildsprache und, so verriet uns Rowohlt, Andy Stanton sei auch ein Freund des geglückten Vergleichs. „Er sauste aus dem Bett wie eine schuldbewusste Zwiebel“ sei eines dieser Bildnisse. „Vergleichen muss man können“, so Rowohlt. Was passiert, als eines Tages ein Hund auftaucht und den Garten von Mr. Gum beim Spielen verwüstet? Buch kaufen und lesen! „Any minute now“ müsste es erscheinen und dürfte für die Eltern mindestens genauso lesenswert sein wie für die Kleinen. Kolumnen, Briefe, Anekdoten und Witze füllten den zweiten Teil des „Paganini der Abschweifungen“, wie ihn einst die Kieler Nachrichten nannten. „Polen 1941. Ein Hitlerjunge schlägt einen bereits erwachsenen jungen Polen zusammen, nimmt ihn dann noch mal unter die Füße und drischt mit seinem Karabiner auf ihn ein, bis der Pole fleht: ‚Nicht, nicht weiter peinigen, ich werd’ doch einst der Papst.‘ Sagt der Hitlerjunge: ‚Und i werd dei Nachfolger.‘“ Neben dem Papst reichte das Spektrum von Robert Gernhardt, über die „Backwarenfachverkäuferin, rassiger Klopfer mit ansehnlichem Migrationshintergrund“, unsere neue Nationalheldin Lena, die anfangs Oslo noch in Finnland vermutet hat („Dafür kriegt man halt in Hannover Abitur.“), bis zum Fußball: „Ich weiß nicht, ob ich es gut finden soll, dass Pauli jetzt aufgestiegen ist. Auf die Weise brauchen wir uns wenigstens ein Jahr nicht mit den Hansa-Fans rumzuschlagen. Na ja, nur ein Jahr lang.“ Ein brillanter Rowohlt, 180 Minuten Spaß, Lacher auf Lacher, ein begeistertes Publikum und als „unverlangte Zugabe“ noch vier Gedichte – was möchte man mehr? Spaßig weiter geht es im Literaturhaus bereits am kommenden Donnerstag (10. Juni). In der „Nacht der schnellen Nummern“ lesen ab 19:30 Uhr vier Autoren der berüchtigten taz-Wahrheit-Seite.
5. Juni 2010 | Weiterlesen
„Erstes Sehen“ – Galerie am Alten Markt
„Das sind zwei Dinge, die so gut zusammenpassen, dass man schon von Seelenverwandtschaft sprechen könnte“, kommentierte Ausstellungsbesucher Ludwig Nollmeyer die Werke von Wiebke Loseries und Hagen Süd in der Galerie am Alten Markt. Dort fand am heutigen Abend die Vernissage „Erstes Sehen“ statt, die literarische Werke von Hagen Süd mit Grafiken und Textilkunst von Wiebke Loseries verknüpft. Die Ausstellungseröffnung wurde im Rahmen der 10. Rostocker Kunstnacht ausgetragen, bei der insgesamt über 30 Veranstaltungen aus so unterschiedlichen Bereichen wie Literatur, Film, Musik oder Malerei besucht werden konnten. „Ich freue mich, dass junge Kunst gezeigt wird, die pur und ehrlich ist“, leitete Matthias Dettmann vom Kunstverein zu Rostock e.V. die Veranstaltung ein, für die er auch verantwortlich zeichnete. Anschließend wurden ausgewählte Texte von Hagen Süd verlesen. Eine Aufgabe, der sich Bernd Hölscher, seines Zeichens Schauspieler am Volkstheater Rostock, gerne widmete. Diese Ehre wurde ihm auf direkte Anfrage von Wiebke Loseries zuteil, was Hölscher als einen glücklichen Zufall bezeichnete, da er die Texte sehr spannend fand. Es handelt sich bei der Ausstellung um die erste Zusammenarbeit der beiden Künstler. Diese kam zustande, nachdem Wiebke Loseries zwei kurze Gedichte von Hagen Süd in der Literaturzeitschrift „Risse“ gelesen hatte. Bereits zuvor hatte Matthias Dettmann die Rostocker Künstlerin dazu angeregt, ihre Illustrationen in Verbindung mit literarischen Texten zu bringen. Die Kreide- und Kohlezeichnungen von Wiebke Loseries entstehen nach eigener Aussage der Künstlerin spontan und sind nicht im Vorfeld geplant. Loseries meinte dazu: „Ich lege dann einfach los und der Strich sucht auf dem Papier“. Dabei spiegeln die Werke in vielen Fällen Lebenserfahrungen wider. Zum Zeichnen ist die Künstlerin durch ihr Studium der Angewandten Kunst in Schneeberg gekommen, währenddessen sie auch bereits mehrmals grafische Werke ausstellte. Die Reaktionen der anwesenden Gäste waren durchgehend sehr positiv. Heinke Bräuer sprach beispielsweise von einem „sehr schönen Dialog“ der Texte und grafischen Arbeiten. Diese Ansicht wurde von vielen weiteren Besuchern geteilt und das, obwohl die Texte und Grafiken vollkommen unabhängig voneinander entstanden sind. Dr. Heinz Winkelmann meinte sogar, „da könnte man gut ein Buch daraus machen“. Ein interessanter Gedanke, den auch Organisator Matthias Dettmann und einige andere Gäste aufnahmen. Da bereits weitere Zusammenarbeiten der beiden Künstler in Zukunft angedacht sind, könnte dieser Wunsch durchaus wahr werden. Wer die Eröffnung verpasst hat, der hat noch bis zum 10. Juli Zeit, sich die Ausstellung anzusehen oder am besten gleich direkt am Künstlergespräch mit Wiebke Loseries und Hagen Süd am 19.6.2010 um 19:30 Uhr in der Galerie am Alten Markt teilzunehmen.
4. Juni 2010 | Weiterlesen
Vorstellung des neuen Risse-Heftes
Literatur im Bunker – na das ist doch mal eine tolle Abwechslung. Die Mittagshitze ermüdet zwar nicht mehr Geist und Glieder, die Abendsonne hat es aber dennoch ganz schön in sich. Da macht sich schon ein wenig Erleichterung unter den wartenden Literaturfreunden breit, als endlich der Einlass in die frühere Kriegsfestung gewährt wird. Drinnen ist von wärmenden Sonnenstrahlen keine Spur mehr, stattdessen wird buntes Licht von den dicht plakatierten Wänden und den Schallplatten an der Decke der Cocktailbar reflektiert. Die Tischgruppen vor der kleinen Bühne sind fast vollständig besetzt, kuschelige Stimmung kommt trotzdem nicht auf. „Schön frisch ist es hier“, ja sogar fast das gleiche Klima wie im Literaturhaus, könnte man meinen. Und der Vergleich ist gar nicht mal so weit hergeholt. Tatsächlich wird die Vorstellung des neuen Bands der „Risse“ vom Bunker, der Denkmalpflege und dem Literaturhaus präsentiert. Eigentlich sollte sie auch in letzterem stattfinden, allerdings verzögert sich dort noch der Umbau, sodass nicht genug Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und die heutige Veranstaltung kurzerhand in den Bunker umverlegt werden musste. Zum Trost erwarten die Gäste eine durchaus reizvolle Umgebung und ein kostenloses Buffet für hinterher. In diesem Ambiente soll also die Präsentation des neuen Risse-Heftes, inzwischen schon die 24. Ausgabe, stattfinden. Seit 1997 gibt der gleichnamige Verein zwei Mal im Jahr die Literaturzeitschrift heraus, an der jeweils verschiedene Autoren der näheren und weiteren Umgebung mitwirken. Drei Autoren der aktuellen Ausgabe waren zur Buchpremiere erschienen, um aus ihren Beiträgen vorzulesen und Lust auf mehr zu machen. Die erste dieser Autoren war die Rostockerin Daniela Boltres. Die gebürtige Rumänin hatte sich schon am letzten Risse-Heft mit einem Lyrik-Text beteiligt, in der aktuellen Ausgabe stellt sie einen Teil aus ihrem Romanprojekt vor. Daniela Boltres schreibt in drei Sprachen, inhaltlich beschäftigen sich ihre Texte vorwiegend mit ihrem eigenen bewegten Leben. Zu Beginn liest die Autorin nur gefühlte zwei Sätze vor, blättert dann in ihren Textseiten, wechselt unvermittelt die Sprache und liest einen anderen Text, der mir unverständlich bleibt. Nach einer Weile kehrt sie wieder ins Deutsche zurück: „Wenn es schneit, wenn es schneit, erinnere ich mich an meine Mutter …“ Es folgt eine Reihe gefühlsintensiver Gedankenbeschreibungen, die nicht immer nur farbenfroh und glücklich sind. Nach diesen interessanten Eindrücken betritt der Berliner Oliver Kluck die kleine Bunker-Bühne. Dieser begann einst in Rostock ein Studium für Ingenieurwissenschaften, entschied sich später aber für Prosa in Leipzig. Ein Glück, möchte man sagen. Im Risse-Heft wurde ein Auszug aus seinem ersten Roman abgedruckt, zur Premiere wollte er allerdings eine andere Textstelle vorlesen. Später blieb jedoch noch mehr Zeit als erwartet, sodass der junge Autor spontan auch aus dem Heft einen Ausschnitt vortrug. Zum Schluss las schließlich auch noch die Rostockerin Frauke Kieffer aus dem Risse-Heft vor, für die es bereits der dritte Text in den Heften ist. Als ihre Markenzeichen werden Kurzprosa und trockener bis schwarzer Humor genannt. In ihrem vorgestellten Text geht es um den seltsamen Herren Magnus Braderson, der durchaus zum Weiterlesen verführt. Wie im Flug scheint die Zeit vergangen zu sein, viel zu schnell ist die Lesung zu Ende. Auf alle Interessierten und Literaturhungrigen warteten im Anschluss nicht nur das erwähnte Buffet, sondern auch Gespräche mit den Autoren und natürlich der mögliche Erwerb der Risse-Hefte. Auch die Webseite des Risse-Vereins soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.
4. Juni 2010 | Weiterlesen
6. Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft
Gesundheit ist nicht nur der Zustand des Wohlergehens, sondern auch ein enormer Wirtschaftsfaktor. Die medizinische Versorgung gilt als einer der größten Kostenfaktoren der Volkswirtschaft und zählt zugleich zu den wachsenden Wirtschaftsmärkten. Um die Chancen und Probleme der Branche auszuloten, trafen sich am 2. und 3. Juni etwa 600 Vertreter der Bereiche Gesundheit, Politik und Wirtschaft aus dem In- und Ausland zur „6. Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft“ im Kongresszentrum Höhe Düne in Rostock. Unter dem Motto „Krisenfest durch Qualität und zukunftssicher durch Innovation“ diskutierten die Experten aktuelle Fragestellungen und potenzielle Lösungen. Neben ausgewählten Fachthemen wie Versorgungskonzepten bei Volkskrankheiten, Gesundheitstourismus, medizinische Innovationen und Wissensentwicklung im Zeitalter von Web 2.0 ging es auch um die Bedeutung der Gesundheitsbranche allgemein. Laut Bundesgesundheitsministerium liegt der gesamte Jahresumsatz der Gesundheitswirtschaft in Deutschland bei 280 Milliarden Euro, die Zahl der Beschäftigten bei 4,6 Millionen. „Die Gesundheitswirtschaft ist eine vergleichsweise krisensichere Branche“, stellte der Ministerpräsident Erwin Sellering auf der Konferenz fest: „Mehr als angenommen ist sie ein Wachstumstreiber und deshalb wollen wir sie weiter ausbauen und entwickeln.“ Mit 12% am Bruttoinlandsprodukt hat die Gesundheitswirtschaft im Vergleich zu anderen Bundesländern in Mecklenburg-Vorpommern eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung. Hier beträgt das Umsatzvolumen 4,2 Milliarden Euro und bietet Arbeitsplätze für 86.000 Beschäftigte. „Die Gesundheitswirtschaft ist eine Stärke unseres Landes“, sagte Wirtschaftsminister Jürgen Seidel. Diese zu entwickeln und deutlich nach außen zu tragen sei nur vernünftig. Jedoch möchte er sich nicht nur auf Dienstleistungen verlassen. Wertschöpfung sei auch über industrielle Entwicklung nötig, betonte Jürgen Seidel und verwies als Beispiel auf die in Rostock entwickelte Medizintechnik. 130 Unternehmen sind im Bereich der Biotechnologie in Mecklenburg-Vorpommern tätig. Für Forschung mit besonderem Augenmerk auf die Anwendungsorientierung werden im Land 155 Millionen Euro eingesetzt. „Wir wollen uns als das Kompetenzzentrum etablieren und die internationale Zusammenarbeit in der Ostseeregion intensivieren“, fasst der Wirtschaftsminister seine Ziele zusammen. Birgit Fischer, Vorsitzende der Barmer GEK, vertrat auf der Konferenz die Sicht der Krankenkassen und forderte, dass Gesundheit für alle bezahlbar bleiben muss. Sie bemängelte vor allem Strukturschwächen. Hier fehle es an Abstimmung. „Das ist eine Frage der Organisation und nicht des Know-hows“, wies sie auf Verbesserungspotenziale hin. Bei der Frage, wie individuell auf die Patienten eingegangen werden kann, plädierte sie für Prioritätensetzung. „Priorisierung heißt nicht Leistungsbegrenzung, sondern beinhaltet die Frage, welche Behandlung für den Patienten die wirkungsvollste ist.“ Einem Präventationsgesetz gegenüber zeigte sich Fischer aufgeschlossen, es käme aber auf die Umsetzung und die Verteilung der vorhandenen Mittel an, betonte sie. Das Thema Kosten und seine Gesundheitspauschale hinderten Gesundheitsminister Philipp Rösler gestern am Kommen. Statt auf der Branchenkonferenz in Warnemünde zu reden, hieß es für ihn ab zum Rapport bei der Kanzlerin. Vertreten wurde er vom parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Hans-Joachim Otto. Dieser unterstrich noch einmal, dass sich die Gesellschaft auf veränderte Altersstrukturen einstellen müsse, was künftig einen Mehrbedarf in den Bereichen Pflege und Betreuung mit sich brächte. „Die Steigerung von Lebensqualität im Alltag wollen wir uns auch zukünftig leisten können“, betonte Otto. Die Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft ist 2004 ins Leben gerufen worden. Seither erfreut sie sich deutschlandweit beachtlicher Resonanz. Dass die Teilnehmer auch hinter dem stehen, was sie sagen und beispielsweise selbst aktiv werden, wenn sie zur Gesundheitsvorsorge mehr Bewegung anmahnen, konnten sie in einer Bewegungspause unter Beweis stellen, die von der Olympiasiegerin Heike Drechsler angeleitet wurde. Im nächsten Jahr soll sich die Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft international aufstellen und auf den Ostseeraum erweitert werden.
4. Juni 2010 | Weiterlesen
Klassik trifft Pop in der HMT
Nach etwas ungemütlichen Überraschungen zum Wochenanfang war gestern wohl einer der bisher schönsten Tage des Jahres. Da wird man beinahe optimistisch und glaubt noch an einen verspäteten aber heißen Sommer. Die Sonnencreme war da definitiv die richtige Entscheidung, meine Sonnenbrille hab ich den ganzen Tag über vermisst – sogar abends noch. Da könnte man fast meinen, die Sonne will sich bei der erstbesten Gelegenheit gleich für den ganzen langen und üblen Winter revanchieren. Wer hätte da was dagegen? So war es auch zum Abend hin noch herrlich angenehm warm mit einer leichten Brise in der Luft, als ich auf dem Weg zur HMT war. Dort sollte unter dem viel versprechenden Titel „Klassik trifft Pop“ ein Gesangsabend mit Studenten der Hochschule stattfinden. Das Motto des Abends ließ jedenfalls schon mal auf ein abwechslungsreiches und unterhaltsames Programm hoffen. Nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten fand auch ich mich vor dem Kammermusiksaal der HMT ein, wo schon andere Musikinteressierte und Eltern der Studenten auf den Einlass warteten. Die letzten Proben schienen allerdings noch im vollen Gange zu sein, sodass das Warten ein erstes Überfliegen des Programmheftes ermöglichte, welches überraschend schnell vergriffen war. Im Gegenzug wurde der Gesangsabend ohne Umschweif begonnen. Später sagte man, dass eine Begrüßung und Einleitung in den Abend nicht für nötig gehalten wurden und man deshalb darauf verzichtet hatte. So begann das Programm mit „Wouldn’t It Be Loverly“ aus dem Musical „My Fair Lady“, vorgesungen von einer Studentin mit dem schönen Namen Coco Joura, die auf dem Klavier begleitet wurde. Ein gelungener Anfang, der das Publikum begeisterte und die Erwartungen für den weiteren Abend stark anhob. Etwas dramatischer hingegen wurde es schon beim zweiten Lied. Die Studentin Rebekka Bernstein sang die Arie der Eurydike aus der Oper „Orpheus und Eurydike“, der Übergang zwischen Pop und Klassik war dabei fast unmerklich und sehr gelungen. Einen Sprung zurück zum Pop machte Lea Peters wieder beim nächsten Stück, als sie in Klavierbegleitung Karla Bonoffs „Goodbye My Friend“ sang. Etwas Abwechslung und Auflockerung der Stimmung brachten anschließend Maria Likhtermann und Frider Post, die gemeinsam das Duett „Là ci darem La mano“ aus Mozarts Oper „Don Giovanni“ zum Besten gaben. Das Zusammenspiel beider Sänger vor den anmutenden Klängen des Flügels zog dabei nicht nur mich in seinen Bann. Besondere Highlights waren später noch Hsin-Han Chang, die bei „My All“ mit Gitarre und Percussion begleitet wurde und für deren Stimme ich mich schon bei früheren HMT-Veranstaltungen begeistern konnte. Genauso wie Johannes Jenß, der Jamie Cullums „Photograph“ gleichzeitig auf dem Flügel spielte und sang. Den unumstrittenen Höhepunkt und gleichzeitigen Abschluss des Abends stellte Robbie Williams „Angels“ dar, welches von fast allen Sängern des Abends gemeinsam und mit großer Begeisterung auf der Bühne gesungen wurde. Insgesamt war es ein sehr gelungener Abend, den die HMT mit ähnlichem Programm hoffentlich wiederholen wird.
4. Juni 2010 | Weiterlesen
Stadt-Umland-Enwicklung = Regiopole?
Erwin Sellering als Gärtner von Ole von Beust und Klaus Wowereit? Mecklenburg-Vorpommern als Garten der Metropolen Hamburg und Berlin? Fragen, denen sich gestern das 8. Symposium zum Thema „Stadt-Umland-Entwicklung – Konzepte und Visionen“ in unserer Hansestadt widmete. Veranstaltet vom Wissenschaftsverbund Um-Welt (WVU) der Universität Rostock und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur (StAUN) trafen sich gestern rund 100 Politiker und Wissenschaftler, um sich über eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes auszutauschen. Drei Konzepte und Visionen standen im Mittelpunkt der Veranstaltung: die „Nord-Süd-Initiative“, der „Garten der Metropolen“ sowie die „Regiopole Rostock“. Björn Swinarski von der IHK zu Rostock stellte die „Nord-Süd-Initiative“ vor. Sie hat sich die Entwicklung eines neuen Wirtschaftsraumes auf die Fahnen geschrieben. Nicht ganz unbescheiden gleich den kompletten „Wirtschaftsraum Zentraleuropa“. Von Skandinavien bis zur Adria soll er reichen. 21 Partner haben sich dafür zusammengeschlossen. Abzüglich der Industrie- und Handelskammern schrumpft die Zahl auf 10, darunter vorrangig Unternehmen aus der Transport- und Logistikbranche. Dies lässt erahnen, in welche Richtung das Ganze geht – in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Die Transeuropäischen Verkehrsachsen sollen über Berlin und Rostock bis nach Kopenhagen ausgebaut werden. Ob eine Transitstrecke für den Güterfernverkehr hilfreich ist, um den ländlichen Raum nachhaltig zu entwickeln? Diese Frage dürfte sich auch Dr. Jan Dieminger vom Landesumweltamt Güstrow gestellt haben. „Ob wir noch mehr Wirtschaftswachstum und noch mehr Verkehr in unserem Land tatsächlich brauchen“, lautete sein Einwand. Gerade bei der „Nord-Süd-Initiative“ würde er die Nachhaltigkeit vermissen. „Nachhaltigen Umweltschutz oder eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“, wie an diesem Tag oft angeführt, würde es für ihn nicht geben, so Dieminger, „es kann nur eine nachhaltige Gesamtentwicklung geben.“ Prof. Dr. Wolfgang Nieke von der Uni Rostock pflichtete ihm bei. An oberster Stelle steht laut UNO der Schutz der Ressourcen. „Das Wirtschaftswachstum soll, wenn möglich, davon nicht beeinflusst werden.“ Politiker drehen das leider etwas um und setzen das Wirtschaftswachstum an die erste Stelle. „Da müssen wir aufpassen, dass uns der Nachhaltigkeitsgedanke nicht als kleine grüne Blume an der Seite herunterfällt“, so Nieke. Der „Garten der Metropolen“ lasse schon gewisse Assoziationen zu den„blühenden Landschaften“ aufkommen, gab Prof. Dr. Peter Adolphi von der Akademie für nachhaltige Entwicklung M-V zu, „doch lassen sich blühende Landschaften nicht herbei subventionieren.“ Der „Garten der Metropolen“ sei dabei kein Konzept, erläuterte Adolphi, sondern vielmehr eine Vision, ländliche Gebiete als lebenswerte Räume erhalten, entwickeln und gestalten zu können. „Nachhaltige Entwicklung ist, obwohl inflationär verwendet, eigentlich weitgehend ein nicht verstehbarer Begriff“, so Adolphi. Ein Zitat aus den Reihen von Greenpeace würde es für ihn treffend umschreiben: „Mehr Zufriedenheit mit weniger Ressourcenverbrauch“. Interessant sei an dieser Sichtweise, dass „mehr Zufriedenheit“ für jeden Einzelnen eine sehr unterschiedliche, ganz individuelle Bedeutung haben kann. Auffallend wäre natürlich, dass derzeit eher das Gegenteil der Fall ist – mehr Ressourcenverbrauch und dennoch weniger Zufriedenheit. „Wenn die Individualität der Zufriedenheit zutrifft, dann sollte man bitte auch die Ausführung den Individuen überlassen.“ Klingt etwas gelb, sei aber nicht so gemeint. Vielmehr hätten die ländlichen Räume die Chance, autark zu wirtschaften, Ihre Angebote individuell zu gestalten, sich auf die vermögenden Metropolen zu beziehen und von diesen zu profitieren. Der Gärtner sei nämlich keineswegs zu diskreditieren. Er kann sich selbst versorgen und – zumindest teilweise – unabhängig leben. Auf den ländlichen Raum übertragen, muss er beispielsweise keinen Strom und keine Wärme kaufen (Bioenergie-Dörfer sind ein aktuelles Projekt) oder kann Teile der Entsorgung selbst auf dem Komposthaufen vornehmen. Der Garten sei für ihn das Bild eines kleinteiligen Wirtschaftsraums, der sehr dicht am Verbraucher sei. Gerade hier hätte der Raum zwischen Hamburg und Berlin große Potenziale. Nicht die Verzichtsdiskussion sei dabei das Thema, sondern vielmehr die Konzentration auf das, was wirklich gewollt wird. Was kann ich zu welchen Kosten mit den vorhandenen Ressourcen in meiner Gemeinde erreichen, wie bleibt die Wertschöpfung im Dorf? Der Verzicht auf Überflüssiges stelle sich dabei von ganz alleine ein, so Adolphi. Nachhaltigkeit im ländlichen Raum mal auf eine etwas andere, dezentrale Weise betrachtet – charmant und interessant! Weitere Informationen – auch zu dem mit immerhin 10.000 Euro dotierten Zukunftspreis der Akademie – gibt es unter http://www.nachhaltigkeitsforum.de. Regiopole – mehr als nur ein schicker Begriff für all die Städte, bei denen es nicht zur Metropole reicht, die sich aber für mehr als nur ein Oberzentrum halten? Dieser Frage ging Gerd Schäde vom Regionalen Planungsverband Mittleres Mecklenburg/Rostock nach. Elf Metropolregionen gibt es in Deutschland, darüber hinaus zahlreiche Oberzentren. Nun gibt es einige größere Mittelstädte, die eine Dynamik entwickeln, welche über die normaler Oberzentren hinausgeht. Entstanden an der Universität Kassel, ist der Begriff Regiopole bisher nicht viel mehr als ein Begriff. An der Anerkennung durch die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) werde aber bereits gearbeitet. Die Regiopolregion Rostock soll als wirtschaftliches, soziales, wissenschaftliches und kulturelles Zentrum des Landes ausgerichtet werden. „Letzten Endes geht es immer und überall ums Geld“, so Schäde. Der Regiopolstatus muss im Finanzausgleich entsprechende Berücksichtigung finden. Das Ziel sei es, „als Wirtschaftsraum Rostock in der zweiten Wirtschaftsliga Deutschlands zu bleiben“, betonte Schäde. In die erste Liga sei es kaum zu schaffen, aber „wir wollen natürlich auch nicht absteigen wie Hansa.“ Neben qualitativem Wachstum in der Regiopole auch „gesundes, intelligentes Schrumpfen“ zu beherrschen, wird in der Zukunft zur Nagelprobe werden, machte Schäde die Problematik deutlich, die der Bevölkerungsrückgang ganz unweigerlich mit sich bringe. „Rostock ist unser wirtschaftliches und kulturelles Zentrum hier in der Region, aber um zu einer Regiopole zu werden, haben wir noch ein ganzes Stück zu tun“, brachte Dr. Rainer Boldt, stellvertretender Landrat im Landkreis Güstrow, seine Bedenken zum Ausdruck. „Eine Zusammenarbeit in der Region setze voraus“, so Boldt, „dass man Vertrauen zueinander hat und dass alle Seiten das Vertrauen haben, dass es jedem etwas bringt.“ Das Kirchturmdenken sei jedoch leider überall – auch hier in Rostock – noch ziemlich verbreitet. So verschieden die Konzepte und Visionen auch waren, zeigen sie doch, dass es verschiedene Möglichkeiten für die Entwicklung des ländlichen Umgangs und die Zusammenarbeit mit den Städten gibt. Änderungen sind unumgänglich, allein schon aufgrund des demografischen Wandels. Es gibt jedoch mehr als nur Politik, Raumordnung und Landschaftsplaner. „Man sollte sich davor hüten, der bessere Raumordner für jeden Bürger zu werden“, brachte es Prof. Adolphi auf den Punkt. Hans-Joachim Meier vom StAUN wies zum Abschluss noch einmal auf die 11. Regionale Nachhaltigkeitsausstellung hin, die im Rahmen des Symposiums eröffnet wurde. Der eigentlich geplante Rundgang durch die Posterausstellung fiel diesmal etwas knapp aus – das Wetter war wohl einfach zu schön und lockte die Teilnehmer zur Mittagszeit doch eher nach draußen. Neben den bereits beschriebenen drei Projekten finden sich hier weitere interessante Themen, beispielsweise ein Planungsleitfaden für ein barrierefreies Rostocker Stadtzentrum. Bis zum 18. Juni ist die Ausstellung noch in der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock zu sehen. Vom 12. Juli bis zum 13. August ist sie im Umweltamt Rostock zu Gast, anschließend in Güstrow und Bad Doberan.
3. Juni 2010 | Weiterlesen
Zirkus Probst und Zirkus Fantasia
„Jaaaaaaallijallijallijalli!“ Nicht nur ich, auch einige ahnungslose Touristen drehen sich verwundert um auf der Suche nach dem Ursprung dieses ungewohnten Geräusches. Und der ist nicht allzu schwer zu finden. Zwei junge Frauen versuchen gerade mühsam ein störrisches Eselpärchen, ganz wie aus dem Bilderbuch, am Ufer des Rostocker Stadthafens entlang zu führen – eigentlich kein ungewöhnlicher Anblick mehr, baut dort doch seit heute Zirkus Probst seine Zelte auf. Bei einem kleinen Rundgang wird schnell deutlich, mit wie vielen Wagen und Gepäck der Zirkus eigentlich unterwegs ist. Besonders faszinieren die wenigen Schaulustigen natürlich die Tiger, die in einiger Entfernung in der Mittagssonne dösen. Aus einem Anhänger lukt neugierig ein imposantes Kamel, die schönen Schimmel dürfen gerade ihr vorübergehendes neues Heim beziehen und lenken dabei so einige Aufmerksamkeit auf sich. Mein Ziel ist allerdings das Zelt auf der anderen Seite, im Zirkus Fantasia – ohne Tiere. Dort soll heute das Programm für die kommende große Geburtstagsgala beider Zirkusse vorgestellt werden, die in diesem Jahr zusammen 80 Jahre alt werden. Anlässlich des großen Jubiläums wird es am 11. Juni um 15:00 Uhr eine gemeinsame Show beider Zirkusse geben. „Das ist eine einmalige Vorstellung, so etwas wird es sicher nicht noch einmal geben“, sagt Patrick Adolf vom Zirkus Probst zu dem großen Vorhaben. In der Geburtstagsgala werden die beiden sehr unterschiedlichen Zirkusformen unter dem Dach des Zirkusses Probst miteinander vereint, das Programm steht jetzt schon fest. Zu den Highlights der Show zählen die Tiger, die mongolischen Artisten, der Haustierzirkus und das Tennis-Hochrad-Jonglage-Theater von Fantasia. Dabei werden sich beide Zirkusse in den Showeinlagen abwechseln und teilweise sogar vermischen. „Unser Ziel ist, dass man nicht merkt, wer die Profis und wer die Amateure sind“, sagt Patrick Adolf. Auch der achtjährige Alexander Probst, Sohn von Rüdiger Probst, wird bei der Geburtstagsgala zum ersten Mal richtig in der Manege auftreten. „Für uns steht der Spaß im Vordergrund“, sagt Arne Feuerschlund, der selbst Artist und Projektleiter im Zirkus Fantasia ist. Da beim Mitmach-Zirkus sicher noch keiner der jungen Artisten vor einem so großen Publikum aufgetreten ist, wird keine Perfektion erwartet und es werden sich viele Überraschungen erst während der Vorstellung ergeben. Fantasia ist als stationärer Zirkus jährlich von Mai bis Ende Oktober im Rostocker Stadthafen angesiedelt. Seine erste Saison hatte er 1996, seitdem hat er sich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt und nicht nur an Quantität sondern auch an Qualität stark hinzugewonnen. Neben Projekten mit Schulen und fast täglichen Kursen vom Jonglieren bis zur Feuershow gibt es ein buntes Programm, welches Theaterstücke, Konzerte, Infoveranstaltungen und Filmabende beinhaltet. Nichtsdestotrotz stellt die große Jubiläumsgala für beide Zirkusse einen besonderen Höhepunkt der Saison dar. Der Eintrittspreis von zehn Euro (pro Person, ab sechs Jahren) kommt der Projektarbeit des Zirkus Fantasia zugute. „Wir hoffen, dass wir ein volles Zirkuszelt bekommen“, sagt Arne Feuerschlund mit ungebrochenem Optimismus. Wir hoffen es auch!
3. Juni 2010 | Weiterlesen
Dünenkataster zeigt Küstenveränderungen
Neben der Ausstellungseröffnung mit Fotografien von Holger Blau gab es am Freitag ein weiteres sehr interessantes Thema im Staatlichen Amt für Umwelt und Natur (StAUN) Rostock. Es ging um den Hochwasserschutz an der Ostsee und um die Dünen. Um Sicherheit auch bei extremen Sturmfluten zu gewährleisten, werden mehr als 100 Kilometer der Küste Mecklenburg-Vorpommerns durch Dünen geschützt. Anders als Deiche sind Dünen jedoch bei Hochwasser beweglich und es finden ständig Umlagerungen statt. Um Aufschluss über den Zustand der Dünen zu erhalten und bei Durchbruchsgefährdung schnell reagieren zu können, wurde nun ein teilautomatisiertes Dünenkataster entwickelt. Auf Grundlage regelmäßiger Vermessungen können so langfristige Küstenveränderungen dokumentiert werden. Diese Daten sind auch für die Beurteilung der Klimaentwicklung und deren Auswirkung auf den Küstenrückgang von Bedeutung. „Mithilfe eines Computerprogramms kann jetzt auf die ursprüngliche Düne, welche dem geforderten Soll-Zustand entspricht, der aktuelle Ist-Zustand wie eine Schablone gelegt werden. Auf diese Weise wird sofort erkennbar, wo es welche Veränderungen gegeben hat und wo eventuell eingegriffen werden muss,“ beschreibt Hans-Joachim Meier, Leiter des Staatlichen Amtes für Umwelt und Natur Rostock (StAUN) das Prinzip des neuen Werkzeugs für die Umweltverwaltung im Land. Seit 1993 werden die Küstenflächen in Zeitabständen von fünf bis sieben Jahren vermessen, nach Sturmfluten auch häufiger. Bisher erfolgte die Vermessung vom Land aus. Zukünftig werden die Dünen vom Hubschrauber aus aufgenommen. „Die Daten der Luftbilder stehen uns dann bereits nach 48 Stunden zur Verfügung. Diese sind dann Planungsgrundlage für die Reparatur oder den Neubau von Dünen,“ erklärt Knut Sommermeier von der Abteilung Küste die Vorteile der neuen Methode. „Mit dem Kataster konnte man gut erkennen, wie sich das Dünenprofil abgearbeitet hat“, veranschaulicht Hans-Joachim Meier die Funktionsweise des neuen Dünenkatasters am Beispiel der kürzlichen Dünenabbrüche in Graal-Müritz und Markgrafenheide, die mit Ausnahme der eingedeichten Ortskerne, allein durch Dünen geschützt werden. Die Erfordernisse einer Düne für den Küstenschutz sind nicht überall gleich, sondern standortabhängig. Entscheidend sei der Dünenfuß. Mit 30 bzw.35 Metern sei die Breite der Dünen hier jedoch ausreichend, beruhigt der Chef des StAUN Rostock. Für den Naturschutz gelten jedoch andere Maßstäbe. Um den auf Dünen lebenden Tieren und Pflanzen ausreichend Rückzugsmöglichkeiten zu bieten, werden hier höhere Werte angesetzt.
3. Juni 2010 | Weiterlesen
Neuer Hubschrauber am Südstadt-Klinikum
„Jede Minute zählt“, betonte Manuela Schwesig, Ministerin für Soziales und Gesundheit in Mecklenburg-Vorpommern, heute in ihrer Ansprache zur offiziellen Einweihung des neuen Intensivtransport-Hubschraubers am Klinikum Südstadt. Der Regionalvorstand der Johanniter in Mecklenburg-Vorpommern Nord, Frank Baudisch, ergänzte: „Je schneller ein Patient behandelt werden kann, desto besser stehen seine Heilungschancen“. Besagte Heilungschancen dürften sich durch die Anschaffung des neuen Hubschraubers in Notfällen deutlich verbessert haben. Es handelt sich dabei um einen Eurocopter AS 365 N (Dauphin II) der Leistungsklasse 1, nach den Betriebsvorschriften für den Verkehr mit Helikoptern. Betrieben wird der Hubschrauber durch die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Kooperationspartner sind die Rotorflug GmbH und das Klinikum Südstadt. Diese Kooperation besteht bereits seit 17 Jahren mit einem bis heute unveränderten Team von Notärzten, Piloten und Rettungsassistenten. Das neue Modell, das bereits seit April im Einsatz ist, ersetzt nun das Vorgängermodell nach 4.300 geflogenen Einsätzen. Der Helikopter kommt auf eine Fluggeschwindigkeit von 300 km/h, bei einer Reichweite von etwa 1.000 km pro Tankfüllung. Damit ist nicht nur ein Einsatz in Deutschland, sondern auch im benachbarten Ausland möglich. Ganz Mecklenburg-Vorpommern kann so innerhalb von 40 Minuten erreicht werden, Stralsund beispielsweise in 19 Minuten, und selbst München kann in weniger als drei Stunden angeflogen werden. Der Hubschrauber ist bei Bedarf zudem rund um die Uhr im Einsatz. Im Vergleich zum Vorgänger können außerdem mehr Personen und mehr Technik im Hubschrauber untergebracht werden, wodurch auch eine bessere Versorgung der Patienten gewährleistet wird. Neben Pilot, Notarzt, Rettungsassistent und Patient finden drei weitere Personen Platz an Bord. Der Vierblattrotor gewährleistet zudem einen besonders schwingungsarmen Flug. Etwa 100 Gäste hatten sich zur Einweihung am Hangar der Klinik eingefunden. Begrüßt wurden sie von Hans-Joachim Woller, dem Landesvorstand Nord der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Nach der Ansprache von Ministerin Schwesig, die sich über „Kaiserwetter“ freuen durfte, nahm Pastor Henry Lohse die Einweihung vor. „Einen Hubschrauber einzuweihen, das ist auch in meiner 35-jährigen Amtszeit Neuland“, freute sich dieser über die ihm zuteilwerdende Ehre. Die Redner betonten in ihren Grußworten die große Bedeutung des Hubschraubers für ein großes, aber dünn besiedeltes Land wie Mecklenburg-Vorpommern. Dr. Baetgen, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der in Mecklenburg-Vorpommern tätigen Notärzte e.V., sprach von einem „beeindruckenden Instrument moderner Intensivtransporte“. Und auch der ärztliche Direktor des Klinikums Südstadt, Professor Dr. Ludwig, bezeichnete den Helikopter als eine einmalige Möglichkeit zur Verlegung Intensivkranker Erwachsener und Kinder. Dies wird auch durch die zunehmende Spezialisierung von Kliniken immer wichtiger. Im Anschluss an den offiziellen Teil der Veranstaltung konnten die geladenen Gäste und Schaulustigen noch einen Blick in den Helikopter werfen, sich mit der Besatzung unterhalten oder sich am Buffet stärken. Bleibt nur noch, der Besatzung um Pilot Uwe Kunze viel Erfolg für die zukünftigen Rettungseinsätze zu wünschen.
2. Juni 2010 | Weiterlesen
Mentoring-Programm wird „Ausgewählter Ort 2010“
„Leidenschaft und Visionen – das brauche man, um ein Unternehmen erfolgreich zu gründen. Was man darüber hinaus noch benötigt, lernt man am Besten von einem erfahrenen Unternehmer“, so die Moderatorin Michaela Mann anlässlich der Festveranstaltung zur Auszeichnung des Mentoring-Programms M-V mit dem Preis „Ausgewählter Ort 2010“ am Montag in Rövershagen. Fünf Jahre gibt es nun schon diese Initiative des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Die Idee: ausgezeichnete Geschäftsideen und Fachwissen von Existenzgründern mit der unternehmerischen Kompetenz gestandener Manager zu verknüpfen, um marktfähige Produkte umzusetzen und Unternehmen auf einen erfolgreichen Weg zu bringen. Über 100 Tandems, bestehend jeweils aus einem Mentor und Gründer (Mentee), haben bislang in allen Branchen an dem Programm teilgenommen und Firmen gegründet. Die Mentoren unterstützen die Gründer, indem sie diese an ihren Kenntnissen und Fähigkeiten teilhaben lassen und Ratschläge für die Geschäftsentwicklung vermitteln. Auf diese Weise sollen typische Anfängerfehler und Risiken vermieden werden. Gleichzeitig wird der wertvolle Zugang zu Entscheidungsträgern, Netzwerken und auch zur Finanzierung erleichtert. Auch für die Mentoren stellt die enge Zusammenarbeit eine Bereicherung dar. Die Mentorin Dr. Dagmar Braun sagte beispielsweise: „Die Begleitung von jungen Leuten auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit bringt mir Einblicke in neue Technologien und beflügelt meine eigene Fantasie. Mentoring macht immer dann besonders viel Spaß, wenn es sich um eine Win-win-Situation für alle Beteiligten handelt.“ Robert Dahl, der seit 18 Jahren erfolgreicher Unternehmer ist, unterstützt das Programm als Mentor ebenfalls gern. Er selbst habe in seinem Vater einen Mentor gefunden. Für jene, bei denen diese Möglichkeit nicht besteht, biete das Mentoring-Programm einen hervorragenden Ersatz. Der Inhaber von Karls Erlebnisdorf ließ sich von den künstlerischen Ideen Jörg Schlinkes überzeugen, der ein spezielles Herstellungsverfahren von Kletterwänden und anderen gegossenen Formelementen entwickelte. Er beauftragte ihn auf seinem Gelände einen Wasserspielplatz, die „Ferkelskuhle“, zu bauen. Bei den Gästen erfreut sich dieser jetzt großer Beliebtheit und bescherte Jörg Schlinke weitere Aufträge. Das Mentoring-Programm M-V wurde nun mit dem Preis „Ausgewählter Ort 2010“ des bundesweit ausgetragenen Innovationswettbewerbs „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet, welcher von der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ und der Deutschen Bank unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler durchgeführt wird. Auch wenn der Bundespräsident am Tag der Preisverleihung seinen letzten Amtstag hatte, „bleibt die Leistung der Beteiligten am Mentoring-Programm natürlich sehr bedeutsam“, würdigte Staatssekretär Rüdiger Möller, der den Wirtschaftsminister Jürgen Seidel vertrat, das Engagement. Er unterstrich die positive Rolle der Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen und für ein attraktives Angebot von Produkten und Dienstleistungen sorgen. „Davon profitiere schließlich auch der gesamte heimische Wirtschaftsraum“, machte er deutlich. Aus mehr als 2.200 eingereichten Bewerbungen überzeugte das Mentoring-Programm M-V die Jury. Damit zählt das Projekt zu den 365 Preisträgern, die mit ihren zukunftsfähigen Ideen Deutschland als „Land der Ideen“ repräsentieren. Neben dem Mentoring-Programm wurden und werden in diesem Jahr vier weitere Initiativen des Landes geehrt. Im Vergleich zu anderen Bundesländern steht Mecklenburg-Vorpommern mit fünf Preisträgern an letzter Stelle. „Das ist eindeutig zu wenig“, war die Meinung mehrerer Redner auf der Festveranstaltung, auf der der Austausch zwischen Mentoren und Gründer in anschließenden Gesprächen beim „Mentoring-Menü“ und Musik fortgesetzt wurde.
2. Juni 2010 | Weiterlesen
Gentechnik-Prozess - Tumult im Amtsgericht
Hausfriedensbruch – so lautet der Vorwurf des Staatsanwalts gegen drei mutmaßliche Genfeld-Besetzer, denen heute vor dem Amtsgericht Rostock der Prozess gemacht werden sollte. Am 3. April 2009 hatten etwa 20 Aktivisten ein Genversuchsfeld beim AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz nahe Rostock besetzt, um die Aussaat gentechnisch veränderten Saatguts zu verhindern. Das Feld wurde in einem Polizeieinsatz geräumt, doch die Sache sollte ein Nachspiel haben. Zum ersten Mal kam es bei dieser Sachlage in Deutschland tatsächlich zu einem Strafverfahren. Hausfriedensbruch wirft die Staatsanwaltschaft drei Besetzern vor. Gegen einen Strafbefehl über je 600 Euro legten diese Widerspruch ein, sodass für heute ein öffentliches Verfahren vor dem Amtsgericht Rostock angesetzt wurde. Dazu sollte es jedoch nicht kommen, der Prozess musste ausgesetzt werden, noch bevor er richtig begann. Andauernde Zwischenrufe machten einen geordneten Ablauf unmöglich. Während der Richter versuchte die Verhandlung zu eröffnen, ergriff einer der Angeklagten mehrmals das Wort, um eine Erklärung zu verlesen. Auch der Hinweis, bei Konfrontationen den Saal räumen zu lassen, hielt die Angeklagten und etwa 30 anwesende Sympathisanten nicht davon ab, mit unaufgeforderten Wortmeldungen, Pfeifen und Gesängen zu stören. Ein Prozessbeobachter nahm die Aufforderung, Mütze und Sonstiges abzunehmen, sogar wörtlich und begann sich gänzlich zu entkleiden. Ein anderer spielte auf der Mundharmonika. Nachdem der Richter den Raum kurzzeitig verlassen hatte, wurden Protestbanner ausgebreitet. Schließlich betraten zunächst die Justizbeamten und nur wenig später auch die Polizei den Gerichtssaal, um ihn zu räumen. Den Anweisungen der Polizei widersetzten sich die Protestierenden jedoch weiterhin. Einige hatten sich an den Stühlen mit Kabelbindern fixiert. Viele wurden herausgetragen. Auch auf dem Flur setzte sich die Auseinandersetzung fort. Während die Polizei versuchte, die Protestierenden zur Ruhe zu bringen, hielten diese mit Konfetti, Kronkorken und knallenden Luftballons dagegen. Auch außerhalb des Gerichtsgebäudes kam es noch zu tumultartigen Szenen. Sechs Personen wurden nach ersten Polizeiangaben in Gewahrsam genommen, um ihre Personalien festzustellen. Einer der Angeklagten beschwerte sich darüber, dass er von den Polizisten geschubst wurde. „Ich habe einen fairen Prozess erwartet, stattdessen hat der Richter autoritär abgeblockt“, sagt er über die Geschehnisse im Gerichtssaal. Ein anderer Angeklagter macht deutlich, dass die Protestierenden im Wesentlichen zwei Anliegen Ausdruck verleihen wollten. Zum einen wehren sie sich gegen die Agro-Gentechnik. Sie sehen in ihr eine erhebliche Gefahr für Mensch und Umwelt und betrachten sie als überflüssig. Zum anderen kritisieren sie die Rolle der Staatsorgane, die in ihren Augen dazu beiträgt, die grüne Gentechnik gegen den Willen einer Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen. Aus diesem Grund waren sie während des Verhandlungstermins auch nicht bereit dem Gericht Respekt entgegenzubringen, heißt es in einer Erklärung der angeklagten Anti-Gentechnik-Aktivisten. Das Verfahren wurde bis auf Weiteres ausgesetzt. Ein neuer Verhandlungstermin muss anberaumt werden.
1. Juni 2010 | Weiterlesen
Thomas Kapielski - Laudatio & Lesung
„In Rostock war einem Manne um etwa die gleiche Zeit, nämlich vorige Woche, bei Neumond, kurz vor Frühlingsanfang die Zunge im Halse einer Bierflasche stecken geblieben.“ Mit einer charmanten ‚Fälschung‘ seines eigenen Textes begann Thomas Kapielski am Freitag seine Lesung im Literaturhaus und ließ das Berliner Kindl spontan zu einem Rostocker Pils werden. „Dies war erst gar nicht aufgefallen. Der Mann hockte tränenden Auges eine Pfeffer-Salz-Mostrich-Kombination fixierend seit Stunden gebeugt über der Flasche. Man wähnte ihn schlicht besoffen, bestenfalls nachdenklich, hatte es in Wahrheit aber mit einem Verzweifelten zu tun, der sich heimlich mühte, seine festgesaugte Zunge aus der Flasche zu ziehen.“ Mit seinem Humor sorgt Kapielski für die ersten Lacher, mit seiner Berliner Schnauze zieht er das Publikum in seinen Bann. Abschweifend, zurückkommend, auf den Punkt gebracht. Kapielski spielt förmlich mit den Worten und ja, er ist ein verdammt guter Spieler. Liest – oder noch besser hört – man ihn, sitzt man mit ihm am Stammtisch, mittendrin in einer dieser Berliner Kneipen. Sprachliche Begabung, Wortwitz und sein ihm ganz eigener Humor dürften die Eigenschaften sein, die Kapielski ausmachen. Und sie sind es, die dafür sorgen, dass das breite Grinsen aus dem Gesicht frühestens wieder verschwindet, wenn man sein Buch zur Seite legt. Im März wurde Kapielski auf der Leipziger Buchmesse der „Preis der Literaturhäuser 2010“ verliehen. Ein Preis, so erläuterte Martin Ortega in seiner Einleitung, der jährlich einem Schriftsteller verliehen wird, der sich in besonderem Maß um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat. Eine Urkunde oder etwas Ähnliches würde es zwar nicht geben, so Ortega, dafür aber ein kleines Geschenk des Literaturhauses – eine Nasenflöte. Ist Thomas Kapielski doch nicht nur Autor und bildender Künstler, sondern auch Musiker im „Original Oberkreuzberger Nasenflötenorchester“ – eine kleine Kostprobe seines Könnens gab Kapielski am Ende zum Besten. Verbunden mit dem Preis und dem Preisgeld von 11 mal 1.000 Euro sei die ‚Auflage‘ oder vielmehr Ehre, in jedem der elf Literaturhäuser aufzutreten – Rostock war die letzte Station seiner Rundreise. „Ich kann Ihnen versprechen, das ist ein großes Vergnügen“, bekräftigte Ortega, der ihn bereits am Vortag in Berlin erleben durfte. Eine weitere Besonderheit: In jeder Stadt darf sich der Preisträger seinen Laudator selbst aussuchen. So hatte der Autor für die passenden Worte praktischerweise einfach seine Ehefrau mit nach Rostock gebracht. Als Lebensgefährtin habe sie einen ganz besonderen Blick auf den Preisträger, erklärte Dubravka Dalfogo. Gemeinsam mit dem 13-jährigen Sohn Lukas durchforste sie jedes neue Werk „nach kleinen Geschichten aus unserem Familienleben.“ Auch wenn ihr Mann dann immer entgegne, dass alles nur Literatur und erdichtet sei, „hat sich manche Episode doch so zugetragen, wie im Werk sprachgewaltig beschrieben.“ So sei auch ihre Mutter ab und an zu beruhigen, „die sich nach Lektüre bestimmter Passagen Gedanken über unser Eheleben macht.“ Im guten Sinne sei ihr Mann konservativ, verriet Dubravka Dalfogo. Die Komplexität und Mannigfaltigkeit der deutschen Sprache liege ihm am Herzen, neudeutsche Sprachverwirrungen und überflüssige Anglizismen seien ihm ein Graus. Auch die Rechtschreibreform würde ihr Mann eher als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der akademischen Bürokratie sehen. Niemals würde er die Konjunktion „daß“ mit „ss“ zu schreiben. „Das Buckel-S ist sein Lieblingsbuchstabe – den liebt er, den gibt er nie wieder her.“ „Indem er scheinbare Banalitäten gerade in ihrer Banalität aufzeigt“, bringe er den Leser zum Lachen, „er lacht aber nie aus. Es ist nie Häme, die sich hinter seinem Humor verbirgt.“ Zeit, den Autor zu Wort kommen zu lassen. Salvator, das Starkbier vom Nockherberg – wo man das in Berlin kauft? Klar, bei Getränke Hoffmann, „den wir da salopp Tränke-Hoffi nennen.“ Der ultimative Berlin-Tipp? „Wenn Sie jemals in Berlin weilen und Sie brauchen eine wirklich solide Plastiktüte, dann empfehle ich immer die von Getränke Hoffmann.“ Ein wenig schweifte Kapielski ab, doch „ich erzähle lieber, weil lesen können Sie das alles selber, dazu schreib ich’s ja auf.“ Sieben Flaschen des Salvator- oder Erlöser-Biers scheint diese stabile Plastiktüte zumindest problemlos tragen zu können. Auf jeden Fall wurden sieben Flaschen gekauft, bei Tränke-Hoffi. Sieben, „die verwegene Sieben, die sich aus der klaren Vier und der törichten Drei“ ergibt. Der Abend konnte beginnen. „Nach dem dritten, vierten Salvator und der noch ganz sachlich rezipierten Tagesschau verhedderte ich mich unversehens an einer Abendsendung, die eben als Präambulum den Stehgeiger André Rieu inmitten japanischer Kinder darbot, die einige von ihm begeigte deutsche Weihnachtslieder sangen. Durch diese Hybridfügung, Salvator plus Rieu geteilt durch zwei, kippte meine Stimmung ins Unsägliche.“ Ergebnis? Ein nagelneuer Rausch, der immerhin eine „dringliche Bundesbetäubungsmitteilung“ wert ist. Ein Rausch, der endet „auf dem Nockherberg, wo dann Hopfen wächst und alles von Neuem bei Getränke Hoffmann anfängt“ – ein bierseliger Abend mit Rieu. Im Anschluss gab Kapielski noch ein paar Episoden aus seiner „Ortskunde“ zum Besten. Von Schwerin, das „schwer in“ als Marketingkonzept vertragen könnte, bis Ulbenort, wo man jüngst bei Ausgrabungen eine erstaunlich gut erhaltene U-Bahn-Station entdeckte: „Selbst Wartende funktionierten noch.“ Für seine „Ortskunde“ hat der Autor übrigens Deutschland nicht etwa per Auto, Bahn oder gar zu Fuß bereist, sondern ganz modern am Computer, mit Google Earth. Fast schon ein wenig abrupt ging der Abend zu Ende. Mag sein, dass elf Stationen in knapp vier Wochen doch etwas schlauchen. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass man ihm einfach ohne Ende zuhören kann und die Zeit viel zu schnell verflog. Wie dem auch sei: Rieu einschalten, Kapielski in die eine Hand, das Salvator (ein anderes Starkbier dürfte es ersatzweise auch tun) in die andere und dann den Abend genießen – bestimmt kein schlechter Tipp. Auf eines der drei Dinge könnte man vielleicht noch verzichten. Prost! Nicht vergessen: Am Mittwoch um 20 Uhr liest und erzählt Harry Rowohlt im Literaturhaus.
30. Mai 2010 | Weiterlesen
12. Klassik-Nacht „Donau Klänge“ im Zoo Rostock
Zum Dreivierteltakt schunkelten gestern etwa 3.000 Gäste bei der 12. Klassik-Nacht im Rostocker Zoo. Der Zoodirektor Udo Nagel leitete den Abend mit „Alles Walzer“, den typischen Eröffnungsworten des Wiener Opernballs, ein und überließ dann der Norddeutschen Philharmonie Rostock unter dem Dirigenten Uwe Theimer die Bühne, der selbst viele Jahre dieses gesellschaftliche Ereignis in der Wiener Staatsoper leitete. Zusammengestellt hatte Theimer ein vielfältiges Programm mit Walzermelodien der Familie Strauß und Joseph Lanner sowie Werken der Wiener Klassik von Haydn, Mozart und Beethoven. Der Wiener Komponist Franz Schubert war ebenfalls mit seinem Militärmarsch Nr. 1 vertreten. Eröffnet wurde das Konzert mit der heimlichen Nationalhymne Österreichs dem Walzer „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauß (Sohn). Den ersten musikalischen Schwerpunkt bildeten die Werke der Komponisten der Wiener Klassik. Mit seiner charmanten Wiener Sprachfärbung erzählte der Dirigent dem Publikum von der Zeit der Kaffeehäuser und der türkischen Mode. Zu hören waren dann zwei türkische Märsche von Mozart und Beethoven, in denen die kleinen Becken mit ihrem besonders hellen Klang die türkische Farbe in die Musik brachten. Aber auch der Erste im Dreigestirn der Wiener Klassik durfte nicht fehlen. In Joseph Haydns 3. Satz aus dem Konzert für Trompete und Orchester solierte Christian Packmohr von der Norddeutschen Philharmonie Rostock. Das weitere Programm widmete sich den bekannten Walzerkomponisten Joseph Lanner und der Strauß-Dynastie. Bei dem Walzer „Die Mozartisten“ von Lanner erzählt Uwe Thiemer, der die Norddeutsche Philharmonie nicht zum ersten Mal anleitet, dass es für die Musiker doch recht ungewohnt war, die bekannten klassischen Themen nun im Dreivierteltakt zu spielen. Als der Dirigent die Stücke „Die Biene“, „Tarantel“ und „Die Libelle“, die er wegen des zoologischen Bezugs ausgewählt hat, anmoderiert, erhalten die Zuhörer eine kleine Polkakunde gleich dazu. Das Publikum ist vom Konzert angetan. „Es ist wunderbar“, schwärmt das Ehepaar Eckhard und Waltraud Areschke und berichtet, dass sie fast jedes Jahr bei der Klassik-Nacht dabei wären und das besondere Ambiente des Konzerts im Zoo genießen. Auch Renate Greupner ist Stammgast. „Es ist immer ein schönes Erlebnis, wenn das Wetter mitspielt“, sagt sie zufrieden. Dass das norddeutsche Publikum sich für die beschwingte Musik von der Donau begeisterte, wurde im besonderen Maße bei der Zugabe sichtbar, als die Reihen zu den Klängen freudig wiegten. Freuen dürften sich auch die Menschenaffen. Fließt der Erlös von rund 40.000 Euro wie schon in den Jahren zuvor in das geplante Darwineum. Nachdem die letzten Donauklänge verstummt waren, konnten die Gäste noch auf einer Mondschein-Expedition den nächtlichen Tierpark erkunden.
29. Mai 2010 | Weiterlesen
Fotografien von Holger Blau im StAUN Rostock
Mit einem besonderen Blick fürs Detail fotografiert Holger Blau die Landschaften Vorpommerns. Er möchte damit vor allem die Schönheit seiner Heimat festhalten und das zu jeder Jahreszeit. Dabei versucht er immer wieder, in unscheinbaren Dingen etwas Interessantes zu entdecken, seien es nun rostige Eisenscharniere oder ein Huflattich, der sich durch die Steine quält. „Jedes Bild hat eine Geschichte“, sagt der Stralsunder und zeigt auf ein Porträt einer Möwe: „Tierfotografie ist besonders schwer, aber diese Möwe wollte fotografiert werden. Sie hat sich mir irgendwie aufgedrängt.“ Seine Bilder sind Momentaufnahmen. Ob Natur oder Personen, Holger Blau fotografiert aus der Situation heraus. „Es ist immer der Moment – vielleicht – der fotografiert wird, der den Blick öffnet,“ sagt er über den Entstehungsprozess. Unterstützt wird er bei der Motivsuche mittlerweile auch von seiner Frau Carola, die sich über die positive Resonanz auf die Bilder ihres Mannes freut. Sie weist auf ein Foto, das eine alte, reich verzierte Tür zeigt, vor der ein Sonnenblumenstrauß abgestellt wurde. „Es war unglaublich, wie stark das Bild auf die Betrachter gewirkt hat“, berichtet sie begeistert von ihren Beobachtungen auf einer der vielen Ausstellungen, auf denen das Werk ihres Mannes gezeigt wurde. Begonnen hat das Interesse an der Fotografie des diplomierten Biologie- und Chemielehrers bereits während seiner Studienzeit in Güstrow. Stundenlang saß er damals im Fotolabor der Hochschule um seine Filme selbst zu entwickeln, die er in seine Abschlussarbeit einfließen ließ. Nachdem er in den 1990er Jahren seinen Beruf wegen einer schweren Erkrankung aufgeben musste, entdeckte er seine alte Leidenschaft wieder. Mit seiner ersten Kamera, einer EXA 1a, schießt er heute noch ab zu Fotos. Mittlerweile ist er jedoch auf eine moderne Digitalkamera umgestiegen. Auf die Nachbearbeitung am Computer verzichtet Holger Blau jedoch weitestgehend. Das Besondere an der Präsentation seiner Arbeiten sind die Rahmen. Das antik erscheinende Holz unterstreicht die ländlichen Motive seiner Bilder auf bemerkenswerte Weise. Noch bis zum 24. August können Besucher die Ausstellung „Vorpommern – Landschaft und Detail“ mit Aufnahmen von Holger Blau in der 11. Etage des Landesbehördenzentrums in der Rostocker Südstadt besichtigen. Es ist bereits die 45. Kunstausstellung des Staatlichen Amtes für Umwelt und Natur (StAUN) Rostock.
28. Mai 2010 | Weiterlesen
Schönheit pur. Mecklenburg von 1900 bis 1945
Mecklenburg bietet und bot einzigartige Motive für künstlerisches Arbeiten. In einem Gemeinschaftsprojekt wollen nun das Kulturhistorische Museum Rostock, das Max Samuel Haus Rostock und die Ernst Barlach Stiftung Güstrow erstmals einen Überblick über die Kunstlandschaft Mecklenburgs zwischen der Wende zum 20. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs geben. Aus diesem Anlass wurde gestern die Ausstellung „Schönheit pur. Mecklenburg – ein Land für Künstler 1900-1945“ eröffnet. „Ziel ist es der Mecklenburger Kunst ihren Platz in der regionalen, nationalen und internationalen Kunst zuzuweisen“, so Dr. Heidrun Lorenzen, Kuratorin und Leiterin des Kulturhistorischen Museums über das Anliegen des Projektes. Dafür wurde eine Fülle von Exponaten zusammengetragen, die das Können und die vielfältigen Ausdrucksweisen bekannter und weniger bekannter Künstler der Region darstellen. Zu sehen sind sie bis zum 22. August in drei Häusern. Das Kulturhistorische Museum konzentriert sich auf die Malerei und zeigt 100 Werke unter anderem aus mecklenburgischen Künstlerkolonien. Das Max-Samuel-Haus ermöglicht einen Blick auf die Grafiken zahlreicher Kunstrichtungen in Mecklenburg. In der Ernst Barlach Stiftung werden Plastiken und Grafiken gezeigt, die die Entwicklung der Bildhauerei abbilden. „Die bildende Kunst hat in Mecklenburg eine eigenständige Entwicklung genommen. Bahnbrechendes, mit Ausnahme von Barlach, ist jedoch eher selten. Dennoch wurde die Moderne reflektiert, was an zahlreichen stilistischen Einflüssen zu erkennen ist“, fasst Heidrun Lorenzen die Ergebnisse der Forschungsarbeit zusammen, die der Ausstellung vorausgingen und auch in einem umfassenden Begleitbuch erschienen sind. Bei der Aufarbeitung des Archivs konnten einige wertvolle Schätze geborgen werden. Zum Beispiel die Malerin Elsbeth Huther, die sowohl mit großformatiger Landschaftsmalerei, als auch mit einem gänzlich abstrakten Aquarell vertreten ist. Für die Kuratorin eine Sensation: „Bereits in den frühen 20er Jahren gab es Künstler in Mecklenburg, die abstrakt gemalt haben. Das war uns bislang nicht bekannt.“ Ebenfalls unbekannt war die kulturhistorische Entdeckung, dass es bereits im Jahre 1908 in Rostock eine Ausstellung mit Werken der einflussreichen Künstlergruppe „Brücke“ gegeben hat. Auch Dr. Volker Probst, Leiter der Ernst Barlach Stiftung kann auf einen spannenden Fund verweisen. Zwei Kohlezeichnungen von Ernst Barlach, die in der Zeit des Nationalsozialismus als entartete Kunst beschlagnahmt wurden und als verloren galten, konnten wieder aufgespürt und in die Ausstellung aufgenommen werden. Die ersten Besucher der Ausstellung im Kulturhistorischem Museum sind schon mal begeistert. „Die Auswahl und die Ausleuchtung haben mir sehr gut gefallen. Das Thema entartete Kunst und die Zeitepoche finde ich sehr interessant,“ schwärmt Herr Göseke. Auch das Ehepaar Schmidt aus Magdeburg ist sehr von der Ausstellung angetan: „Wir haben die Werke aus der Künstlerkolonie Schwaan wiedererkannt. Als eher konservative Kunstbetrachter finden wir es toll, dass diese Zeit aufgearbeitet wurde.“ Herr und Frau Pitann besuchen oft Ausstellungen und freuen sich über bekannte Sachen, aber auch über Neues. So haben sie ein Porträt von Kate Diehn-Bitt entdeckt, das sie zuvor noch gar nicht kannten. Am 30. Mai finden die Ausstellungseröffnungen im Max-Samuel-Haus und in der Ernst Barlach Stiftung Güstrow statt. Begleitet wird die Dreifach-Schau von einer Reihe von Vorträgen, die sich einzelnen Aspekten der Kunstgeschichte Mecklenburg widmen.
28. Mai 2010 | Weiterlesen
Tanzland-Studios: „Alarm in der Schule“
Morgen wird das Kindertanzstück „Alarm in der Schule“ im Großen Haus des Volkstheaters vorgeführt. 250 Kinder und Jugendliche aus den Rostocker „tanzland-studios“ bereiten sich schon seit langem darauf vor und ich durfte gestern bei den letzten Proben dabei sein. Die „tanzland-studios“ befinden sich ganz in der Nähe der Nikolaikirche in der östlichen Altstadt. Betrieben werden sie vom Tanztheaterprojekt Rostock, das Tanzbegeisterte 1992 gegründet hatten. Gegenwärtig geben dort sechs Trainingsleiterinnen und Trainingsleiter Tanzkurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Zu ihrem Repertoire gehören die unterschiedlichsten Tanztechniken. Auch im Tanztheater, Ballet, Improvisation und Körperarbeit werden Kurse angeboten. Zudem werden immer wieder Tanzstücke erarbeitet. In den letzten Jahren wurden über 50 Tanzproduktionen der „tanzland-studios“ aufgeführt, zuletzt das sehr erfolgreiche Tanzstück „Lyrik in orange“. Doch nun zurück zu den gestrigen Proben. Ich fand das „tanzland“ recht schnell. War ich doch einige Wochen zuvor schon im schönen Café „À Rebours“, das sich direkt daneben befindet. Schon im Hausflur hörte ich aufgeregte Kinderstimmen, denen ich nur folgen musste. Studio 1 befindet sich im ersten Stock. Dort angekommen, wurde ich sogleich recht freundlich von Brit Bauermeister und Steffen Höll begrüßt. Sie leiteten den ersten Kindertanzkurs, den ich an diesem Tag miterleben durfte. Es dauerte noch ein kleines Weilchen, bis sich alle kleinen Tanzakteurinnen eingefunden hatten und so blieb mir noch etwas Zeit, mich in Ruhe umzuschauen. Das Studio sieht ganz so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte – ein großer heller Raum mit einer Spiegelwand. Während Steffen noch die Musik für die nächste Stunde am Computer zusammenstellte, trudelten nach und nach sechs kleine Mädchen ein. Das waren Pauline Lückemann, Natalie Goebel, Lucy Paulin Maier, Clara Luise Lange, Lara Sophie Kleinfeldt und Jenny Krull. Auch am folgenden Tanzkurs nahm kein einziger Junge teil. Ich fragte Steffen Höll, ob das so geplant sei. Er erzählte mir aber, dass das daran läge, dass Jungs nun einmal generell nicht so gern wie Mädchen zum Tanzen gehen würden. Doch es gäbe auch Kurse für Jungen im „tanzland“. Die Kleinen wirbelten schon vor Beginn des Kurses unbändig und kichernd durchs Studio. Dann hieß es plötzlich: „Konzentration“ und Steffen und Brit riefen die Mädels zusammen. Bevor die Probe begann, gab es nämlich noch eine kleine Lagebesprechung auf dem Tanzboden. Dann positionierten sich die sechs in zwei Dreiergruppen an der linken und rechten Seite des Raumes. Die Musik setzte ein. Schritte waren zu hören und ein Hund oder Wolf jaulte. Ich vernahm das gruselige Knarren einer Tür. Dabei bewegten die sechs ihre Arme langsam von links nach rechts. Ganz so, als würden sie selbst gerade diese Tür öffnen. Es war der Song „Thriller“ von Michael Jackson, zu dem sie sich dann voll Freude aber auch konzentriert bewegten. Dabei standen sie sich gegenüber und konnten die jeweils andere Gruppe sehen. Weil alles so gut funktionierte und sich die Mädels so viel Mühe gegeben hatten, durften sie nun spielen. Im Nu waren Ringelreifen, Tobematten und ein bunter Stofftunnel aus der Ecke geholt und sie konnten sich nach Herzenslaune austoben. In der Zwischenzeit bereiteten ihre Mamas die Kostüme für die große Vorführung am Samstag vor. Sie hatten dunkle Shirts und weiße Laken mitgebracht. Die Laken wurden auseinandergerissen und fetzenweise auf die Shirts getackert. Das war gar nicht so leicht. Aber die Muttis gaben sich große Mühe. Ihre Töchter werden übrigens die „Knochenkarle“ spielen. Sie werden kleine Zombies sein, die im Biologieraum ihr Unwesen treiben. Die weißen Flicken auf den Kostümen erinnerten mich an Mullbinden. Die „Knochenkarle“ werden fetzig aussehen, dachte ich mir. Die Zeit verging so schnell und die erste Tanzstunde neigte sich schon ihrem Ende entgegen. Auch die kleinen Tänzerinnen des darauffolgenden Kurses werden am Wochenende „Knochenkarle“ tanzen. Zu Beginn des zweiten Kurses probten deshalb beide „Knochenkarle“-Gruppen ihren gemeinsamen Auftritt. „Thriller“ wurde wieder angespielt. Pauline, Natalie, Lucy, Clara Luise, Lara Sophie und Jenny standen erneut an der linken und rechten Seite des Raumes. Doch die Mädels der zweiten Gruppe hatten sich nun zusätzlich in der Mitte aufgestellt und auch sie öffneten jetzt langsam eine imaginäre knarrende Tür. Dann pirschten sie sich wankend und tanzend nach vorn. Da senkten die halbtoten Wesen alle zugleich ihre Oberkörper und hoben ihn sodann langsam wieder empor. Es wird ein gruseliges Abenteuer sein, das die „Knochenkarle“ am 29. Mai im Volkstheater präsentieren werden. Alle Kinder, die ich erleben durfte, waren so begeistert dabei und hatten so viel Freude und Spaß an der Bewegung. Wenn schon die Proben mich derart begeisterten, wie wird dann wohl erst das ganze Stück wirken? Am Wochenende werden neben den „Knochenkarle(n)“, Regentropfen, Geister und Noten, Moleküle, Sternentänzer, Luftballons, Geisterbäume, Roboter und Puppenballerinas in der Schule für allerhand „Alarm“ sorgen. Das „Knochenkarlchen“ Friederike Machur freut sich schon sehr auf die Vorstellung. Natürlich werden ihre Eltern auch da sein, erzählte sie mir. Ich fragte sie, was ihr am Tanzen so gefalle. „Also der Tanz und die Schritte und die Kombinationen“, sagte sie. Ja, und sie sei auch ein bisschen aufgeregt, verriet sie mir. Ich glaube, die Aufführung wird für Friederike, wie für alle Tänzerinnen und Tänzer des Stückes ein ganz tolles Erlebnis werden. Und ein bisschen Lampenfieber gehört ja schließlich auch dazu, denke ich. Während dann die zweite „Knochenkarle“-Gruppe mit ihrer Trainingsleiterin Galina Weber- Poukhlovski die sogenannte „Schmetterling“s-dehnübung vollführte, konnte ich Steffen Höll eine Frage stellen, die mir schon die ganze Zeit im Kopf herum schwirrte. Er leitet auch Tanzkurse für Erwachsene und ich wollte nun gern wissen, worin sich die Arbeit mit Kindern von der mit Erwachsenen unterscheidet. Er mache eigentlich mit Erwachsenen wie auch Kindern, die mit dem Tanzen beginnen, zunächst immer dieselben Übungen zur Stärkung des Rhythmusgefühls, erzählte er mir. Da Kinder aber noch nicht so gehemmt wie Erwachsene seien, könnten sie diese viel schneller umsetzen. Sie seien allerdings oftmals nicht ganz so aufnahmefähig wie Erwachsene und könnten manche Bewegungen technisch auch noch gar nicht verwirklichen. „Ansonsten machts mit Kindern manchmal mehr Spaß“, verriet mir der Trainingsleiter. Denn in der Vorbereitung müsse man wesentlich mehr mit ihnen agieren und das, was man ihnen beibringen wolle, möglichst sinnvoll präsentieren. Sie „zeigen einem“ nämlich „wesentlich schneller, wenn ihnen etwas nicht gefällt“ als Erwachsene. Diese diskutieren darüber lieber noch ausführlich nach der Übung. Dafür müssten erwachsene Tänzer, im Gegensatz zu Kindern, wieder lernen, „dass so eine Bewegung eigentlich natürlich entsteht“, sagte Steffen. Die Inszenierung und Choreographien des Kindertanzstückes „Alarm in der Schule“ erarbeiteten Andrea Krüger, Yvonne Blumenthal, Claudia Deichen, Galina Weber- Poukhlovski, Brit Bauermeister, Steffen Höll, Eric Steinbacher und Peter Mann. Wer sprechende Bäume, tanzende Riesentropfen, die kleinen „Knochenkarle“ und vieles mehr selbst erleben möchte, kann das Stück am 29. Mai um 10.00 und 12.00 Uhr im Großen Haus des Volkstheaters erleben. Die kleinen Tänzerinnen und Tänzer freuen sich jetzt schon auf ihr Publikum. Am 6. Juli diesen Jahres um 20.00 Uhr findet zudem die Premiere des Tanzstücks „scanning“ im Rostocker Peter-Weiss-Haus statt. Mehr über dieses Stück und die Kurse der „tanzland-studios“ erfährt man unter www.tanzland-rostock.de.
28. Mai 2010 | Weiterlesen