Neueste Nachrichten aus Rostock und Warnemünde

Uwe Johnson - Leben und Werk

Uwe Johnson - Leben und Werk

Nach mv-tourist.tv ging es gestern ins Literaturhaus, zum Start der Vorlesungsreihe über Uwe Johnson. Um den Bogen zu schlagen, hat auch dies ein wenig mit Fernsehen zu tun. Gibt es doch hier, im Peter Weiss-Haus, am 12. Mai eine interessante Veranstaltung: „Uwe Johnson sieht fern“. Organisiert von der Uwe Johnson-Gesellschaft, über deren Gründung wir vor Kurzem berichtet haben. Prof. Dr. Holger Helbig, seit Ende 2009 Inhaber der Uwe-Johnson-Stiftungsprofessur, sei ganz bewusst mit dieser Vorlesung ins Literaturhaus und die Stadt gegangen. So waren unter den Zuhörern auch keineswegs nur seine Studenten zu sehen, sondern Reiner Mnich vom Literaturhaus, Frank Ivemeyer von der HMT und viele junggebliebene Rostocker, die die Stadt in den Fünfzigern noch aus eigenem Erleben kennen dürften. Um die frühen Fünfziger sollte es in der Auftaktveranstaltung nämlich gehen, um Johnsons Zeit in Rostock. Und so stellte uns Prof. Helbig einen Ehemaligen vor, einen Kommilitonen, einen Rostocker Studenten von vor etwa 60 Jahren. „Er ist im Grunde genauso gewesen wie Sie und trotzdem oder gleichzeitig auch anders als Sie.“ 18 Jahre, ein Flüchtlingskind, ein guter Schüler, aber kein sehr guter. Die Mutter arbeitete bei der Bahn, der Vater wurde vermisst – kein ungewöhnlicher Lebenslauf für ein Nachkriegskind. So kam Uwe Johnson 1952 von Güstrow nach Rostock, um Germanistik zu studieren. Doch wohin kam er, der Bursche, der kleine Angeber, wie Helbig ihn liebevoll betitelte. Welches Klima fand er vor, zu jener Zeit in Rostock? Mit kleinen Anekdoten und interessantem Archivmaterial versuchte Helbig uns in die Zeit der Fünfziger zu versetzen. Das größte Warenhaus der DDR war gerade in Rostock eingeweiht worden, am 14. August 1952. Es gab das Capitol, mit immerhin 900 Plätzen eines der größten Kinos der Republik. „Sie tanzte nur einen Sommer“ könnte hier gelaufen sein, war es doch der Film in den frühen 50er Jahren. Aus Sicht des Umlands eine durchaus attraktive Stadt – etwas „wo wir nach 60 Jahren wieder angekommen seien.“ „Aufbauarbeit, Neuanfang, Beginn war angesagt.“ 1952 war die DDR gerade drei Jahre alt. Auch in der Bildungspolitik versuchte man einen Neuanfang. Man bemühte sich um zentrale, einheitliche Studienpläne, „Bologna für Arme sozusagen“. Ob sich Geschichte wohl tatsächlich alle 60 Jahre wiederholt? Die vorherrschende Doktrin, nach der damals gelehrt wurde, war der sozialistische Realismus – wenig überraschend. Johnson war sowohl Mitglied – und an seiner Güstrower Schule auch Funktionär – der FDJ als auch Mitglied der Jungen Gemeinde. Konflikte waren vorprogrammiert. In dieser Zeit starteten SED und FDJ eine ideologische Offensive gegen die Jungen Gemeinden und Studentengemeinden. Damals noch Vorsitzender der FDJ, bezeichnete Erich Honecker die Junge Gemeinde 1952 als „Tarnorganisation für Kriegshetze, Sabotage, Spionage im amerikanischen Auftrag“. Zum Alltag gehörten auch sogenannte Protestversammlungen, auf denen die Junge Gemeinde beschuldigt wurde, Terrorakte o.ä. begangen zu haben. So etwas war natürlich auch für die Uni Rostock vorgesehen. Als ehemaliger FDJ-Funktionär wurde Johnson angesprochen dabei mitzumachen. Für den 5. Mai 1953, sinnigerweise der Geburtstag von Karl Marx, war solch eine Veranstaltung in Rostock angesetzt. Uwe Johnson sollte berichten, dass Mitglieder der Jungen Gemeinde in Güstrow einen Rekruten der Roten Armee überfallen und schwer verletzt hätten. Ein Schauprozess im Kleinen wäre die Folge gewesen. Johnson dürfte klar gewesen sein, dass er viele seiner Freunde in große Schwierigkeiten gebracht hätte. Was genau auf dieser Sitzung passierte, was genau Johnson sagte, ist nicht verbürgt. Das Protokoll ist nicht mehr vorhanden. Wohl aber gäbe es Protokolle, die sich auf das Protokoll beziehen, so Helbig. Da hieß es dann: „Jugendfreund Johnson leistete ersten Wortbeitrag, schlug ein wie eine Bombe“. Der Knabe funktionierte nicht so, wie er sollte. Er stellte sich gegen Schauprozesse, wandte sich gegen das, was mit der Jungen Gemeinde gemacht wird und warf der DDR Verfassungsbruch vor. Die Konsequenzen dürften Johnson durchaus bewusst gewesen sein. Universitätsausschluss, Denunzieren bei der Stasi sowie meist auch eine Verhaftung. Dass er zur Vorladung vor die Parteileitung „auffälligerweise keine Zahnbürste mitbringen musste“, wunderte Johnson, wie er es später beschrieb. Am 14. Mai fand das Verhör durch die Parteileitung statt. Das Protokoll dieser Sitzung ist ebenfalls nicht vorhanden, aus Berichten ließe sich aber erkennen, das seine Befürchtung mit der Zahnbürste durchaus berechtigt war. Allerdings studierte Johnson weiter und bestand die Zwischenprüfungen als Zweitbester seines Studienjahres. Nach dem Aufstand des 17. Juni 1953 schlug die SED versöhnliche Töne an. Die Junge Gemeinde wurde wieder für legal erklärt, Relegationen und Berufsverbote wurden aufgehoben. Man versuchte, nach außen hin gut da zu stehen. So verzichtete man auch auf die Exmatrikulation des unbequemen Studenten Johnson, die angeblich nie beabsichtigt gewesen wäre. Bereits Ende Mai stellte Johnson einen Antrag auf Hochschulwechsel, dem die Universität im Juni stattgab. Johnson verließ Rostock und setze sein Studium in Leipzig fort. So viel zur eher kurzen Phase Johnsons in Rostock. Doch hier in Rostock war es, wo Johnson dem eigenen Vernehmen nach zum Schriftsteller wurde. Ein wichtiger Grund, weshalb die Professur nach Rostock gekommen ist, weshalb sie hier hergehört, so Helbig. „Nach Vollkommenheit hege ich wenig Sehnsucht, aber glücklich möchte ich von Zeit zu Zeit schon sein“ schrieb Johnson am Tag seiner Immatrikulationsfeier an seine ehemalige Deutschlehrerin. Eine sehr ergiebige Quelle dieser Briefwechsel, aus dem Helbig häufiger zitierte. Ob er es geschafft hat, ist vielleicht in den nächsten Vorlesungen zu erfahren – von Zeit zu Zeit glücklich zu sein, meine ich. Wer Lust bekommen hat, mehr über Uwe Johnson und sein Werk zu erfahren, ist herzlich zu den Vorlesungen eingeladen – immer montags um 17:15 Uhr im Möckelsaal des Peter Weiss-Hauses. Ein kleiner Tipp sei an dieser Stelle noch erlaubt. In wenigen Tagen beginnt im Literaturhaus Rostock das finnische Literaturfestival KAKSINKERTAINEN. Los geht es am Sonntag (18. April, 19:00 Uhr) mit einer literarisch-musikalischen Finnland-Nacht. Nicht verpassen!

13. April 2010 | Weiterlesen
„Einer flog über das Kuckucksnest“ im Volkstheater

„Einer flog über das Kuckucksnest“ im Volkstheater

Wer kennt ihn nicht, den gleichnamigen Klassiker der Filmgeschichte mit Darsteller Jack Nicholson in der Hauptrolle? Weniger bekannt dürfte da schon die Romanvorlage des amerikanischen Autors Ken Kesey sein, der seine 1959 gemachten Erfahrungen als Aushilfsnachtwächter in einer psychiatrischen Anstalt im kalifornischen Menlo Park in sein Buch einfließen ließ. In Folge der Veröffentlichungen von Buch und Film und der Bühnenadaption von Dale Wasserman kam es seinerzeit in den USA und danach auch in anderen Staaten zu lebhaften Diskussionen über den Umgang mit Menschen, die psychisch erkrankt waren. Heute Abend und etwa 35 Jahre nach dem Film hatte das Volkstheater Rostock zum „Vorspiel am Montagabend“ in den Stadthafen geladen, zur Einführungsveranstaltung der Rostocker Inszenierung vom Bühnenstück „Einer flog über das Kuckucksnest“. Angekündigt war zudem ein Überraschungsgast. Jack Nicholson in Rostock? Gegen 20 Uhr hatten schon etwas über 40 Interessierte vor einer roten Couch Platz genommen, als Martin Ortega, Dramaturg des Volkstheaters und Moderator des Abends, die Veranstaltung eröffnete. Ihm zur Seite saß als Überraschungsgast Dr. Ulrike Lemke von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Rostock, die bei der Rostocker Inszenierung der Künstlerschar beratend zur Seite stand. Unter das Publikum hatte sich noch weitere Prominenz gemischt, so zum Beispiel Schauspieldirektorin Anu Saari. Aus Rücksicht vor Menschen, die weder Film noch Buch kennen, gab es vorab eine kleine Kurzfassung zum Inhalt des Stückes vom Dramaturgen, worüber ich ehrlich gesagt, ganz dankbar war. Geschildert werden im „Kuckucksnest“ Leben und Umgang von Psychiatrieinsassen gegen Ende der 50er Jahre in den USA. Ein Neuzugang, McMurphy, der eher kleinkriminell ist, als dass er tatsächlich an einer psychischen Erkrankung leidet, wird in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen und erlebt hautnah die Repressionen, denen seine Mitpatienten im Alltag ausgesetzt sind. Mit List und Witz versucht er, die starren Strukturen in der Anstalt zu durchbrechen und die Macht von Anstaltsschwester Ratched auszuhebeln. Letztlich unterliegt McMurphy und wird durch Elektroschocks und Medikamente „ruhig gestellt“, sein ehemals lebensbejahender, vor Kraft strotzender Individualismus: ausgelöscht. Ortega kündigte an, auf welche Neuerungen das Rostocker Publikum gespannt sein darf. So wird der Schauplatz der Handlung aufgehoben. Unklar wird bleiben, ob sich die Figuren wirklich in einer psychiatrischen Anstalt befinden. Ist es nicht doch ein Alten- oder Pflegeheim? Die Insassen sind nicht mehr ausschließlich Männer, sondern die Station beherbergt nun auch Frauen. Diese Veränderung ist auch der Gegenwart geschuldet, in der gemischt geschlechtliche Stationen die Regel geworden sind. Auch das Alter der Insassen ist im Durchschnitt höher als noch in der Forman-Verfilmung von 1975. Na klar, heute haben wir auch eine weitaus höhere Lebenserwartung als noch vor 30 Jahren. Wieder ein aktueller Bezug. Viele Rollen wurden von Regisseur Martin Nimz getauscht. Die Pfleger werden von zwei Frauen gespielt. Den Indianer („Häuptling Bromden“) spielt Katrin Stephan. Cheswicks Rolle übernimmt Horst Rehberg, der im Dresen-Film „Wolke 9“ mitspielt. Die Handlung werde jedoch nach wie vor wiedergegeben. Weiterhin brauche sich kein Zuschauer der Veranstaltung sorgen: „… weder fliegen Farbbeutel durch die Gegend, noch tanzen alle die ganze Zeit auf allen Vieren.“ Mit diesen Ankündigungen ging es nun in das Gespräch mit der Expertin. Oberärztin Dr. Ulrike Lemke wurde vom Dramaturgen befragt, worin die Unterschiede der Psychiatrie der 70er Jahre zu der von heute bestünden. Ob das Bühnenstück etwas mit dem Alltag in einer psychiatrischen Anstalt zu tun habe. Worin die Probleme mit Patienten bestehen können und wie versucht werde, diese zu lösen. Versiert antwortete Dr. Lemke auf die vielfältigen Fragen Ortegas, wusste auch seiner überspitzten These („Meiner Meinung nach hat sich wenig verändert.“) mit Sachverstand zu begegnen. Mir, die wenig Erfahrung auf dem Gebiet der psychischen Erkrankungen und deren Heilmethoden hat, wurde heute bewusst, wie stigmatisiert dies Thema noch ist. Erst nach durchschnittlich sieben Jahren der Erkrankung gehen Patienten von sich aus zum Arzt. Aus Unkenntnis, aber sehr häufig auch aus Scham. Die Behandlungsmöglichkeiten wären schon sehr viel besser geworden, so die Doktorin, doch sei gerade der Bereich der ambulanten Versorgung unbedingt auszubauen. Das Hauptziel einer vollständigen Integration von Menschen mit psychischen Erkrankungen in die Gesellschaft sei leider noch nicht erreicht. Die Fragen aus dem Publikum wurden überwiegend von Frauen gestellt. Ob spezialisierte Stationen für die verschiedenen Erkrankungsformen effektiver seien als Gemeinschaftsstationen, wollte eine Dame wissen. Eine Andere fragte, ob man sich heutzutage, so wie die Figur des Indianerhäuptlings Bromden, selbst einweisen und freiwillig in einer psychiatrischen Anstalt bleiben dürfe. Ganz wichtig war auch die Frage, ob es zur Rostocker Inszenierung ein theaterpädagogisches Angebot des Volkstheaters geben wird. An Rostocker Schulen seien schon Informationsmappen versendet worden, gab Martin Ortega bekannt. Schauspieldirektorin Anu Saari ergänzte abschließend, dass es dieses Gesprächsangebot nach der Aufführung geben werde. Sie wies auch darauf hin, dass der Premiere am 24. April um 19:30 Uhr im Großen Haus nur noch fünf weitere Termine für das Schauspiel folgen. Neben einem Nachmittagstermin am 29. April, der besonders für Schulklassen geeignet ist, folgen noch vier Termine im Mai. In die neue Spielsaison werde das „Kuckucksnest“ nicht übernommen. Darum ihr Aufruf an alle Interessierte: „Gleich Hingehen!“ Dem kann ich nach dem heutigen Abend nur zustimmen.

13. April 2010 | Weiterlesen
mv-tourist.tv - Internet, Videos und Hotel-TV

mv-tourist.tv - Internet, Videos und Hotel-TV

„Wenn ich früh aufwache, schalten wir – mit ‚wir‘ meine ich meine Frau und mich – als Erstes das Fernsehgerät ein.“ Nach so viel Kunst und Kultur in den letzten Tagen wird es heute mal wieder Zeit für etwas Abwechslung, oder? Was darf es denn sein? Politik, Wirtschaft, Tourismus, Fernsehen oder Internet? Von allem ein bisschen? Kein Problem! Gerade gestern hatte ich bei Frank noch einen Beitrag gelesen – zu Ausstellungen in Hotels im Allgemeinen und im Hotel Neptun im Speziellen. Und heute konnte ich dort ganz zufällig einen Blick auf die Bilder von Christine Löwa werfen. Tolle Werke übrigens, doppelt schade, dass praktisch keine Werbung dafür erfolgt. Aber hey, ich hatte doch versprochen, dass es heute mal nicht um die Kunst gehen soll! Wer da in der Früh als Erstes den Fernseher einschaltet, möchtet Ihr wissen? Unser Wirtschaftsminister Jürgen Seidel ist es und zwar immer, wenn er in Österreich im Urlaub ist, „denn da kommt direkt der Wetterbericht. Man weiß sofort, wie man sich anziehen muss.“ Toll. Seit langer Zeit wünscht er sich das, was er dort schon seit zehn Jahren erlebt, auch für das touristische Angebot Mecklenburg-Vorpommerns. Nun endlich wurden seine Wünsche erhört. Kein Grund mehr, seinen Urlaub nicht im Lande zu verbringen, zumindest was diesen Punkt betrifft. Stolz stellte Thomas Böhm von der Mediadock GmbH das vom Land angekündigte ‚Großprojekt‘ heute im Hotel Neptun vor und dabei geht es keinesfalls nur um den morgendlichen Wetterbericht. Als Betreiber des Lokalsenders tv.rostock sind über die Jahre so viele Inhalte produziert worden, dass damit auch andere Programme gefüllt werden können, so Böhm. Es wäre schade, wenn Beiträge nach nur zwei oder drei Ausstrahlungen im Archiv verstauben. Der Tourist, der in die Stadt kommt, wolle nicht unbedingt Lokalpolitik sehen, sondern Ausflugstipps, Veranstaltungshinweise und natürlich das Wetter. So sei die Idee für ein angepasstes, regionales Hotel-Programm entstanden. Vor einem Jahr hätten sie im Hotel Neptun mit dem Piloten losgelegt, inzwischen seien sechs Rostocker Hotels beteiligt. „Mittlerweile entstehen 67% der Buchungen über eine Vorinformation im Internet“, so Bernd Fischer vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern. Mehr als die Hälfte der Deutschen nutze das Internet auch während des Urlaubs zur Information und immerhin ein Drittel der Urlauber würde während der schönsten Zeit des Jahres tatsächlich fernsehen – Potenzial sei somit vorhanden. Was die Inhalte betrifft, sei eine Matrix erstellt worden, bei der Regionen und Themen zueinander gebracht wurden. Um darzustellen, was MV touristisch heißt, sollen bis zum späten Frühjahr 100 Videobeiträge produziert werden, von Mediadock und weiteren Unternehmen im Lande. Die Kriegskassen der Hotels scheinen dank Mehrwertsteuersenkung gut gefüllt zu sein. Kleiner Spaß. Nein, natürlich übernimmt das Land die Kosten als Anschubfinanzierung. Die beteiligten Hotels selbst hätten nur eine kleine Pauschale zu tragen. Auf drei Säulen baue das Projekt, so Fischer. Neben dem Hotelfernsehen als erstem Standbein soll ein Internetportal angeboten werden, „wo ich mir mein ganz individuelles Fernsehen zusammenstellen kann. Ich wähle aus, was mich interessiert, klicke ‚Go‘ und dann gucke ich mir ein kleines Fernsehprogramm der Urlaubsregion Mecklenburg-Vorpommern an.“ Die dritte Möglichkeit wäre gleichzeitig auch die vielfältigste. Die Videos könnten transparent auf den Seiten der Hotels und Verbände eingebunden werden. Guido Zöllick, Präsident des Dehoga MV und Direktor des Hotels Neptun, begleitet das Projekt in seinem Haus seit dem Beginn der Pilotphase vor einem Jahr. „Wir haben mit mv-tourist.tv tatsächlich etwas gefunden, was bei den Gästen sehr gut ankommt“, beschreibt Zöllick seine Erfahrungen. Es würde eine Reihe von Gästen geben, die anschließend am Empfang stehen und genau das erleben wollten, was sie gerade gesehen haben. „Ich bin froh und glücklich, dass wir jetzt einen Sender haben, der die Gäste live darüber informiert, was hier vor Ort, an ihrem Urlaubsort, in ihrem Urlaubsland stattfindet.“ Das Thema Wetter spiele natürlich eine große Rolle. „Es ist tagesaktuell, wird moderiert und in bewegten Bildern gezeigt – ein großer Unterschied zu dem, was wir bisher an Informationskanälen hatten. Eine Fernsehsendung, die es verdient, so genannt zu werden!“ Lokales Hotel-TV? Sicher eine gute Idee. Da mögen sogar Landesmittel sinnvoll sein. Dürfte doch nicht jedes kleinere Hotel ohne Zuschuss so innovationsfreudig sein wie Neptun, Yachthafenresidenz, Radisson & Co. Vorausgesetzt natürlich, die Hotels erkennen den Mehrwert für die Gäste und sind bereit, im Anschluss selbst für die Kosten aufzukommen. Denn gute Inhalte kosten auf Dauer Geld, mehr als die Technik vermutlich. So weit, so gut. Was das Internet-Portal betrifft, hatte ich scheinbar gerade ein Déjà-vu. Die Idee, Videos für MV auf einem eigenen Portal anzubieten und mittels eigenem Player zu verteilen, kam mir irgendwie bekannt vor. So nutzte ich die Zeit und surfte nebenbei etwas im Netz. Video-MV war das, was ich gesucht hatte. Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern wurde es vor noch gar nicht so langer Zeit ins Leben gerufen. Die Plattform macht einen durchaus guten Eindruck, dümpelt mangels Inhalten aber leider ein wenig vor sich hin. Warum auch in diesem Bereich ein neues Projekt gestartet wird, statt auf die bestehende und bereits finanzierte Plattform zurückzugreifen, schien eine etwas überraschende Frage zu sein – so richtig überzeugend erklären konnte dies niemand. Jürgen Seidel war die von seinem Haus geförderte Seite wohl unbekannt (muss man als Minister vielleicht auch nicht unbedingt kennen), Bernd Fischer hielt es für ein Portal, auf dem Urlauber ihre Amateurvideos präsentieren könnten – scheinbar hat er die Seite im letzten Jahr nicht mehr besucht. So wäre es tatsächlich mal gedacht gewesen, erläuterte mir später die mit der aktuellen Entwicklung nicht ganz glückliche Kathleen Reiß vom Projektträger der Seite. „Wir sind mit dem Ansatz gestartet, Urlaubervideos einzusammeln.“ „Rein rechtlich ging das aber nicht, das konnten wir nicht verantworten, schon gar nicht vom Land finanziert.“ In den Videos seien viel zu oft Rechteverstöße aufgetreten; nicht genehmigte Bilder, lizenzpflichtige Hintergrundmusik und vieles mehr. „Deshalb haben wir schnell gesagt, dann sammeln wir Hochglanzvideos ein und verteilen diese wieder.“ Also genau das, was Bernd Fischer als wichtige dritte Säule des Projektes beschrieben hat. Vorausgesetzt natürlich, es gibt Unternehmen, Vereine und Verbände, die Inhalte bereitstellen. Beliefert werden soll die Seite später wohl auch mit den geplanten Videos. Warum weder Portal noch Player genutzt werden und ob man wirklich mehrere ähnliche Portale benötigt, bleibt fraglich. Auf der anderen Seite gesellte sich noch ein Vertreter des Landestourismusverbandes zu uns und meinte, dass eine richtig eigenständige Seite wohl doch gar nicht geplant sei. „Technisch gesehen ist das Internetprojekt eher ein Abfallprodukt für uns“, erläuterte er, „MV-Tourist.tv“ solle keine eigene Seite erhalten, sondern nur als White-Label-Lösung in bestehende Angebote eingebunden werden“. Also doch nichts mit dem von Thomas Böhm gezeigten Entwurf und dem von Bernd Fischer so angepriesenen individuellen Fernsehprogramm? Da scheint jeder der Beteiligten wohl noch eine etwas eigene Sicht der Dinge zu haben. Mal abwarten, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt.

12. April 2010 | Weiterlesen
Collegeblock der Universität Rostock

Collegeblock der Universität Rostock

Weitaus mehr als ein gewöhnlicher Schreibblock ist das, was heute in der Mensa der Uni Rostock verteilt wurde. Der Block enthält zwar Papier für Vorlesungsmitschriften und Notizen, dies jedoch unterteilt in fünf Registern für ein ganzes Semester. Seine Kalender- und Stundenplanfunktion bringen Ordnung in den Uni-Alltag und der Serviceteil auf den ersten Seiten bietet alle wesentlichen Informationen über die Universität Rostock und das Studentenleben. Obendrein enthält der Block Seiten, die der Unterhaltung dienen – für den Spaßfaktor ist also auch gesorgt. Hübsch anzusehen ist das unverzichtbare Studentenutensil sowieso! Die vielen blauen Farbtupfer auf dem Cover des Blockes wirken frisch und peppig. Zugleich verweist die abgebildete historische Ansicht des Uni-Hauptgebäudes auf die Tradition der Universität Rostock. Das Beste an der Geschichte? Der Block ist kostenlos! Erdacht und entwickelt haben dieses geniale Hilfsmittel die Studenten Lars Kersten und Michael Florus. Heute traf ich sie vor der Mensa „Kleine Ulme“ in der Ulmenstraße, dort verteilten sie ihren Block. „Als allererstes haben wir uns gefragt, warum Studenten, wo sie doch meistens knapp bei Kasse sind, Schreibblöcke kaufen müssen. Sind Schreibblöcke doch das Material schlechthin im Studium. Aus dieser Grundidee haben wir dann ein Gerüst gebaut und sind zu diesem Ergebnis gekommen“, erzählten mir die beiden. Der Collegeblock ist werbefinanziert. Den Unternehmen wird auf diese Weise die Möglichkeit geboten, auf dem Campus zu werben. Zugleich erhalten die Studenten kostenloses Schreibpapier. Darüber hinaus kann die Universität zehn Seiten selbst gestalten und sich somit ihren Studenten präsentieren. Unternehmen, Universität und Studenten profitieren. Doch der Collegeblock wird auch als „Projekt von Studenten für Studenten“ verstanden, verrieten mir die beiden. Denn die Studenten sollen an der Gestaltung und Konzeption des Blockes mitwirken. Lars und Michael haben im letzten Jahr mit dieser Geschäftsidee am Ideenwettbewerb des Gründerbüros der Uni-Rostock teilgenommen und den zweiten Platz damit erzielt. Dieser Wettbewerb soll Studenten dafür begeistern, ihre Ideen selbständig umzusetzen. Er findet auch in diesem Jahr wieder statt. Noch bis zum 30. April können kreative und innovative Ideen per Kurzbeschreibung online auf der Seite www.ideenwettbewerb.uni-rostock.de angemeldet werden. Tatjana Blank hat den Collegeblock heute Morgen als Erste in ihren Händen halten dürfen. Zunächst füllte sie aber einen Umfragebogen aus. Damit soll der Werbeeffekt des Blockes wissenschaftlich begleitet werden. Tatjana fand den Collegeblock jedenfalls „erst mal cool“. Zwar könne man die beschreibbaren Seiten nicht heraus trennen, was nicht unbedingt so vorteilhaft sei. Dennoch war sie sehr erfreut über ihr Exemplar. Die Studentin Andrea Zatzinsky war überaus begeistert vom Collegeblock. Der enthaltene WM-Planer wäre für Mädels nicht ganz so interessant. Doch der Serviceteil auf den ersten Seiten biete viele hilfreiche Informationen über das Studentenleben an der Universität. So wichtige Uni-Daten, wie die Rückmeldezeiten seien für die Studenten ja immer wieder von großer Bedeutung. Auch für Studenten im ersten und zweiten Semester sei dieser Collegeblock sehr hilfreich. Gerade, wenn man neu in der Stadt und an der Uni wäre, sei es notwendig, die maßgeblichen Infos schnell zu erhalten. An diesem Tag haben Lars und Michael all ihre Blöcke unter die Studenten gebracht. Doch nun geht es noch in die Mensa Südstadt, wo die beiden die fünffache Anzahl an Exemplaren verteilen möchten. „Alles beginnt in einem Uni-Block!“ ist ihre Devise. Sie haben Recht, selbst derart geniale Ideen kann man in einem solchen niederschreiben.

12. April 2010 | Weiterlesen
„Paperfile on tour“ im Edvard-Munch-Haus

„Paperfile on tour“ im Edvard-Munch-Haus

Dass der Berliner gern an die Ostseeküste reist, dürfte hinlänglich bekannt sein, schließlich ist dies schon seit Kaisers Zeiten so – heutzutage bevorzugt zum Baden oder zum Segeln. Wat der Berliner kann, det kann ick ooch, muss sich da ein Schrank gedacht haben und machte sich flugs auf nach Warnemünde, an unsere schöne Ostseeküste. So oder zumindest so ähnlich muss es sich zugetragen haben. Schließlich ist er da, der Schrank – im Edvard-Munch-Haus, mitten in Warnemünde. Hier fand gestern Abend eine ganz besondere Kunstausstellung statt, „paperfile on tour“ der Titel. Frei übersetzt so viel wie „Kunst aus der Kiste“ oder eben „Ein Schrank auf Reisen“. Was es jedoch wirklich damit auf sich hat, erklärte Ruprecht Dreher von der Berliner Galerie „oqbo“. „oqbo“ sei erst mal ein ziemlich schwer auszusprechender Name. Aha! Zusammen mit sechs weiteren Künstlern gründete Dreher „oqbo“ vor etwa zwei Jahren als Produzentengalerie. Sie hätten damals ein günstiges Angebot angenommen, am nördlichen Ende der Brunnenstraße, in einer Gegend, die für Kunst eher untypisch sei. „Die üblichen Galerien sind dort noch nicht angekommen“, so Dreher. „Kunst nicht nur an den Wänden zu sehen, sondern auch mal wirklich zu fühlen“ sei die Intention für das Projekt „paperfile“ gewesen. „Dieser Papierschrank dort heißt paperfile“, brachte es Dreher auf den Punkt. Ein Planschrank mit Schubladen, in denen die Werke der Künstler liegen. Die Gäste sind eingeladen, in den Schubladen zu stöbern, die Arbeiten der Künstler zu begreifen und zu entdecken – einzige Bedingung, ein Paar weiße Handschuhe, die es dabei zu tragen gilt. Ein wenig abgeguckt hätten sie allerdings, gab Dreher zu. „Wir haben das schon mal gesehen, im Großen, in Brooklyn, in der Pierogi Gallerie“. Mit mehr als 700 Künstlern gibt es dort bereits ein richtig großes Magazin – sehr beliebt, eine Geheimadresse für Spezialisten. Kuratoren würden dort teilweise tagelang wühlen und nach Talenten Ausschau halten. „Das hat uns angeregt, vielleicht auch irgendeine Form für uns zu finden.“ Entstanden ist „paperfile“. Angefangen haben die sieben mit sich selbst, später dann Freunde eingeladen und Künstler, die sie interessierten. Alle drei bis vier Monate musste aufgestockt werden, ein Ende sei nicht in Sicht. „Nun haben wir zum ersten Mal gesagt, wir schicken den Schrank auf Reisen. Wir fahren an Orte, wo Menschen sind, die das möglicherweise noch nicht kennen, deshalb ist das jetzt hier paperfile on tour.“ Warnemünde ist die erste Station, fügt Dreher hinzu, in gewissem Sinne auch eine Probierstation. „Greifen Sie zu, fassen Sie an und nähern Sie sich der Kunst!“ und schon hielt Dreher das erste Bild in der Hand. Eines, das anfänglich auf einer Seite bearbeitet und dann auf der Rückseite vollendet wurde. „Das sind Erfahrungen, die kann man im Rahmen oder an der Wand überhaupt nicht machen“, versuchte er die Idee zu verdeutlichen. Was sich in den Schubladen findet? Werke von insgesamt 79 Künstlern sind mit auf die Reise nach Warnemünde gegangen. Es gibt Malerei, Zeichnungen, Collagen und derzeit auch etwa 5 Prozent Fotografien. Es gibt auch Prints, Computer-bearbeitete Vorlagen, die dann ausgedruckt werden. Eine Kunstform, die laut Dreher immer beliebter wird, die begrenzte Editionen hat, signiert wird, günstig ist, aber ebenfalls wie ein Original behandelt wird. „paperfile on tour“ möchte jedoch nicht nur Kunstwerke auf Reisen schicken. An jeder Station sollen Arbeiten hinzukommen, von mindestens einem Künstler mit regionalem Bezug. Dies war das Stichwort für Petra Schmidt-Dreyblatt vom Verein Edvard-Munch-Haus. Sie stellte die Künstlerin Tina Jonsbu vor. Aus Oslo, in Norwegen, schließlich sind wir hier ja im Edvard-Munch-Haus. Tina Jonsbu hat in Bergen und Oslo studiert, eigentlich Keramik. Dies sieht man teilweise auch noch an ihren Mustern, die sie aufs Papier bringt. In Norwegen gibt es, was die Kunstausbildung betrifft, immer noch ein relativ veraltetes System, durften wir erfahren. Künstler müssen oft unterschiedliche Medien in der Ausbildung durchwandern, ob sie wollen oder nicht. „Eine Leidenschaft für gefundene, gesuchte Sachen“ habe Jonsbu entwickelt. Papiere unterschiedlicher Kontur, Textur und Formate besetzt sie mit Zeichen. Millimeterpapier oder Karteikarten, mit Punkten, Kreisen, feinen Linien und Kreuzen versehen – eine Art textiler Struktur ist in ihren Werken erkennbar. Die oberste Schublade ist für die Arbeiten von Tina Jonsbu reserviert. Und sie sollen mit auf die weitere Reise gehen, in jedem Fall aber zurück nach Berlin. Arbeiten von Jonsbu finden sich jedoch nicht nur im „paperfile“. Verschiedene Stücke sind auch im Haus ausgestellt. In einem ebenso amüsanten wie spannenden Teil zeigt sie, wie man sich mit Schäden auseinandersetzen kann. In ihrem Atelier hatte Jonsbu seit 2002 mehrere Wasserschäden Einige dieser Blätter, die in der Ausstellung zu sehen sind, waren vom Wasser stark beschädigt. Jonsbu hat aus der Not eine Tugend gemacht und die Konturen des Wasserschadens mit Stiften nachgezeichnet. „Man fängt an, in diesen Linien Geschichten zu lesen“, so Petra Schmidt-Dreyblatt. „Paperfile sei einfach eine schöne Art des intimeren Umgangs mit den Kunstwerken“, beschreibt Frank Eltner von oqbo sein Verständnis des Projektes. „Es funktioniert fantastisch. Auch die Künstler sagen, endlich findet ein Dialog statt, es kommt zum Austausch und Gespräch.“ Beim Blick zum Schrank kann man ihm nur zustimmen. Einen derart regen Austausch zwischen Künstlern und Besuchern dürfte man in einer herkömmlichen Ausstellung nur selten finden. Ein Projekt, das sich in den unendlichen Tiefen der paperfile-Schubladen verbirgt, sei an dieser Stelle kurz erwähnt. Es ist eine Mappe mit Bildern vom Truppenübungsplatz Dallgow-Döberitz. Marion Kreißler und Martin Conrath, der ebenfalls vor Ort war, haben über mehrere Jahre eine einzigartige Dokumentation erstellt. Etwa 40 Mal sind sie über einen Zeitraum von vier Jahren die B5, die dieses Gebiet durchschneidet, auf- und abgefahren. Mit der Videokamera am Fenster hätten sie die Veränderungen dokumentiert. Details fotografisch festgehalten, Kontakt zu den hier stationierten Soldaten der Roten Armee aufgenommen, sich Zeitzeugen-Fotos schicken lassen und die Entwicklung des Gebietes dokumentiert. Entstanden ist ein Video, das den Vor- und Nachher-Zustand gegenüberstellt, in synchronen Bildern. Ist etwas passiert, hält der eine Kanal an, der andere läuft weiter, geht ins Gelände, ins Detail, zeigt Fotografien, historische Aufnahmen, Original-Töne – klingt wirklich sehr interessant! Vielleicht gelingt es noch, dieses Video im Rahmen der Ausstellung vorzuführen, ansonsten gibt es im ominösen Schrank immerhin eine sehr interessante und umfassende Mappe zu diesem Projekt. Wer jetzt Lust bekommen hat im „paperfile“ zu stöbern, kann sich während der Ausstellung über erweiterte Öffnungszeiten im Edvard-Munch-Haus freuen. Donnerstags und freitags ist zwischen 13 und 17 Uhr, am Wochenende von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Zusätzlich werden während der Ausstellungszeit Marina Achenbach (16. April, 18:30) und Volker H. Altwasser (7. Mai, 18:30) zu Lesungen ins Haus kommen. Am 13. Mai spielt dann noch der Pianist Eric Schneider Werke von Bach, Beethoven, Schumann und Liszt. Ein Besuch lohnt sich!

11. April 2010 | Weiterlesen
Yehudi Menuhin Live Music Now Rostock in der HMT

Yehudi Menuhin Live Music Now Rostock in der HMT

Ein gar lustiges Kerlchen betrat da am Donnerstagabend um 19.30 Uhr die Bühne im Katharinensaal der HMT. Bunte Ringelsöckchen hatte es an und im Haar trug es eine große knallig orangene Schleife. Magdalena von Rohden spielte diesen allerliebsten und drolligen Fratzke, Pinocchio genannt. Da das Kerlchen jedoch seine Noten vergessen hatte, verließ es das äußerst entzückte Publikum sofort wieder. Als es erneut erschien, hatte es nicht nur die Noten, sondern auch musikalische Verstärkung mitgebracht. Anna von Rohden erstritt sich nun ihren Platz am Klavier und Magdalena begann das „Lied des Pinocchio“ von Kurt Schwaen zu singen. „Vielleicht bleib ich ein Hampelmann, …“ trällerte sie höchst famos. Diese beiden fabelhaften Wesen müsste sie demnächst eigentlich des Öfteren auf die Kinderstationen der Krankenhäuser schicken. Könnten sie doch dort ebenso viel Freude und Spaß vermitteln, sagte Frau Christiane Prechtel, Vorsitzende des Vereins Live Music Now Rostock. Dann begrüßte sie das Publikum und sprach vielen Helfern und Sponsoren ihren Dank aus. Über siebzig Konzerte habe der Verein im letzten Jahr organisiert. Eine große Hilfe war beispielsweise die Scandlines GmbH. Aber auch bei Herrn Klaus Kreutzer vom Piano Centrum Rostock bedankte sich die Vorsitzende herzlich. Er habe sogar am Sonntag für den Transport des einen oder anderen Pianos gesorgt. Anschließend wurde ein kleiner Film gezeigt, den der NDR unlängst gedreht hatte. Spätestens jetzt erfuhr jeder, worum es dem Verein in seiner Arbeit geht. „Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude“ hatte der berühmte Geiger und Dirigent, Lord Yehudi Menuhin einmal gesagt. Er hatte 1977 die Organisation Live Music Now in Großbritannien gegründet. Deren Ziel ist es, über die Musik Heilung, Trost und Frohsinn zu denjenigen Menschen zu bringen, die selbst aufgrund ihrer besonderen Lebensumstände oder körperlichen Gebrechen nicht in ein Konzert kommen können. Dieser Gedanke leitete auch Menuhin selbst, als er im 2. Weltkrieg in Lazaretten und für die Überlebenden der Konzentrationslager spielte. In dem Film kamen ferner Studentinnen der HMT zu Wort. Sie erklärten, warum sie sich so gern in dem Verein Live Music Now engagieren. Der unmittelbare Kontakt zu ihrem Publikum erfreue sie so sehr. Das Glück und die Empfindungen, die ihre Stücke  bei den Zuhörern auslösten, könnten sie viel intensiver spüren als im Konzertsaal. „Live Music Now“ ist aber zugleich ein Förderprogramm, das den jungen Musikern eine finanzielle Unterstützung ermöglicht. Alsbald gehörte die Bühne den Musikerinnen und Musikern selbst. Lilit Grigoryan spielte auf wundervolle Weise ein Stück von Frédéric Chopin vor und Kae Hirano sang das Couplet der Adele: „Spiel‘ ich die Unschuld vom Lande“ aus der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss wirklich entzückend. Begeistert haben auch die Ausbilder der Stipendiaten von „Live Music Now“. Klaus Häger sang „Der Musensohn“ von Franz Schubert, begleitet am Klavier von Karola Theill. Zum Abschluss sang eine ganze Schar von Musikern „Stoßt an, stoßt an, stoßt an!“ ebenfalls eine Passage aus der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss. Wie passend! Gab es doch im Anschluss an das Benefizkonzert einen Empfang im Foyer der HMT.

10. April 2010 | Weiterlesen
Yuri’s Night Rostock

Yuri’s Night Rostock

Es ist der 12. April 1961. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit gelingt es, eine bemannte Rakete ins All zu schießen und den an Bord befindlichen Kosmonauten wieder heil auf die Erde zurückzubringen. An Bord der Wostok 1: Juri Alexejewitsch Gagarin. Die Zeit der Raumfahrt hat begonnen. Der 12. April ist ein geschichtsträchtiges Datum. Auf den Tag genau, exakt 20 Jahre nach Gagarins Flug mit der Wostok 1, startete das amerikanische Space Shuttle Columbia zu seinem Jungfernflug. Um den internationalen Erfolgen in der Raumfahrt Tribut zu zollen, finden deshalb in diesen Tagen weltweit Gedenkfeiern statt. Ausgetragen wurde die erste „Yuri’s Night“ bereits im Jahr 2001 in den USA, durch das Projekt „Space Generation Advisory Council“, kurz SGAC. Zehn Jahre später hat sie sich zu einem globalen Event entwickelt und findet allein in Deutschland in sechs verschiedenen Städten statt, darunter Berlin und Stuttgart. Zum ersten Mal mit dabei war in diesem Jahr auch die Hansestadt Rostock. Initiator der Veranstaltung vor Ort ist Professor Hartmut Pfüller von der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik der Universität Rostock. Ausgetragen wurde die Veranstaltung im Gebäude der Europäischen Wirtschafts- und Sprachenakademie (EWS) am Kabutzenhof. Dort konnten sich die Besucher unter anderem in verschiedenen Vorträgen ein Bild über die Geschichte der Raumfahrt und die Historie des Rostocker Flugzeugbaus machen. Inhaltlich reichten die Vorträge von Rückblicken, wie „Aufbruch ins Raketenzeitalter“ (Holger Björkquist, Förderkreis Luft- und Raumfahrt Mecklenburg Vorpommern e.V.) bis zu aktuellen Entwicklungen, wie den „Hitech-Innovationen aus dem Bereich Raumfahrt“ (Jan Montau, Rostock-System-Technik GmbH). Den Abschluss bildete am Abend der Dokumentarfilm „Fliegerkosmonauten – Space Sailors“, der unter der Regie von Marian Kiss entstanden ist. Auch prominente Gäste waren anwesend. So konnten Professor Dieter B. Herrmann, der ehemalige Moderator der Wissenschaftssendung „AHA“, sowie der NASA-Botschafter und Ehren-Astronaut Hans-Joachim Roloff für die Veranstaltung gewonnen werden. Außerdem anwesend: Heinz Boback, der wie Juri Gagarin ebenfalls die Ausbildung zum Kosmonauten durchlaufen hat. Neben den Vorträgen konnten maßstabsgetreue Papiermodelle von Raketen, Raumstationen und Space-Shuttles bewundert werden. Die Palette reichte von der Wostok 1 bis zur ISS Raumstation und dem Hubble Weltraum Teleskop. Gebaut wurden die Modelle von Bernd Lietzow vom Astronomischen Verein e.V. unter Mithilfe von Schülern der 8. und 9. Klasse. Ein Hobby, das Lietzow schon seit seiner Kindheit mit Leidenschaft betreibt. Doch nicht nur den erwachsenen Besuchern wurde etwas geboten, auch die Kinder kamen voll auf ihre Kosten. So konnten sie sich beispielsweise als Kosmonaut fotografieren lassen und sich damit selbst ein bisschen wie Gagarin fühlen. Außerdem gab es für sie die Möglichkeit, sich als Außerirdische schminken zu lassen. Von welchem Planeten wohl der Dinosaurier und der Tiger stammen? Selbst aktiv werden konnte man natürlich auch. So wurden unter Anleitung fleißig Raketen und sogar ein Airbus A350-800 aus Papier gebastelt. Eine Tätigkeit, an der nicht nur die Kinder Gefallen fanden – ein echtes Familienprogramm! Beinahe wie ihre großen Vorbilder wurden die kleinen Papierraketen mit Zündern und Festbrennstoff versehen, um später auf dem Parkplatz des „Bunkers“ gestartet zu werden. Als um 16:30 Uhr schließlich die Starterlaubnis erteilt wurde, schossen die Raketen in Sekundenschnelle bis zu 80 Metern in die Höhe. Wer nach Vorträgen, Raketenstarts und Dokumentarfilm noch nicht müde war, der konnte am späteren Abend auf der „Space-Party“ im ST-Club noch weiterfeiern. „Wie es weitergeht, steht im wahrsten Sinne des Wortes in den Sternen.“ So äußerte sich Bernd Lietzow in seinem Vortrag, mit Blick auf das eingestellte Constellation Programm zur Zukunft der Raumfahrt. Die Zukunft von „Yuri’s Night“ steht dagegen nicht in den Sternen. Für das nächste Jahr soll sich bereits Sigmund Jähn, der erste Deutsche im Weltraum, angekündigt haben, wenn es dann heißt: 50 Jahre bemannte Raumfahrt.

10. April 2010 | Weiterlesen
Ein Papierschiff für den Hafen Rostock

Ein Papierschiff für den Hafen Rostock

In der St. Georg-Schule konnte ich gestern, wie schon am Abend zuvor, großartige Kunstwerke in Augenschein nehmen. Die Künstler allerdings waren etwas jünger. Genau genommen handelte es sich um die Schüler der Grundschule. Sie präsentierten voller Stolz Papierschiffchen in den verschiedensten Farben und Formen. Große und kleine, mit Blümchen verzierte und einfarbige Werke waren dabei. Diese werden sie, wie hoffentlich viele weitere Rostocker, am 24. April zum großen Hafenfest mitbringen. Dort werden die Schiffchen dann gesammelt und ausgestellt. Überdies nehmen alle kreativen Schiffbauer und Schiffbauerinnen automatisch an einer Verlosung teil. Zu gewinnen gibt es eine AIDA-Kreuzfahrt. Hach, da fiel mir ein, warum hatte ich nicht schon längst ein solches Papierschifflein gebastelt? Marion Nowak, Dr. Ulrich Bauermeister und Christian Hardt von der Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock (Hero) sowie die Schulleiterin Dagmar Tritten zeigten sich an diesem Morgen begeistert von den ersten schönen Papierschiffchen. Nachdem sie diese eingehend studiert hatten, erzählten sie den Kindern mehr über den Überseehafen und dessen große Geburtstagsparty. Ulrich Bauermeister, Geschäftsführer der Hero, erklärte den Kleinen, dass Ende April vor 50 Jahren das erste Schiff im Überseehafen angelegt habe. Dieses Ereignis wolle man nun am 24. April feiern und der eigentlich unzugängliche Überseehafen solle deshalb an diesem Tag Schauplatz eines vielfältigen Festprogrammes werden. Am Hafenbecken B wird eine große Hauptbühne errichtet. Hier präsentieren die Moderatoren Michaela Mann und Horst Marx ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm. Viel Wissenswertes über den Hafen aber auch Livemusik werde geboten. Die Shanty-Chöre „De Klaashahns“ und „Reriker Heulbojen“, die lateinamerikanische Combo „SAMBAtucada“, das Blasorchester der Hansestadt Rostock, das Duo Monika Herz & David wie auch die Gruppe „Sailor“ würden auftreten. Die kleinen Gäste könnten sich u.a. auf ein Kinderkarussell und die Möglichkeit zum Kinderschminken freuen. Auch eine musikalische Reise durch die Welt und einen Mäusezirkus gäbe es zu erleben. Sogar Hochseilartisten würden mit einer besonderen Show zu Gast sein. Da Rostock mit seinem Hafen sehr verbunden sei, käme es darauf an, ihn auch für die Einwohner der Stadt einmal erlebbar zu machen. Aus diesem Grund wird den Besuchern des Festes ein 60 Meter hoher Aussichtskran einen einmaligen Blick auf den Hafen und die Hansestadt gewähren. Es werden Hafenrundfahrten angeboten, auf denen langjährige Hafenmitarbeiter über den Ort und seine Geschichte berichten. Überdies könnten das Mehrzweckschiff „Arkona“, das Ölauffangschiff „Bottsand“ der deutschen Marine, wie auch ein Feuerlöschboot besichtigt werden. Zum Tag der offenen Tür laden die Unternehmen Karpack, Vattenfall sowie die Hafenfeuerwehr ein. Marion Nowak informierte dann noch über die Papierschiff-Aktion. Zwar sei auf den in allen Schulen Rostocks verteilten Flyern eine Bastelanleitung zum Bau eines solchen maritimen Gefährtes zu finden, doch müsse man sich daran nicht halten. „Der Phantasie seien absolut keine Grenzen gesetzt“, meinte sie. Übrigens dürfe sich jeder, der ein Schiffchen abgibt, schon über eine kleine Überraschung freuen. Ich wurde mir nun immer sicherer, dass ich diese Chance nutzen werde, komme, was da wolle! Von einer Altersbegrenzung hat hier schließlich niemand etwas gesagt. Nun werden also am 24. April die mannigfaltigsten kleinen Kunstwerke im Hafen abgegeben. Was aber passiert danach mit ihnen? Sie werden auf keinen Fall verschwinden. Man werde sie sammeln und hoffe, sie an einem geeigneten Ort ausstellen zu können, erklärte Christian Hardt. Dann wurde noch auf einen weiteren Termin hingewiesen. Am 30. April werde in der Kunsthalle Rostock ein Geburtstagsempfang stattfinden, an dem auch Ministerpräsident Erwin Sellering und OB Roland Methling teilnehmen. Hierzu seien alle Rostocker ebenfalls recht herzlich eingeladen. Von 13:00 bis 17:30 Uhr könne man dort Fachvorträge über den Überseehafen hören. Geplant sei zusätzlich die Eröffnung einer Ausstellung mit Erinnerungsstücken aus der 50-jährigen Geschichte des Hafens. Es gäbe allerdings bisher nur sehr wenige solcher Andenken. Vor allem fotografische Aufnahmen, etwa aus der Hafenbauphase, seien sehr rar, erklärte Ulrich Bauermeister. Daher rufe man gemeinsam mit der Kunsthalle Rostock dazu auf, fotografische und andere Dokumente der Hafengeschichte in der Kunsthalle abzugeben. Diese wird die Museologin der Kunsthalle Frau Heilmann (Tel.: 0381-381 70 05) vom 12. bis zum 16. April jeweils von 15 bis 18 Uhr in Empfang nehmen. Es gibt also für die kleinen und großen Rostocker am 24. und 30. April jede Menge zu erleben, auch wenn man kein Papierschiff baut. Ich aber hatte jetzt keine Zeit mehr zu verlieren. Soll mein Papierschiff doch ein ganz Besonderes werden …

10. April 2010 | Weiterlesen
Marie-Luise Bauerschmidt - Ausstellung in der HMT

Marie-Luise Bauerschmidt - Ausstellung in der HMT

Marie-Luise Bauerschmidt, eine Bildhauerin aus Berlin. Gestern Abend war sie zu Gast in der Rostocker Hochschule für Musik und Theater (HMT). Im Foyer und in den Kreuzgängen der Hochschule wurde ihre Ausstellung „Begegnung mit Yehudi Menuhin“ eröffnet. 1953 ist Marie-Luise Bauerschmidt in Struth-Helmershof (Thüringen) geboren worden. Sie studierte Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Kunst in Dresden und war Meisterschülerin der Akademie der Künste bei Professor Wieland Förster. Soviel zur Künstlerin. Wo aber war ich hier gelandet? Die Worte „Liebe Kunst“ las ich auf einem Plakat im Foyer. Tatsächlich schien mir dieser Ort wie geschaffen zur Präsentation von Kunstobjekten. Denn die verglaste Überdachung des Raumes lässt die Kunstwerke im Laufe des Tages in immer neuem Lichte erscheinen. Triin Ruubel und Karlis Norde, Studenten an der HMT, spielten zu Beginn der Veranstaltung ein Allegro in G-Dur von Luigi Boccherini auf ihren Geigen. Dann begrüßte der Kanzler der HMT, Frank Ivemeyer, die Künstlerin und die anwesenden Gäste. Es habe sich hier eine wunderbare Gelegenheit ergeben, erklärte er. Gemeint war damit der Zeitpunkt der Ausstellungseröffnung. Sie fand an dem Abend statt, an dem auch das 6. Benefizkonzert des Vereins YEHUDI MENUHIN Live Music Now gegeben wurde. Yehudi Menuhin, muss man wissen, war ein sehr bedeutender Violinist und Dirigent, der die Organisation Live Music Now gründete. Was aber verbindet Yehudi Menuhin und Marie-Luise Bauerschmidt? Die Künstlerin hat den Musiker mehrfach porträtiert, sowohl skulptural als auch zeichnerisch. Sie besuchte häufig seine Konzertproben in Berlin und fertigte dabei zahlreiche Skizzen an. Vor allem seine ausdrucksvolle Gestik während des Dirigierens hätte die Bildhauerin, wie sie selbst erzählte, inspiriert. Eine Büste bringt dies, wie ich finde, besonders deutlich zum Ausdruck. Die Arme Menuhins sind erhoben, sein Kopf nach vorn geneigt. Konzentration, Anspannung aber auch Bewegung spricht aus ihr. Es schien mir so, als würde die Plastik sich im nächsten Moment bewegen, als würde Menuhin sogleich die Hände senken und wieder erheben oder langsam dahingleiten lassen. Die während der Konzertproben entstandenen Skizzen sowie ein Portrait und eine Plastik des berühmten Yehudi Menuhin sind Bestandteil der Ausstellung. Doch es werden auch weitere Arbeiten gezeigt. Wie etwa das eindrucksvolle Bildnis von Freya von Moltke. Sie war die Witwe des Widerstandskämpfers Helmuth James von Moltke. Aber auch Marie-Luise Bauerschmidts Aktzeichnungen, wundervolle Handstudien und Skizzen von Artisten sind ab sofort in Rostock zu entdecken. Zum Abschluss des offiziellen Teils der Ausstellungseröffnung trugen Pauline Reguig und Darius Kaunas das Stück „Passacaglia“ von G. F. Händel in der Bearbeitung von Johan Halvorsen vor. Dann gab es endlich die Möglichkeit zur näheren Betrachtung der Kunstwerke. Die Ausstellung wird noch bis zum 30. Juni zu sehen sein. Kommen auch Sie einmal wieder in die HMT! Es lohnt sich, werden hier doch vielerlei Künste erfahrbar. Und so lässt sich eben nur an diesem Ort ein Konzertabend auf so wunderbare Weise mit dem Besuch einer Ausstellung verbinden.

9. April 2010 | Weiterlesen
Margot Domhardt - Ausstellung im Amtsgericht

Margot Domhardt - Ausstellung im Amtsgericht

Margot Domhardt – kennt ihr nicht? Vielleicht gar kein so schlechtes Zeichen, finden sich in ihrem Lebenslauf doch zwei Jahre Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin. Und wenn man vom Gerichtsvollzieher noch keinen Besuch bekommen hat, ist das ja durchaus ein gutes Zeichen. Nun ist sie aber bereits 1992 in den Vorruhestand gegangen – man darf Margot Domhardt inzwischen also beruhigt kennen. Und das sollte man auch – sie und ihre Bilder. Schon lange beschäftigt sich Margot Domhardt mit verschiedenen Maltechniken und bevorzugt dabei Aquarell, Acryl und Pastell. Seit ihr der Rentenbeginn etwas mehr Zeit ließ, hat Margot Domhardt ihr Hobby intensiviert. So hat sie verschiedene Malkurse besucht, bei Romy Siebert oder Annelies Stürzekarn beispielsweise. 2006 hat sie im Börgerhus Groß Klein den Malzirkel der Dienstagsmaler begründet und drei Jahre lang geleitet. Heute führte mich mein Weg in die Zochstraße, ins Amtsgericht Rostock. Für Margot Domhardt eine Rückkehr an ihre ehemalige Arbeitsstätte als Rechtspflegerin und Gerichtsvollzieherin. Bereits zum vierten Mal übrigens, hat sie doch schon 2003, 2005 und 2008 hier ausgestellt. Dominierten in den früheren Ausstellungen mediterrane Landschaften das Bild, sollte die aktuelle Schau einen  regionalen Charakter tragen und mehr Bilder aus unserer Heimat zeigen. Dies schien Freunde ebenso wie Interessenten zu locken, war die Cafeteria im Amtsgericht zur heutigen Vernissage doch ausgesprochen gut gefüllt. Nach einem ersten Rundgang schien nicht zu viel versprochen worden zu sein. Fanden sich neben vielen maritimen Küstenbildern aus der Region doch auch Aquarelle, beispielsweise von der Rostocker Petrikirche. Auch für die „Birken im Herbst“ und viele weitere Motive dürfte die nähere Umgebung als Inspiration gedient haben. Nach einer kurzen Begrüßung kamen die Besucher aber erst mal in den Genuss von Streich(el)einheiten fürs Ohr. Das Geigenduo Mathilde Helm (Universität der Künste Berlin) und Sornitza Patchinova (Absolventin der HMT Rostock) sorgte mit „Frühling“ von Vivaldi für die passende Stimmung. Von Sornitza für zwei Geigen bearbeitet, begeisterten die beiden jungen Damen mit ihrem virtuosen Spiel. Dass Mathilde Heim die Flöte ebenso perfekt beherrscht wie ihre Violine, zeigten die Beiden zum Abschluss mit dem Vogelfänger aus Mozarts Zauberflöte. Als Dankeschön gab es für die zwei Musikerinnen neben den fast schon obligatorischen Blumen heute noch ein ganz besonderes Geschenk. Als Dank und „als Andenken, da sie beide nicht mehr so oft in Mecklenburg-Vorpommern sind“, überreichte ihnen Margot Domhardt ein Aquarell mit Motiven aus der Heimat. Eine charmante Idee, die bei den beiden jungen Damen sichtlich gut ankam. „Beim letzten Mal hatte ich sehr viele Bilder aus Frankreich, diesmal sind es mehr Bilder aus der Region.“ Landschaften und viele Seestücke, hauptsächlich Motive aus den wärmeren Monaten. „Trotz des langen und weißen Winters in diesem Jahr ist in der Ausstellung nur ein einziges Winterbild zu finden.“ In starkem Kontrast zu den Seestücken steht die „Landschaft in Rot“ – ein Bild, das in ihrer „roten Phase“ entstanden sei, so die Künstlerin. In eine Schublade möchte sich Margot Domhardt jedoch nicht stecken lassen. Neben den vielen Landschaftsbildern finden sich auch Stillleben, ausdrucksstarke Porträts („Was gibt’s Neues?“) und Phantasien. Die „Drei Grazien“ stießen gleich bei mehreren Besuchern auf großes Interesse. Abwechslungsreiche Motive und eine bunte Vielfalt sind es, die dieser Ausstellung einen ganz speziellen Reiz verleihen – den zahlreichen Besuchern gefiel es. Besondere Aufmerksamkeit verdienen „Herbst am See“ (Gouache-Technik) oder auch das Bild „Sommerlandschaft“, das in Spachteltechnik entstand. Zum Glück sei ihr Mann sehr geduldig, so Domhardt. Er habe viel Verständnis für ihr Hobby und sucht sich seine Beschäftigung, wenn sie im Urlaub malt oder ihr Skizzenbuch füllt. Sie habe sich inzwischen ein kleines Atelier eingerichtet und setzt dort gern die Erinnerungen und Inspirationen um, die sie von ihren Reisen nach Frankreich, Spanien oder Italien mitgebracht hat. Einige mediterrane Werke sind neben den Bildern aus der Region natürlich auch in der Ausstellung zu finden. Dass es in Rostock viele Häuser gibt, die ihre Räume für die Kunst öffnen, habe ich ja schon erwähnt. Die Cafeteria im Amtsgericht war mir neu, bietet aber gute Bedingungen. Viel Platz und dank großer Glasfronten reichlich Tageslicht, auch wenn man bei den verglasten Aquarellen mit ein paar Reflexionen leben muss. Wie unter den Gästen zu hören war, sei auch die Kantine selbst eine Empfehlung. „Da kommt nichts aus der Tiefkühltruhe“, sondern gute hausgemachte Kost auf den Teller. Bei schönem Wetter kann dann auch der Außenbereich mit Blick auf den Stadthafen in Beschlag genommen werden. Gutes, preiswertes Kantinenessen, Panoramablick auf den Stadthafen und tolle, sehenswerte Kunst an den Wänden – was möchte man mehr? Hingehen, Essen testen, Aussicht genießen, Bilder betrachten! Bis zum Juni besteht noch die Gelegenheit dazu.

8. April 2010 | Weiterlesen
Umbau des Rostocker Rathauses beginnt

Umbau des Rostocker Rathauses beginnt

„Jetzt wird es ernst“ – mit diesen Worten eröffnete Ulrich Kunze am heutigen Morgen die Pressekonferenz zur Sanierung des Rostocker Rathauses. Das Ziel der geplanten Arbeiten: Den Rathauskomplex aus der Vergangenheit in die Zukunft zu holen. Dadurch soll ein für die Stadt Rostock repräsentativer Gesamtkomplex entstehen, der auch für die Bürger und Besucher der Stadt zugänglich ist. Oberbürgermeister Roland Methling meinte dazu nicht ohne Stolz: „Die Hansestadt Rostock hat wieder Fahrt aufgenommen.“ Die Arbeiten, die neben Sanierungsarbeiten auch Um- und Neubaumaßnahmen umfassen, sollen bereits in wenigen Tagen beginnen und bis Ende 2011 abgeschlossen sein. Der neue Rathauskomplex wird dann auch dem Ortsamt Stadtmitte, der Tourismuszentrale, der Ausländerbehörde und zusätzlichen Büros Platz bieten. Veranschlagt werden dafür 6,7 Millionen Euro, von denen 4,3 Millionen aus Städtebaufördermitteln stammen. Koordiniert wird das Projekt von der Rostocker Gesellschaft für Stadterneuerung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau mbH (RGS), die durch Reinhard Wolfgramm vertreten wurde. Die Stadt Rostock reiht sich mit ihren Plänen zur Rathaussanierung in eine lange Tradition an Baumaßnahmen ein. In der 730 jährigen Geschichte des Rathauses, das zu den ältesten Gebäuden der Stadt zählt, gab es im Laufe der Jahrhunderte regelmäßig Sanierungen und Bauarbeiten. Der erste komplette Umbau erfolgte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als das alte Doppelhaus aufgestockt und die Fassaden und der Festsaal im barocken Stil umgestaltet wurden. Erstmals wurde an diesem Morgen auch das Modell des neuen Rathauskomplexes vorgestellt, das vom Architekturbüro Albert und Beyer entworfen wurde. Nach umfangreichen restauratorischen Untersuchungen und der Erstellung des Modells, befinden sich die Architekten derzeit in der Detailplanung. Auf die Frage, ob es besondere Herausforderungen gebe, antwortete Diana Albert mit Blick auf die Baumaßnahmen im Untergeschoss der Wasserstraße 19: „Was genau kommt, kann noch keiner sagen“. Von den Baumaßnahmen betroffen sind die Gebäude Neuer Markt 33 und 34, das Gebäude Große Wasserstraße 19 und der öffentlich zugängliche Hof zwischen Rathaus und Walldienerhaus. Ersteres wird in Zukunft einen Publikumsbereich beinhalten, in dem die Besucher das nach wie vor erhaltene große Oberlicht bewundern können. Das Gebäude Neuer Markt 34 wird dagegen abgerissen und weicht einem vierstöckigen Neubau mit geräumigem Untergeschoss. Archäologen hoffen dabei bereits auf interessante Funde während der Ausschachtungsarbeiten. Besondere Vorsicht ist beim Umbau in der Großen Wasserstraße 19 geboten, da es sich um das historisch wichtigste Bauwerk handelt. Massive Umbauten sind nicht möglich, da das Gebäude unter Denkmalschutz steht. Das Haus aus dem 19. Jahrhundert beinhaltet Art-Déco-Elemente und einen mittelalterlichen Gewölbekeller, der im Originalzustand erhalten ist. Der neu gestaltete Hinterhof wird einen Blick in die Vergangenheit bieten wird. Eine Kulisse, auf die sich die Fotografen bereits jetzt freuen, da hier 2012 auch Trauungen stattfinden werden. Auch das Steigenberger Hotel Sonne, das indirekt durch die Baumaßnahmen betroffen ist, äußerte sich positiv über die Pläne der Stadtverwaltung. Schließlich erfährt das Hotel durch eine ansehnlichere Rathausfassade ebenfalls eine Aufwertung. Mit den Baumaßnahmen wird ab kommendem Montag, dem 12. April, begonnen, wobei zunächst die Einrüstung der Gebäude auf dem Programm steht. Anschließend geht es mit den Abbrucharbeiten und dem Neubau weiter. Bis Ende des Jahres soll dann ein geschlossener Rohbau fertiggestellt werden, so dass ab Anfang 2011 bereits innerhalb der Gebäude gearbeitet werden kann. Wer eine Vollsperrung der Großen Wasserstraße befürchtet hat, kann sich entspannen. Zunächst wird es nur zu einer zeitweisen halbseitigen Sperrung kommen, um den Baufahrzeugen und Containern Platz zu bieten. Der Fahrzeugverkehr bleibt in beide Richtungen durchgängig erhalten. Phasenweise kann es allerdings zu ein- bis zweistündigen Vollsperrungen kommen. Ebenfalls betroffen sind der Parkplatz hinter dem Rathaus, der teilweise gesperrt wird, sowie der Bereich um die Giebel vor dem Rathaus. „Wir sammeln Spaten“, meinte Oberbürgermeister Roland Methling in Anspielung auf den kurz bevorstehenden Spatenstich. Wer sich also noch einmal ein Bild vom aktuellen Zustand des Rathauskomplexes machen möchte, sollte sich beeilen. Bis Sonntag bleibt dazu noch Zeit, am Montag rücken bereits die Bagger an – denn jetzt wird es ernst.

8. April 2010 | Weiterlesen
1. Maritime Tourismuskonferenz in Rostock

1. Maritime Tourismuskonferenz in Rostock

Das Kongresszentrum der Yachthafenresidenz Hohe Düne, darüber ein strahlend blauer Himmel. Hier fand gestern die erste maritime Tourismuskonferenz statt. Jürgen Seidel, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, sowie 150 Fachleute der Branche waren dazu eingeladen. Das Kongressgebäude befindet sich genau an der Spitze der ‚Halbinsel‘ Hohe Düne. Es ist umgeben von der Ostsee. Gen Westen fällt der Blick auf die Silhouette von Warnemünde. Östlich erstreckt sich der Yachthafen Hohe Düne. Ich war beeindruckt von diesem wundervollen Rundblick. Die Konferenz wurde im Ballsaal des Gebäudes abgehalten. Auf der Veranstaltung sollten die wichtigsten Ergebnisse des Gutachtens „Entwicklungschancen des maritimen Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern“ vorgestellt werden. Mit diesem hatte das Wirtschaftsministerium die dwif-Consulting GmbH Berlin sowie das Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und Tourismus der Universität Rostock betraut. Die Moderation der Fachkonferenz übernahm der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Bernd Fischer. Zunächst begrüßte Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling die Konferenzteilnehmer und sprach über die abwechslungsreiche Natur in Mecklenburg-Vorpommern. Vor allem die Vielzahl verschiedener Gewässer, also die Ostseeküste, Flüsse, Binnenseen und Kanäle in unserem Bundesland seien Grundlage dafür, dass hier die verschiedensten Wassersportarten betrieben werden könnten. Er erinnerte an die Gründung des ersten deutschen Seebades in Heiligendamm, an die Hanse-Sail als größte Veranstaltung mit traditionellen Segelschiffen sowie an das Stralsunder Ozeaneum. Die Entwicklung der Kreuzschifffahrt durch AIDA Cruises in Rostock durfte ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Anschließend kam der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Jürgen Seidel, zu Wort. Unser „Land hat bereits ein hohes Niveau im maritimen Tourismus erreicht; um künftig im Wettbewerb mit anderen Anbietern mitzuhalten, gibt es noch viel zu tun. Wir wollen die Ressourcen des Landes optimal mit den Bedürfnissen der Wassersportler abstimmen. Dabei sind Service, technische und ökologische Standards sowie die Ausbildung der Mitarbeiter entscheidende Kriterien für das Qualitätsniveau im maritimen Tourismus“ sagte er. Mit einem Bruttoumsatz von fast 480 Millionen Euro spiele der maritime Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern, dem „Land des Wassers“, eine große Rolle. Er fügte hinzu: „Die Umsätze haben sich in den letzten zehn Jahren um das Dreifache erhöht“ und der „Tourismus ist als Wirtschaftsfaktor für MV … so wichtig wie in keinem anderen Bundesland.“ Doch der demographische Wandel, Klimaschutzfragen und neue Wettbewerbsbedingungen würden die Tourismusbranche vor neue Herausforderungen stellen. Das Gutachten habe ergeben, dass der Bootstourismus in MV wettbewerbsfähig sei und sein Umfang zugenommen habe. Der Angeltourismus sei weiter ausgebaut worden und auch im Bereich des Surf-Tourismus geschah viel. Die Kreuzschifffahrt entwickelte sich gar überdurchschnittlich gut. Darüber hinaus böten sich den Touristen für schwierige Wetterlagen das Ozeaneum und das Müritzeum für einen Ausflug an. Dennoch müsse man sich einigen Problempunkten stellen. Der Minister kam auf die schwierige Situation in Sachen „Prerow“ zu sprechen. Es seien zwar in den letzten Jahren viele Sportboothäfen entstanden, dennoch gilt es einige Netzlücken an der Ostseeküste zu schließen. Deshalb und um mehr Touristen ins Land zu holen, sollte in Prerow eine neue Marina als Ersatz für den bisherigen Nothafen Darßer Ort gebaut werden. Doch eine Bürgerinitiative wehrt sich seit Jahren dagegen. Das von Prof. Dr. Karl-Heinz Breitzmann vom Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und Tourismus der Universität Rostock vorgestellte Gutachten beschreibt 7 Schlüsselstrategien und gibt 37 Handlungsempfehlungen vor, die eine erfolgreiche Entwicklung des maritimen Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern fördern können. So sollen etwa Marinas  und Wasserwanderrastplätze mit Wassertankstellen, W-LAN-Anschlüssen, Anlegemöglichkeiten für Kanuten und zusätzlichen Parkplatzmöglichkeiten versehen werden. Es bestehe des Weiteren die Möglichkeit, stark in Anspruch genommene Schleusen zu Informationszentren für Wasserwanderer umzubauen. Auch wäre es nur von Vorteil, wenn sich die Fahrgastschifffahrt mehr auf die Mitnahme von Fahrrädern einstellen könnte. Mein Fazit des Tages: Der maritime Tourismus gehört zu Mecklenburg-Vorpommern, wie der Teepott nach Warnemünde. Schließlich verfügt unser Land über eine 1.945 Kilometer lange Ostseeküste, mehr als 2.000 Binnenseen und 26.000 Kilometer Fließgewässer, 350 Marinas, eine gute Badewasserqualität und maritimes Flair in den Hansestädten. Es wurde schon viel zur Entwicklung dieses Tourismusbereiches getan. Um aber auch in der Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, sind weitere Schritte nötig. Umweltverträglich, versteht sich, denn die Natur dürfte für viele Touristen der entscheidende Grund sein, nach Mecklenburg-Vorpommern zu kommen. Bevor ich an diesem Tag das Kongresszentrum verlassen sollte, kam ich nicht umhin, einen letzten Blick aus dem Fenster zu werfen. In diesem Augenblick fuhr ein Frachter vorüber. Ein besserer Tagungsort hätte für diese Konferenz wohl kaum gewählt werden können.

8. April 2010 | Weiterlesen
Filmspiel #2 in der HMT

Filmspiel #2 in der HMT

Zwei Schwestern und ein Plan: Sich an der Männerwelt rächen und damit auch noch Geld verdienen. Dass dieser Plan gehörig schiefgeht, als die große Liebe ins Spiel kommt, versteht sich dabei von selbst. Was nach dem Stoff für die nächste große Hollywoodromanze mit Drew Barrymore und Hugh Grant klingt, ist in Wirklichkeit der Inhalt des Trailers zum fiktiven Film „Vergiss nicht“. Zu sehen bekamen diesen die Zuschauer im Katharinensaal der Hochschule für Musik und Theater Rostock (HMT) gestern im Rahmen der Premiere „Filmspiel#2“. In Kooperation mit dem Institut für Neue Medien arbeiteten vier Nachwuchsregisseure aus der Rostocker Filmszene dafür im Sommer 2009 16 Tage lang intensiv mit Studenten des 8. Semesters der Hochschule für Musik und Theater Rostock zusammen. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit wurden am Mittwochabend erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Dabei zeigten die Studenten eine Auswahl an Kurzfilmen, wie sie unterschiedlicher kaum hätte ausfallen können. Die Palette an Stimmungen reichte von bedrückend bis amüsant. Nach einer kurzen Einleitung von Matthias Spehr vom Institut für Neue Medien ging es mit dem ersten von insgesamt drei improvisierten Filmen los, in denen die Studenten, die eigentlich aus dem Theaterumfeld kommen, sich zunächst an den Umgang mit der Kamera gewöhnen sollten. Dabei agierten die jungen Schauspieler spontan vor einer kahlen Wand ohne Drehbuch oder Regieanweisungen, sehr zum Vergnügen der Zuschauer. Beim zweiten Film des Abends handelte es sich um eine szenische Übung, bei der eine Feier zum 26. Geburtstag dargestellt wurde. In bester Horrorthriller Manier präsentierte sich dagegen der Film „Milch und Kekse“ des Regisseurs Andreas Ehrig. Matthias Zajgier spielte hier einen jungen Mann, der nach der Trennung von seiner Frau bei zwei Schwestern (Nele Niemeyer und Kristina Gorjanow) in deren Haus einzieht. Doch die beiden Schwestern verhalten sich alles andere als normal. Als eine der Beiden mitten in der Nacht an seinem Bett auftaucht, erreicht die unheimliche Stimmung ihren Höhepunkt. Dabei möchte sie ihm doch nur Milch und Kekse bringen. Des Weiteren folgten „Ich und Sie“ mit Luise Heyer, Nadine Rosemann und Simon Köslich sowie „Frei“ mit Helen Wendt, Stephanie Pardula und Jörg Schulze. Letzteres stellt eine von insgesamt drei zusammenhängenden Szenen dar, von denen die anderen zwei leider nicht umgesetzt werden konnten, da einer der Darsteller an den entsprechenden Drehtagen krank war. Ein Highlight des Abends stellte „23. August 0 Uhr 17“ von Regisseur Mark Auerbach dar. Ein bedrückender Film, der Rassismus und Selbstjustiz thematisiert. Den Hintergrund des Films bildet ein Anschlag auf ein Mietshaus, der von einem Neonazi am 23. August um 0 Uhr 17 verübt wurde. Bei dem Anschlag starben sechs Menschen und etliche weitere wurden schwer verletzt. Der Täter musste aus Mangel an Beweisen auf freien Fuß gesetzt werden. An dieser Stelle knüpft der Film an. Der Täter wird von der Freundin eines der Opfer sowie zwei ihrer Freunde in einem alten Haus festgehalten, wo sie ihn zu einem Geständnis zwingen wollen. Als dieser sich jedoch nicht dazu bewegen lässt, gerät die Situation zunehmend außer Kontrolle und die Gruppe droht zu zerbrechen. Der Film endet dramatisch mit dem Tod des Neonazis. Gespielt wurden die Rollen erneut von Luise Heyer, Nadine Rosemann und Simon Köslich sowie David Moorbach. Nach diesem Stück schwerer Kost folgte mit dem bereits eingangs erwähnten Trailer „Vergiss nicht“ stimmungstechnisch das exakte Gegenteil und sorgte so wieder für erheiterte Gemüter. Der hollywoodreife Streifen des Regisseurs André Jagusch wurde vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Vielleicht sollte er sich doch dazu entschließen, es nicht nur beim Trailer zu belassen. Den Abschluss des Abends bildete genau wie den Anfang ein improvisierter Film, in dem alle Schauspieler die gleiche Geschichte auf ihre eigene Weise erzählen sollten. Ausschnitte der Darbietungen der einzelnen Schauspieler wurden dann wiederum zur ursprünglichen Geschichte zusammengesetzt, was für einige Lacher im Publikum sorgte. Damit endete der Abend, der im Anschluss noch etwas Zeit ließ, um bei einem Glas Sekt mit den Schauspielern und Regisseuren ins Gespräch zu kommen. Premiere verpasst? Im September, beim Rostocker Filmfest, sowie beim Studentenfilmfestival „Goldener Toaster“ im November gibt es noch einmal die Möglichkeit, eine Auswahl der gezeigten Filme zu sehen. Ansonsten heißt es: Warten bis Oktober, denn da soll bereits das Filmspiel#3 Premiere feiern. Vorher aber unbedingt noch beim FiSH X, dem Festival im StadtHafen Rostock, vorbeischauen.

8. April 2010 | Weiterlesen
Die 4. Revolution – Energy Autonomy

Die 4. Revolution – Energy Autonomy

Eine bescheidene Frage: Wann haben Sie zuletzt über den Schutz unserer Umwelt oder gar regenerative Energien nachgedacht? Sparen sie Strom? Schalten Sie das Licht aus, wenn es nicht unbedingt gebraucht wird? Oder heizen Sie gar bei offenem Fenster auf der höchsten Stufe? Ich schaue aus meinem Fenster und sehe Windkrafträder am Horizont. Wie oft mache ich mir eigentlich Gedanken über die Energie, die ich verbrauche, und ihre Entstehung? Gestern wurde mir wieder bewusst, wie wichtig dieses Thema ist. Am Abend war ich zu Gast im Hansa-Filmpalast, wo der Film „Die 4. Revolution“ von Carl A. Fechner gezeigt wurde. Initiator dieses Abends war die Heinrich-Böll-Stiftung MV. Der Film handelt von der Zukunftsvision einer Welt, in der Energie zu hundert Prozent aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird. Darüber hinaus soll diese Energie jedermann erreichen und auch finanzierbar sein. Es geht also um eine radikale Umstrukturierung im Bereich der Energieversorgung. Diese soll nicht mehr von großen Energiekonzernen und ihren Kraftwerken gewährleistet werden, sondern von einzelnen Dörfern, Regionen oder sogar Familien. Hierfür notwendig sind lediglich technische Neuerungen. Die „4. Revolution“ ist also eine technische Revolution und folgt der landwirtschaftlichen, der industriellen und der Informationsrevolution. Regenerative Energiequellen, wie die Sonne, der Wind oder das Wasser, sind kostenlos und für jedermann verfügbar. Vorausgesetzt man besitzt die dafür notwendige Technik zu ihrer Umsetzung. Fossile und atomare Energiequellen dagegen werden immer teurer und ihr Verbrauch bzw. ihre Gewinnung schädigen die Umwelt. Der Film zeigt verschiedene Möglichkeiten und erste Initiativen zur Umsetzung einer solchen Utopie. Es werden Vorreiter und weltweite Projekte vorgestellt. So kommt etwa der Unternehmer Matthias Willenbacher zu Wort. Er baute 350 Windkraftwerke sowie ein Bürogebäude, das mehr Energie produziert als es verbraucht. Der Elektroingenieur Ibrahim Togola hingegen sorgt im Film dafür, dass auf dem Dach einer Entbindungsstation in Mali ein Solarmodul angebracht wird. Nun müssen die Hebammen dort nachts nicht mehr mit Taschenlampen während der Arbeit hantieren. Das Gespräch im Anschluss an den Film moderierte Christine Decker von der Heinrich-Böll-Stiftung. Anwesend waren auch Umweltsenator Holger Matthäus, Helge Kramer vom Bürgersolarverein Neustrelitz sowie Johann-Georg Jaeger vom Bündnis 90/ Die Grünen. Helge Kramer aus Neustrelitz betonte zu Beginn der Besprechung den für jede Veränderung unerlässlichen Willen der Menschen. Zugleich aber sei ein finanzieller Anreiz vonnöten. Dies habe der Film gut herausgestellt. Über ein besonderes Rostocker-Projekt in Sachen Umweltschutz sprach dann Holger Matthäus. Es handle sich um die Initiative für eine Bürger-Solarstrom-Anlage, über die wir bereits berichtet haben. Eine solche soll bis zur Jahresmitte auf einem Gebäude der WIRO in Lichtenhagen und Lütten Klein installiert werden. Allerdings, so Matthäus, würden immer noch Investoren gesucht, die bei der nächsten Sitzung der Initiative im April natürlich gern gesehen seien. Auf die Frage nach weiteren derzeitigen Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energien in Rostock antwortete Matthäus mit einem Hinweis auf die äußerst umweltfreundliche Fernwärme-Erzeugung in der Gas- und Dampfturbinenanlage in Rostock-Marienehe. Dort wird Fernwärme gleichzeitig mit Strom erzeugt. Kraft-Wärme-Kopplung, ein sehr umweltschonendes Verfahren. Wird doch der bei der Stromerzeugung verwendete Dampf in einem zweiten Schritt genutzt, um Wasser zu erwärmen. Matthäus unterstrich, dass in Rostock über die Hälfte des Wärmeverbrauchs in diesem Heizkraftwerk produziert werde. Über 70 % der Rostocker Wohnungen würden damit versorgt werden. Ein Verfahren, mit dem Rostock derzeit „gut dran“ sei, wie er erläuterte. 2018 aber müsse das Heizkraftwerk Marienehe durch einen Neubau ersetzt werden. Wählte man dann einen anderen Energieträger als das derzeitige Erdgas, etwa Biomasse, so könnte über die Hälfte der Stadt regenerativ versorgt werden. Wo viel Licht ist, gibt es natürlich immer auch Schatten. Benutzungszwang, fehlender Wettbewerb und teils saftige Preiserhöhungen stehen den Vorteilen gegenüber. Nicht umsonst durchleuchtet das Bundeskartellamt seit dem Herbst letzten Jahres den Fernwärmesektor in Deutschland. „Wie aber sieht es in Mecklenburg-Vorpommern mit erneuerbarer Energie aus? Ist hier der Umstieg auf regenerative Energiequellen noch Zukunftsmusik oder durchaus umsetzbar?“, fragte Christine Decker Johann-Georg Jaeger von Bündnis 90/ Die Grünen. „Also Mecklenburg-Vorpommern ist überhaupt kein Problem.“, antwortete Jaeger. Hier würden jetzt schon 40 % der Energie aus Windkraft gewonnen und 1 % des Stromes werde aus Photovoltaik gewonnen. Dazu käme noch Biomasse. Kurz und gut, es würden bereits 60 % unseres Strombedarfes aus regenerativen Energiequellen stammen. Meck-Pomm läge da ganz weit vorn. Ist also „alles paletti“ in Sachen regenerativer Energien bei uns? Der Film hat gezeigt, dass die „4. Revolution“ trotz aller bisherigen Errungenschaften und den Bemühungen einzelner Vorreiter nur in Ansätzen Wirklichkeit wird. Ein Herr aus dem Publikum sprach in diesem Zusammenhang von der „Macht der Mächtigen“, die längst noch nicht sinnvoll genutzt werde. Doch kurz darauf hieß es in einer Wortmeldung, diese Macht läge ebenso bei jedem Einzelnen von uns und jeder könne als Energieverbraucher darüber entscheiden, ob und wie er dabei etwas für die Umwelt tun wolle. Ein Thema, das uns noch lange beschäftigen dürfte, im Kleinen ebenso wie im Großen.

7. April 2010 | Weiterlesen
FiSH X - (Film-)Festival im StadtHafen

FiSH X - (Film-)Festival im StadtHafen

Auf das FiSH X, das Festival im StadtHafen Rostock, haben wir bei unserem Bericht vom 19. Landesfilmfest bereits kurz hingewiesen. Nun ist es endlich soweit. Vom 16. bis zum 18. April gibt es wieder ein volles Filmprogramm im Stadthafen. Voll ist das richtige Stichwort. Insgesamt 59 Filme und Projekte stehen für die drei Tage im Programmheft. Um dabei nicht den Überblick zu verlieren, stellten Veranstalter und Ausrichter heute das Angebot vor und wiesen nebenbei auf den einen oder anderen Höhepunkt hin. Das Festival setzt sich aus vier Programmpunkten zusammen: Medienkompetenzpreis (MeKo) der Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern (6 Beiträge) bundesweiter Wettbewerb „Junger Film“ (30 Beiträge) Gastlandfenster „OFF Lietuva“ (6 Beiträge) „Seh-Sterne“ (17 Beiträge) Das X in FiSH X bedeute nicht, dass es das zehnte Mal ist, erklärte Festivalleiterin Henrike Hübner. X stehe für die Jahreszahl 2010, das Festival findet im siebenten Jahr statt. Über 100 Filmemacher kommen zum Festival nach Rostock. Die Locations befinden sich alle im Stadthafen, was auch den Namen des Festivals erkläre. Neben dem MAU-Club, der MS Stubnitz und der Bühne 602 gibt es mit dem Volkstheater Rostock in diesem Jahr einen neuen Partner. Damit steht zusätzlich das Theater im Stadthafen als Bühne zur Verfügung. Hauptbestandteil des Festivals sei der Bundeswettbewerb „Junger Film“. Mit ihm ist das Festival vor sieben Jahren ins Leben gerufen worden. Im Programmpunkt „Seh-Sterne“ werden Dokumentationen und Spielfilme gezeigt. Größtenteils aus oder über Mecklenburg-Vorpommern, so Henrike Hübner. Erstmalig gibt es in diesem Jahr aber auch eine Kooperation mit dem Hamburger Musikfilmfestival „UNERHÖRT!“. Drei Filme wurden für das FiSH ausgewählt. Darunter „Stardust – von der Leidenschaft, ein Star zu sein.“ – eine Collage aus Interviews mit Musikern, u.a. mit Mick Jagger, Udo Lindenberg oder auch Robert Stadlober, der neben Regisseur Oliver Schwabe in Rostock zu Gast sein wird. Bevor der Bundeswettbewerb „Junger Film“ startet, wird am Freitag der Medienkompetenzpreis vergeben. Ausgeschrieben von der Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern und dem Bildungsministerium M-V wird er 2010 bereits zum fünften Mal vergeben. „Wenn es schon mit dem 10. FiSH noch nicht ganz klappt, gibt es doch wenigstens hier ein kleines Jubiläum zu feiern”, so Kai Berdermann vom Institut für Neue Medien. 33 Einsendungen zum Medienkompetenzpreis gab es in diesem Jahr, sechs Projekte werden vorgestellt, immerhin vier davon stammen aus Rostock. Von 10 bis 27 Jahren reicht die Altersstruktur der Teilnehmer des Wettbewerbs „Junger Film“. Als Juryleiter erläuterte Matthias Spehr kurz das Vergabesystem des Wettbewerbs. Wie üblich werden die Kategorien Gold, Silber und Bronze vergeben, wobei es durchaus möglich ist, dass auch mehrere Filme mit einer Goldmedaille bedacht werden. Die Jury tagt dabei nicht im stillen Kämmerlein, sondern bespricht die Beiträge öffentlich, direkt nach jedem Film. Von der Jury gewählt wird weiterhin der Film des Jahres. Dieser wird als Flaggschiff auf dem Festival gezeigt. Der Preisträger des letzten Jahres Steffen Zillig („Meine dumme Ex“) sitzt dieses Mal übrigens mit in der Jury. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Filme zu delegieren. Ein zweistündiges Programmpaket kann zu den Deutschen Filmfestspielen weitergeleitet werden, um sich dort „auf der höchsten Ebene des nichtkommerziellen Films zu präsentieren“. Anschließend geht es dann zu den Weltfilmfestspielen, die dieses Jahr in der Schweiz stattfinden. Immerhin zwei Beiträge aus dem FiSH-Programm haben es im letzten Jahr dorthin geschafft. „Das Festival habe es sich zur Aufgabe gemacht“, so Spehr, „in jedem Jahr auch den jungen Film eines Ostsee-Anrainer-Staates zu zeigen”. In diesem Jahr ist Litauen das Partnerland. Aus 18 Einsendungen wurden sechs Beiträge ausgewählt, die in einem zweistündigen „Gastlandfenster“ zur Aufführung kommen. Rostock als Film- und Medienstadt? Klaus Blaudzun, Projektleiter vom Institut für Neue Medien, gibt sich selbstbewusst: „Wir sind hier das Köln Mecklenburg-Vorpommerns. Uns kann es egal sein, in welchem Düsseldorf die politische Hauptstadt liegt. Film- und Medienhauptstadt sind wir!“ Das Programm „Seh-Sterne“ lag Blaudzun besonders am Herzen. Es zeigt vor allem Dokumentationsfilme, von 35 bis 92 Minuten Länge. Einige Filme wurden kurz vorgestellt. Fünf der insgesamt 17 Beiträge sind Kurzfilme. So beispielsweise „Die unglaubliche Leichtigkeit des Heinz“. Der Animationsfilm von Lennart Langanki aus Wismar widmet sich der Frage, wie es kommt, dass manche Menschen fliegen können – ein sehr poetischer Film. Ein ungewöhnlicher Beitrag wird am Freitag um 20 Uhr im Theater im Stadthafen gezeigt. „Marianne von Werefkin – Ich lebe nur durch das Auge“ (Stella Tinbergen) ist eine szenische Dokumentation über die russische Malerin sowie Mitbegründerin des Expressionismus und der Künstlervereinigung „Blauer Reiter“. Ein Film nicht nur für Kunstinteressierte. Einen schlicht mecklenburgischen und absolut landestypischen Film gibt es am Samstag um 15 Uhr auf der Bühne 602 zu sehen. „Leben wie im Paradies. Konsum nach Fahrplan“ von Andreas Kuno Richter dokumentiert, welche Rolle der tägliche Konsum-Bus in den abgelegenen Dörfern des Landes spielt. Dass es dabei um mehr als nur den Einkauf geht, versteht sich von selbst. Als Geschäftsführer des Instituts für Neue Medien lag es Blaudzun nahe, zwei Beiträge zum Thema Neue Medien vorzustellen. „Bubble Universe 2“ von Thomas Wüstemann widmet sich Computerspielen. Mit ihnen Gewalttaten zu erklären oder das Thema Spielsucht zu beleuchten, ist dabei nicht Gegenstand des Films. In der Dokumentation werden Computerspiele von einer ganz anderen Seite beleuchtet. Für die Darsteller des Films sind Computerspiele im Rahmen von eSports ihr Leben. Das Spiel, der Traum vom Sieg oder von einer Karriere als Lebensinhalt – wie bei anderen Sportlern oder Enthusiasten auch. „Hacker“ von Alexander Biedermann zeigt den Hacker von heute. Datenterrorist, Robin Hood oder einfach nur ein Angestellter mit Urlaubsanspruch und Altersvorsorge? „Die Hacker, die wir alle kennen aus unserem täglichen Computerumgang (welchen Umgang Dr. Blaudzun doch so pflegt ;) werden hier auch als die Pioniere des Webs und der Webentwicklung gezeigt“, so Blaudzun. Beide Filme dürften Stoff für kontroverse Diskussionen bieten. Dem Thema „Neuer Film“ mehr als gerecht wird „Wadan 2010“ von Dieter Schumann (Samstag, 18 Uhr, MS Stubnitz). Ist der Film doch so neu, dass es ihn noch gar nicht gibt. Voraussichtlich im Herbst 2010 wird die Dokumentation in die Kinos kommen. In einer einmaligen Sondervorstellung werden 45 bis 60 Minuten Rohschnitt gezeigt. Etwas, „das Filmemacher eigentlich hassen wie die Pest“. Der Film verfolgt seit 2008 die Entwicklungen der ostdeutschen Wadan-Werften im Sog der Weltwirtschaftskrise. Bei der Vielzahl von Beiträgen dürfte wirklich für jeden etwas dabei sein. Vermutlich mehr als man sich alleine ansehen kann. Das vollständige Programm gibt es hier.

7. April 2010 | Weiterlesen
1. Warnemünder Sandwelt - Karls Pier 7

1. Warnemünder Sandwelt - Karls Pier 7

Ein Weltmeister ist nicht jeden Tag zu Gast im Ostseebad Warnemünde. Pavel Mylnikov aus Russland ist es. Der sechsfache Weltmeister im Sandskulpturenbau arbeitet derzeit an Pier 7, neben dem Kreuzfahrtterminal in Warnemünde, an seinem neuesten Werk. Nachdem die 7. Eiszeit bei Karls zu Ende gegangen ist, halten passend zur warmen Jahreszeit nun wieder die Sandskulpturen Einzug. Dieses Mal jedoch nicht in Karls Erlebnis-Dorf in Rövershagen, sondern in Warnemünde, direkt am Meer. Den ganzen April über arbeiten hier sechs Künstler an ihren Skulpturen. Ein Abstecher während der Arbeiten lohnt sich. Nicht nur, um den Künstlern über die Schulter zu schauen. Mit seiner locker-sympathischen Art vermittelt Othmar Schiffer-Belz als künstlerischer Leiter den Gästen auch viele Informationen. Beispielsweise zu dem verwendeten Sand. 400 Tonnen seien es insgesamt, extra angefahren aus einem Tagebau in Brandenburg. Besonderer Sand sei es, mit einer eckigen Kornstruktur und festen Bindung. Allerdings kein Lehm oder Ton – der würde bei dieser Größe reißen. „Sandkorn, Wasser und die Verdichtung“ seien das ganze Geheimnis. Na ja, ein wenig oder eher doch ganz viel Talent und Geschick nicht zu vergessen! Wird der Sand angefeuchtet und zusammengedrückt, verzahnt er sich. Dies unterscheide ihn von den runden Sandkörnern des Strands, „da können Sie drücken und drücken …“. Handkraft allein genügt für die Festigkeit jedoch nicht. Als Vorbereitung wurden daher sechs Schichten übereinander eingeschalt und jeweils mit einem Stampfer verdichtet. Als Ausgangsbasis für alle Skulpturen dient somit eine treppenförmige Pyramide. Ganz anders als im richtigen Leben arbeiten sich die Künstler hier von oben nach unten – sehr schön zu erkennen auf den beiden Aufnahmen von Sonntag und heute. Trotz der beeindruckenden Ausmaße gehen die Künstler vorrangig mit kleinen Spateln zu Werke. Für den groben Teil hätten Sie Mylnikov in Warnemünde extra noch eine kleine Kinderschaufel besorgt. „Wenn Ihr so was habt, habt Ihr schon den Großteil Eures Werkzeuges dabei“, ermunterte Schiffer-Belz die kleinen Gäste. „Ab heute wird in der Sandkiste gearbeitet und nicht mehr gespielt“, denn schließlich könne man auch so in der Welt herumreisen und viel Geld verdienen. Wie viele Eltern ihren Kleinen da wohl am Abend den neuen Berufswunsch ausreden durften. Zweimal habe Pavel Mylnikov ihm im Vorfeld abgesagt. Überzeugen konnte ihn nur das Versprechen, dass wir hier in Warnemünde nur Sonne haben. Bei Schiffer-Belz’ sonnengebräuntem Gesicht könnte man dies fast glauben, hätte man nicht noch den vielen Schnee des letzten Winters vor Augen. „Meerjungfrau mit Perle“ lautet der Titel der Skulptur, die Mylnikov bis Donnerstag vollenden möchte. Sie zeigt eine Meerjungfrau, die auf einem Fisch reitet und eine Perle in einer geöffneten Muschel berührt. Eine besondere Herausforderung stellten Muschel und Perle dar. Die Tiefe sei das Problem. „Wie weit kann ich hineingehen, ohne dass etwas abbricht.“ Dies sei das Damoklesschwert, das ständig über allen Künstlern schwebe – „ankleben könne man schließlich nichts“. Fast dreieinhalb Stunden hat Mylnikov am Sonntag allein mit der Modellierung der Hand zugebracht. Mit dem kleinsten Spatel und teils sogar mit einem Pusterohr hat er die feinen Strukturen herausgearbeitet. Einige der Finger werden jetzt nur noch von einem Strang der Größe 1 x 5 cm an der Muschel gehalten. „Manchmal würde man denken, er lebt nicht mehr oder wäre eingeschlafen“ – mit so viel Liebe widme sich Mylnikov den kleinen Details, erläutert Schiffer-Belz. Wer der Meerjungfrau einmal ganz tief in die Augen schaut, dürfte erahnen, mit wie viel Feingefühl und Liebe zum Detail der Künstler zu Werke geht. Die Pupillen weisen fast fotorealistische Züge auf – beeindruckend! Am Donnerstag soll die Meerjungfrau komplett sein. „Wie ich ihn kenne, wird er um 17:45 Uhr seinen Namen in den Sand schreiben, die Hände reindrücken und dann ins Auto zum Flughafen steigen“, so Schiffer-Belz. Ziel des Künstlers ist dessen Heimatstadt Moskau. In Russlands Hauptstadt organisiert der Weltmeister dieses Jahr nämlich zwei eigene Sandskulpturenaustellungen. Aber auch nach dem Donnerstag lohnt sich ein Abstecher an den Pier 7. Es geht Schlag auf Schlag, sollen bis Anfang Juni doch schon alle sechs Skulpturen fertig sein. Der lettische Designer Zigmunds Villnis arbeitet bereits an seinem Werk. „Die Meereskinder träumen“ lautet der romantisch klingende Titel seiner Skulptur, die die Besucher jedoch nachdenklich stimmen soll. Vor einer stilisierten Sonne liegen zwei Robben auf Eisschollen, umgeben vom im Meer treibenden Müll. Die Verschmutzung der Meere – ein ebenso ernstes wie aktuelles Thema. Bis Anfang Juni kann den Künstlern täglich von 10 bis 19 Uhr über die Schulter geschaut werden. Anschließend können die Sandskulpturen bis Ende Oktober bestaunt werden, der Eintritt ist frei.

6. April 2010 | Weiterlesen
Ostertauchen im Yachthafen Hohe Düne

Ostertauchen im Yachthafen Hohe Düne

Nach Leuchtturm, Fackelumzug und Osterfeuer war es am Ostersonntag wirklich Zeit für ein wenig Sport – rein passiv versteht sich. Einen Termin der diesjährigen Ostersaison durfte ich nämlich wirklich nicht versäumen. Die Taucher des Dive Centers der Yachthafenresidenz Hohe Düne hatten zum Ostertauchen eingeladen und man munkelte, dass sich der Osterhase auch hier noch einmal zeigen würde. Ein weiteres Mal also in diesem Jahr sollte ich dem Osterhasen begegnen. Ich freute mich und machte mich flugs „auf die Socken“. Am Morgen des Ostersonntags hatte sich die Sonne noch nicht vor die Wolken gewagt. Dennoch waren alle, die sich schon beim Dive Center eingefunden hatten, bei bester Laune. Wenngleich es viel zu tun gab. Schließlich sind eine Menge an Vorkehrungen zu treffen, bis sich ein Taucher endlich in die Tiefen des Meeres begeben darf. Alle Geräte mussten zunächst genau auf ihre Funktionstüchtigkeit hin überprüft werden. Dann zogen sich die Taucher um und schnallten sich ihre Gerätschaften an. Wohin ich mich auch wandte, überall entdeckte ich Sauerstoffflaschen, Bojen und Schwimmflossen. Es war noch etwas kühl, hier an der See. Doch die freundlichen Herren boten mir einen wärmenden Kaffee in ihrem gemütlichen Aufenthaltsraum an. Dann erzählte man mir, dass es eigentlich keinen festen Plan für die Veranstaltung gäbe. Jeder, der wolle und tauchen könne, wäre dazu eingeladen, einfach vorbeizuschauen und auf dem Meeresboden rund um die Station nach den dort versteckten Ostereiern zu tauchen. Ich hatte bei einem Rundgang zuvor schon so etwas Helles und Rundes vom Grunde herauf blitzen sehen. Wo das war, durfte ich in diesem Moment freilich nicht erzählen. Sollten die Taucher doch schließlich noch etwas zu tun haben, dachte ich mir. Es waren übrigens auch Taucherinnen vor Ort. Der abenteuerliche Sport, der ein einmaliges Naturerlebnis verspricht, lockt eben nicht nur männliche Artgenossen. Voller Begeisterung verfolgte ich das weitere Geschehen. Allmählich stiefelte ein Taucher nach dem anderen in voller Montur aus der Umkleidekabine. Dann zogen sie sich ihre Taucherflossen an und postierten sich am Rand des Steges. Brrrrrrr, für mich wäre das ja nichts gewesen. Die Wassertemperatur betrug ganze 3,1 °C. Bitterkalt war es also. Die Taucher aber sprangen voller Freude in die See. Ostereier haben sie wohl nicht gefunden. Jedenfalls habe ich keinen eines an Land bringen gesehen. Hm. Wer übrigens selbst einmal die blauen und stillen Tiefen des Meeres im Zustand der Schwerelosigkeit erleben möchte, ist im DiveCenter der Yachthafenresidenz Hohe Düne bestens aufgehoben. Schon Kindern ab 8 Jahren werden dort umfangreiche Tauchausbildungen angeboten. Es gibt aber auch viele Spezialkurse. Beim sogenannten Schnuppertauchen können Interessierte erste Erfahrungen sammeln und herausfinden, ob diese Sportart etwas für sie ist. Überdies besteht dort die einmalige Gelegenheit, zusammen mit Robben und Seehunden zu schnorcheln. Ermöglicht wird dies durch die Zusammenarbeit des DiveCenters mit dem Marine Science Center, einem Robbenforschungszentrum der Universität Rostock. Es befindet sich ebenfalls im Yachthafen Hohe Düne. War da nicht noch etwas? Ach ja, der Osterhase. Sollte ich ihm nicht noch einmal begegnen? Einer der Taucher, Martin Flietel, hatte noch etwas ganz Besonderes an diesem Tag vor. Er erzählte mir, dass er sich verkleiden wolle, um vor der Yachthafenresidenz einen Schatz für die dort erscheinenden Kinder vom Grunde der Ostsee zu bergen. Selbst irgendwie noch ein Kind, wusste ich sofort, dass ich diesen Augenblick unbedingt miterleben wollte. So stand ich dann um 12:30 Uhr inmitten der Kleinen und Kleinsten und wartete wie sie sehnsüchtig auf seinen großen Auftritt. Über 50 Kinder riefen schon mit all ihrer Kraft „OOOOOsterhaaaaase, OOOOOsterhaaaaase …!“. Doch sie mussten sich noch ein wenig gedulden. Endlich erschien ein Boot in weiter Ferne, auf dessen Bug eine Gestalt saß. Es war tatsächlich der Hase und die Aufregung vor Ort stieg. Er kam näher und näher, winkte zur Begrüßung, sprang dann aber plötzlich ins Wasser. Huch, und nun? Wieder verging eine Weile. Plötzlich aber tauchte der Osterhase, im wahrsten Sinne des Wortes, wieder auf und hielt eine große gelbe Kiste in den Händen. Diese übergab er zwei rosafarbenen Plüschhäsinnen, die sich daraufhin bei ihm bedankten und zusammen mit den Kindern zum Kinderschiff „Elvira“ der Yachthafenresidenz Hohe Düne gingen. Dann verabschiedete sich der Osterhase, wie auch ich mich, von all der Osterjubeltrubel-Ei. Noch nie habe ich Ostern so viel erlebt wie dieses Jahr. Es war ein schönes Fest, das ich nun gedachte, in meinem trauten Heime besinnlich ausklingen zu lassen.

5. April 2010 | Weiterlesen
Warnemünde - Fackelumzug und Osterfeuer 2010

Warnemünde - Fackelumzug und Osterfeuer 2010

Nachdem ich gestern Vormittag der feierlichen Eröffnung des Warnemünder Leuchtturmes beiwohnen durfte, konnte ich mir das abendliche Osterfeuer und den Fackelumzug dorthin doch nicht entgehen lassen, oder? Es war bekannt gegeben worden, dass sich alle Fackelumzugsteilnehmer um 18 Uhr vor der Vogtei am Alten Strom einfinden sollten. Just in dem Moment, als ich den besagten Ort erreichte, startete auch schon das Saxo-Fun-Orchester „Sax‘n Anhalt“ sein musikalisches Begleitprogramm. Sie sorgten für eine Bombenstimmung, von Beginn an! Ihr erster nur durch Saxophone, Percussion-Instrumente und Sousaphon dargebotener Song war „Down by the Riverside“. Die Musikerinnen und Musiker der außergewöhnlichen Combo boten eine ganz eigene und einzigartige Show. So gingen sie etwa immer wieder direkt auf das Publikum zu und formierten sich in stetig neuartigen Zusammenstellungen. Auch ein Percussion-Solo durfte da nicht fehlen. Nach kurzer Zeit schunkelten, tanzten und sangen viele der Anwesenden schon mit. Ganz besonders schön war der Augenblick, in dem das allen in der DDR Aufgewachsenen bekannte „Bummi“-Lied erklang. Einer der Musiker hatte sich einem kleinen Mädchen genähert und schien das Lied nur für dieses vorzutragen. Es war niedlich gerührt und bekam am Ende des Songs doch tatsächlich noch einen kleinen Teddybären geschenkt. Wie hat es sich da gefreut! Die Zeit verging so schnell. Plötzlich zündeten alle ihre Fackeln an und los ging es. Angeführt vom Saxo-Fun-Orchester „Sax‘n Anhalt“ startete der Umzugstrupp in Richtung Warnemünder Leuchtturm. Unterwegs gesellten sich viele dazu und ich hatte reichlich damit zu tun, auf all die Fackeln zu achten. Wollte ich doch nur ungern, eine zu dicht an mein Haupt heranlassen. Die Lichtstrahlen der bereits untergehenden Sonne tauchten allmählich alles in goldgelbe Farbtöne und wir zogen teilweise immer noch tanzend am Alten Strom entlang. Da ertönte mit einem Mal das Signalhorn eines dort anliegenden Schiffes. Wie selbstverständlich antwortete einer unserer Saxo-Funtisten diesem mit einem lauten Tröööööt. Ich wollte nun doch noch einmal die „vorderste Front“ unseres Trupps in Augenschein nehmen und scherte links aus, um ihn zu überholen. Vorn angekommen bemerkte ich, dass sich unlängst ein besonderer Gast zu uns gesellt hatte. Es war der Osterhase persönlich, der sich da inmitten der Musikanten im Takt hin und her wiegte. Besonders den anwesenden Kindern bereitete er viel Freude. Schließlich erreichten wir den Strand am Teepott. Dort unterhielt bereits Horst Marx das zahlreich erschienene Publikum. Ich hatte den Journalisten ja schon am Vormittag zur Eröffnung der 16. Saison des Leuchtturmes erleben können. Das „Saxo-Fun-Orchester“ spielte weiter auf. Passend zur Strandatmosphäre, wie ich fand, erklang „No woman, no cry“ von Bob Marley. Die Warnemünder Freiwillige Feuerwehr entzündete nun das Feuer. Unterdessen löschte schon der eine oder andere seinen Durst an einer der ringsherum aufgestellten Buden. Der Frühling war meinem Gefühl nach dank des Feuers inzwischen gebührend begrüßt und der Winter verabschiedet worden. Und es stand ja noch ein Termin auf meinem Plan. In Klausi’s Kartoffelstube neben dem Teepott wollte der Sänger Michael Treptow an diesem Abend sein neues Album „Strandläufer“ vorstellen. So verließ ich also den Strand. In Klausi’s Kartoffelstube bot sich mir dann ein ganz anderes Ambiente. Ich war wirklich in einer „Stube“ gelandet. Das Gasthaus ist sehr klein und beschaulich und besteht aus einem einzigen Raum. Darin finden sich drei Tische und eine kleine Theke. Doch es ist wirklich gemütlich dort. Vor allem die vielen skurrilen Kleinigkeiten an den Wänden und in den Regalen hatten es mir angetan. Von der fliegenden Möwe bis hin zum Bullauge war alles dabei. Die „Stube“ war gut gefüllt und der Liedermacher traf auf ein erwartungsfrohes Publikum. Sogar ein kleiner weißer Pudel lauschte andächtig seinen Songs. Es waren Treptows Versionen von Songs anderer Musiker, wie etwa Tom Petty und J. J. Cale. In den Pausen erzählte er die eine oder andere Geschichte und Klausi brachte das eine oder andere Essen aus der Küche. Ich indes war jetzt müde geworden und beschloss langsam den Heimweg anzutreten. In die Songs des Albums „Strandläufer“ von Michael Treptow kann auch im Internet auf seiner MySpace-Seite reingehört werden. Es sind deutsche Texte, die von der Liebe und der Freiheit erzählen. Seit 1995 lebt der Sänger in Rostock. Der Norden scheint ihn, wie auch mich, in seinen Bann gezogen zu haben. Als ich Klausi’s Stube verließ, stimmte er einen weiteren Blues an. Irgendwie war das ein passender Abschluss meines ereignisreichen Tages.

4. April 2010 | Weiterlesen
Saisoneröffnung des Warnemünder Leuchtturms

Saisoneröffnung des Warnemünder Leuchtturms

Es war ein wunderschöner Vormittag. Die Sonne schien und am Himmel war keine einzige Wolke zu sehen. Ein perfekter Start ins Osterwochenende. Viele werden diesen Tag wohl dazu genutzt haben, um erst einmal so richtig schön auszuschlafen. Doch mich zog es bereits früh nach Warnemünde. Dort stand heute das Warnemünder Wahrzeichen im Mittelpunkt des Geschehens. Die feierliche Eröffnung der 16. Saison des Warnemünder Leuchtturms war angesagt. Das heißt, die Pforte besagter Sehenswürdigkeit sollte das erste Mal in diesem Jahr für Touristen und alle Interessierten zum Aufstieg geöffnet werden. Dank des Wetters war ich jedenfalls bester Laune und machte mich mit dem Fahrrad auf ‘gen Warnemünde. Für die musikalische Einstimmung sorgten mal wieder die Jungs vom Warnemünder Shantychor „De Klaashahns“. Fast fühlte ich mich selbst schon wie ein einsamer Seemann, ähm, eine Seefrau natürlich. Selbst die Vierbeiner schien die Stimmung mitzureißen. Ein drolliger kleiner Hund hinter mir fing an zu jaulen, als würde er mitsingen wollen. Da begrüßte der Journalist Horst Marx auch schon alle Anwesenden und Schaulustigen. Nachdem Marx an den unermüdlichen Einsatz der Leuchtturmmänner erinnert hatte, übergab er das Mikrofon an die Vorstandsmitglieder des Warnemünder Leuchtturmvereines, Gerhard Lau und Walter Vogt. Sie gaben bekannt, dass in der diesjährigen Saison der einmillionste Besucher seit 1994 auf dem Leuchtturm erwartet werde. Lau und Vogt erinnerten auch daran, dass ihr Verein seine Einnahmen stets an Rostocks kulturelle Einrichtungen weiterreiche und sie dankten den Leuchtturmmännern, dem Shantychor, Herrn Marx und vor allem den Mitgliedern ihres Vereins für die tatkräftige Unterstützung. Passend dazu gesellte sich der Gründer der Rostocker Tafel, Jürgen Wegner, zu ihnen. Er hatte im letzten Jahr dafür gesorgt, dass viele Rostocker Kinder in der Schule eine warme Mahlzeit bekamen. Zur Unterstützung erhielt er 1.000 Euro vom Warnemünder Leuchtturmverein. „De Klaashahns“ übernahmen nun wieder die Leitung des Festaktes und sangen ein Lied nach dem anderen. „Am Abend, wenn der Leuchtturm blinkt …“ oder „Frag doch das Meer, ob es Liebe kann scheiden …“ hörte ich da. Einige Zuhörer neben mir schunkelten schon. Doch auch eine musikalische Einlage anderer Art wurde heute vor dem Leuchtturm geboten. Die junge Sängerin und gelernte Hotelfachfrau Anne Möller wurde als jüngstes Mitglied des Leuchtturmvereins vorgestellt. Sie hatte schon beim letzten Leuchtturmspektakel „Leuchtturm in Flammen“ gesungen und gab nun auch an diesem Tag eine Kostprobe ihrer Sangeskunst zum Besten. Leider hatten die Techniker wohl irgendetwas falsch eingestellt. Ihre wirklich schönen Interpretationen der Lieder „Irgendwas bleibt“ von Silbermond und „Take a bow“ von Rihanna erklangen viel zu laut aus den Lautsprechern. Anschließend betrat eine weitere Dame den Ort des Geschehens. Es war „Mariken“, das Warnemünder Original. Eigentlich sei sie gelernte Kindergärtnerin, erzählte sie. Doch nun verstehe sie sich als „Dienerin der niederdeutschen Sprache“ und besuche immer wieder Schulklassen, um den Kindern dort spielerisch die niederdeutsche Sprache näher zu bringen. Wie sie ihren Namen bekam, erzählte sie auch. Als Kind hätte sie so dann und wann den einen oder anderen Schabernack angestellt. Deshalb konnte sie sich des Öfteren die folgenden Worte anhören: „Mariken, Mariken, wat häst all wedder daun?“ Nun war es endlich soweit. Horst Marx erklärte den Leuchtturm für eröffnet. „De Klaashahns“ sangen noch „Rolling home across the sea“ und, mein persönlicher Favorit, „Wo de Ostseewellen trekken an den Strand“ und dann durfte auch ich den Leuchtturm endlich erobern. Die netten Leuchtturmwärter in ihrer hübschen maritim-blauen Tracht an der Kasse freuten sich sichtlich, dass die Winterpause ein Ende hat und ihr Wahrzeichen wieder den Gästen offen steht. Der Weg hinauf war auch nicht ganz so schwierig, wie ich gedacht hatte. Ich hielt mich einfach mit all meiner Kraft am Geländer fest. Lohn der Mühe ist natürlich der tolle Blick über das Ostseebad Warnemünde, vor allem bei diesem fantastischen Wetter. Die Aussicht, sowohl vom ersten, als auch vom zweiten Umgang, ließ mein Fotografinnenherz sofort höher schlagen. Die Sonne schien immer noch und so habe ich den Finger gar nicht mehr vom Auslöser meiner Kamera loskriegen können. Wer wie ich den Leuchtturm einmal hinaufklettern möchte, der kann dies von nun an bis Ende Oktober täglich zwischen 10 und 19 Uhr tun. Ich wandelte jedenfalls voller Meeresgefühl die Treppen des Leuchtturmes wieder hinab. Es war ein schöner Samstagvormittag und ein gelungener Auftakt des Osterwochenendes. Dass der Tag noch mehr zu bieten hat, wurde beim Blick an den Strand klar. Stand hier doch schon das Holz für das traditionelle Osterfeuer bereit. Am Abend soll dieses endgültig den Winter aus dem Ostseebad Warnemünde vertreiben und den Weg frei machen für die neue Saison. Nicht nur für Kinder gibt es vorab noch eine Fackelwanderung. Start ist um 18:30 Uhr an der Vogtei am Alten Strom, Ziel ist – natürlich – das Osterfeuer am Strand.

3. April 2010 | Weiterlesen
Heidi Schneekloth - Fotografien bei Berlitz

Heidi Schneekloth - Fotografien bei Berlitz

Eine Sprachschule dürfte nicht unbedingt der Ort sein, an dem man eine Kunstausstellung erwartet. Dennoch wurde genau hier, im Berlitz Sprachcenter in der Kröpeliner Straße, am Donnerstag eine neue Ausstellung eröffnet. Auf den zweiten Blick durchaus passend, sind Kunstwerke doch ein gutes Mittel, um den sonst so nebligen Lernsmog aus den Fenstern in die frische Frühlingsluft zu verbannen. Wenn dann noch lokale Künstler unterstützt werden, ist das ja immer eine feine Sache. Unter dem Titel „Blühende Landschaften aus Flora und Fauna – Zweite Dekade“ zeigt die Rostocker Fotografin Heidi Schneekloth in den Lehrräumen des Sprachcenters ihre neuesten Werke. Diese sind chronologisch angeordnet, die Räumlichkeiten am Eingang beherbergen ältere Werke und im hinteren Teil des Centers sind die jüngsten Fotografien zu bestaunen. Ihr Mentor und ehemaliger Dozent von der FH Wismar, Prof. Knut Maron, hielt die Eröffnungsrede. In der für Professoren typischen Vorlesungsart bog er unsere Betrachtungsweise schon etwas, wie er selbst es nannte, indem er bereits auf Interpretationsarten hinwies. Begeistert sprach Maron von Schneekloths kunstvollen Fotografien und verwies mehrfach auf ihre Gruppe „Absage an die Wirklichkeit“, in der sie eine von neun Künstlern ist. „Eine fantastische, surreale Auffassung des Realen“ steht als Leitmotiv im Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit dieser Gruppe. Die Auswahl des Themas, dessen Interpretation im Motiv und die Farbinterpretation im Labor seien alles subjektive Vorgänge. Diese Subjektivität stünde bei ihr im Vordergrund. Sie schaffe intime Atmosphären auf Vertrauensbasis, sodass die menschlichen Motive vor der Kamera sich nicht für diese verstellen. Schneekloth ist somit in der Lage, die Menschen in ihrer natürlichen Art und Umgebung festhalten zu können. Die Künstlerin selbst hielt sich während der Eröffnungsrede des Professors mit einem sympathischen Lächeln eher im Hintergrund. Nachdem ich mir selbst ein paar Eindrücke ihrer Fotografien gemacht hatte, ergriff ich die Chance, und stellte ihr ein paar Fragen, die sie spontan und wohlwollend beantwortete. Ob sie ihre Arbeit an sich, ihre Werke, ihre Intentionen in ein einzelnes Wort packen könne, war natürlich schon eine etwas gemeine Frage, vor allem für einen Bildkünstler. Sie kämpfte stark mit einer Antwort, meinte „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“ und beschrieb ihre Arbeiten letztlich als „Farben und Licht“. Für die Bilderreihe „Am See“, ihre jüngsten Fotografien, hat sie sich vom Winter inspirieren lassen. Allgemein wäre die Natur die größte Vorlage und Inspiration, die sie bekommen kann. Sie versucht, die Sensibilität der verschiedenen Farbstimmungen einzufangen und die Vielfalt wiederzugeben. Der leicht verschwommene Effekt, der die kahlen Äste wie gemalt erscheinen lässt, sei bewusst gewählt. Der Gegenstand auf dem Bild wird damit unwichtig. Nur die Formen und Farben zählen. Die Stimmung. „Wie man in eine Seele sieht.“ Die Bilder erinnerten sie, und sicherlich alle, die schon mal eines seiner Werke gelesen haben, an Edgar Allen Poes Geschichten – durch eine nahezu identische mythische Grundstimmung. Außerordentlich packend in der atmosphärischen Darstellung sind die älteren Bilder, die sie auf einem Segelschiff im Atlantik gemacht hat. Die vielen Farben, die schönen Motive und die lachenden Gesichter strahlen Freiheit, Freude und Lebenslust aus. Sie reißen den Betrachter mit auf das Schiff und man glaubt, die Personen auf den Bildern schon seit Jahren zu kennen. Als außenstehender Kunstlaie konnte man sich voll und ganz bei der Betrachtung ihrer Bilder fallen lassen. Alle Vernissagebesucher schienen gleichermaßen beeindruckt und gefesselt. Schneekloth schafft es, ihre eigene subjektive Wahrnehmung der Wirklichkeit festzuhalten, aber so darzustellen, dass jeder seine eigene subjektive Wahrnehmung in ihren Bildern wieder findet. Auffällig wichtig schienen ihr die Bilder der Wagenburg zu sein, die sie immer wieder ins Gespräch brachte und die auch von ihrem Professor in seiner Rede hervorgehoben wurden. Sie seien ein politisches Statement und vielleicht auch ein Appell, sich vom kapitalistischen Gesellschaftssystem zu lösen. Es werden sehr intime Momente gezeigt, die durch diese Intimität wieder den Anschein des Kenn-ich haben. Ihre Intention bei diesen Werken sei gewesen, dass Schneekloth mal jemanden überhört hätte, der diese Menschen als unsoziale Penner bezeichnet hätte. Sie wollte diese unfairen Vorurteile vernichten und kreierte „blumige Bilder“. Noch bis September 2010 sind die „Blühenden Landschaften aus Flora und Fauna“ im Berlitz Sprachcenter auf der Kröpeliner Straße 48 zu sehen. Warten Sie also nicht zu lange und lassen Sie sich einfangen von „Farben und Licht“.

29. März 2010 | Weiterlesen
„QUOAI“ und „apfelbaum“ - Galerie Wolkenbank

„QUOAI“ und „apfelbaum“ - Galerie Wolkenbank

Interdisziplinär dürfte das Wort der Woche werden. Nachdem ich am Mittwoch bei der Interdisziplinären Fakultät der Uni Rostock zu Gast war, zog es mich heute in die Galerie Wolkenbank. Vom Hörsaal in die Galerie? Der eine oder andere mag sich vielleicht verdutzt die Augen reiben, aber es passt durchaus! Kunst, Bildung und Wissenschaft haben sich – interdisziplinär oder fachübergreifend – vereint und das Ergebnis ist: QUOAI. QUOAI, ein Spiel aus 100 Holzbausteinen, das Zahlen begreifbar macht, spannende Einblicke in die Mathematik ermöglicht und dabei einen pädagogischen Ansatz verfolgt. Mathematik und Kunst zu vereinen, so lautet das Ziel, das die Bildhauerin Claudia Maria Ammann mit ihrem Spiel erreichen möchte. Wer sich um den „apfelbaum“ sorgt, dem sei versichert, dass dieser nicht für die 100 kleinen Holzbausteine sterben musste. Der Titel der Ausstellung sei symbolisch gemeint. Erfolgt Erkenntnis für die Künstlerin doch am besten durch einen herzhaften Biss in einen Apfel. Eröffnet wurde die Ausstellung mit einem fachübergreifenden Gespräch, moderiert von Dr. Kornelia Röder vom Staatlichen Museum Schwerin. Und auch hier wurde der symbolträchtige Apfel zwischen den Gesprächspartnern hin und her gereicht. Zu der Idee ist sie ganz im Spiel gekommen, erläuterte die Künstlerin. In der Schule sei sie immer zu langsam gewesen. Vor allem, weil sie stets gründlich sein musste. „Ich konnte nichts lernen, was ich nicht verstehen durfte”, so Ammann. Viele Menschen seien in der Lage, etwas zu lernen, was sie erst mal nicht verstehen. „Das bewundere ich, aber bei mir ist es nicht so und ich habe gesehen, dass es sehr, sehr viele Leute gibt, die das Problem haben.“ Als ihre erste Tochter acht Jahre alt war, habe sie sich daran erinnert und sie gefragt, welche Farben die Zahlen hätten. Nur so, als Spiel. Da achtjährige Mädchen durchaus andere Interessen haben, als mit ihren Müttern zusammen Zahlen zu jonglieren, musste Claudia Ammann alleine weiter spielen. Herausgekommen ist die Matrix, die wir oben (und unten) im Bild sehen. Vom kleinen Einmaleins sei sie zur Modulo 9-Matrix gekommen. Für alle, bei denen die Schulzeit doch schon ein wenig zurückliegt: Es ist der Rest, der bei der ganzzahligen Division durch 9 verbleibt – in diesem Fall noch mit 9 für Rest 0, damit die Null entfällt. Tja, schwere Kost am Samstagabend. Claudia Ammann habe aber einfach nur die Quersummen genommen und gar nicht gewusst, was sie da macht. Dabei sei sie jedoch „in einen Lustgarten gefallen“ und so kam es zu QUOAI – 100 Holzklötzchen, die durch Größe, Farbe und Motiv die Zahlen von 1 bis 9 repräsentieren. Sie habe gesucht und gesucht, bis plötzlich Dr. Bärbel Lorenz auf ihren Hof kam. Bärbel Lorenz, Lerntherapeutin am Duden-Institut, arbeitet mit Kindern, die eine Rechenschwäche haben. Plötzlich mit neun statt mit zehn Zahlen zu rechnen, „bricht erst mal völlig das Denken um“, so Lorenz. Das Verständnis für Zahlen spielerisch zu entdecken, selbst kreativ zu sein, sei eine Chance für Kinder, die nicht den Zugang zur geschriebenen Ziffer haben. In tage- und nächtelangen Diskussionen sei ein pädagogisches Handbuch entstanden, das viele Möglichkeiten zum Entdecken bietet. Damit es nicht heißt, „ach, wir nehmen es einmal und spielen mal und dann stellen wir es wieder in die Ecke“. Solveig Haugwitz ist über einen Beitrag im Fernsehen auf die Idee aufmerksam geworden. Selbst in der Weiterbildung tätig, war sie sich sofort sicher: „Das muss in Lehrerfortbildungen gezeigt und vorgestellt werden!“ Schnell war der Kontakt hergestellt und zusammen mit Claudia Ammann präsentierte sie den Lehrern das Spiel in ihren Seminaren. Klar zu machen, „dass man durch den handlungsorientierten Umgang mit so einem wundervollen Material manchmal viel mehr Mathematik schaffen kann, als es mit einer Lehrbuchseite oder auch zweien gelingt“, sei ihr dabei ein besonderes Anliegen gewesen. Schließlich müssen die Lehrer – trotz des Rahmenplans – die Zeit einräumen, um im Unterricht zu spielen. Vera Hempel, Kindergärtnerin und auf Psychomotorik spezialisiert, hat Claudia und damit auch QUOAI in der Silvesternacht kennengelernt. Es war gleich so, dass „in ihrem Kopf mehrere Türen aufgesprungen sind.“ Wenn man mit Kindern zusammensitzt und spielt, eröffne sich auch den Erwachsenen eine völlig neue Welt. Alle mit Mathematikschwäche oder auch –stärke seien gleichermaßen begeistert. Das habe sie ganz besonders fasziniert, betonte Hempel. „Zahlen sind nicht einfach nur langweilig oder starr, sondern was ganz Spannendes und hier hat man das direkt vor Augen.“ „Ein Kern von Zahlen, ein Apfelkern …“ – da schloss sich der Kreis also wieder. Wünschen würde sich Vera Hempel, dass sich auch in der Psychomotorik ein Platz für die Idee finden lässt, um es an Erzieherinnen und Pädagoginnen weiterzureichen, damit möglichst viele in den Genuss dieses Spiels kommen. Für den musikalischen Rahmen sorgte an diesem Abend übrigens Moritz Köther auf seinem Saxophon. Grau ist alle Theorie, was zählt, ist der harte Praxiseinsatz. Kuno, der kleine Baumeister, schien von den Holzbausteinen jedenfalls mehr als begeistert zu sein. Auch, wenn ihm das kleine Einmaleins dabei sicher noch völlig egal gewesen sein dürfte, noch … Dass Holzbausteine nicht nur den ganz Kleinen Spaß bringen können, bewies Anja Willutzki (21). Sie ließ sich von Johanna Heyne in die Geheimnisse des Spiels einweihen und war sichtlich stolz, als sie nach kurzer Zeit ihre Modulo 9-Matrix erschaffen hatte. Wer hätte das gedacht? Kleine Bauklötzchen zaubern jungen Damen ein Strahlen ins Gesicht! Wenn das nicht der ultimative Geschenktipp für den nächsten Geburtstag ist. Bleibt nur zu hoffen, dass die Liebste nicht mit den Steinchen nach euch wirft, weil sie doch eher etwas anderes erwartet hat … Bei einem Glas Wein und dem einen oder anderen netten Gespräch klang ein gelungener Abend in und vor der Galerie Wolkenbank aus. Wer jetzt neugierig geworden ist, kann die Ausstellung noch bis zum 24. April besuchen. Geöffnet ist die Galerie Wolkenbank Mittwoch bis Samstag jeweils von 14 bis 19 Uhr. Natürlich kann das Spiel in der Galerie auch käuflich erworben werden. Verschiedene Größen und sogar ein Computerspiel sind im Angebot – für den Nachwuchs oder die Liebste.

27. März 2010 | Weiterlesen
„Fräulein oder Demoiselle?“

„Fräulein oder Demoiselle?“

Vom 26. März bis 11. Juli 2010 findet im Kulturhistorischen Museum eine neue Ausstellung statt. Worum geht’s? Nun, der Titel lautet: „Fräulein oder Demoiselle? Adlige und bürgerliche Damen in den Klöstern Ribnitz und Rostock“. Gezeigt werden Exponate aus der nachreformatorischen Klosterzeit und der darin lebenden Stiftsdamen. Warum ist das eine Ausstellung wert? Während der Reformation gingen die Kirchengüter an die Landesherren. Das heißt, dass alle Klöster geschlossen wurden. Doch wo sollten jetzt all die vielen Töchter hin, die es im Adel und im gehobenen Bürgertum zuhauf gab? Neben den Konventen Dobbertin und Malchow blieben in Mecklenburg auch die beiden Klöster in Rostock und Ribnitz erhalten. Bis zum Ende der Monarchie 1920 gehörten sie als Damenstifte für unverheiratete Frauen zu den bedeutenden Einrichtungen Mecklenburgs. Die Ausstellung, die am Donnerstag von der Kultursenatorin Liane Melzer feierlich eröffnet wurde, „widmet sich erstmals den beiden mecklenburgischen Damenklöstern vom 16. bis 20. Jahrhundert.“ Die Entscheidung, beide Klöster in einer Ausstellung zu vereinen, war naheliegend, da das Kloster Ribnitz zwei Plätze an Rostocker Stiftsdamen vergab und insgesamt knapp 20 beherbergte. Die Eröffnung selbst war überraschend gut besucht. Immer mehr Interessenten fanden sich in dem kleinen Raum ein, sodass sogar zu Klappstühlen gegriffen werden musste, die eigentlich für eine Fotoausstellung im hinteren Teil des Klosters bereitstehen und nicht unbedingt zum Verweilen einladen. Was aber wird denn gezeigt? Dr. Heidrun Lorenzen und Dr. Steffen Stuth, Leiterin und stellvertretender Leiter des Museums Rostock, sowie Axel Attula, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Ribnitz, führten eine kleine Pressegruppe, und ganz nebenbei auch noch die letzten Bauarbeiter, am Eröffnungstag vorab durch die Kreuzgänge und lieferten neben vielen Informationen auch witzige Anekdoten. In den Kreuzgängen des Klosters zum Heiligen Kreuz sind zahlreiche Zeugnisse aus den vier Jahrhunderten zu sehen. Gemälde, kunsthandwerkliche Objekte, Urkunden und Handschriften, Stücke aus dem Schatz des Klosters zum Heiligen Kreuz, aber auch Belege für die Alltagskultur. Ausgestellt werden beispielsweise Straußeneier, ein Geflügelbuch, Türen oder Deckenplatten, um nur ein paar der zahlreichen Exponate zu nennen. Eher ungewöhnliche Ausstellungsstücke, das muss man zugeben. Doch im Zusammenhang gesehen gar nicht so grotesk. Straußeneier sind ein Christus-Symbol und wurden über Jahre hinweg von den Stiftsdamen aufgehängt. Das Geflügelbuch ist genau das, was es bezeichnet: eine schriftliche Aufzeichnung über das Geflügel im Kloster und damit auch über das tägliche Leben und Leiden. Und der Rest? Das sollten Sie sich selbst mal anschauen. Es lohnt sich! Im wunderschönen Kloster zum Heiligen Kreuz, dessen mittelalterliche Größe bei der Renovierung wiederhergestellt wurde, sind die wertvollen Exponate zu sehen. Die Ausstellung ist von Dienstag bis Sonntag geöffnet. Am kommenden Sonntag (28.03.10) findet um 11 Uhr eine Sonderführung mit Dr. Stuth statt und jeden Dienstag um 15 Uhr sind öffentliche Führungen geplant, die noch mal viel mehr verraten als auf den Museumstafeln zu lesen ist. Also unbedingt empfehlenswert. Worauf die Museumsleiterin Dr. Lorenzen in ihrer Rede nochmals eindringlich verwies, sind sogenannte Gucklöcher, die einen überaus interessanten Blick in die Geschichte zulassen. Allerdings gehen diese als große, rote Pfeiler bei der durchgängig rot gehaltenen Ausstellungsstruktur etwas unter. Die Gucklöcher zeigen Fotos vom historischen Kloster und stehen an genau den Stellen, an denen der Fotograf gestanden hat, um sein Bild zu machen. Das bedeutet für den Betrachter, dass optische Vergleiche zwischen damals und heute gezogen werden können, ohne dass man sich vom Fleck rühren muss. Trauen Sie sich und riskieren Sie den Blick! Im Anschluss an die Rostocker Ausstellung werden auch in Ribnitz Klosterexponate aus der Zeit zwischen dem 16. Und 20. Jahrhundert gezeigt. Laut Alex Attula vom Kloster Ribnitz sollte der neugierige Besucher beide Ausstellungen anschauen, um ein wirklich klares Bild der gemeinschaftlichen Geschichte zu bekommen. Na ja, ein bisschen Eigenwerbung muss sein!

27. März 2010 | Weiterlesen
20 Jahre Gleichstellungspolitik in Rostock

20 Jahre Gleichstellungspolitik in Rostock

„20 Jahre Gleichstellungspolitik in Rostock – Zeichensetzen für Geschlechtergerechtigkeit“ – unter diesem Motto stand die gestrige Veranstaltung im Festsaal des Rostocker Rathauses. Sefuri Sumi („Italienisches Liederbuch“) von der Hochschule für Musik und Theater begleitete die Veranstaltung musikalisch am Flügel, zur Einstimmung mit einem Werk von Robert Schumann. „Frauen wacht auf! Was auch immer die Hürden sein werden, die man euch entgegenstellt, es liegt in eurer Macht, sie zu überwinden. Ihr müsst es nur wollen.“ Mit diesem Zitat der französischen Frauenrechtlerin Olympe de Gouges eröffnete Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens ihr Grußwort. Es hätte auch nach mehr als zwei Jahrhunderten nichts an seiner Aktualität verloren. 20 Jahre Gleichstellungspolitik sei im Rückblick eine Erfolgsgeschichte, denn viel wurde in unserer Stadt erreicht. Auch wenn die Gleichstellungspolitik heute in allen Lebensbereichen zum politischen Selbstverständnis gehöre, gibt es dennoch weltweit und auch in Deutschland weiterhin viel zu tun. Karina Jens verwies auf die jüngste UN-Studie, nach der Frauen ein Drittel der Beschäftigten stellen, zwei Drittel der Arbeitszeit leisten, trotzdem aber nur ein Zehntel des Welteinkommens verdienen. Am Vortag des Equal Pay Days müsse festgestellt werden, dass der Gehaltsunterschied in Deutschland immer noch bei 23 Prozent liege. Ebenso seien nach wie vor viel zu wenig Frauen in Führungspositionen zu finden. Gleichstellungspolitik sei ein komplexes Thema mit einer Fülle von Aufgaben und Themen und bedarf einer Institution, die heute in Form der Gleichstellungsbeauftragten in der Kommunalverfassung das Landes verankert ist. Mit der Einführung des Gender Mainstreaming-Prinzips werden auch Bürgerschaft und Stadtverwaltung ihrer Verantwortung gerecht. Dr. Margret Seemann, Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung, dankte besonders Karla Staszak und Brigitte Thiel für ihre Arbeit in letzten beiden Jahrzehnten. 20 Jahre Gleichstellungspolitik in Rostock seien untrennbar mit dem Wirken der beiden Gleichstellungsbeauftragten verbunden, betonte Seemann. Der Oberbürgermeister hatte sich so gefreut, heute dabei zu sein, musste aber wegen eines dringenden Termins im Zusammenhang mit den Werften zu einer anderen Veranstaltung. Liane Melzer, Senatorin für Jugend und Soziales, war es jedoch eine ganz besondere Freude seine Rede zu verlesen. Auch wenn es noch viel zu tun gäbe, sei die Hansestadt und ihre Verwaltung im Bereich der Gleichstellung auf einem guten Weg, so Roland Methling. Neun der 26 Ämter werden inzwischen von Frauen geleitet, dies ist gut ein Drittel. „Da muss die Telekom mit 30 Prozent erst mal hinkommen.“ Mit der Tourismuszentrale, dem KOE und dem Südstadt-Klinikum werden auch die drei Eigenbetriebe der Stadt von Frauen geführt. Natürlich ließ sich die Senatorin auch ein paar eigene Worte nicht nehmen. Die Frauen in Mecklenburg-Vorpommern und in den neuen Bundesländern insgesamt hätten aus ihrer Sicht ganz viel erreicht. „Als Wessi darf ich das sagen. Die ostdeutschen Frauen sind uns voraus in ihrer Kreativität und mit ihrer Fähigkeit, mit schwierigen Lebenslagen zurechtzukommen. Sie haben für die Gleichstellung in Deutschland Zeichen gesetzt, die uns allen genutzt haben.“ Nach so viel tragenden Worten war etwas Auflockerung durchaus angebracht. Dass Frau sich auch an einem solchen Tag nicht zu ernst nehmen muss, zeigten Fräulein Kiki und Fräulein Feelieze vom Duo süß & saftig. Mit Trillerpfeife und „Du schaffst es“-Rufen startete Feeliezes Fantastisches Fitnessprogramm. Hätte der OB geahnt, was ihn erwartet, wäre er sicher nicht zur Werft gefahren, so die beiden Damen. Na, ob das harte Boot Camp-mäßige Sport- und Motivationstraining wirklich das Richtige für unsere zarten Männerseelen ist …? „Verhalte Dich doch nicht immer wie so ein Opfer. Jetzt ist mal gut mit dem Gejammere, ja? Glaube an Dich, stehe Deinen Mann!“ Bei so viel Motivation und rhythmischen Anfeuerungen aus dem Publikum versetzte es beim Seilspringen sogar die Bühne in Schwingungen. Gut, dass es eine stützende Hand fürs Klavier gab. „Brigitte-Diät, Kohlsuppen-Diät, Kiwi-Diät, Tiefenmuskulatur, Bauch-Peine-Po. Frauenpower. Frauenpower-Stützstrumpfhosen. Frauenpower?“ Oder doch lieber „Sahnetörtchen, Fleischbällchen, Gänsebraten, Kartoffelpuffer mit Apfelmus und Spaghetti?“ Frauenpower? Lise Meitner (Kernspaltung), Kate Gleason (Fertighaus), Mary Anderson (Scheibenwischer – hey, Frauen und Autos!), Marion Donovan (Wegwerfwindel) oder Josephine Cochran (Geschirrspülmaschine) – „was wäre die berufliche Entwicklung, die Selbstständigkeit, die Gleichstellung der Frau ohne diese Erfinderinnen?“ Frauenpower! In den Reden bereits so oft erwähnt und gelobt, kam nun auch Karla Staszak selbst zu Wort. Die erste Gleichstellungsbeauftragte der Hansestadt Rostock und spätere Parlamentarische Staatssekretärin und Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Landesregierung konnte auf viele Jahre Gleichstellungspolitik und mindestens ebenso viele Erinnerungen zurückblicken. Aber „da müsst Ihr jetzt durch! Schließlich habe Brigitte (Thielk) sie um eine Rede gebeten und nicht nur um ein kurzes Grußwort.“ Von Nostalgie bis zu einem Rundumschlag gegen die aktuelle Bundespolitik ließ Karla Staszak kaum etwas aus in ihrer Rede. Weiter zu kämpfen, gab sie als Schlusswort mit auf den Weg. Aus dem Foyer war schon leise Musik zu vernehmen, daher verzichtete Brigitte Thielk nach der ausführlichen Rede ihrer Vorgängerin spontan auf große Abschlussworte. Stattdessen lud sie alle Gäste ein, die verbleibende Zeit für Gespräche und Begegnungen im Foyer zu nutzen. Da zwischenzeitlich auch der Fortbestand der Werft – vorerst zumindest -gesichert war, mischten sich nun auch OB Roland Methling und Wolfgang Methling (MdL, Die Linke) unter die Gäste. Gefühlt dürfte dies die Männerquote an jenem Tag wohl glatt verdoppelt haben. 20 Jahre Gleichstellungspolitik in Rostock, da darf man ruhig ein wenig feiern. Handgemachte Folkmusik von den Sally Gardens, ein kleines Buffet und anregende Gespräche ließen den Tag im Foyer des Rathauses ausklingen.

26. März 2010 | Weiterlesen
2. Interdisziplinäres Forschungsseminar

2. Interdisziplinäres Forschungsseminar

Dass Warnemünde nicht nur Strand und Ostsee zu bieten hat, sollte hinlänglich bekannt sein. Ein gutes Plätzchen fürs 2. Interdisziplinäre Forschungsseminar dürfte sich da auch die Uni Rostock gedacht haben. Den Ort der Veranstaltung bildete das Leibniz-Institut für Ostseeforschung (IOW). Ist man schon mal hier, sollte man sich einen kleinen Höhepunkt nicht entgehen lassen. Über das Gebäude verteilt, finden sich verschiedene Kunstwerke des Nobelpreisträgers Günter Grass. „Meine See, baltische Pfütze” beginnt Grass sein Gedicht, das der Ausstellung als Thema dient. Direkt daneben ein kunstvolles Relief: „Als vom Butt nur die Gräte geblieben war” Vier Plastiken, acht Radierungen und verschiedene Texte – alle mit Bezug zu unserer „baltischen Pfütze” – gibt es in der Dauerausstellung des IOW zu sehen, dazu Fotos und Diagramme. So ganz öffentlich ist die Ausstellung leider nicht. Wer nett fragt, darf vielleicht dennoch ein wenig durch die Flure streifen. Führungen sind auch geplant, am Besten einfach mal beim IOW erkundigen. Interdisziplinäres Forschungsseminar – Hype, Marketing, Notwendigkeit? In jedem Fall Grund genug, sich vor Ort ein Bild zu machen. Als Dekan der Interdisziplinären Fakultät gab Prof. Dr. Udo Kragl einen kurzen Rückblick auf die noch junge Geschichte seiner Einrichtung. 2007 hat sich die Universität Rostock drei Forschungsschwerpunkte gegeben. Auch als Profillinien bezeichnet, gibt es seitdem die folgenden Bereiche (Departments): Science and Technology of Life, Light & Matter (Licht, Leben und Materie) Maritime Systems (Maritime Systeme) Aging Science and Humanities (Erfolgreich altern) Klangvoll, aber auch irgendwie nichtssagend. „Science and Technology of Life, the Universe, and Everything“ wäre – frei nach Douglas Adams – kaum weniger präzise, hätte aber deutlich mehr Charme. Nicht zuletzt, weil wir bereits die Antwort auf die ultimative Frage kennen – 42. Hat hier jemand behauptet, Wissenschaft sei trocken oder gar humorlos? Um den Profillinien ein gemeinsames Dach zu geben und Forschung und Lehre in diesen Bereichen zu organisieren, wurde 2007 die Interdisziplinäre Fakultät gegründet. In Konkurrenz zu den etablierten Fakultäten sieht Kragl sich jedoch nicht. So verfüge seine Fakultät weder über ein Promotionsrecht noch über eigene Mitarbeiterstellen. Die Mitarbeiter der Departments gehören weiterhin zu den jeweiligen Fakultäten. Die Einrichtung sehe sich als Überbau, um Forschungsaktivitäten zu bündeln und in bestimmten Bereichen auf ein höheres Niveau zu heben. Nicht zuletzt gehe es auch darum, die Außenwirkung der Universität Rostock als Ganzes zu verbessern. Die Anwerbung von 20 Millionen Euro für den Forschungsbau „Komplexe molekulare Systeme“ des Departments „Licht, Leben und Materie“ hob Prof. Kragl als einen der bisher größten Erfolge der noch jungen Fakultät hervor. Es sei eine Bestätigung von außen, dass „das, was wir als Rezept aufgeschrieben haben, wirklich tragfähig ist“ und auch Dritte begeistern kann. Für den Bereich „Erfolgreich Altern“ sei unbedingt der Partnerstandort Rostock/Greifswald des Deutsches Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNS) zu nennen. Erste Erfolge sind da, aber auch dringend notwendig. Zwar haben Land und Universität die Anschubfinanzierung für die ersten Jahre übernommen, jedoch wolle und könne man nicht auf Dauer nur das Geld von Land und Universität ausgeben. Gelder von außen einzuwerben, sei die aktuelle Herausforderung. Um an die Fördertöpfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu gelangen oder bei der dritten Runde der Exzellenzinitiative mit im Boot zu sein, laufen derzeit die Anträge. „Dazu brauchen wir natürlich auch Forschungsergebnisse, die wir vorzeigen können“, so Kragl. Doch an welchen Themen wird überhaupt geforscht, womit beschäftigen sich die Doktoranden? Stellvertretend für die 45 Stipendiaten aus sechs Nationen stellten Cornelia Pfabel, Sebastian Reimann und Markus Krohn ihre Departments vor. Unter dem Motto „Licht, Leben und Materie” gehen Forscher den Geheimnissen des Lebens und der Materie auf den Grund. Eigenschaften und Verhalten von Materialien auf atomarer und molekularer Ebene zu verstehen, ist Hauptanliegen des Departments. Grundlagenforschung, die Entwicklung von Modellen und Computersimulationen stehen dabei im Vordergrund. Nanotechnologien und Katalyse stellen weitere Kernbereiche dar. So arbeitet Sebastian Reimann auf dem Gebiet neuartiger katalytischer Reaktionen und schreibt seine Doktorarbeit am Leibniz-Institut für Katalyse. Ein weiterer Schwerpunkt des Departments liegt in der Rekonstruktion biologischer Funktionen – von der Stammzellentherapie über neuartige Implantate und Knochengewebe bis zur Rekonstruktion ganzer Sinnesfunktionen, beispielsweise beim Grünen Star. Arbeitsgebiet des Departments “Erfolgreich Altern” sind die Herausforderungen, die der demografische Wandel bereithält. Ein selbstständiger und selbstbestimmter Lebensabend ist dabei das Ziel. Medizinische Versorgungs- und Therapieformen, insbesondere auf dem Gebiet der Demenzforschung, bilden zusammen mit der Prävention einen Hauptbestandteil der Arbeit. Physische Leistungsfähigkeit, technische Assistenzsysteme, Mobilität im Alter sowie Fragen der Rehabilitation stellen ein weiteres Arbeitsfeld des Departments dar. Aber auch, wie das Altern selbst in der Bevölkerung aufgenommen wird und wie die Darstellung in den Medien erfolgt, sind Themen des Departments. Veränderte soziale Strukturen, Lebensentwürfe fürs Alter und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind ebenso Teil der Untersuchungen wie Alterssicherungssysteme oder Generationengerechtigkeit.

25. März 2010 | Weiterlesen
Hanseatische Bürgerstiftung

Hanseatische Bürgerstiftung

Gestern lud die Hanseatische Bürgerstiftung zum alljährlichen Stiftungstag in den Festsaal des Rathauses ein. Bereits zum fünften Mal wurden Vereine und Projekte mit Geldern für ihre Arbeit ausgezeichnet. Eingeleitet wurde der Stiftungstag von dem Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. med. Ingo Richter mit einer lockeren Eröffnungsrede. Drei wichtige Persönlichkeiten musste er gleich entschuldigen: Oberbürgermeister Roland Methling, Kultursenatorin Liane Melzer und Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens kämpften noch mit dem Haushaltsentwurf. Anscheinend ein langer, schwerer Kampf. Auch der 1. Stellvertretende Vorsitzende Arno Pöker verpasste die Zeremonie aus familiären Gründen, was dem Gesamtablauf zwar keinen Abbruch tat, jedoch einige spontane Improvisationen nötig machte. Mit seiner charmant-lockeren Art und seinem rhetorischen Talent überbrückte Richter geschickt jede Pause. In einem kleinen Einleitungsfilm wurde die Hanseatische Bürgerstiftung als „Stiftung von Bürgern für Bürger“ vorgestellt, was in einem tierischen Widerspruch zu Hündin Luna stand, die für ihre Ausbildung zum Behindertenhund ebenfalls 2.000 Euro von der Stiftung bekam. Dafür musste sich Luna allerdings auch die ganze Veranstaltung aus der ersten Reihe mit ansehen, was sie dann manchmal doch etwas zu langweilen schien. Dass es nicht nur um die finanzielle Seite der Stiftung geht, betonte der Staatssekretär im Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Sebastian Schröder in seiner Ansprache. Es gehe um Gemeinsamkeit, Zusammengehörigkeit, Solidarität, vor allem aber um das Mitgestalten des eigenen Lebensumfeldes. Er lobte die Stiftung und alle Stifter für ihre engagierte Arbeit. Die Ehrennadel in Gold ging diesmal an Angelika Groß, eine besonders uneigennützige Dame, die sich Not leidenden Kindern widmet. Angefangen hat sie mit Spenden an Kinderkliniken. Die Geldern stammten aus dem Verkauf ihrer antiquarischen Kaffeekannensammlung. Kein Scherz. Allerdings, so scheint es, ist ihr diese Aufgabe zu praxisfern. Über viele Jahre hinweg hat sie inzwischen 37 Kindern ihr Zuhause geöffnet, als diese in Notsituationen geraten waren. Damit ging dieses Jahr die Ehrennadel nicht an einen Stifter, der in erster Linie viel Geld gespendet hat, sondern es wurde diesmal die einzigartige Arbeit und Hingabe von Frau Groß geehrt. Natürlich wurden auch die Projekte 2010 vorgestellt und den Vertretern der Vereine oder Initiativen der symbolische Scheck überreicht. Auffallend dabei war die große Anzahl an Projekten für Kinder und Jugendliche. Der höchste Betrag ging an den ambulanten Kinderhospizdienst OSKAR mit 2.850€. Dieser Dienst wird von der Caritas und der Rostocker Stadtmission geleitet, deren Vertreter in Begleitung des kleinen Oskars den Scheck entgegennahmen. Besonders interessant war das Projekt der „Rostocker Erinnerungstafeln“, die bereits an verschiedenen Plätzen der Stadt über deren Gebäude und Historie Auskunft geben. Cordula Schah Sedi von der Hanseatischen Bürgerstiftung ermunterte das Publikum, eine Tour zu den einzelnen Tafeln zu machen und nannte es „einen Stadtrundgang der anderen Art“. Zwischenzeitliche Auflockerungen gab es durch herausragende musikalische Darbietungen von Künstlern, deren Projekte dieses Jahr ebenfalls unterstützt werden. Gleich am Anfang spielte Adam Solta aus der Gitarrenklasse von Prof. Thomas Offermann der Hochschule für Musik und Theater Rostock ein Prélude von Johann Sebastian Bach, das durch seine einzigartige Interpretation aber mehr nach einem spanischen Wiegenlied klang. Da könnte man sich glatt an die spanische Küste träumen. Für diese wunderbare Vorstellung erntete er großen Applaus. Gefördert wird Prof. Offermanns Projekt „Guitarrenfestival in Spanien“. Aha, da schließt sich also der Kreis. Für mehr Toleranz und die Vermittlung jüdischer Geschichte setzt sich das Jüdische Theater Mecklenburg mit dem Namen „Mechaje“ ein. Es durfte sich auch über einen Preis freuen. Drei zauberhafte Darsteller führten uns zurück in die Schule. Die sehr strenge Lehrerin, ganz typisch mit Brille und Tafel, gab ihrer Schülerschaft, also uns, Unterricht. Die Vielfalt der jüdischen Sprache war in ihrer „Stunde Nummer 1“ das Thema. Es wurden Lieder gesungen in Hebräisch, Ladino und Jiddisch, deren Bandbreite sich von herzzerreißend schön („Jaffo“ in Hebräisch) bis lauthals komisch („As de Rebbe singt“ in Jiddisch) präsentierte. Für ihre überzeugende Leistung ernteten die Schauspieler schallenden Applaus. Zum Schluss verzauberten uns dann noch die 12-jährige Emilia Hempel am Klavier und die 9-jährige Eva Gasparyan auf ihrer Querflöte. Die Darbietung des Russischen Zigeunerliedes von Wilhelm Popp ließ den Zuhörern den Mund offen stehen. Da waren die kleinen Finger schneller als es das Auge erfassen konnte. Mit diesem virtuos gespielten Musikstück endete die Veranstaltung und auch Hündin Luna durfte endlich in ihren wohlverdienten Feierabend.

25. März 2010 | Weiterlesen
Der Rostocker Ostermarkt 2010

Der Rostocker Ostermarkt 2010

Trubel auf dem Neuen Markt – der alljährliche Ostermarkt hat vor dem Rostocker Rathaus wieder seine Pforten geöffnet. Welche Assoziationen fallen mir dazu spontan ein? Handgeflochtene Körbe, erzgebirgische Osterhasen, handbemalte, aufwendig verzierte Eier. Nur so als Beispiel. Viel Grün, viele Blumen, viele Nester und vor allem Eier und Hasen. Kommt man auf den Neuen Markt, denkt man wohl nicht als Erstes an ein gemütliches Ostereiersuchen in der Familie. Party dürfte eher das Wort, das einem spontan in den Sinn kommt. Keine Körbe, keine Nester, keine Hasen. Dafür aber ein Riesenrad, ein Autoscooter, mehrere andere Fahrgeschäfte und Losbuden – alles recht eng, ein typischer Rummel. Dies ist sicherlich der Traum aller Kinder, da sich leckeres, ungesundes Essen und Adrenalinschübe nah beieinander finden. Ein Ort, an dem sich viel Taschengeld ausgeben lässt. Allerdings hat es nicht viel mit Ostern zu tun, oder? Ich drehe so meine Runden und da steht es plötzlich genau vor meiner Nase. Das Osterei. In groß. Ein mehr als zwei Meter hohes bemaltes Ei. Es dreht sich hier also doch um Ostern. In Gedanken versunken drehe ich mich noch einmal um und dabei fällt mir das Riesenrad ins Auge. Mmh, wenn man ein bisschen kreativ ist, könnte man es als großes, wenn auch viel zu rundes Ei betrachten. Der Spaziergang führt mich weiter über die Kröpeliner Straße, wo der bekennende Osterliebhaber endlich Stände mit Holzhasen, nach sorbischer Kunst gravierten Ostereiern und auch viele Blumen findet. Wer lange sucht, … Ich hab sie also doch noch gefunden, die Hasen und die Eier. Und dann ragt vor dem Unigebäude auch noch ein Osterbaum in die Luft, der in der Mitte einer Kleinbahnanlage steht. Beim Sonnenschein der letzten Tage macht es richtig Spaß, dem Verlauf des Ostermarktes zu folgen. Langsam aber kontinuierlich schleichen sich doch ein paar Frühlingsgefühle ein. Man hält die Nase in die noch ungewohnten und überaus erfrischenden Sonnenstrahlen und auf einmal bemerkt man ein Lächeln auf dem Gesicht. Die Welt ist schön! Bis einen die liebliche Stimme aus den Gedanken reißt: „Auf geht’s in eine neue Runde. Alles einsteigen!“ Noch bis zum 5. April öffnet der Rostocker Ostermarkt seine Pforten und ist definitiv einen Besuch wert. Kleiner Tipp eines erfahrenen Marktgängers: Beginnen Sie nicht unbedingt am Neuen Markt mit dem Schlendern. Und immer an Mörike denken, der sich wohl einmal in einer ähnlichen Stimmung befand, denn er erkannte: „Frühling, ja du bist‘s! Dich hab ich vernommen!“

25. März 2010 | Weiterlesen