Neueste Nachrichten aus Rostock und Warnemünde

Klima-Gipfel in Kopenhagen – Nachlese
Nachdem es mich ja am letzten Wochenende ziemlich niedergestreckt hatte (meine Abwesenheit dürfte euch durchaus aufgefallen sein…), bin ich im Laufe der Woche halbwegs genesen und durfte heute wieder ran an die Arbeit. Zur Schonung gibt es vorerst aber nur leichte Kost, das heißt Innentermine. Auf die schöne Fackelwanderung am Strand muss meine liebe Leserschaft also leider verzichten! :-/ Zum Trost gibt’s dafür gleich zum „Wochen(end)einstieg“ ein ganz brisantes Thema. Anlässlich des Klima-Gipfels vergangenen Dezember in Kopenhagen wurde am Donnerstagabend eine Nachlese im Haus Böll gehalten. Der Veranstaltungsort war auch für mich eine Premiere, ist direkt gegenüber dem „Krahnstöver“, Ecke Grubenstraße, aber recht leicht zu finden. Angesichts der bemerkenswert interessanten Bilder in den Kellerräumen des Gebäudes hab ich mich dann schon ziemlich geärgert, die Ausstellungseröffnung verpasst zu haben. Wer diesen Termin ebenfalls versäumt hat, wird aber sicher auch noch in nächster Zeit die Gelegenheit haben, die Kunstwerke im Haus Böll bewundern zu können. Nach den entwicklungspolitischen Bildungstagen als Vorbereitung auf den Klimagipfel fand nun also die Nachlese als Auswertung dessen statt. Dazu sollte Prof. Dr. Felix Ekardt, der an der Uni Rostock im Bereich Umweltrecht und speziell als Leiter der Forschungsgruppe „Nachhaltigkeit und Klimapolitik“ arbeitet, einen Vortrag halten. Die Moderation des Abends übernahm Ulrich Söffker von den Grünen. Zur Einführung in das Thema (und damit auch wirklich jeder weiß, worum es geht) gab es erstmal einen kurzen Film über den Klimagipfel, der eigens von der Heinrich Böll Stiftung Berlin produziert wurde. Nicht nur in diesem, sondern auch während des Vortrags wurde schnell deutlich, dass der groß angekündigte Klimagipfel eigentlich kein konkretes oder befriedigendes Ergebnis erzielt hat. Klimaschutz ist im Wesentlichen die reduzierte Verwendung fossiler Brennstoffe. Seit 1990 sind die Emissionen weltweit um etwa 40% gestiegen, bis 2050 sollen sie global um ganze 80% wieder abgebaut werden. Für dieses Vorhaben ist natürlich ein radikales Umdenken erforderlich, welches nicht nur die verantwortlichen Politiker, sondern vor allem die breite Masse betrifft. Diesem Umdenken stehen allerdings wichtige Grundeigenschaften des Menschen selbst im Weg. Zuerst einmal die fehlende Lust des Konsumenten auf einen drastischen Wandel, etwa beim Fliegen, Autofahren, Heizen und Essen. Hinzu kommen Eigennutzen, Gewohnheit und übernommene falsche Werthaltungen. Das Hauptproblem ist aber, dass Klimaschutz ein Kollektivproblem ist: niemand kann das Klima alleine retten oder bedeutend dazu beitragen, was für den einzelnen ziemlich demotivierend ist. Doch obwohl das Handeln des einzelnen für den Klimaschutz unerheblich ist, macht es am Ende immer noch die Menge. Felix Ekardt geht hier mit gutem Beispiel voran, ist seit 17 Jahren Vegetarier, trinkt keinen Kaffee, hat keinen Führerschein und kein Handy. In den letzten Jahren hat das Bevölkerungsbewusstsein fürs Klima deutlich zugenommen und wird es auch weiterhin, wenn jeder seinen kleinen Beitrag für unser aller Zukunft leistet.
12. Februar 2010 | Weiterlesen
Anne Hertz: „Goldstück“ - Lesung
Am kommenden Sonntag ist Valentinstag, da darf Frau sich von ihrem Liebsten mal wieder so richtig verwöhnen lassen. Umgekehrt natürlich auch, aber Frauen sind ihren Partnern bei der Geschenksuche meistens kreativ weit überlegen und können den „Tag der Liebenden“ deswegen vermutlich viel stressfreier genießen. Zur gemütlichen Frauenrunde lud gestern Abend auch die neue Weilandbuchhandlung in der Kröpeliner Straße ein. Unter dem Motto „Ladiesnight“ fand eine Lesung zum Roman „Goldstück“ von Anne Hertz statt. Anne Hertz, das sind eigentlich die beiden Autorinnen und Schwestern Frauke Scheunemann und Wiebke Lorenz, die in Gemeinschaftsarbeit seit 2006 Bücher unter diesem Pseudonym veröffentlichen. Für beide war die Lesung gleich in zweierlei Hinsicht eine Premiere, da sie nicht nur erstmals in Rostock waren, sondern auch zum ersten Mal ihr neues Buch der Öffentlichkeit vorstellten. Während der Arbeit an „Goldstück“ haben die Schwestern vier Wochen lang im Hotel Boltenhagen gelebt, geschrieben, diskutiert und verhandelt. Ganz im Stil ihrer Bücher gab es auch gleich eine humorvolle Einstimmung in die Lesung, bei der die beiden Autorinnen verkündeten, zu einer richtigen Ladiesnight dürfe auf keinen Fall ein „Bauch-Beine-Po-Programm“ fehlen. Wie genau das aussehen würde, sollten die interessierten Besucherinnen später noch erfahren. „Goldstück“ ist einfach und bildhaft geschrieben und handelt von den alltäglichen Problemen der naiven Maike. Wie jeder typische Frauenroman beginnt auch dieser mit einer Trennung. Ihr Freund Gunnar verlässt Maike ausgerechnet in ihrer größten Lebenskrise und verlangt den sofortigen Kontaktabbruch. Auch ihre Geschäftsidee mit der Beteiligung an einem Sonnenstudio scheint unter einem schlechten Stern zu stehen, denn offensichtlich hat jeder von dem bevorstehenden Jahrhundertsommer gehört – außer Maike. Die beiden Autorinnen „Anne Hertz“ versprechen aber, dass der Roman für Maike gut ausgeht. Außerdem wurden noch zwei weitere Werke, nämlich „Trostpflaster“ und „Wunderkerzen“, in Kurzfassung vorgestellt. Zwischendurch wurde die Atmosphäre immer wieder von kleinen Dialogen und Albernheiten der Schwestern aufgelockert. Zu ihrem Fitnessprogramm kamen die zahlreichen Besucherinnen schließlich doch noch, als Autorin Wiebke Lorenz trotz technischer Probleme Songs wie Lady Gagas „Pokerface“ oder Max Raabes „Kein Schwein ruft mich an“ live und a cappella zum Besten gab. Dank der guten Stimmung und kostenlosem Wein stimmte das Publikum bald in den Refrain mit ein und und erlebte so eine Lesung der ganz besonderen Art.
10. Februar 2010 | Weiterlesen
Der Tartuffe im Volkstheater Rostock
In seinem „Schauspielführer von der Antike bis zur Gegenwart“ schreibt Georg Hensel „Wer sich über den genauen Ablauf der Handlung einer Molière-Komödie vor der Aufführung unterrichten möchte, dem müsste wegen Humorlosigkeit die Eintrittskarte entzogen werden, und schon der Versuch, die Handlung zu erzählen, wäre unter Strafe zu stellen.“ Wer sich diesem Ratschlag widersetzen konnte, kam am Montagabend im Theater im Stadthafen in den Genuss einer kleinen, aber feinen Voraufführung zur Komödie „Der Tartuffe“. Etwas früher als üblich – denn noch sind es etwa vier Wochen bis zur Premiere – zeigten die Schauspieler und das Team um den Dramaturgen Martin Ortega eine kurze Szene als Beispiel ihrer Arbeit. Die anschließende Gesprächsrunde nutzten alle Beteiligten, um der recht übersichtlichen Zahl an Zuschauern ihre Herangehensweise an den Stoff der Komödie genauer zu erläutern. „Der Tartuffe“ handelt von einem Betrüger, der nach und nach die gewohnten Strukturen und Denkmuster einer bürgerlichen Pariser Familie aufbricht. Als Familienoberhaupt Orgon dem Betrüger auch noch seine Tochter Mariane zur Frau geben will, müssen sich Mariane, ihr Verlobter Valère und die Haushälterin Dorine etwas einfallen lassen, um den Plan zu vereiteln. Mittelpunkt der Szene war zunächst ein großer Tisch. Rund um diesen Tisch zeigten die Schauspieler Lisa Spickschen, Petra Gorr und Paul Walther einen der vielen familiären Konflikte, die im Stück rasant und leidenschaftlich ausgefochten werden. Die für die Inszenierung verantwortliche Johanna Weissert und Bühnenbildner Ulrich Leitner erklärten, dass der Tisch auch bei der eigentlichen Aufführung eine zentrale Bedeutung hätte. Die Bühne wird im „Tartuffe“ weit in den Zuschauerraum verlagert, so dass die Zuschauer der ersten Reihen sich fühlen werden, als säßen sie direkt mit am Tisch. Diese Absicht wurde auch in der kleinen Beispielszene sehr deutlich. Die Schauspieler spielten in alle Richtungen und man hatte tatsächlich das Gefühl, nicht ein Beobachter sondern ein Beteiligter der Familiensituation zu sein. Familiäre Bindungen und Beziehungen, die selten völlig unbelastet sind, stellen zentrale Themen der Komödie dar. Es wurde bewusst darauf verzichtet, die Figur des Tartuffe schon vorab zu zeigen. Man darf jedoch auf ihn gespannt sein. Sorgt er doch als eine Art soziales Chamäleon dafür, dass die einzelnen Familienmitglieder nach und nach ihre Masken fallen lassen und enttarnt ihre Motive als nicht ganz uneigennützig. Dabei geht es um Scheinheiligkeit, Streben nach Geld und Statuserhalt. Die Gesprächsrunde zeigte deutlich, mit wie viel Begeisterung alle Beteiligten an die Umsetzung des „Tartuffe“ herangegangen sind, und alle waren sich einig, dass in dem historischen Stoff sehr viel Aktuelles steckt. Den Zuschauer erwartet eine schrille, witzige Komödie. Laut Regisseurin Johanna Weissert findet man im Tartuffe jedoch nichts, was nicht auch in den Boulevardseiten der jeweiligen Tagezeitungen stehen könnte, und auch Schauspieler Bernd Hölscher ist sich sicher, dass die Komödie nie so überhöht ist, wie das Leben selbst. „Der Tartuffe“ feiert am 5. März um 20 Uhr im Theater im Stadthafen Premiere und auch zur anschließenden Premierenfeier sind alle interessierten Besucher herzlich eingeladen. Die kleine Voraufführung am Montagabend hat jedenfalls Lust auf mehr gemacht.
9. Februar 2010 | Weiterlesen
Reiterumzug und Kutschfahrt durch Warnemünde
Juhu, endlich darf ich mal einen Blog über Pferde schreiben! Wie schon am Freitag angekündigt, spielten die edlen Tiere beim 1. Warnemünder Wintervergnügen eine ganz besondere Rolle und werden deshalb mit einem eigenen Textbeitrag geehrt. Schon als ich mir am Freitag ein erstes Bild der Veranstaltung gemacht hatte, waren einige Reiter unverhofft am Strand aufgetaucht und boten den Pferden damit nicht nur die Gelegenheit zur Gewöhnung an die Umgebung, sondern den Strandspaziergängern auch viele schöne Fotomotive. Der spontane Ausritt wurde allein durch das herrliche Wetter ermöglicht und so lag die Hoffnung natürlich nahe, dass Petrus uns auch am Samstag nicht im Stich lassen würde. Und wenn man den Pferden schon einmal so nahe ist, muss man sie natürlich unbedingt auch mal anfassen. Da nehmen sich Kleinkind und Pferdefreund gar nichts. Meine auserwählten Kandidaten dazu waren das süße Schimmelpony Rosi und die unbekannte Schönheit einer großen Friesenstute, beide aus Lambrechtshagen. Und wie man so mit den Fingern durch das dichte weiche Winterfell fährt, blutet einem ja schon irgendwie das Herz. Immerhin liegt mein letzter Pferdekontakt – Schneechaos sei Dank – schon ganze anderthalb Wochen zurück. Am frühen Samstagmorgen war der Himmel dann von einer unheilvollen Wolkenschicht bedeckt, die der Farbe des Schneematsches zu unseren Füßen in nichts nach stand. Bis zur Mittagszeit hatten sich die Wolken aber zum Glück verzogen, sodass die Sonne vor strahlend blauem Himmel wieder für allerbeste Beleuchtung und ein wenig Wärme sorgte. Auf dem direkten Weg vom Leuchtturm zum Strand war schon eine beträchtliche Ansammlung von Pferdeanhängern geparkt, wie man sie sonst nur von größeren Turnieren kennt. Und tatsächlich waren im Strandabschnitt hinter der Strandoase auch schon die dazugehörigen Reiter mit ihren Pferden zu sehen. Viele interessierte Zuschauer hatten sich ebenfalls am Strand versammelt, um sich dieses erstmalige Ereignis nicht entgehen zu lassen. Der Reiterumzug sollte planmäßig um halb zwei am Leuchtturm beginnen, doch wie bei allen Großveranstaltungen verzögerte sich auch hier der Start. Der Reiterabteilung sollte das Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Warnemünde sowie eine Kutsche folgen. Die Kutsche, ein Planwagen mit schönem Friesengespann, stand ebenfalls schon am Strand bereit und wartete auf das Startsignal. Im Gespräch mit der zuständigen Pferdewirtin erfuhr ich, dass sie vom Reiterhof Jürß in Bartenshagen bei Bad Doberan kommen. Im weiteren Gespräch ergab sich außerdem, dass die laufenden Kosten eines Pferdes gar nicht so hoch sind, wie ich immer gedacht hatte. Nur zur Erinnerung, nächsten Sonntag ist Valentinstag ;-) Den Fahnenträgern der Pferdefreunde Ostseeküste e.V. folgend, machte sich die Abteilung aus Reitern, Kutsche und Feuerwehr auch bald schon auf den Weg durch Warnemünde. Am Alten Strom entlang war der Umzug natürlich ein überaus willkommenes Fotomotiv für erstaunte Touristen. Gegenüber der Brücke ging es in die Seitenstraße rein, an der Kirche vorbei und weiter Richtung Hotel Neptun. An dieser Stelle verabschiede ich mich vorübergehend vom Umzug und versuche die Reiterabteilung an der Strandpromenade wieder abzupassen. Während ich dort also noch abwechselnd an Promenade und Strand nach ihnen Ausschau hielt, hätte ich die Reiter fast verpasst, als sie stattdessen an der Straße am Hotel Hübner vorbei geritten kamen. Am Leuchtturm vorbei ging es dann wieder zurück zum Strand, wo in der Zwischenzeit ein großes Dressurviereck aufgebaut worden war. Während der Planwagen anschließend Touristen durch Warnemünde kutschierte, wurde im Parcours am Strand ein kleines Programm für die Zuschauer vorbereitet. Westernreiter haben ja bekanntlich den verstärkten Drang ihr Können (oder sehr viel eher das ihrer Pferde) bei jeder Gelegenheit der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass die ahnungslosen Zuschauer von den vorgeführten Spins und Slide Stops zutiefst fasziniert gewesen sein mussten und jede Gelegenheit nutzten, im dichten Gedränge ihre Digicams zu zücken. In der Zwischenzeit wurde im Viereck ein kleiner Hindernisparcours aufgebaut, in dem Ponyspiele veranstaltet werden sollten. Nach Einteilung der Mannschaften und Probedurchlauf ging es dann ordentlich zur Sache, als die jungen Reiterinnen mit ihren Ponys im tosenden Galopp durch die Slalom-Stangen fegten. Insgesamt war es ein schönes Programm, das die Reiter für das 1. Warnemünder Wintervergnügen vorbereitet hatten, mit vielen schönen aber auch einigen traurigen Gedanken trete ich meinen Heimweg an. Vor drei oder vier Jahren hätten wir Mädels uns sicher mit allen Lichtenhägener Schul- und Privatpferden ebenfalls an dem Umzug beteiligt.
6. Februar 2010 | Weiterlesen
Eisbaden der Rostocker Seehunde
Es ist Samstag früh kurz vor 10, für den normalen Angestellten die beste Gelegenheit mal so richtig lange zu schlafen. Umso mehr wundert es mich, dass trotzdem schon ungewöhnlich viele Menschen auf den Beinen sind und mit den ersten Zügen nach Warnemünde und zum Strand strömen. Scheinbar erregt das 1. Warnemünder Wintervergnügen doch mehr Aufsehen, als ich zunächst vermutet hatte An der Strandpromenade wird schon mal das bunte Karussel aus seiner nächtlichen Verpackung befreit, die ersten Buden sind geöffnet und die Feuerwehr nimmt auch wieder ihren gewohnten Platz ein. Warnemünde erwacht so langsam. Auch am Strand ist einiges los. Die Strandoase hat bereits geöffnet und lockt schon morgens mit Glühweinduft die ersten Besucher in ihre Iglus und Strandkörbe. Viele Besucher und Einheimische kämpfen sich durch den tiefen schneebedeckten Sand, nicht zuletzt weil bereits um diese Zeit der erste große Programmpunkt des Tages erwartet wird. Um 10 Uhr soll am Strand auf Höhe des Hotels Hübner das traditionelle öffentliche Eisbaden der Rostocker Seehunde stattfinden. In Wassernähe scheint der Schnee besonders kalt und tief zu sein, der Sand hat direkt vor dem Meer sogar eine Art Stufe gebildet, die das Erreichen des Wasser zusätzlich noch einmal erschwert und zu denken geben sollte. Im Gegensatz zum Weihnachts-Eisbaden im vergangenen Dezember haben sich heute reichlich Schaulustige am Ufer versammelt, um das Spektakel zu beobachten. Mir persönlich klappern vom bloßen eisigen Wind schon die Zähne und es drohen alle Finger einzeln nacheinander abzufallen. Bevor ich allerdings noch weiter in meine Horrorfantasien ausschweifen kann, erscheinen die ersten mutigen Seehunde am Strand und bereiten sich auf ihr wöchentliches Ritual vor. Ohne zu zögern breiten die Eisbader ihre Handtücher vor sich im Schnee aus und streifen die wärmende Kleidung ab. In mehr oder weniger knapper Badebekleidung aber mit unverminderter Begeisterung wird schließlich direkt am Ufer inmitten der neugierigen Zuschauermenge das Banner der Rostocker Seehunde aufgestellt und sich zum Gruppenfoto postiert. Diese Gelegenheit lassen sich die zahlreichen Touristen natürlich nicht entgehen, sodass mein Schnappschuss dieser Situation im dichten Gedränge beinahe misslingt. Als sich die ersten Todesmutigen dann in die eiskalten Fluten der Ostsee stürzen, folgt die begeisterte Menge auch sogleich bis zum Rand des Ufers, wo das Fotografieren ebenfalls dank Geschiebe und Geschubse sichtlich erschwert wird. Die Eisbader dürfen sich dafür über herrlichen Wellengang bei Minusgraden freuen. Nach wenigen Minuten kehren die ersten zum Strand zurück, wo es bei unvermindert kaltem Wind aber allem Anschein nach überglücklich zurück in die Winterkleidung geht. Im Namen aller Schaulustigen kann ich mich bei den Rostocker Seehunden nur für dieses immer wieder spannende Erlebnis bedanken – trotzdem wird es für mich wohl vorerst aber beim Zuschauen bleiben.
6. Februar 2010 | Weiterlesen
1. Leuchtturm(Winter)Rock in Warnemünde
Nachdem ich mir am Nachmittag schon einen ersten Eindruck vom Warnemünder Wintervergnügen machen konnte, stand abends nun auch die Erkundung des Nachtlebens auf dem Programm. Warnemünde ist ja nicht unbedingt als Partymeile bekannt, lädt mit seinen vielen kleinen Kneipen und Bars aber schon mal zu gemütlichen Abenden unter Freunden ein. Gleich am Freitag, dem ersten Tag des Wintervergnügens, sollte dazu ein kleines Musikfestival stattfinden. In vier Bars und Cafés in direkter Leuchtturmnähe wurden zwischen 20 und 24 Uhr Live-Konzerte in gemütlicher beheizter Atmosphäre gegeben. Über Pop, Rock, Blues und Rock’n Roll müsste für jeden Besucher etwas dabei gewesen sein. Als ich also am Freitagabend im nächtlichen Warnemünde ankomme, habe ich eigentlich fest mit lauten Schlagzeug- und Gitarrensounds aus den umliegenden Kneipen gerechnet. Stattdessen erwartet mich eine fast schon beängstigende Ruhe, die mich zweifeln lässt, ob die Veranstaltung überhaupt stattfindet. Dafür scheint am Strand noch einiges los zu sein. An der Strandoase feiern noch recht viele Besucher bei Glühwein und Lagerfeuer in die Nacht hinein, Musik aus den umstehenden Lautsprechern verbessert zusätzlich die Feierstimmung. Leider ist die nächtliche Strandoase nicht mein eigentliches Ziel, sodass ich schweren Mutes wieder Richtung Leuchtturm ziehe. Mit dem Programm im Gepäck suche ich die erste der vier Locations auf, die ich nach Möglichkeit heute alle einmal ansehen will. Das erste Ziel meiner Route ist „Kläusi’s Kartoffelstube“, praktischerweise direkt am Leuchtturm unweit des Informationszentrums der Seenotretter gelegen. Kaum bin ich durch die Tür getreten, komme ich überrascht auch gleich wieder zum Stehen. Auf gefühlten acht Quadratmetern wurden hier nicht nur eine Bar und einige Tische aufgestellt, sondern auch noch einige Musiker in die Ecke gequetscht. Michael Treptow gibt hier mit Gitarre Blues und Rock zum Besten. Obwohl sicher noch keine zehn Gäste im Restaurant sitzen, kriege ich schon vom an der Tür stehen Platzangst. Nach dem obligatorischen Beweisfoto für meine Anwesenheit stehe ich auch schon wieder draußen auf der Straße, wo ich erleichtert nach Luft schnappe. Der nächste Veranstaltungsort ist das Coaast-Rockcafé, nur wenige Türen von der Kartoffelstube (Stube!!) entfernt. Der Plattenladen wirkt auf den ersten Blick schon ziemlich gemütlich, die Wände sind mit eingerahmten Plakaten vergangener Musiker geschmückt. In der hintersten Ecke des schmalen Raumes gibt es Rock unplugged von Mark Hantusch, bei einem Eintreffen wird gerade Johnny Cash’s Version von „Personal Jesus“ gecovert. Die Atmosphäre ist etwas stickig aber sympathisch, jeder scheint hier jeden zu kennen. Aber obwohl ja angeblich in der kleinsten Hütte Platz ist, sind auch hier die Sitzplätze äußerst rar, sodass ich mich nach einer Weile hoffnungsvoll zu meinem nächsten Ziel aufmache. Wenn das so weiter geht, bin ich heute wohl noch unverhofft früh zu Hause. Da ich erstmal blind an der „Stranddiele“ vorbei laufe, ist meine nächste Station das „Hurricane“, welches direkt neben dem Hotel Hübner liegt. Das Restaurant ist groß und geräumig, an mangelndem Platz wird es hier also wohl nicht scheitern. Und tatsächlich sind nur wenige Gäste hergekommen, um bei Vollverpflegung die Live-Musik zu genießen. An der Band kann das jedenfalls nicht liegen. Jackbeat spielen mit Schlagzeug, E-Gitarre und Bass das volle Programm aus mitreißendem Beat, Rock und Rock’n Roll, eben genau wie ich es anfangs hoffnungsvoll erwartet hatte. Zu meiner großen Überraschung ist die Band an der Gitarre mit RPS-Chef Christian Hänsel und am Bass mit meinem langjährigen Gitarrenlehrer Pierre Sandeck besetzt. Dieser Auftritt ist aus meiner Sicht das unangefochtene Highlight des ganzen Abends, sodass ich bei guter Unterhaltung und Verpflegung noch eine ganze Weile dort verbringe. Leider hab ich immer noch nicht alle Live-Auftritte gesehen, und obwohl die letzte der vier Bands längst keine unbekannte Größe mehr für mich ist, muss ich mich schließlich doch vom „Hurricane“ verabschieden. Gerade als ich an den dunklen Ständen an der Strandpromenade vorbei eile und von irgendeinem Betrunkenen rufend verfolgt werde, erscheint plötzlich die „Eisdiele“ wie eine rettende Oase direkt vor meinen Augen. In reizvollem Jugendstil-Ambiente hat hier die Band Spill ihren Live-Auftritt. Viele dürften sich noch an ihren Auftritt beim Leuchtturm in Flammen erinnern. Mit E-Gitarre und elektrisch verstärktem Kontrabass spielen die Warnemünder bekannte Cover aus Country, Rock und Pop vor dem begeisterten Publikum. Mit vielen neuen Eindrücken und Bildern mache ich mich durch das nachtschwarze Warnemünde auf den Heimweg. Hoffentlich bleibt uns das Warnemünder Wintervergnügen im nächsten Jahr erhalten, darf sich noch größerer Bekanntheit und Besucherzahlen erfreuen und kann sein Programm dann noch erweitern.
6. Februar 2010 | Weiterlesen
1. Warnemünder Wintervergnügen
Jetzt, wo endlich das lang ersehnte Tauwetter einsetzt und es Hoffnung auf den Frühling gibt, haben sich die Warnemünder zur Feier der Saison noch einmal richtig etwas einfallen lassen. Um Einheimische wie Touristen nach Weihnachten und dem „Leuchtturm in Flammen“ erneut bei frostigen Temperaturen für das Ostseebad erwärmen zu können, findet an diesem Wochenende das 1. Warnemünder Wintervergnügen statt. In diesem Rahmen wird von Freitag bis Sonntag jeweils ganztägig so allerhand in Warnemünde geboten. Hauptschauplätze sind vor allem der Strand, der Leuchtturmvorplatz sowie die Strandpromenade. Schon an der Brücke über den Alten Strom weist ein großes Schild über den Köpfen der ankommenden Menschenmassen auf das Ereignis hin. Interessierte finden dort auch das Programm für das ganze Wochenende, alle anderen werden spätestens beim Eintreffen am Leuchtturm auf die Veranstaltung aufmerksam. Direkt auf dem Leuchtturmvorplatz wurde die sogenannte Wintertaverne aufgebaut. Verschiedene Stände im Fachwerkstil wurden dort unter einer gemeinsamen Überdachung zusammengeschlossen und bieten den Besuchern so Schutz vor Wind und Wetter. Bei wärmender Heizung lassen sich Speis und Trank sowie regionale Köstlichkeiten, handgefertigter Schmuck und Kleidung noch viel gemütlicher genießen. Vor der schönen maritimem Kulisse mit dem Warnemünder Leuchtturm wurden außerdem entlang der Strandpromenade die altbekannten Stände mit Glühwein, Bratwurst, Lebkuchenherzen (ja immer noch) und einigen anderen warmen Leckereien aufgestellt. Ganz am Ende der Reihe findet sich auch ein Stand mit eingetüteten Bonbons wieder, die je nach Zeit und Region von Oma, aus Polen oder Bayern stammen sollen. Direkt im Schatten des Leuchtturms wurde zum sportlichen Vergnügen eine künstliche Spritzeisbahn errichtet. Dank milder (Frühlings-) Temperaturen kann diese allerdings noch nicht in Gang gesetzt werden, wird aber, genauso wie die Wintertaverne, noch die nächsten zwei Wochen dort stehen bleiben und auf die Rückkehr des Winters warten. Am Strand schien mindestens genauso viel los zu sein wie auf der Promenade. Einige besonders mutige Männer stemmten sich mit großen Lenkdrachen gegen den Wind und der schneebedeckte Strand lud (mit oder ohne Hund) zu ausgedehnten Winterspaziergängen ein. Das eigentliche Highlight am Strand war aber die eigens fürs Wintervergnügen errichtete Strandoase. Etwa auf Höhe des Leuchtturms wurden mitten im Sand zwei gewaltige aufblasbare Iglus aufgebaut, die in ihrem Inneren mit Bar und Strandkörben zum Trinken einluden. Draußen waren viele weitere Strandkörbe neben den obligatorischen Glühwein- und Bratwurstbuden im Halbkreis aufgestellt. Gegen Nachmittag entzündete die freiwillige Feuerwehr in der Mitte ein großes Lagerfeuer, welches bei langsam untergehender Sonne für warme Gedanken und romantische Gefühle sorgte. Zur großen Überraschung der Besucher erschienen auch die Reiter der Pferdefreunde Ostseeküste e.V. heute schon am Strand. Weil das Wetter so günstig war, hätten sie sich spontan entschieden, auch heute einen Beitrag zum Programm des Wintervergnügens zu leisten. Ein fantastischer Anblick, über den ich jetzt noch seitenweise schreiben könnte, allerdings bekommt dieser Programmpunkt morgen einen ganz eigenen Blog. Ihr dürft schon mal gespannt sein!
5. Februar 2010 | Weiterlesen
Tanja Kinkel: „Im Schatten der Königin“
Nachdem die Eröffnung für mich ja völlig überraschend kam, hab ich mich 2 Tage später schon ganz gut an unsere neue Weiland-Buchhandlung in Kröpi-Nähe gewöhnt. Die neue Fassade passt toll ins Stadtbild und wenn man mal zwanzig Minuten Zeit hat, um sein Buch weiter zu lesen, ist Weiland von der Straße aus auch besser zu erreichen als Thalia im KTC. Damit hab ich mich vermutlich gerade als neuer Stammkunde geoutet… Am Donnerstagabend fand schon die zweite Lesung in der neuen Buchhandlung statt und damit ein kleines Kontrastprogramm zur vorherigen mit Hellmuth Karasek. Die erste Auffälligkeit war die drastische Reduzierung der Stuhlreihen fürs Publikum. Dabei stellt sich die Frage, ob der große Andrang vom letzten Mal am Autor oder der Neueröffnung lag. Und zum anderen wurden die kostenlosen Getränke diesmal in vornehmen Gläsern aus Glas statt Plastik serviert. Tatsächlich lassen sich die Gäste erst nur an zwei, schließlich aber an ganzen drei Händen abzählen. Während draußen vor dem dunklen Fenster noch träge das Band roter Werbeluftballons im Wind auf und ab schwebt, wird die Rolltreppe endlich ausgeschaltet und die Lesung kann beginnen. „Im Schatten der Königin“ ist Tanja Kinkels dreizehnter Roman. Über diese Zahl kann man jetzt streiten wie man will, der Titel und das Buchcover sehen jedenfalls schon mal vielversprechend aus. Eigentlich erscheint der Roman erst Mitte des Monats offiziell, die Lesung ist also die einmalige Gelegenheit einer Vorabpremiere. Wie der Titel schon andeutet, handelt es sich um einen historischen Roman, der im 16. Jahrhundert in England spielt. Eines schönen Sonntags stürzt die junge Amy Robsart unter mysteriösen Umständen die Treppe hinunter und verunglückt dabei tödlich. Hauptverdächtiger ist sofort ihr Ehemann Robert Dudley, der sich Hoffnungen auf die Hand der Königin Elisabeth I. macht und seine Gattin loswerden musste. Thomas Blount, Dudleys engster Vertrauter, will Amys Tod unter allen Umständen aufklären, um Dudley zu schützen. Aber auch Kat Ashley, die Gouvernante der Königin, muss unbedingt die Wahrheit herausfinden. In dem Buch gibt es zwei Ich-Erzähler, zuerst Thomas Blount und später Kat Ashley. Tanja Kinkel verspricht, dass am Ende des Romans nicht nur Amys Tod aufgeklärt wird, sondern der Leser auch von den Reaktionen der einzelnen Personen überrascht sein wird. Neben ihrem erstmaligen Experiment mit den Ich-Erzählern, hat der Roman auch den kleinsten Handlungsrahmen von allen, nämlich nur eine Woche. Nachdem sie einige Abschnitte aus ihrem Buch vorgelesen hat, erzählt Tanja Kinkel von dem Aufwand, der hinter jedem ihrer historischen Romane steckt. Zwei Jahre lang arbeitet sie an jedem Buch, davon sind 1,5 Jahre Recherche und ein halbes Jahr Schreiben und Korrektur. Bei der Recherche entscheidet sie über die Figuren und versucht sich ihnen anzunähern. Außerdem verreist die Autorin ausgesprochen gern und besucht nach Möglichkeit die Handlungsorte ihres Buches, um sich vor Ort Beschreibungen aus früherer Zeit zu besorgen. Viel zu schnell ist die spannende Lesung vorbei. Obwohl nur wenig Besucher gekommen waren, schienen diese umso mehr von der Autorin überzeugt und ließen sich zu großen Teilen ihr Buch signieren. Bei vergleichsweise mildem Tauwetter gestaltete sich gestern sogar der anschließende Heimweg wieder erträglich.
5. Februar 2010 | Weiterlesen
Kita „Haus Sonnenblume“ wiedereröffnet
Laut einer aktuellen Studie gibt es in Ostdeutschland zu wenig Personal in Kindertagesstätten. Besonders bei uns im Nordosten sind die Kitas sehr schlecht besetzt, so kommen hier rechnerisch 13,4 Kinder auf einen Betreuer, in Bremen dagegen werden nur 8 Kinder von einem Erzieher betreut. Dafür, dass sich die Kinder trotz der ungünstigen Betreuungsregulation in ihrer Kita wohl fühlen, wurde gestern Nachmittag ein wichtiger Schritt getan. Nach monatelanger Arbeit ist der Umbau der Kita „Sonnenblume“ in Lichtenhagen endlich abgeschlossen und das Haus neu und bezugsfertig. Zur feierlichen Wiedereröffnung waren nicht nur zahlreiche Kinder mit ihren Eltern gekommen, sondern auch Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling. Nachdem er die gelungene Sanierung gelobt und seine Glückwünsche ausgesprochen hatte, wurde der symbolische Schlüssel an Petra Täubert übergeben, die die Einrichtung seit Mitte Januar leitet. Das neue Herzstück der Kita ist die große sonnendurchflutete Eingangshalle, die den Kindern nicht nur als Indoorspielplatz dienen wird, sondern auch als Veranstaltungsraum für Lichtenhagen zur Verfügung steht. Gleich nebenan wurde eine Kinderküche errichtet, in der die Kleinen künftig auch selbst am Herd stehen sollen. Außerdem wurden eine Sporthalle und ein Theaterraum gebaut, die ihren Teil zur positiven Entwicklung der Kinder beitragen sollen. Eine Sauna sowie ein Baumhaus auf dem 8000 Quadratmeter großen Außengelände sind im Laufe des Jahres noch geplant. Während der Umbauarbeiten wurden die Kinder von Juni bis Dezember letzten Jahres in Container hinter dem Haus umquartiert. Zu Beginn des neuen Jahres durften alle wieder zurück in die Einrichtung ziehen, die Strapazen gehören nun endgültig der Vergangenheit an und die Erleichterung ist Kindern wie Betreuern deutlich anzumerken. In den zwei Krippen- und sieben Kindergartengruppen der Kita „Haus Sonnenblume“ sind 160 von 174 verfügbaren Plätzen belegt. Im Laufe der Sanierung wurde ein Gruppentrakt behindertengerecht umgebaut, in dem zwei integrative Gruppen für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf betreut werden können. Auch die sprachliche Entwicklung für Kinder mit Migrationshintergrund wird dort besonders gefördert. Die Kita erstrahlt nun außen wie innen in neuem Glanz und wird von nun an hoffentlich nicht nur zur steigenden Attraktivität des Stadtteils beitragen, sondern auch vielen Kindern in Lichtenhagen den Alltag verschönern.
4. Februar 2010 | Weiterlesen
Premiere „Die Wanze“ im Volkstheater Rostock
Fast eine Woche nach Beginn der lokalen Unwetterkatastophe ist die Lage immer noch unverändert, oder dank anhaltendem Schneefall eher noch schlechter. Ein Ende scheint nicht in Sicht, ganz im Gegenteil – das Schneechaos soll sich angeblich noch bis Ostern hinziehen. Für das Finden der bunten Ostereier dürfte das einen riesengroßen Vorteil bedeuten, aber bei dem dünnen Geschenkpapier müssen wir uns wohl noch etwas einfallen lassen. Unter der dicken Schneeschicht haben die Frühblüher auch eher schlechte Karten, die Gartensaison verschiebt sich dieses Jahr wohl um einige Wochen (Monate?) nach hinten. Für warme Gedanken und Vorfreude auf die Gartenzeit sorgte dafür das Theaterstück „Die Wanze – Ein Insektenkrimi“, das am frühen Mittwochvormittag seine Premiere feierte. Für mich war es gleich in zweifacher Hinsicht eine Premiere, da ich nicht nur das Stück zum ersten Mal sah, sondern auch nie zuvor im Ateliertheater des Volkstheaters war. Viel Zeit zum Genießen der Räumlichkeiten blieb allerdings nicht, da ich mich (Schneechaos sei Dank) ziemlich verspätet hatte. Die wenigen Reihen des Ateliertheaters waren voll besetzt und die meisten Gäste schienen Kinder zu sein. „Die Wanze“ ist ein Ein-Mann-Stück, gespielt von Dirk Donat, der selbstverständlich sämtliche Rollen des Stücks selbst übernimmt. Das Bühnenbild ist vergleichsweise einfach gehalten, Nebendarsteller werden durch veränderte Körperhaltung und Stimmlage oder Gegenstände dargestellt. Hauptfigur des Stückes ist der Käfer Muldoon, genannt „die Wanze“. Als im Garten rätselhafte Dinge passieren, die bedrohliche Spinne neuerdings immer auf der Terrasse auftaucht und Ameisen spurlos verschwinden, wird dem Ameisenvolk Angst und Bange. Muldoon wird von der Ameisenkönigin höchst persönlich als Privatdetektiv beauftragt, um dem Problem auf den Grund zu gehen. Wie man es von einem richtigen Krimi erwartet, stößt Muldoon dabei auf jede Menge Widerstand, gerät in tödliche Gefahr, wird erbarmungslos verfolgt und entdeckt schließlich, dass alles noch ein wenig komplizierter und verstrickter ist, als er anfangs gedacht hatte. Obwohl für die Proben der „Wanze“ nur 3 Wochen Zeit blieben, spielt Dirk Donat jede seiner Rollen fantastisch und sehr überzeugend. Das Stück wird ab 9 Jahren empfohlen und ist für Kinder wie auch Erwachsene sehenswert. Die nächsten Gelegenheiten bieten sich dazu am 07.03. und 14.03. um 18:00 Uhr sowie am 16. März um 10:00 Uhr im Ateliertheater. Da bei der Premiere leider keine Fotos gemacht werden durften, bedanken wir uns recht herzlich beim Volkstheater Rostock, dass sie uns ihre Fotos von Dorit Gätjen für den Artikel zur Verfügung gestellt haben.
3. Februar 2010 | Weiterlesen
Hellmuth Karasek „Ihr tausendfaches Weh und Ach“
Gleich am ersten Tag und noch vor der offiziellen Eröffnung wurde in der neuen Weiland-Filiale gegenüber vom KTC eine Lesung veranstaltet. Die neue Buchhandlung schien ja ganz schön für Aufregung gesorgt zu haben, immer wieder konnte ich Menschen beobachten, die vergeblich vor den großen Glastüren standen. Doch vor der Eröffnung und außerhalb der Lesung gab es für potentielle Kunden leider noch keinen Einlass. Dafür war die Begeisterung und der Andrang neugieriger Besucher kurz vor Beginn der Veranstaltung umso größer. Viele Gäste waren gekommen, um nicht nur die Lesung zu besuchen, sondern auch vor allen anderen die nagelneuen Räumlichkeiten zu begutachten. Meine Befürchtung bezüglich des sauberen Teppichbodens schien sich allerdings nicht zu bestätigen – oder jedenfalls noch nicht. Mit der hell erleuchteten Rolltreppe fährt der Gast bequem ins Obergeschoss, wo ihn inmitten der hohen Bücherregale bereits zur Hälfte gefüllte Sitzreihen erwarten. Bei einem kostenlosen Glas Wein, Saft oder Wasser lässt es sich entspannt umschauen und auf den Beginn der Lesung warten. Ich habe großes Glück und ergattere gerade noch einen Platz in der dritten Reihe, von wo aus man das Geschehen vorne ganz gut im Blick hat. Hellmuth Karasek begrüßt uns mit der Feststellung, er sei überrascht, dass so viele Zuschauer gekommen seien und dass er selbst auch in Rostock angekommen sei. Er war erst am selben Tag mit der einzigen Bahn von Hamburg hierher gefahren und wäre bis zum Ende nicht sicher gewesen, ob er überhaupt ankäme. Zur Einleitung in sein aktuelles Buch erzählt er aus den 50er Jahren in den USA, von Marilyn Monroe und dem Scheitern ihrer Ehe, von der Gleichberechtigung der Frau in der DDR. Dass durch die Einführung der Pille zwar die Trennung von Lust und Vermehrung möglich wurde, das Maß von Glück und Unglück seit ihrer Popularität (und deren Folgen) allerdings gleich blieb. Anschließend liest Hellmuth Karasek einige Kapitel aus seinem Buch „Ihr tausendfaches Weh und Ach – Was Männer von Frauen wollen“ vor. Dieses Werk ist laut Karasek ein „Rückblick auf die trostlose Verlustsituation“, die er früher mit Frauen erlebt habe. Es gäbe viele Parallelen zu seinem eigenen Leben, einiges wurde dabei aber umgeändert, meistens jedoch nicht zum Vorteil der Erzählerfigur. Aus vielen Geschichten entsteht so eine einzige Geschichte über 50 Jahre Geschlechterkampf. Dass vor allem der Mann es an der Seite der emanzipierten aufstrebenden Frau nicht immer einfach hatte, wird schnell deutlich. Karasek schildert humorvoll seine Selbstversuche in der unbekannten Welt der Frauen, die keineswegs immer glücklich und erfolgreich verliefen. Zum Abschluss der Lesung gibt er noch einen Witz zur Emanzipation der Frau zum Besten. Derzeit arbeitet Karasek an einem eigenen Buch über Witze, der Erscheinungstermin dieses Werkes ist allerdings noch unklar („hoffentlich noch zu Lebzeiten“). Laut Freud geben Witze Einblicke in verborgene Gedanken, Karasek sieht in ihnen vor allem den Zusammenhang mit aktuellen Problemen und Konflikten. Nach der Lesung ist der Autor gern noch bereit („ein Autor macht nichts lieber“) seine Bücher zu signieren und Fragen der Leser individuell zu beantworten. Hinaus aus der wohligen Wärme geht es wieder rein ins nächtliche Schneetreiben, ein Ende des Unwetters ist wohl noch nicht abzusehen.
3. Februar 2010 | Weiterlesen
Vorstellung der neuen Weiland-Buchhandlung
Langsam ist der ganze Schnee echt nicht mehr lustig. Jetzt schneit es schon den ganzen Tag ununterbrochen und ein Ende des Flockenregens scheint noch lange nicht in Sicht zu sein. Als treuer Kunde der RSAG kommt man sich dieser Tage manchmal ziemlich verlassen vor, wenn man Ewigkeiten an Hauptverkehrspunkten zubringen muss, weil scheinbar ganze Bus- und Bahnlinien ausgefallen sind. Es konnte nur reiner Zufall oder mein ohnehin schon überdosiertes Glück sein, dass ich es trotz aller Hindernisse noch pünktlich zum Presseempfang in die neue Weiland-Buchhandlung schaffte. Für alle Normalsterblichen bleibt der Zugang in die neuen Räumlichkeiten heute noch verwehrt, die offizielle Eröffnung findet dann am Mittwoch statt. Bisher war mir der neue Standort der Buchhandlung oder auch nur ihr Umbau bei meinen Aufenthalten in der Innenstadt noch gar nicht aufgefallen. Als ich dann inmitten der Schneewehen vor der gläsernen Eingangsfront und dem leuchtend roten Logo stehe, ist es schon eine kleine Überraschung. Die neue Buchhandlung scheint wie über Nacht aus dem Boden gestampft. Auch andere Passanten werden im Vorübergehen schnell darauf aufmerksam und spähen in den erleuchteten Innenraum, ich darf mich glücklich schätzen eingelassen zu werden. Filialleiter Florian Rieger begrüßt uns herzlich und stellt uns während eines kleinen Rundgangs die neuen Räumlichkeiten und Besonderheiten von Weiland vor. Auffällig ist der leuchtend rote Teppich, der mir bei dem Gedanken an die vielen schneeverschmutzten Stiefel jetzt schon Leid tut. Die Bereiche an der Treppe wurden außerdem mit Holz verkleidet, scheinbar wird jetzt viel Wert auf Gemütlichkeit gelegt. Zeitungen und Regionales liegen wie gewohnt griffbereit vorn im Eingangsbereich und auch die aktuellen Bestseller sind leicht zu finden. Die erste neue Besonderheit taucht dann auf Höhe der Kasse auf: die Non-book-Strecke. Passend zu verschiedenen Büchern werden hier unzählige kleine Geschenkartikel angeboten, die verzweifelte Suche nach dem passenden Präsent wird so zum Kinderspiel. Die kleinen Geduldspiele und vor allem eine wunderschöne gepunktete Tasse (obwohl Punkte und ich ja ein eher schwieriges Verhältnis haben) sind mir dort sofort ins Auge gefallen. Neuigkeiten im Erdgeschoss sind außerdem ein gewaltiges DVD-Regal, weitere Tische mit niedlichen Deko-Artikeln und eine eBook-Station. Da Buchhändlern ja immer Angst vor Technik nachgesagt wird, will sich Weiland hier des Klischees entledigen und hat eigens für diese Geräte eine Ansprechpartnerin im Haus. Wahlweise über die Treppe, mit einer der beiden Rolltreppen oder dem Fahrstuhl geht es hoch ins Obergeschoss. Dort erwartet den ahnungslosen Besucher eine kunterbunte Kinderbuchabteilung, die sich wirklich sehen lassen kann. Dieser Bereich hat sich im Vergleich zu vorher nicht nur deutlich vergrößert, sondern wurde auch mithilfe eines Farbsystems nach Alter der Kinder gekennzeichnet. Der Familienbereich setzt sich auf der oberen Etage fort, neben Jugendbüchern gibt es Themenbereiche zu Kochen, Haushalt und Gesundheit. Weiteres Highlight im Obergeschoss ist das eingebaute Café. Bei Kaffee, Fruchtsaft und Kuchen kann man sich gemütlich hinsetzen und das (Schnee-?) Treiben auf der Kröpeliner Straße beobachten. Damit wird auch schon ein weiterer wichtiger Punkt der neuen Buchhandlung angesprochen. Der niedergelassene Handel entdeckt seine Stärken im Vergleich zum Internet wieder, der Kunde soll bei Weiland seine Freizeit verbringen und genießen. Dazu gehören auch die vielen gemütlichen Sitzgelegenheiten, die über alle Etagen verteilt sind und zum verweilen einladen. Dabei ist es ausdrücklich erwünscht, dass Kunden die zum Verkauf angebotenen Bücher lesen und sich auch für eine längere Weile im Buchladen aufhalten. Neben Literatur steht auch das Angebot, sich an der Kasse einen Zugangscode geben zu lassen und damit eine Stunde lang kostenlos mit dem eigenen Laptop das WLAN von Weiland nutzen zu können. Im Untergeschoss haben die schönen Kalender endlich eine eigene übersichtliche Abteilung bekommen. Die Fachliteratur verschiedener Bereiche kann an eigens aufgestellten beleuchteten Tischen von Studenten und Interessierten gelesen werden. Mit der Errichtung der neuen Filiale zieht auch Weiland weg vom Neuen Markt und in Richtung des Kröpeliner Tors. Seit dem Bau des Kröpeliner Tor Centers gab es in dieser Entwicklung einen unübersehbaren Trend, dem bereits viele weitere Läden gefolgt sind. Die alte Weiland-Filiale soll aber bis zum Sommer dieses Jahres mit reduziertem Buchbestand bestehen bleiben, erst danach wird die Kette wieder auf eine einzige Filiale in unserer Innenstadt beschränkt werden – mit neuen modernen Räumlichkeiten und in der besten Lage, die man sich nur wünschen kann.
2. Februar 2010 | Weiterlesen
Tief „Miriam“ bringt erneut Schnee nach Rostock
Surprise, Surprise! Heute hat es zur Abwechslung in Rostock ausnahmsweise mal – Ihr ahnt es schon – geschneit. „Und täglich grüßt der Schnee“ möchte man meinen, in Anlehnung an die Filmkomödie aus den frühen Neunzigern. So langsam kann wohl jeder nachempfinden, wie sich Bill Murray als exzentrischer Wetterfrosch Phil Connors damals gefühlt haben mag, als er wieder und wieder denselben Tag erlebte. Zu ändern scheinen sich nur die Namen. Die Namen der Tiefs, die uns tagein, tagaus von Neuem mit der weißen Pracht beglücken. „Miriam“ so der Name der jungen Lady, die uns heute nach „Daisy“, „Jennifer“ und „Keziban“ nicht nur reichlich Neuschnee beschert, sondern gleich auch noch den Wind für die geliebten Verwehungen mit im Gepäck hat. „Miriam“ bringt jedoch nicht nur weiteren Schnee nach Rostock, sondern auch einen weiteren Tag schulfrei, teilweise zumindest! Während bei unseren Nachbarn in Schleswig-Holstein der Unterricht morgen komplett entfällt, mag sich unsere Landesregierung nicht mehr zu solch globalen Entscheidungen durchringen. Im Landkreis Parchim fällt der Unterricht aus, andere Kreise haben sich bislang noch nicht entschieden. Vielleicht sollte man im Zuge der besseren Planbarkeit einfach die Winterferien um die paar Tage vorziehen? Nur so eine Idee … „Bei extremen Witterungsbedingungen entscheiden letztendlich die Erziehungsberechtigten in eigener Verantwortung“ so die Mitteilung des Bildungsministeriums. Vielleicht solltet Ihr Eure Eltern einfach mal mit einer heißen Tasse Tee überraschen? Rodeln, den 11. Schneemann bauen oder zum 23. Mal eine zünftige Schneeballschlacht? Wie gut könnte man solch einen freien Tag doch nutzen und wenn es nur mit Ausschlafen ist! Über die mal wieder chaotischen Straßenverhältnisse in Rostock zu lamentieren, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Aber wer möchte das schon, vor allem bei diesem Wetter. Und woher bekommt man auf die Schnelle solch eine Eule, oder gar mehrere? Treffender als die Rostocker Straßenbahn AG (RSAG), unser geliebtes städtisches Nahverkehrsunternehmen, kann man es wohl kaum zum Ausdruck bringen. „Anhaltender Schneefall überrascht Rostock“ lautet dort doch glatt die Bildunterschrift auf der Seite zu den „Verspätungen bei Bahn und Bus“. Surprise, Surprise – schrieb ich doch schon zu Beginn. Plötzlich war er da, der Schnee, überraschend und so vollkommen unerwartet – guten Morgen! Zumindest ihren Humor scheinen die Jungs und Mädels der RSAG noch lange nicht verloren zu haben. „Sicher und sorgenfrei durch den Winter“ so der Slogan der aktuellen Marketing-Kampagne. „Bei jedem Wetter bequem zur Arbeit, zum Sport und zum Shopping!“ außer es schneit, ganz überraschend, versteht sich. „Dass die Winterdienstkapazitäten der Hansestadt Rostock an ihre Grenzen gekommen sind“ konnte der Stab der Stadtverwaltung in seiner gestrigen Zusammenkunft erkennen. Den Einwohnern dürfte dieser Fakt nicht entgangen sein. Wer gestern beispielsweise im Schritttempo durchs Bahnhofsviertel oder die Grubenstraße gefahren geschlittert ist, dürfte sich in der Tat eher auf einer Bob-Bahn denn auf einer Straße gewähnt haben. Dass viele Bewohner selbst verkehrswichtiger Straßen der Kategorie A in diesem Winter noch kein Räumfahrzeug zu Gesicht bekommen haben, dürfte dabei wohl nicht nur an der schlechten Sicht im Schneegestöber liegen. Das Winterdienstkonzept der Hansestadt zu überdenken, ist mehr als überfällig. Hoffen wir, dass dieser Gedanke bei steigenden Temperaturen nicht schneller vom Tisch gefegt wird als derzeit der Schnee von den Straßen. Des einen Freud‘, des anderen Leid. Entgehen lassen sollte man sich den Anblick dieser fantastischen Winterlandschaft in keinem Fall. Geht raus, genießt den Anblick und haltet ihn auf Zelluloid oder Speicherkarte fest!Für Eure Kinder oder Enkelkinder, die möglicherweise nie mehr einen Grund haben werden, über solch ein Winterchaos zu meckern, aber eben auch keine Chance, solch ein Wintermärchen zu genießen.
2. Februar 2010 | Weiterlesen
Einführung ins Stück „Ein Sommernachtstraum“
Man möchte meinen, zum Beginn der neuen Woche und gleichzeitig des neuen Monats sind die chaotischen Zustände auf Rostocks Straßen langsam beseitigt und der Alltag kehrt endlich wieder ein. Die Organisation des Nahverkehrs hatte am Sonntag ja verhältnismäßig gut geklappt, da konnte man Montagmittags schon so einiges erwarten. Denkste. Offenbar hatte an diesem Tag jeder Busfahrer seine eigene Route, sodass nicht vorhersehbar war, welche Haltestellen angefahren wurden und wo man vergeblich wartete. Trotz unveränderter Wetterverhältnisse sollte die Einführung in das Theaterstück „Ein Sommernachtstraum“ am Montagabend stattfinden. Auf die Räumung des Parkplatzes am Stadthafen kann ich zwar keine Garantie geben, aber mit der Straßenbahn (verbunden mit einem kleinen Fußmarsch) ist das Theater problemlos zu erreichen. Im Foyer wiesen bereits ordentliche Stuhlreihen auf den erwarteten Besucherandrang hin. Und tatsächlich erzählt mir eine Frau, dass es beim letzten Mal so voll gewesen wäre, dass der Raum allein für die Zuschauer nicht ausgereicht hätte. Heute besteht allerdings kein Grund zu Platzangst; neben einem Ehepaar bin ich zunächst die einzige Besucherin, später kommen noch einige weitere und ein paar Schauspieler dazu. In gemütlicher Runde kann die Einführung also beginnen. Zur Einleitung führt die Schauspielerin Caroline Erdmann ein kleines Drama von Bernd Schröder vor, welches sie im Bett während eines Alptraums zeigt. Als sie erwacht blickt sie das Publikum erschrocken an und sagt „Von Ihnen allen hab ich gerade geträumt.“ Eine schöne Einleitung ins Stück, da dieses sich doch vor allem mit Traum und Wirklichkeit auseinandersetzt. Marc Steinbach, Dramaturg am Rostocker Volkstheater, ist für die Inszenierung des Stücks „Ein Sommernachtstraum“ verantwortlich und übernimmt höchst persönlich die Moderation der Einführungsveranstaltung. Eine Schlafforscherin aus der Nähe von Schwerin war auch eingeladen, aufgrund der Witterungsbedingungen aber leider verhindert. Die Person Shakespeares ist nach wie vor sehr umstritten. 1564 nahe Stratford getauft, war er der Sohn eines Handwerkers. Später stieg er vom Schauspieler zum Autor, Dichter und sogar Theaterinhaber auf. „Ein Sommernachtstraum“ ist Shakespeares meist gespieltes Stück und wurde vermutlich als Auftragswerk für eine adelige Hochzeit geschrieben, wo es im Beisein der Königin Elisabeth im Garten aufgeführt worden ist. Zur Unterstützung holt Marc Steinbach sich die Schauspielerin Caroline Erdmann und Regisseurin Anu Saari auf die Bühne. Beide sind ebenfalls an dem Stück beteiligt; Caroline Erdmann spielt sogar eine Doppelrolle, nämlich die Hippolyta und Titania. Unter der Moderation des Dramaturgen werden gemeinsam Fragen aufgeworfen und beantwortet sowie verschiedene Spekulationen über die Auslegung des Stücks diskutiert. Das Schauspielensemble wird bei Shakespeares „Sommernachtstraum“ um einige Studenten der HMT aus dem 3. Semester erweitert. Ein paar davon sind bei der Einführungsveranstaltung anwesend und setzen sich zur weiteren Diskussion mit auf die Bühne. Mittelpunkt des Gesprächs sind natürlich Träume, die in dem Theaterstück eine entscheidende Rolle spielen. Zum Abschluss führen die Studenten ein kleines Improvisationsstück vor, welches sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt. Wer die Einführungsveranstaltung leider verpasst hat, aber trotzdem auf das Stück neugierig geworden ist, darf sich am 12. Februar bei der Vorpremiere und am 13. Februar bei der Premiere gern selbst von den schauspielerischen Qualitäten der Hochschulstudenten überzeugen.
1. Februar 2010 | Weiterlesen
Jennifer & Keziban - Winter in Rostock
Na das war ja eine Überraschung. Gegen Mitte der letzten Januarwoche ließen Plusgrade und Tauwetter uns noch auf besseres Wetter oder gar den vorzeitigen Frühlingsbeginn hoffen. Alles, selbst diesen ekligen Schneematsch, hätten wir (wenigstens vorübergehend) ertragen, wenn damit endlich das Ende der Eiszeit eingeläutet worden und die weißen Massen verschwunden wären. Aber nein, ganz hinterhältig und ausgerechnet zum Wochenende erreicht das Schneechaos auch unsere schöne Hansestadt. Dabei fing es zunächst noch ganz harmlos und unauffällig an. Als ich am späten Freitagabend (oder Samstagmorgen?) gut gelaunt aus der Pumpe kam, war der Schnee unter den Stiefeln zwar schon unangenehm hoch angestiegen, aber immer noch gut zu bewältigen. Deutlich ungemütlicher war da schon der massive Schneefall, der von allen Seiten und ganz besonders gern von vorne kam. Aber soweit noch kein größeres Problem. Am Samstag sollte eigentlich ein regelrechter Veranstaltungsmarathon stattfinden, beginnend mit der Eröffnung des Hallensportfestes und endend mit Programmpunkten des Spiellustfestivals auf der Bühne 602. Während sich der Rest der Reutershägener Bevölkerung noch im Tiefschlaf befand, machte ich mich also auf den Weg zur Bushaltestelle. Das war jedenfalls der Plan. Kaum war ich jedoch aus der Haustür getreten, steckte ich mit beiden Beinen auch schon tief im Schnee fest. Hinzu kam, dass ein älterer Herr direkt vor mir auf der Straße stand und meinen passiven Schlafzustand mit seinen aufgeregten Worten unterbrach. Sein Auto hätte sich mitten auf unserer kleinen aber mächtig eingeschneiten Straße festgefahren und es gäbe kein vor und zurück mehr. Da konnte ich leider auch nichts machen, ich riet ihm aber, sich im beheizten Auto noch etwas zu gedulden, bis mehr tatkräftige Anwohner aufgewacht wären. Ein sehr hilfreicher Hinweis, ich weiß. Dass es damit aber nicht genug war, sollte ich noch früh genug erfahren. Keine hundert Meter vom schützenden warmen Heim entfernt, steckte ich fast knietief im Schnee fest und versuchte so mühsam vorwärts zu kommen. Völlig entnervt und halb entkräftet bekam ich schließlich die weise Eingebung, lieber auf der Straße zu laufen, wo der Schnee nur halb so tief (aber immer noch überknöchelhoch) war. Die nächsten zweihundert Meter waren ein einschneidendes Erlebnis, das ich wohl niemals vergessen werde. Jeder, der in einem Alptraum schon mal weglaufen wollte, aber aus irgendeinem Grund nicht vorwärts kommt, wird dies bestens nachempfinden können. Gefühlte zwei Stunden später hatte ich endlich die Bushaltestelle, diese blühende Oase in der Wüste, erreicht. Viel Verkehr gab es ja nicht auf den Straßen, zu der frühen Zeit aber auch noch nicht weiter verwunderlich. Nach wenigen Minuten kam allerdings ein junger Mann auf mich zu, der mir völlig außer Atem mitteilte, dass wegen des Wetters keine Busse und Bahnen fuhren. In dem Moment erlag die Freude, wieder ins Bett steigen zu dürfen, leider der Vorahnung auf den beschwerlichen Heimweg. Den ganzen Samstag über hat das Schneechaos es fertig gebracht, das gesamte Netz der RSAG lahm zu legen. Protestmärsche mit bunten Bannern statt Schneemassen hätten bei dem gleichen Ergebnis sicher endlich mal zu einer Preisminderung der Fahrkarten geführt, so aber mussten sich Busfahrer wie Passagiere gleichermaßen ärgern. Da durch das landesweite Schneetreiben nicht nur der Nahverkehr, sondern auch ein Großteil meiner geplanten Veranstaltungen ausfiel, durfte ich das Unwetter gemütlich von zu Hause aus beobachten. Auf das Hallensportfest dürfen wir uns dann hoffentlich in der nächsten Woche freuen. Die Schneemassen sind ja irgendwie schon ’ne Wucht. Wer hat in unseren nördlichen Breiten jemals so viel davon auf einmal gesehen? Heute in der Straßenbahn (ja sie fährt wieder… vereinzelt jedenfalls) hat mir eine nette alte Dame erzählt, dass sie das letzte Mal ’78/79 so einen Winter erlebt hat, aber mit bei weitem nicht so viel Schnee. So langsam weiß man ja auch gar nicht mehr, wohin mit dem ganzen Zeug. Es fließt ja nicht einfach ins Gulli ab. Mein Vorschlag zur Lösung dieses Problems: ganz Rostock baut gemeinsam auf dem Uniplatz eine riesige Schneepyramide und beerdigt darin symbolisch den Winter. In welcher Gestalt er in der Schneepyramide seine letzte Ruhe finden soll, könnt ihr euch ja noch überlegen. Doch nicht nur in der Innenstadt und ihrer Umgebung hat sich Tief „Jennifer“ so richtig ausgeschneit, auch Warnemünde ist von dem plötzlichen Wettereinbruch betroffen. Der Alte Strom wurde in eine fantastische Eislandschaft verwandelt, in der die Fischkutter reglos und mit riesigen Eiszapfen geschmückt gefangen gehalten werden. Die Eisbahn zieht sich bis zur Mole hin, wo der Weg eher einer Schlitterpartie gleicht, aber durchaus abenteuerlich erscheint und den Mutigen mit grandiosen Fotos belohnt. Wer jetzt glaubt, dass „Jennifer“ wie die vergleichsweise harmlose „Daisy“ kommende Woche für Schulfrei sorgt, muss leider enttäuscht werden. Scheinbar hat unser Land MV beschlossen, dass es dieses Jahr schon genug Schulausfall dank Schneegestöber gab und setzt diese Maßnahme jetzt bedachter ein. Vielleicht gibt es für den Bau der Schneepyramide ja für alle einen freien Tag… PS: Auch wenn das Bildungsministerium des Landes extra eine Pressemitteilung herausgegeben hat, die besagt, dass der Unterricht im Land morgen planmäßig stattfindet, dürfen sich einige Schüler doch freuen. Zumindest der Landkreis Bad Doberan verlängert das Wochenende für einzelne Schulen in Sanitz, Rövershagen und Graal-Müritz.
31. Januar 2010 | Weiterlesen
8. Winterserenade der HMT-Studenten
Dass uns die Wetterfee zum Wochenendeinstieg mit einem so gewaltigen Schneechaos überraschen würde, konnte ja nun wirklich keiner ahnen. Völlig überrascht waren auch die Veranstalter der 8. Winterserenade, statt geplanten 10 Stationen konnten am Samstagabend leider nur 5 geboten werden. Für die Besucher sollte der extreme Wettereinbruch jedoch kein erhebliches Problem darstellen, da die Rostocker Altstadt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (die wenigen, die schon wieder frei geschaufelt waren) und auch zu Fuß gut zugänglich war. Studenten der Hochschule für Musik und Theater hatten für diesen Abend ein unterhaltsames Programm zusammengestellt, um Besucher und Bewohner in die östliche Altstadt zu locken. Zwischen 18 und 22 Uhr konnte in Galerien, Cafés und Restaurants klassischen und modernen Melodien gelauscht sowie einstudierte Tanzchoreographien bewundert werden. Für einen einmaligen Eintrittspreis von 10 Euro (ermäßigt 5 Euro) bekam jeder Gast eine hübsche Glasperle – die stilvolle Variante vom Papierarmband. Mit diesem Schmuckstück konnte man den ganzen Abend von einem Ort zum anderen flanieren und die kleine Vielfalt an Programmen genießen. Durch die reduzierte Programmauswahl durften sich die einzelnen Veranstaltungen dafür über umso höhere Besucherzahlen freuen. Diese Umstände kamen besonders dem Albert und Emile in der Altschmiedestraße 28 zugute, in dem auch das Obergeschoss nicht ausreichte, um die zahlreichen Besucher unterzubringen. Wer bei dem wachsenden Besucherandrang auch mal mit der Treppe als Sitzgelegenheit vorlieb nahm, konnte das schöne Musikprogramm der Hochschulstudenten Sebastian Helzel und Milan Labatzki trotzdem in vollen Zügen genießen. Aus wenigen überlieferten Melodien französischer Troubadourenmusik und dafür umso mehr Textmaterial hatten die beiden Studenten Lieder zusammengestellt und dazu die Gitarrenbegleitung selbst komponiert. Im Weineck Krahnstöver begeisterten die beiden jungen Violinistinnen Dorle Fassmann und Suleika Bauer im Duett das Publikum. Ihr vielseitiges Programm beinhaltete verschiedene Stücke aus Klassik, Jazz und auch Zigeunermusik. Die Gäste waren von dem Talent der beiden Studentinnen begeistert, einer betonte sogar, sie hätten weit über ihr gewöhnliches Maß hinaus vortrefflich gespielt. Ein weiteres klassisches Instrument wurde im Café Likörfabrik vorgestellt. Dort begleitete der junge Pianist Andreas Hering das Publikum mit leichten, beruhigenden Melodien bei Speis und Trank auf seinem Klavier. Als Geheimtipp des Abends galt das Tanzprojekt „Verkauftes Lachen“ im Katharinenstift der HMT. In Form eines einstündigen Ausdruckstanzes wurden die Abgründe des Kapitalismus und die verheerenden Auswirkungen von Geld und Macht dargestellt. Die schwankende Stimmung der Schauspieler wurde von eindrucksvoller Musik untermalt, die von Kontrabass- und Akkordeonklängen bis hin zu Tangorhythmen reichte. Da das Abschlusskonzert leider dem Unwetter zum Opfer fiel und deswegen abgesagt werden musste, stellte das Tanzprojekt der HMT-Studenten nicht nur das Highlight, sondern auch den krönenden Abschluss des Abends dar. Bei Schneegestöber und vergleichsweise milden Temperaturen ließ es sich zufrieden und von den Eindrücken bereichert der Heimweg antreten.
31. Januar 2010 | Weiterlesen
Panne und Bierhorst live in der Pumpe
Von der Musik der Kurkapelle geht es gleich weiter zu noch mehr Musik – mein Freitagabendprogramm bestand diesmal nicht aus einer Ausstellungseröffnung sondern aus Live-Musik, eine nette Abwechslung, über die ich sehr glücklich war. Nichts gegen moderne Kunst, aber noch lieber als Kunst mag ich nun mal Musik. Am späten Freitagabend sollten die Liedermacher Sven Panne und Rüdiger Bierhorst in der Pumpe auftreten. An diesen Auftritt konnte man hohe Erwartungen stellen, so heißt es doch, sie entließen ihr Publikum stets glücklicher als es gekommen wäre. Na davon wollte ich mich schon selbst überzeugen, dank des unerwarteten Erfolgserlebnisses vom Nachmittag schien der Tag aber ohnehin schon gerettet zu sein. Die Pumpe war trotz viel versprechender Ankündigung recht leer, aber vergleichsweise vielleicht schon wieder voll, da fast alle Sitzplätze rund um die Bühne besetzt waren. Bier und Mixgetränke waren bezahlbar und zur Genüge vorhanden, was konnte da noch schief gehen? Für einen Künstler ungewöhnlich pünktlich erschien Rüdiger Bierhorst schließlich auf der Bühne und eröffnete das Programm mit einigen erheiternden Wochenendeinstiegsliedern. Mit seiner verstärkten Akustikgitarre und den einfallsreichen Texten war Bierhorst schon eine Show für sich und den zu zahlenden Eintrittspreis sicher auch allein Wert gewesen. Der Wahlberliner tritt seit seinem bestandenen Abitur und Bundeswehrdienst als Solokünstler aber auch zusammen mit der Gruppe Monsters of Liedermaching auf. Mit eben dieser Band wird Bierhorst auch am 12.02.2010 im Rostocker MAU-Club auftreten, ein hoher Mitsingfaktor, Spaß und Power sind dabei garantiert. Termin also unbedingt vormerken! Nach einigen älteren Liedern wird Sven Panne zur Unterstützung mit auf die Bühne geholt. Der Kultpianist aus Hamburg konnte die eine oder andere Textunsicherheit seiner zweifellos charmanten deutschen Texte sympathisch überspielen und überzeugte auch sonst mit seinen Qualitäten am Klavier, das er mit Händen und Füßen zu spielen schien. Nach etwa einer Stunde wurde eine Pause ein-gelegt, bei der draußen geraucht, Getränke nach-gefüllt und natürlich die CDs der beiden Künstler erworben werden konnten. Wie sich später herausstellt, sind die Pumpe-Gäste schlechte CD-Käufer. Panne wies aber nochmal ausdrücklich darauf hin, dass uns damit die Chance auf ein Stück Musikgeschichte entginge und sie so schnell zusammen nicht wieder nach Rostock kommen würden. Zur Unterstützung holen sich Panne und Bierhorst standesgemäß bei ihren Auftritten noch einen Star der einheimischen Musikszene mit ins Boot. In unserem Fall war das Tobias Wolf, der drei seiner Lieder zum Besten geben wollte. Allerdings riss ihm zur allgemeinen Überraschung schon nach der ersten Strophe des ersten Liedes eine Saite seiner Gitarre. Mit Bierhorsts Gitarre durfte er dann weiterspielen und wir den Anfang von „Lerne, liebe, leide“ noch einmal hören. Nach dem Gastauftritt wurde das Programm von Panne und Bierhorst fortgeführt. Neben einigen Stimmungsliedern, die sie sowohl einzeln als auch gemeinsam und mit Hilfe des Publikums anstimmten, ging es mit Anbruch des neuen Tages ganz gemächlich auf die Zielgerade zu. Zum Schluss wurde von beiden Liedermachern ein letztes Lied angestimmt, welches „untopbar“ sein sollte und den Höhepunkt dieses Feuerwerks der Liedermachingkunst darstellte.
30. Januar 2010 | Weiterlesen
Eröffnung des Spiellustfestivals 2010
So lange wie es Firmen und Konkurrenz gibt, gibt es auch Werbung und ihre verschiedenen Strategien. Zu den gewöhnlichen harmlosen Varianten zählen Flyer, Postwurfsendungen, Werbeplakate mit ästhetischen Ausblicken… man schaut eben hin oder lässt es bleiben. Die auffälligeren Varianten sind da schon eher Fernseh-Werbespots, die mit penetranter Aufdringlichkeit versuchen sinnfreie oder frauenverachtende Sprüche in die Köpfe der Bevölkerung zu stopfen. Dass sich Ästhetik, Einfallsreichtum und Aufmerksamkeit dennoch verbinden lassen, hat gestern die Optimistische Kurkapelle des Landesverbandes Freier Theater bewiesen. Zur Eröffnung des Spiellustfestivals hatte sich die Kapelle trotz drohenden Unwetters in der Rostocker Innenstadt versammelt und auf eher altmodische aber sehr effiziente Weise auf sich aufmerksam gemacht. Geplant war der Umzug eigentlich vom Uni-Platz aus, Schneematsch von oben und unten schien die Pläne allerdings geändert zu haben. Ich hatte meine Suche nach den lustigen Musikanten schon fast aufgegeben und war auf dem Weg zum KTC um dort bei Thalia mein Buch weiter zu lesen, als mich Trommelschläge und Trompetentöne aufhorchen ließen. Und da waren sie dann doch noch. Eine amüsante Truppe mit bunten und altmodischen Kostümen geschmückt und mit Instrumenten sowie jeder Menge Flyer ausgerüstet. Bei meinem Eintreffen war die Kapelle gerade, laut spielend, nacheinander mit der Rolltreppe auf dem Weg ins Untergeschoss. Das hätte ein herrliches Foto ergeben, aber zu dem Zeitpunkt hatte ich mein Staunen wegen des sonderbaren Anblicks und des überraschenden Erfolgs meiner Suche leider noch nicht ganz überwunden. Unten inmitten der Sitzgruppen angekommen, trommelten, spielten, sangen und riefen die Künstler was das Zeug hielt, um die Aufmerksamkeit der neugierigen Passanten auf sich zu lenken. Mit Erfolg, da viele Schaulustige stehen blieben, um sich das außergewöhnliche Spektakel anzusehen und Flyer entgegen zu nehmen. Ein bisschen erinnerte mich die Szene an den Film „Das Kabinett des Dr. Parnassus“, in dem auch eine altmodische Schauspielertruppe in unserer heutigen Welt bestehen zu bleiben versucht. Das diesjährige Spiellustfestival findet vom 28. bis 31. Januar 2010 statt. „Lars, der kleine Eisbär“ war ja bereits Thema hier. Noch das ganze Wochenende über wird Theater und Live-Musik auf der Bühne 602 am Stadthafen gespielt. Aufgrund des hereingebrochenen Schneechaos lässt sich nur hoffen, dass die Veranstaltungen trotzdem stattfinden, Besucher sollte es jetzt jedenfalls genug geben.
30. Januar 2010 | Weiterlesen
Datenschutz im Internet - StudiVZ, Facebook & Co.
Ohne Internet geht heutzutage eigentlich nichts mehr. Einschreiben in die Uni, Bewerben für Jobs und Praktika, Kaufen und Verkaufen, immer die neuesten Informationen sofort bekommen. Sogar wenn Sie das hier lesen, sind sie auf das Internet angewiesen. Wer nicht online ist, droht etwas zu verpassen oder gar sozial abgehängt zu werden. Fast jeder deutsche Jugendliche ist in einem der zahlreichen Internetnetzwerke registriert. Bei Facebook, StudiVZ & Co. lassen sich schnell Kontakte knüpfen, man kann in Interessengemeinschaften eintreten und so mit der ganzen Welt (oder wenigstens ganz Deutschland) kommunizieren. Dass hierbei auch eine Menge ungeahnter Gefahren lauern, wissen die meisten Kinder und Jugendlichen gar nicht, die sich auf diesen Seiten registrieren. Zur Aufklärung und Diskussionsrunde lud das Europäische Integrationszentrum Rostock e.V. am 28.01.2010 ins Peter-Weiss-Haus ein. Welche Informationen kann und darf ich im Internet preisgeben? Welche Gefahren lauern in solchen Netzwerken? Wie kann ich mich schützen und was kann ich tun, wenn ich selbst zum Opfer werde? Diese und noch mehr Fragen sollten im Laufe des Abends beantwortet werden. Dazu wurden Gesa Stückmann (Rechtsanwältin), Karsten Neumann (Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit MV), Stephan Chudowski (Geschäftsführer Spion Media GmbH) und Dr. Thomas Mundt (Lehrstuhl für Informations- und Kommunikationsdienste Universität Rostock) ins Peter-Weiss-Haus eingeladen. Der erste Referent des Abends war Stephan Chudowski, der mit seiner Firma das Internetnetzwerk MV-Spion betreibt. Die Seite wirbt mit hoher Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit für seine User, laut Chudowski ist dort jeder zweite Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 14 und 25 Jahren registriert. Doch bei so vielen Mitgliedern erhöht sich auch die Gefahr für Missbrauch und schwarze Schafe, weswegen auf Sicherheit besonders viel Wert gelegt werden muss. Die Sicherheitsmaßnahmen bei MV-Spion sind vielseitig und gut durchdacht. Durch verschlüsselte Nutzerdaten, Captchas (Sicherheitscodes) und Spam-Schutz sind die User vor Angriffen von außen geschützt. Die manuelle Fotokontrolle, flexible Privatsphäreoptionen und die Meldefunktion auf Profilen soll die Gefahr von innen minimieren. So weit, so gut. Die Rechtsanwältin Gesa Stückmann weist allerdings noch auf eine ganz andere Gefahr hin. 2007 hatte sie einen Fall betreut, in dem zwei Geschwister unwissentlich monatelang über die Internetplattform SchülerVZ von Mitschülern fertig gemacht wurden, erst später durch Zufall davon lasen und daraufhin so eingeschüchtert waren, dass sie nicht mehr zur Schule gehen wollten. Doch diese Geschichte ist längst kein Einzelfall. 2006 gab es den ersten bekannten Selbstmord wegen Internet-Mobbing, jährlich folgten weitere. Seit einigen Jahren hält Gesa Stückmann an Schulen und Elternabenden Vorträge über diese Problematik und dabei gäbe es in jeder Klasse ein solches Mobbing-Opfer. Schon ein Großteil der Schüler aus den 5. Klassen wäre bei Internetnetzwerken, vor allem SchülerVZ, angemeldet. Dabei zeichne sich ein Trend ab, der vor allem in den 9. und 10. Klassen auffalle: je mehr Freunde im Netzwerk, desto „besser“. Klar, wer viele Freunde hat, gilt als beliebt und anerkannt. Dass mit der steigenden Menge der „Freunde“ im Netzwerk aber auch die Privatsphäre der Person drastisch sinkt, ist vielen Jugendlichen nicht bewusst oder einfach egal. Außerdem sind vielen die Privatsphäre-Optionen zwar bekannt, sie nutzen diese aber nicht oder nur ungenügend. Besonders problematisch ist parallel dazu die Entwicklung, dass ein Großteil der Jugendlichen das Internet massiv zur Selbstdarstellung nutzt und bei der Veröffentlichung persönlicher Daten keine Hemmungen oder Bedenken hat. Dabei haben nicht unbedingt die Außenseiter das Bedürfnis aufzufallen, sondern vor allem die, die auch im normalen Leben oft im Mittelpunkt stehen. Fotos von der letzten Party oder mit wenig Bekleidung werden bedenkenlos zur Kommentierung veröffentlicht, über den eigenen Status wird zu jeder Tageszeit Twitter-like detailliert berichtet, der vollständige Name sowie Messenger-Adressen stehen sowieso auf jedem Profil. Karsten Neumann erklärt die möglichen Ursachen dieser Gutgläubigkeit. Jeder sitzt für gewöhnlich allein vor dem PC, glaubt deswegen auch allein im Internet zu sein – die Gefahr von außen ist somit nicht deutlich erkennbar. Gleichzeitig nimmt man die anderen Personen im Chat oder Netzwerk oftmals auch nicht als richtige Personen wahr. Über die Tastatur sind schnell Dinge geschrieben, die man sich im richtigen Leben lieber zweimal überlegen würde und die der „Gesprächspartner“ im Internet ohne Mimik und Gestik auch oftmals falsch auffassen kann. Hinzu kommt, dass die Eltern ihre Kinder während ihrer Aktivitäten im Internet nicht kontrollieren können und diese so auf sich allein gestellt sind. Nach diesem spannenden lebensnahen Vortrag ging ich selbst mit einem ganz anderen und ziemlich mulmigen Gefühl ins Internet. Meine einzigen Netzwerke sind StudiVZ (31 Freunde), SchülerVZ (32 Freunde) und Wer Kennt Wen (8 Freunde). Seit neuestem mit minimalen Informationen und maximaler Privatsphäre.
29. Januar 2010 | Weiterlesen
„Lars, der kleine Eisbär“ auf der Bühne 602
Heute Morgen gab es in jeder Hinsicht eine große Überraschung – Plusgrade! Nach Wochen des Zitterns und Frierens scheint das Schlimmste geschafft und das Ende der langen Eiszeit endlich in Sicht, da konnte mir auch der tauende Schneematsch auf den Wegen die Stimmung nicht verderben. Handschuhe und Wollpulli können heute zu Hause bleiben, bei 0,8°C lässt sich der Winter endlich genießen. Genießen lässt sich auch der wunderschöne Ausblick, der sich allen Spaziergängern momentan am Rostocker Stadthafen bietet. Wie viele der anderen Binnengewässer ist die Warnow inzwischen zu einem Großteil zugefroren, sehr zum Leidwesen der Bootsfahrer aber zur Freude aller Schaulustigen und natürlich Fotografen. Direkt am Ufer gegenüber der „Georg Büchner“ befindet sich ein kleines Theater, die Bühne 602. Vom 28. bis 31. Januar 2010 findet dort das Spiellustfestival statt, welches mit einigen Theaterstücken und Live-Musik einen gelungenen Beitrag zum Rostocker Kulturprogramm schafft. Das erste Stück in diesem Rahmen war „Lars, der kleine Eisbär“, welches kindgerecht um 10 Uhr am Donnerstagmorgen aufgeführt wurde. Zu dieser Veranstaltung hatten sogar einige Kindergartengruppen den weiten Weg auf sich genommen, um das Abenteuer von Lars live mitzuerleben. Bei meinem Eintreffen ist die Eingangshalle voll mit kleinen putzigen Gestalten, die versuchten sich aus ihren dicken Jacken zu schälen. Bevor es losgeht, darf ich die Theaterangestellte von der Kasse aber noch hinter die Bühne begleiten. Auf der Suche nach der Schauspielerin des Stücks für die Fotoerlaubnis werde ich durch dunkle Gänge an Garderoben und einer Küche vorbei geführt – ein einmaliger Blick hinter die Kulissen des Theaters. Das Stück selbst wird von einer einzigen Schauspielerin aufgeführt. Birgit Schuster übernimmt mithilfe von Stoffpuppen, Kostümen und verschiedenen Requisiten am Ende ganze 9 Rollen, die sie allesamt überzeugend und liebevoll darstellt. Das Fantastische an dem Stück ist außerdem das unglaublich flexible Bühnenbild, welches zwar sehr einfach aussieht, sich aber von einem Krankenhauszimmer in eine Wüste, einen Dschungel und einen Wald verwandeln kann. Die Rahmenhandlung des Theaterstückes erzählt von Frau Schnuppe, die eigentlich krank im Bett liegen bleiben soll, es dort aber vor Langeweile nicht lange aushält. Also erzählt sie mithilfe des „Krankenhausmobiliars“ die Geschichte von Lars, dem kleinen Eisbär. Lars wohnt zusammen mit seinem Vater am Nordpol. Der alte Eisbär will lieber schlafen als spielen, und so macht sich Lars auf die Suche nach einem Spielkameraden. Ganz unverhofft trifft er den kleinen Tiger Theo, der sich auf der Suche nach dem Meer am Nordpol verlaufen hat und nun unter Heimweh und Einsamkeit leidet. Lars ist von den Geschichten aus Theos Heimat fasziniert und hilft ihm, mit dem Zug nach Hause zu fahren. Im Tiger-Dschungel angekommen, erlebt der kleine Eisbär eine neue, ihm völlig unbekannte Welt. Doch das Abenteuer muss schon bald abgebrochen werden, als Lars vom Papagei die Nachricht bekommt, dass sein Vater krank ist und dringend Honigmedizin braucht. Also muss sich Lars von Theo verabschieden und sein Abenteuer zunächst allein fortsetzen, um dem alten Eisbären helfen zu können. Insgesamt ist „Lars, der kleine Eisbär“ ein wirklich herzallerliebstes Stück, welches nicht nur Kinder begeistern kann. Ein gelungener Auftakt für das Spiellustfestival!
28. Januar 2010 | Weiterlesen
Neujahrsempfang des 1. LAV Rostock
Gestern fand im 7. Stock des WIRO (Wohnen in Rostock) -Towers in der Langen Straße der traditionelle Neujahrsempfang des 1. Leichtathletik Vereins Rostock (LAV) statt. Ohne starres Protokoll oder mit einer Tagesordnung versehen, wurde in lockerer Runde über das vergangene Jahr berichtet und ein kurzer Ausblick auf die kommende Saison gegeben. Meist sportlich elegant gekleidet wurde bei einem Glas Sekt und etwas Knabberzeug rege diskutiert, ehe der erste Ralf den Empfang offiziell eröffnete. Der Geschäftsführer der WIRO, Ralf Zimlich, ließ es sich nicht nehmen, ein paar einführende Worte zu sagen. „Ich war ja auch mal sportlich gewesen“ meinte er grinsend. Zimlich schilderte, wie das Sponsoring für den lokalen Sportverein zustande kam. Im Juni des vergangenen Jahres haben die WIRO und der 1. LAV offiziell ihre Partnerschaft besiegelt. Das städtische Wohnungsunternehmen unterstützt zukünftig den Breiten- und Leistungssport. Im Gegenzug wirbt der Sportverein auf seinen vielen Wettkämpfen für das Unternehmen. Unter anderem können WIRO-Mieter die Sportangebote des LAV zu Vorzugskonditionen nutzen. Ein Highlight der Zusammenarbeit sei nach dem WIRO-Chef das große Sportfest gewesen. Dieses ist auch für 2010 vorgesehen (26. Juni). Danach übergab Zimlich den Staffelstab an den zweiten Ralf, nämlich dem 1. Vorsitzenden des 1. LAV, Ralf Skopnik. Dieser dankte zuallererst den Sponsoren für die zuverlässige und leistungsstarke Unterstützung. Die Leichtathletik Weltmeisterschaft (WM) 2009 in Berlin stand natürlich im Fokus des Vereins. „Das war eine ganz besondere Atmosphäre, dafür lohnt sich das harte Training – ich durfte als Trainer dabei sein“ schwärmte Skopnik zurückblickend. Dabei wurde der von Skopnik trainierte Speerwerfer Mark Frank immerhin respektabler 8. der WM. Aufgrund des Deutschen Meistertitels im selben Jahr hatte man sich aber etwas mehr erhofft. Nichtsdestotrotz heißt es weiter Gas zu geben. Frank fährt in wenigen Tagen ins Trainingslager nach Ägypten, um sich auf die Leichtathletik Europameisterschaft in Barcelona vorzubereiten. -10°C und Schneeschauer in Rostock sind eben keine optimalen Bedingungen. Nicht anwesend sein konnte die ehemalige Europameisterin im Marathon, Ulrike Maisch. Dafür waren aber vielversprechende „Nachwuchs“-Athleten wie Richard Bienasch (110 Meter Hürden) oder auch Tom Gröschel vor Ort, die national ganz vorne mitmischen und auch schon international Wettkampfluft schnuppern konnten. Das Comeback von Evelyn Hübner sei noch zu erwähnen, sie gewann letztes Jahr überlegen die Landesmeisterschaften über 60 Meter Sprint. Aber auch die ehemaligen Sportler wie die jetzige Ehrenpräsidentin des LAV, Marita-Meier-Koch, Christian Schenk oder Hansjörg Kunze sind nach wie vor prägende Figuren im Profil des Vereins. Sie sind ein Vorbild für die Jüngeren und zeigen, was man mit Talent und ganz viel Fleiß alles erreichen kann. Zum Abschluss des Empfangs wurden allen anwesenden Sportlern noch Blumen überreicht und Ralf Skopnik eröffnete nach einem gemeinsamen Toast das Büffet.
27. Januar 2010 | Weiterlesen
Matthias Politycki: „Jenseitsnovelle“
Gerade einmal zwei Wochen ist es her, dass Helmut Krausser uns im kalten Möckelsaal des Peter-Weiss-Hauses sein neues Buch vorstellte – und damit begeisterte. Doch das Rennen um den mit 15.000 € dotierten Publikumspreis ist noch nicht entschieden. Am gestrigen Abend gab der fünfte Autor, Matthias Politycki, eine Lesung zu seinem neuen Buch „Jenseitsnovelle“. Statt der sonst üblichen Sitzgruppen wurden die Stühle diesmal in Reihen aufgestellt – aufgrund der enormen Zuschauerzahl beim letzten Mal vielleicht sowohl eine Maßnahme zur Platzeinsparung wie auch zur konzentrierten Verteilung der Körperwärme. Der große Andrang von der letzten Lesung blieb allerdings aus. Einleitung und Moderation übernahm wie gewohnt Prof. Lutz Hagestedt von der Universität Rostock. Gleich zu Beginn erzählte er uns von seiner (un)heimlichen Leidenschaft – reduzierten Büchern. Schon damals als junger Literaturkritiker hätte Hagestedt dem Drang zum Kauf heruntergesetzter Exemplare nicht widerstehen können und gelangte so schon früh, mehr oder weniger zufällig, in den Besitz eines dicken Werkes von Matthias Politycki. Bei der Wahl der Autoren zur LiteraTour Nord habe dieser Name dann plötzlich auf der Liste gestanden. Es sei ein „schmales Buch“ und daher „schnell durch“, soll Manfred Keiper argumentiert haben und so ist es kein Wunder, dass wir den sympathischen Autor gestern Abend in Rostock begrüßen durften. Politycki’s neuestes Werk „Jenseitsnovelle“ ist allerdings kein heiteres kurzweiliges Buch, sondern hat viel mehr etwas tiefsinniges, psychologisches. „Auch Bücher, die weh tun, müssen geschrieben werden“, meint der Autor dazu. „Es wird nicht so lustig.“ Zum Verständnis des Buches beginnt er ganz am Anfang der Geschichte. Der Sinologie-Professor Hinrich Schepp, Anfang sechzig, findet seine Frau Doro eines Morgens tot am Schreibtisch sitzen. Zunächst will er ihren Tod nicht wahr haben, sucht dann aber schließlich zwischen den Papierseiten auf dem Tisch nach der letzten Botschaft, die sie ihm hinterlassen hat. Doro, die für gewöhnlich Schepps Texte korrigiert hat, arbeitete zu dessen Überraschung zuletzt an einem längst vergessenen und verworfenen Manuskript. Statt aber nur die äußere Form zu berichten werden Doros Kommentare im Text immer bissiger, schließlich hatte sie sogar die Namen im Manuskript durchgestrichen und mit ihren eigenen ersetzt. Schepp, der bemüht war, sich nur an das Gute seiner Ehe zu erinnern, wird bald bewusst: hier hat er es mit Doros Abrechnung zu tun. Doch so kann er es natürlich nicht stehen lassen, und versucht dieses Kapitel ihrer Ehe seiner toten Frau gegenüber richtig zu stellen. Im Übrigen wäre das Buch gar nicht so kurz, sagt Matthias Politycki im Anschluss. Wenn man es nämlich durchgelesen hätte, müsse man zur Aufarbeitung der Geschichte noch einmal von vorne beginnen. Also 252 Seiten statt nur 126. In der „Jenseitsnovelle“ spielt der Tod eine entscheidende Rolle. Auf die Frage nach Polityckis Vorstellung vom Jenseits antwortet dieser, er denke da eher „scheppianisch“, könne sich also kein Jenseits vorstellen. Allerdings beneide er jeden, der das könne. Mit dem Glauben verbinde er einen Mangel, eine Grundsehnsucht des Menschen, die nicht durch Konsumsucht oder Fußball ersetzt werden könne. Ein schöner Abschluss für eine gelungene, tiefsinnige Lesung!
27. Januar 2010 | Weiterlesen
Wissensboje für die Südstadt-Bibliothek Rostock
Geht man in unseren Breiten spazieren, trifft man schnell auf sie: Findlinge – einzelne große Steine, die geologisch meist so gar nicht in die Landschaft passen. In früheren Zeiten kaum erklärbar, wurden sagenhafte Riesen dafür verantwortlich gemacht. Riesen, die jene Felsbrocken mit leichter Hand durch die Luft geschleudert haben sollen. Inzwischen sind wir natürlich schlauer und wissen, dass es die Eiszeit war, die uns diese Findlinge beschert hat. Nun liegt die letzte Eiszeit allerdings auch schon wieder ein paar Jahre zurück. Beim Blick aufs Thermometer mag der eine oder andere vielleicht zweifeln, es ist aber tatsächlich so. Dennoch häufen sich in letzter Zeit im Stadtgebiet unheimliche Begegnungen. Nein, nicht der dritten Art, wir sind hier ja nicht in einem Spielberg-Film. Eher Begegnungen der blauen Art. Zwar sind es keine Findlinge, aber urplötzlich tauchen hier und da Bojen im Stadtgebiet auf. Okay, die Eiszeit scheidet aus. Das Packeis der Warnow dürfte auch noch nicht ausreichen, um eine Boje bis in die Innenstadt zu treiben und von Flutwellen blieben wir bisher ebenfalls verschont. Aber sie sind da. Mitten in der Stadt, groß wie ein Findling, blau wie der Himmel und nicht zu übersehen. Seit Kurzem steht solch eine Tonne auch in der Südstadt. Vielen dürfte dieses himmelblaue Ungetüm bestimmt schon aufgefallen sein – auf dem Weg zur Mensa, der Bibliothek oder zum Rechenzentrum. Einige fragen sich bestimmt: Was soll das? Eines vorweg: Die Bojen sind echt. Echte Seezeichen, die normalerweise Schiffen in der Ostsee den Weg weisen. Es war aber nicht die Natur, die diese Bojen an ihren neuen Platz verfrachtet hat, sondern ein Verein – „Rostock denkt 365°“ sein Name. Seit knapp 3 Jahren in Rostock aktiv, möchte der Verein auch 2010 nach dem Ende des „Rostocker Wissenschaftsjahres 2009“ an seinen Zielen arbeiten. Eines davon ist es, mit sogenannten Wissensbojen auf Rostocker Wissenschaftseinrichtungen aufmerksam zu machen. Schöner hätten sich die Verantwortlichen das Wetter kaum wünschen können. Bei strahlendem Sonnenschein wurde heute die Wissensboje in der Südstadt vom Verein „Rostock denkt 365°“ offiziell an die Universitätsbibliothek übergeben. Zu diesem Zweck wurde die an der Ecke Südring/Einsteinstraße befindliche Boje vom Vereinsvorsitzenden Prof. Dr. Udo Kragl übergeben. Gemeinsam mit dem Rektor der Universität Rostock, Prof. Wolfgang Schareck, überreichte er das markante „See(h)zeichen“ an die amtierende Direktorin der Universitätsbibliothek Rostock, Renate Bähker. Dazu wurde symbolisch der Schriftzug des Vereins vor die Boje gehalten, da aufgrund der Witterungsbedingungen ein festes Anbringen nur mit erheblichem Aufwand möglich gewesen wäre. Renate Bähker nahm diese Gabe dankend an, auch stellvertretend für alle universitären Bibliotheksstandorte. Aufgrund der Bedeutung für den Wissenschaftsstandort Rostock erhielt die Südstadt-Bibo diese „Auszeichnung“. Die 590-jährige Geschichte der Universität ist seit genauso langer Zeit ein Wissensspeicher für Generationen gewesen. Unter anderem besitzt die Bibliothek das drittgrößte Buch der Welt, den „Großen Rostocker Atlas“, der mit 120 kg Gewicht nur von vier Leuten schwerlich bewegt werden kann. Als erfahrener Bootsinhaber outete sich Rektor Schareck. Er klärte die Anwesenden auf, dass Bojen eigentlich nicht blau sind. Man kann an den fest verankerten Schwimmkörpern Halt suchen bzw. mit ihnen etwas signalisieren. Weiterhin meinte Schareck: „Manche haben ihre Bären oder Ähnliches, dann haben wir halt unsere Bojen“. Nachdem es trotz Sonne draußen etwas kalt wurde, bat Frau Bähker die Gäste in die Räumlichkeiten der Unibibliothek. Bei Kaffee, Tee und belegten Broten schloss sich nun eine lockere Diskussions- und Interviewrunde an. Bereits die nunmehr achte Wissensboje ist damit im Rostocker Stadtbild zu erblicken. Schon seit dem April 2008 zieht die erste Boje die Blicke auf sich – auf dem Universitätsplatz, mitten im Herzen der Stadt. Spannend dürfte die Frage sein, wer die neunte Boje erhält. Gemunkelt wird, dass sich Bürgerschaft und Oberbürgermeister seit Monaten intensiv darum bemühen, eine dieser Wissensbojen vor ihr Rathaus zu bekommen. Wohl eher ein Gerücht. Allein der Gedanke, dass OB und Bürgerschaft gemeinsam derartig an einem Strang ziehen, fällt etwas schwer. Auf der anderen Seite – wo sonst in der Stadt ist so viel Weisheit, Wissen, Kompetenz und Sachverstand an einem Ort vereint, wie im Rathaus? Eine Wissensboje liegt da schon nahe. Irgendwie. Vielleicht werden wir ja alle überrascht. Morgen ist wieder mal Bürgerschaftssitzung im Rathaus. Also, liebe Bürgerschaftler, strengt Euch an! Vielleicht schaut Euch der Vereinsvorstand tatsächlich längst auf die Finger und Ihr habt noch die Möglichkeit, Euch eine der begehrten Bojen zu verdienen.
26. Januar 2010 | Weiterlesen
Günter Wallraff: „Aus der schönen neuen Welt“
Einen weiteren hochinteressanten Literaturabend bescherte uns gestern die Thalia-Buchhandlung in der Breiten Straße. Diese Gelegenheit lässt man sich natürlich nicht entgehen und so folgten viele Rostocker bereitwillig der Einladung zu einer Lesung des berühmt-berüchtigten Autors Günter Wallraff. Normalerweise sind bei Thalia-Lesungen etwa die Hälfte der Plätze belegt, am gestrigen Abend waren jedoch schon zur dritten Lesung in Folge alle 300 Plätze ausverkauft. Bisher war ich bei Lesungen ja eher überschaubare gemütliche Runden gewöhnt, sodass meine erste Veranstaltung bei Thalia zunächst schon ein kleiner Schock für mich war. Ein sehr großer Teil der oberen Etage, vom Piratenschiff bis zur Kalenderabteilung, war mit Stuhlreihen ausgestattet und größtenteils bereits belegt. Wer in der ersten Reihe sitzen wollte, musste wahrscheinlich schon zur Ladenöffnung am Morgen da gewesen sein… Günter Wallraff, bekannt als der „Aufdecker“, ist gelernter Buchhändler und gilt damit schon fast als Kollege bei Thalia. Privat ist er gerade im Marathontraining, das traut man ihm angesichts seiner Figur auch durchaus zu. Dass er sowieso unglaublich vielseitig ist, wird er uns im Laufe des Abends noch zur Genüge beweisen. Wallraffs größter Erfolg „Ganz unten“, mit millionenfacher Auflage, deckte einst den menschenverachtenden Handel mit Leiharbeitern in Deutschland auf und ist heute nach dem Schlecker-Skandal wieder aktueller denn je. Für sein aktuelles Buch „Aus der schönen neuen Welt“ ist der Autor wieder in verschiedene Rollen geschlüpft, um undercover Missstände unserer Gesellschaft aufzudecken. Dass er während dieser ungewöhnlichen Recherche so einiges Erschütterndes erlebt hat, wird schnell deutlich. Beim Lesen aus seinem neuen Buch schaut er immer wieder hoch und erklärt die eine oder andere Begebenheit ausführlicher oder erzählt weitere lustige, oftmals aber auch traurige Erlebnisse, die er bei seinen „verdeckten Ermittlungen“ machen musste. Der wohl größten Verwandlung wurde Wallraff bei der Rolle des Kvami Ogonno unterzogen, eines aus Somalia stammenden Schwarzen. Wallraff sieht zwar recht sonnengebräunt aus, aber für ein wirklich überzeugendes Erscheinungsbild braucht es schon noch etwas mehr als Schuhcreme im Gesicht, oder? Mit schwarzer Lockenperücke und dunkler Hautfarbe habe er viel jünger und vorteilhafter ausgesehen, das Abschminken war dann schon immer etwas enttäuschend, berichtet Wallraff schmunzelnd. Seine falsche Hautfarbe wäre auch nicht aufgeflogen, da die Leute bei ihm nie so genau hin geschaut hätten. In dieser Rolle ist der Autor ein Jahr lang mit versteckter Kamera durch Deutschland gereist, um das Verhalten Migranten gegenüber zu erforschen. Als Kvami Ogonno war er auf einer Bootstour, bei Fußballspielen, beim Camping und Behörden und hat dabei ganz erschreckende Erfahrungen gemacht, die jedes Klischee des fremdenfeindlichen Deutschen noch weit überbieten. Seine Lösung für das Problem: wenn Einheimische und Migranten schon als Kinder zusammen aufwachsen, würden die Vorurteile früh beseitigt werden und beide hätten später die gleichen Bildungschancen. Neben dieser Rolle hat Günter Wallraff für seine Reportagen auch als Obdachloser in verschiedenen Heimen und sogar draußen geschlafen, als Call-Agent Billigwaren teuer am Telefon verkauft und unter katastrophalen Bedingungen bis zur Erschöpfung und Verbrennung für Lidl Brötchen gebacken. Seine erschreckenden Erlebnisse wurden auch als Filme dokumentiert, wie etwa „Bei Anruf Abzocke“ oder „Schwarz auf Weiß“.
26. Januar 2010 | Weiterlesen
5. LOHRO Klubnacht Rostock
Der Samstagabend hielt tatsächlich noch ein weiteres musikalisches Highlight bereit – allerdings völlig anderer Art. Weit weg von afrikanischem Gebetsgesang und Hochschulchor des „African Sanctus“ fand in der ganzen Hansestadt verteilt die 5. LOHRO Klubnacht statt. Mit einem großen Banner am Hauptverkehrspunkt, dem Doberaner Platz, hatte unser Lokalradio LOHRO schon seit mehreren Wochen erfolgreich auf das Partyevent aufmerksam gemacht. Der Vorverkauf der hellgelben Eintrittsbändchen fand schon ab dem 5.01. bei den bekannten Vorverkaufsstellen statt, ebenso wie das Ausliegen der „Running Order“ zur Übersicht über den Spielplan. In 13 Klubs und einem Busshuttle sollten am Abend (oder eher in der Nacht) verschiedene Bands, DJs sowie freie Künstler ihre Musik der Öffentlichkeit präsentieren. Durch den einmaligen Kauf eines Bändchens ist nicht nur der Eintritt in alle beteiligten Klubs im Preis inbegriffen, sondern auch die Fahrt mit Sonderbussen der RSAG, die zwischen 22.00 und 05.30 Uhr die Gäste von Klub zu Klub beförderten. Mit der unvermeidbaren „Running Order“ und der überqualifizierten Kamera im Gepäck machte ich mich also am vergleichsweise frühen Samstagabend auf den Weg. Erstes Ziel auf meiner Liste war das Peter-Weiss-Haus, unweit vom Doberaner Platz. Bereits um 21 Uhr hatte dort das Programm begonnen und bot damit neben dem Waldemarhof die einzige bereits laufende Veranstaltung. In entspannter freundlicher Atmosphäre wurde dort vor vergleichsweise übersichtlichem Publikum nacheinander von den Poeten Marcel Hintze, Stephan Langhans und Jens Lippert ein Prosanova Best Of zum Besten gegeben. Besonders Marcel Hintze’s Prosa-Songs mit Akustikgitarre luden zum Verweilen ein, doch nach kurzer Zeit und verschiedenen Testfotos bei etwas ungünstiger Beleuchtung hieß es für mich Abschied nehmen und es ging weiter zu nächsten Station. Allerdings schien ich nicht als einzige die Crushing Caspars Unplugged im JAZ als heimliches Highlight des Abends zu vermuten, denn schon bei meiner Ankunft war es brechend voll. Getränke gab es im verräucherten Barraum, die Band selbst spielte nebenan und war auf die wachsende Fangemeinde eigens mit einem Stand für Merchandising-Artikel vorbereitet. Leider war der Konzertraum von der Kapazität her für eine solche Menschenmasse nicht ausgelegt, sodass es kuschelig eng und unmöglich zum Fotografieren war. Wieder hinaus in die winterliche Eiseskälte ging es mit einem der Sonderbusse weiter zum Meli am Platz der Jugend, wo die Coverband Punk’n’Mones alte Ramones-Titel spielte. Zwar waren hier weniger Schaulustige und Partywütige anzutreffen, der Platz im Konzertraum war aber auch bedeutend kleiner, sodass es sich von der Dichte her kaum etwas nahm. Der Tag war lang und ich hatte für den Abend genug gesehen, obwohl mit Sicherheit noch einige weitere großartige Programmpunkte auf mich gewartet hätten.
25. Januar 2010 | Weiterlesen
HMT Live: David Fanshawe's „African Sanctus“
In der kalten Jahreszeit und besonders bei den jetzigen eisigen Temperaturen freut man sich ja über jeden Augenblick in beheizten Räumen und über jeden warmen Gedanken. Beides zusammen, verbunden mit vielen exotischen Eindrücken fremder Kulturen, hat die Hochschule für Musik und Theater in ein stimmiges Abendprogramm einfließen lassen. Das Konzert mit dem Titel „African Sanctus“ des englischen Komponisten David Fanshawe wurde am 23. und 24. Januar 2010 jeweils um 19.30 Uhr in der HMT aufgeführt. Schon bei der ersten Aufführung am Samstag waren viele Besucher in die Hochschule gekommen, um sich die Live-Darbietung dieses außergewöhnlichen Stückes anzusehen. Obwohl bis zum Beginn der Vorstellung noch genügend Zeit war, waren die Sitzplätze schon vollständig ausverkauft und nur noch einige Stehplätze im Angebot. Meine praktischen Erfahrungen mit Afrika beschränken sich ja größtenteils auf die gewaltigen Pyramiden Ägyptens und eine fantastische Ballonfahrt über den Nil. Das ist jedenfalls das, was so hauptsächlich hängen geblieben ist – neben dem Eisschwan auf dem Buffet und den Kameltreibern auf den Märkten… aber Afrika hat mit seinen endlosen Wüsten und vielschichtigen Völkern ja noch weitaus mehr zu bieten als nur die bekannten Touristenziele. Das Konzert „African Sanctus“ kann nicht nur dem besseren Völkerverständnis uriger abgelegener Kulturen dienen, sondern sicher auch Grundlage für die bevorstehende Urlaubsplanung sein. Der große Katharinensaal der HMT füllte sich recht schnell mit Zuschauern, dank der absteigenden Ränge sollte man von jedem Platz aus beste Sicht auf die Bühne haben. Dort waren schon einige Instrumente aufgebaut und eine Karte von Afrika wurde auf eine Leinwand darüber projiziert. Aufgeführt wurde das Konzert von dem Chor und Instrumentalisten der HMT unter der musikalischen Leitung von Prof. Dagmar Gatz, die selbstsicher und begeistert dirigierte. Das Besondere an „African Sanctus“ ist die gelungene Mischung aus Tonbandaufnahmen aus Afrika und Live-Musik mit Gesang und größtenteils klassischen Instrumenten. David Fanshawe ist nicht nur Komponist, sondern auch Musikethnologe, Dirigent, Fotograf und Abenteurer. „African Sanctus“ berichtet in 13 Sätzen von seiner Pilgerreise, die er 1969 durch Ägypten, den Sudan, Uganda und Kenia machte. Mit einem einfachen Kassettenrekorder nahm er dort vier Jahre lang Musik aus über 50 Stämmen auf, die er später mit komponierter Musik harmonisch verband. Ein rundum gelungener multimedialer Abend in der HMT!
24. Januar 2010 | Weiterlesen