Politische Bildungsoffensive im Volkstheater

Bundestagsmitglieder stellen sich den Fragen von Jugendlichen

23. September 2010, von
Politische Bildungsoffensive für Schüler im Volkstheater
Politische Bildungsoffensive für Schüler im Volkstheater

„Das kann man so einfach nicht beantworten“, war am Mittwochvormittag mehrmals von den fünf Herren auf der Bühne des Volkstheaters zu hören. Die fünf Herren, das waren Steffen Bockhahn, Eckhardt Rehberg, Hans-Joachim Hacker, Christian Arendt und Dr. Harald Terpe. Alle Mitglieder des Deutschen Bundestages, die sich Zeit für die „politische Bildungsoffensive“ genommen hatten. Eine Podiumsdiskussion mit dem Ziel „Jugendlichen Politik nahe zu bringen“, so Initiator und Cheforganisator Carlo Winkler. Eine ehrenwerte Absicht des Abiturienten, gerade weil viele doch den Eindruck haben, die jungen Leute seien zu wenig an Politik interessiert.

Doch „Politik ist da nicht viel anders als Chemieunterricht“, erklärt Steffen Bockhahn dem Publikum, welches sich überwiegend aus Oberstufenschülern zusammensetzte. „Es ist nicht alles leicht, aber es muss sein.“ „Schließlich schlagen sie auch auf Ihr ganz persönliches Leben durch“, unterstrich Hans-Joachim Hacker die Bedeutung von politischen Themen und Entscheidungen.

Aber diese sind nicht immer leicht zu vermitteln. Und so hört man dann mitunter auch bei den Profi-Politikern, die ihr täglich Brot mit Reden und Debattieren verdienen, immer wieder Sätze wie: „Darauf habe ich keine abschließende Antwort“ oder „Ich denke, das kann man nicht mit zwei Sätzen beantworten.“

Initiator Carlo Winkler
Initiator Carlo Winkler

Es ist ja bekannt, dass Politiker gern dazu neigen, lang und breit um den heißen Brei herumzureden. Aber manchmal bedarf es doch mehr als nur ein paar Schlagwörter um die Problematik verständlich zu erklären und in einen größeren Zusammenhang zu bringen, der dann auch wieder etwas mit der eigenen Person zu tun hat. Erst wenn das gelingt, kann der Zuhörer auf „politische Bildung“ hoffen und durch den Wissenszuwachs seine Entscheidungs- und Mitgestaltungsfähigkeit erweitern. So wie es in einer Demokratie, hab ich zumindest mal so gehört, erwünscht ist.

Aber dafür gab es bei der Veranstaltung „politische Bildungsoffensive“ eher selten Gelegenheit. Hier purzelten alle Themen von AKW-Laufzeitverlängerung, Datenschutz, Mobilität, Waffenverbot oder Bildungssystem bis hin zu Wehr- und Zivildienst bunt durcheinander. Wie eine Aneinanderreihung von MTV-Clips: kurz, unterhaltsam, aber eben nur oberflächlich. Der Zuhörer erhielt dadurch zwar einen guten Überblick über die Themen, die die teilnehmenden Schüler bewegen, der „Bildungszuwachs“ dürfte sich aber wohl in Grenzen gehalten haben.

Das betraf nicht nur die angesprochenen Inhalte, sondern auch Einblicke in die Art und Weise, wie Politik funktioniert. Dabei wäre es durchaus spannend gewesen, live und unmittelbar zu beobachten, wie die unterschiedlichen Positionen gerade vor einem jungen Publikum vertreten und gerechtfertigt werden. Aber schon fiel der Moderator Carlo Winkler dem Redner ins Wort. Da half auch kein: „Ein Satz noch!“ und der Protest des Publikums. Das nächste Thema war an der Reihe. Nur selten wurde das wilde Vor- und Zurückzappen unterbrochen, sodass die Politiker ihre naturgemäß kontroversen Sichtweisen darstellen konnten. Dr. Harald Terpe hatte besonderes Pech. Da er außerhalb des Blickwinkels des Moderators saß, wurde er lange Zeit von ihm ignoriert.

Ansonsten bemühten sich die Fünf redlich, die Fragen, die zuvor von den Schülern eingereicht wurden, zu beantworten. Immerhin, verkündete Carlo Winkler stolz, hätten sie keine Möglichkeit gehabt, sich darauf vorzubereiten. Relativ spontan mussten sie also ihre Position verständlich vermitteln. Wer dabei auf Fachchinesisch und Satzungetüme verzichten konnte, war klar im Vorteil. Sachlich und fair ging es unter den Gesprächsteilnehmern zu. Nur einmal, als die Runde auf die Sarrazin-Debatte kam, konnte Steffen Bockhahn nicht der Versuchung widerstehen, in den Bashing-Modus zu verfallen.

Politsche Bildungsoffensive im Volkstheater
Politsche Bildungsoffensive im Volkstheater

Aber Gefühle und Leidenschaft haben in der politischen Diskussion halt auch ihren Platz und vom Publikum erntete er dafür Applaus. Ja, Politik ist nicht nur ein dröges Geschäft. Manchmal ist es auch wie eine unterhaltsame Theatershow.

In diesem Sinne war der Veranstaltungsort vielleicht gar nicht so schlecht gewählt. Die Reihen blieben aber trotzdem eher lückenhaft besetzt. Vielleicht lag es am mangelnden Interesse, an den drei Euro Teilnehmerbeitrag oder auch an der Konkurrenz der Jobfactory.

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