Umstrittenene Vergabeentscheidung beim Rathausanbau
Der KOE erklärt, warum der Zweitplatzierte die Rathauserweiterung umsetzen darf und bereitet eine Ausschreibung für die Baufelder vor, die ursprünglich die Wiro entwickeln wollte
15. Juni 2018, von Stefanie
Wenn man miteinander baut, geht es nicht nur um einen schönen Architekturentwurf, sondern da hängt noch ein ganzes Paket mehr mit dran. Das erklärte Sigrid Hecht am Mittwoch bei der Sitzung des Ortsbeirates Stadtmitte. Die Geschäftsführerin des Eigenbetriebs „Kommunale Objektbewirtschaftung und -entwicklung der Hanse- und Universitätsstadt Rostock“ (KOE) sah sich unter Zugzwang, nachdem das Büro aus Hannover, welches den Architekturwettbewerb für die Rathauserweiterung gewonnen hatte, sich Ende Mai mit einer Beschwerde an die Presse gewandt hatte. Noch bevor sie selbst mit einer vorbereiteten Pressemitteilung die Entscheidung erklären konnte. Die Kritik: Bei dem anschließenden Verhandlungsverfahren hätte die Rangfolge des Architekturwettbewerbs keine Rolle gespielt, die Bewertungskriterien seien intransparent gewesen, die Beurteilung massiv von der Jury des anonymen Architekturwettbewerbes abgewichen.
Das Ergebnis: Die Erstplatzierten aus Hannover hatten das Nachsehen. Nun wird das zweitplatzierte Büro MHB aus Rostock das Bauvorhaben bis zur Baugenehmigung begleiten. Letzten Donnerstag wurde der Vertrag unterschrieben.
Sigrid Hecht insistiert: „Es ist ein formelles Verfahren. Wir haben rechtlich korrekt gehandelt. Als das Büro aus Hannover das erkennen musste, waren sie sauer und haben sich an die Presse gewandt. Das ist schlechter Stil.“
Alle Wettbewerbsteilnehmer hätten gewusst, wie die juristische Abfolge des dreistufigen Vergabeverfahrens ist. Nämlich, dass die Platzierung im zweiten Teil, dem Architekturwettbewerb, nicht ausschlaggebend für die letzte Vergabeentscheidung nach dem dritten Teil, dem Verhandlungsverfahren, ist. „Ihnen war klar, dass wir das Büro auswählen, was aus unserer Sicht die beste Kompetenz und Leistungsfähigkeit hat, um das äußerst schwierige Vorhaben mit uns als Bauherrn umzusetzen. Wir bauen an einer extrem sensiblen Stelle in Rostock. Wir gehen in die Tiefe und haben eine enge Bebauung.“
„Wir hätten auch drei erste Plätze vergeben können. Das wäre vielleicht ehrlicher gewesen,“ erklärt die KOE-Chefin. Sie betont, dass die Wertungskriterien für die letzte Phase vorher bekannt gegeben wurden. Da ging es darum, mit welchem Team die Zusammenarbeit erfolgen soll, wie der Bauablauf aussehen kann, die veranschlagten Kosten und Nebenkosten. Das Büro aus Hannover habe hier mit Abstand das schlechteste Ergebnis erzielt, weil es sich insbesondere nicht mit den örtlichen Gegebenheiten ausreichend auseinandergesetzt habe. MHB habe sich die meisten Gedanken gemacht, insbesondere was den Bauablauf angeht und sei am Besten auf Kritikpunkte des Entwurfs eingegangen. Auch das drittplatzierte Berliner Büro gmp habe sich in der letzten Runde gut präsentiert. Es ist das Büro, welches das Petritor neu baut. Dieser Wettbewerb wurde nach dem gleichen Verfahren durchgeführt. Auch hier hatte ein anderes Büro den Architekturwettbewerb gewonnen.
Das Votum des Entscheidungsgremiums mit Vertretern des Hauptamtes, des Sanierungsträgers RGS und dem KOE sei schließlich sehr eindeutig gewesen. Die Kostenfrage war dabei aber nicht ausschlaggebend – immerhin lag das Büro aus Hannover mit 28 Mio Euro für die Rathauserweiterung unter den 37 Millionen Euro, die MHB dafür veranschlagten.
Jetzt habe die Kommunikationsphase begonnen, in der Varianten diskutiert und an Veränderungen gearbeitet werde, so Sigrid Hecht. Denn keiner der drei Entwürfe sei so – und das sei absolut üblich – 1:1 umsetzbar. Grundlegende Veränderungen des Entwurfs werde es aber nicht geben. Dennoch wolle man sich unter anderem noch einmal die Anbindung an das historische Nachbargebäude „Vater Rhein“, die Anzahl der Etagen der Brücke zwischen den beiden Gebäuden sowie die Fassadengestaltung ansehen.
Klar ist jetzt schon, dass die Baufahrzeuge nicht über die Kleine Wasserstraße geleitet werden, sondern eine Baustraße vom Vogelsang aus über die sogenannten Baufelder 2 und 3 eingerichtet wird.
Der Bereich auf dem sich heute eine Grünfläche und ein Wohnblock befindet, sollte ursprünglich von der Wiro beplant werden. Das Kommunale Wohnungsunternehmen hat jedoch vor wenigen Tagen davon Abstand genommen, sodass die RGS nun die entsprechenden Grundstücke erwerben wird und eine Ausschreibung für die Baufelder 1 (Nordkante Neuer Markt), 2 und 3 vorbereitet.
Die Fertigstellung der Rathauserweiterung ist für 2023 geplant. Sie umfasst ein großes Verwaltungsgebäude und ein kleineres Haus, in dem ein neuer Bürgerschaftssaal und ein Hochzeitszimmer eingerichtet werden.