Rostocker Greifen am Steintor aufgestellt

Zwei Bronzeplastiken des Künstlers Ene Slawow, die das Wappentier der Hansestadt, den „Rostocker Greif“, darstellen, stehen seit heute vor dem Steintor

19. Mai 2016, von
Bildhauer Ene Slawow, Stifter Karl Matthes und Kulturamtsleiterin Dr. Michaela Selling mit den Rostocker Greifen am Steintor (v.r.n.l.)
Bildhauer Ene Slawow, Stifter Karl Matthes und Kulturamtsleiterin Dr. Michaela Selling mit den Rostocker Greifen am Steintor (v.r.n.l.)

Zwei etwa 1,20 Meter hohe und 1,80 Meter lange Greifen sind heute vor dem Steintor gelandet. Auf Steinsockeln haben die beiden je 200 Kilogramm schweren Bronzeplastiken des Künstlers Ene Slawow vor dem Rostocker Stadttor ihren endgültigen Platz gefunden.

„Warum steht eigentlich keine Vollplastik des Wappentiers im öffentlichen Raum von Rostock“, habe er sich vor einiger Zeit gefragt, erzählt Ene Slawow. So sei vor viereinhalb Jahren die Idee für die beiden Plastiken entstanden. „Das erste Wachsmodell habe ich meinem Freund, dem Rinder-Karl, gezeigt und gefragt, hast Du Lust das Projekt zu unterstützen“, erinnert sich der Bildhauer. Dann ging alles ganz schnell. Neben dem Unternehmer Karl Matthes wurde das Radisson Blu Hotel als zweiter Stifter gewonnen.

Vier Monate zog sich der Künstler zur Arbeit in sein „Dschungelcamp“ nach Bangkok zurück. Bereits seit sieben Jahren arbeitet er dort mit einheimischen Künstlern zusammen, lässt modellieren und gießen. „Aus Kostengründen“, erläutert Slawow, besonders die Rostocker Kunden würden „doch ziemlich aufs Geld schauen“. Und „hier braut jeder Künstler sein eigenes Süppchen und neidet dem anderen was“, sagt der Bildhauer. „In Rostock ein Team zu finden, ist schon etwas schwieriger.“

Ene Slawow montiert einen Rostocker Greif am Steintor - zum Schutz vor Dieben wurden die Plastiken fest im Sockel verklebt
Ene Slawow montiert einen Rostocker Greif am Steintor - zum Schutz vor Dieben wurden die Plastiken fest im Sockel verklebt

Während des Rundgangs zum 796. Stadtgeburtstag wurden die beiden Rostocker Greifen am 24. Juni 2014 vor dem Eingang zur Hochschule für Musik und Theater erstmals der Öffentlichkeit präsentiert und mittels Bürgerumfrage ein passender Standort gesucht. Ein Jahr später wurden sie testweise am Steintor aufgestellt. Mit aus Sicherheitsgründen gestutzten Krallen sollen sie hier nun ihren endgültigen Platz finden. Der ebenfalls diskutierte Standort vor dem Barocksaal wurde aufgrund des regen Marktgeschehens und der Barrierefreiheit verworfen. „Normalerweise hätten die Schutztiere vor dem Tor, auf der stadtabgewandten Seite, stehen müssen“, erläutert Kulturamtsleiterin Dr. Michaela Selling, „aber die Ecke war zu eng, um die Plastiken ordentlich auszurichten“. Nun schauen sie auf Neuen Markt und Rathaus. „Ich bin wirklich sehr zufrieden und geehrt, dass meine Viecher hier stehen dürfen“, freut sich Slawow über den repräsentativen Standort.

Bronzewesen und Standort sind nicht unumstritten, das ist auch dem „Kampfkünstler“ bewusst, wie sich Slawow selbst bezeichnet. „Hässliches Tier, sieht aus wie von Herr der Ringe“ – die Kritik an den Greifen fiel teils heftig aus, doch „das ist unser Wappentier“, kontert der Bildhauer, der sich eher zwischen politischen Fronten sieht. „Ich will den Leuten ja eigentlich Freude bringen. Dass man als Künstler dann gleich so zerrissen wird, ist eher traurig“.

Der Rostocker Greif schwebt vor seinem zweidimensionalen Wappenbild am Steintor
Der Rostocker Greif schwebt vor seinem zweidimensionalen Wappenbild am Steintor

Orts- und Kunstbeirat sowie Kulturausschuss fühlen sich bei der Entscheidung der Stadtverwaltung allerdings übergangen. Das kann die Leiterin des Amtes für Kultur, Denkmalpflege und Museen, Dr. Michaela Selling, nicht nachvollziehen. „Die Bürger der Stadt Rostock sind über eine Umfrage in die Auswahl des Standortes einbezogen worden, da wurde rege von Gebrauch gemacht.“ Und der Kunstbeirat beschäftigte sich nur mit Kunst im öffentlichen Raum. „Für mich ist das keine Kunst, das ist Handwerk“, stellt Selling klar. „Wir haben zwar einen Künstler, der das gefertigt hat, aber hier handelt es sich um das Wappentier, das ist etwas anderes, das bedarf keiner Bewertung durch den Kunstbeirat.“

„Ich bin eher erstaunt, dass der Kunstbeirat nicht konsultiert wird“, zeigt sich dessen Vorsitzender Holger Stark enttäuscht und sichtlich überrascht von der Aufstellung der Plastiken. Wenn wir nicht gefragt werden und man intern entscheidet, dass das nichts mit Kunst zu tun hat, dann ist das eine städtische Entscheidung und ich fühle mich auch nicht angesprochen, sieht der Künstler und Galerist hier einen „Graubereich“. „Ich persönlich denke, die Stadt wäre – wenn sie schon einen Kunstbeirat beruft – gut beraten, ihn auch in solchen Sachen zu konsultieren“, so Stark. „Doch vermutlich ist der Stadt das Ergebnis solch einer Konsultation bereits im Vorfeld klar“, deutet er eine Ablehnung an und dass sich der Beirat sehr wahrscheinlich für eine kleine Ausschreibung ausgesprochen hätte.

Wappentier der Hansestadt: Die Rostocker Greifen vor dem Steintor
Wappentier der Hansestadt: Die Rostocker Greifen vor dem Steintor

„Wenn man sich die mühevoll restaurierte Originalsubstanz des Tores anschaut, ist das eine schallende Ohrfeige“, findet der Kunstbeiratsvorsitzende klare Worte für die Plastiken am Steintor, stellt aber gleichzeitig klar, dass es um die Sache und nicht etwa um die Person geht, schließlich ist Ene Slawow „ein richtig netter Typ“.

Doch für Holger Stark liegt das Problem tiefer und nicht allein an einem Objekt oder einem Künstler. Bildende Kunst ist vielen sehr fremd, doch statt nur mit Emotionen zu spielen, wünscht er sich mehr kunstbildende Vorbereitung und Begleitung für zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum, dann kann sie den Bürgern durchaus nahegebracht werden. „Wenn eine Stadt mit Bürgerschaft und Verantwortlichen jedoch für sich entscheidet, was ihr gefällt, dann muss man nicht erwarten, dass man eine überregionale Anerkennung bekommt“, beklagt Stark, dass zeitgenössischer Kunst in Rostock oft nicht der notwendige Stellenwert eingeräumt wird.

Rostocks Wappentier

Halb Adler, halb Löwe ist das Fabelwesen seit dem frühen Mittelalter Rostocks Wappentier. Der Greif soll schon im 12. Jahrhundert das Schild der slawischen Fürsten geschmückt haben und durch griechische Händler in den südlichen Ostseeraum gebracht worden sein. Er diente als mythisches Schutztier der Stadt und symbolisiert Kraft, Stärke und Schnelligkeit.

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