Neue Straßenbahnstrecke vom Zoo nach Reutershagen geplant
Die RSAG plant eine neue, vier Kilometer lange Straßenbahnstrecke vom Zoo nach Reutershagen – rund 50 Mio. Euro sollen investiert werden, Eingriffe ins „Grün“ sind jedoch notwendig.
14. April 2023, von Olaf
Vier Kilometer lang und rund 50 Mio. Euro teuer soll die neue Trasse werden, auf der spätestens in zehn Jahren Straßenbahnen zwischen Zoo und Braesigplatz verkehren. Mit der neuen Strecke möchte die Rostocker Straßenbahn AG (RSAG) Reutershagen, den mit 18.000 Einwohnern größten Stadtteil ohne direkte Straßenbahnerschließung, anbinden. Dies gilt vor allem für den südwestlichen Teil, Reutershagen II – das erste in Plattenbauweise errichtete Neubauviertel in Rostock.
„Die Straßenbahn ist für Rostock die Zukunft“ und keineswegs ein Verkehrsmittel der Vergangenheit, ist Dr. Ute Fischer-Gäde (Grüne), Senatorin für Infrastruktur, Umwelt und Bau, überzeugt. Elektrisch und emissionsfrei soll die Straßenbahnerweiterung einen wichtigen Beitrag zum Ziel „Klimaneutrales Rostock 2035“ leisten.
Durchschnittlich 4.000 tägliche Wege sollen mit der neuen Strecke zur Straßenbahn verlagert werden, 1,2 Mio. Fahrgäste möchte die RSAG pro Jahr zusätzlich für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gewinnen, erläutert RSAG-Vorstand Jan Bleis.
Vier Varianten für den Trassenverlauf wurden betrachtet, der beste Nutzen-Kosten-Index (NKI) wurde für den „Korridor West“ ermittelt. Nur diese Variante hat einen NKI über 1 ergeben und ist damit durch den Bund förderfähig.

Korridor West – Streckenverlauf vom Zoo bis zum Braesigplatz
Die geplante Strecke beginnt an der bereits vorhandenen Trasse am Zoo (Trotzenburg), verläuft am Zoo-Haupteingang (Darwineum) entlang des Barnstorfer Rings, quert diesen sowie den Groß Schwaßer Weg und bindet den hier vorhandenen P+R-Parkplatz sowie anschließend die CJD Christophorusschule (Rückseite, nördlich) an. Entlang der kompletten Goerdelerstraße führt die Strecke bis zum Braesigplatz in Reutershagen, wo sie wieder Anschluss ans bestehende Straßenbahnnetz findet.
Positiver Nebeneffekt: Kommt es in der Doberaner Straße durch Bauarbeiten oder Unfälle zu Störungen, können die Bahnen in Richtung Marienehe/Nordwesten künftig über die Wismarsche Straße, Parkstraße und die neue Strecke umgeleitet werden. Das gesamte Straßenbahnnetz wird dadurch ausfallsicherer.
Aktuell sind entlang der neuen Strecke sieben Haltestellen geplant:
- zwischen Braesigplatz und Goerdelerstraße
- Goerdelerstraße / Ulrich-von-Hutten-Straße
- Goerdelerstraße / Bonhoefferstraße
- Goerdelerstraße / Erich-Mühsam-Straße
- CJD Christophorusschule (Rückseite)
- P+R Barnstorfer Ring
- Zoo-Haupteingang (Barnstorfer Ring, Darwineum)
Linien 3 und 6 sorgen zusammen für Zehn-Minuten-Takt
Bedient werden soll die neue Strecke von den Linien 3 und 6. Beide fahren jeweils alle 20 Minuten, sodass sich auf dem Abschnitt ein Zehn-Minuten-Takt ergibt.
Die Linie 6 geht am Braesigplatz in die Linie 2 über und fährt über den Holbeinplatz und die Doberaner Straße in Richtung Innenstadt. Die Bahnen der Linie 3 fahren vom Zoo über den Braesigplatz weiter bis zum S-Bahnhof Marienehe. Eine Verlängerung in den Rostocker Nordwesten ist möglich.
Straßenbahn zum Neuen Friedhof wird eingestellt
Der Streckenabschnitt zum Neuen Friedhof wird aufgegeben. Mit lediglich etwa 300 Fahrgästen pro Tag wird dieser Teil kaum genutzt. Die Straßenbahnen sollen durch ein „qualifiziertes Busangebot“ ersetzt werden, die RSAG verspricht einen Zehn-Minuten-Takt.
Immerhin spart die Stadt dadurch etwas Geld bei der anstehenden Erneuerung der Brücke in der Rennbahnallee. Das marode Bauwerk über die Bahnstrecke nach Bad Doberan/Wismar muss nur noch für den restlichen Verkehr erneuert werden – ein kleiner finanzieller Beitrag, so Bleis. Allerdings wird die Brücke auch von den Bussen der Linie 28 genutzt, die Richtung Südstadt hier im Gleisbereich fahren, um dem Stau auf der Rennbahnallee zu entgehen. Der geplante dreistreifige Ausbau der Satower Straße zwischen Rennbahnallee und Südring könnte etwas Stau-Entlastung bringen, hofft die RSAG.
Kleingärten und Stadtgrün müssen weichen
Ganz ohne Konflikte dürfte der Bau der neuen Trasse nicht vonstattengehen. Einschließlich Begleitweg wird sie immerhin zwölf Meter breit, so Bleis. Sicher ist: Es wird Eingriffe in die Natur geben, Kleingärten und Bäume müssen weichen.
Wie viele Kleingärten betroffen sind, steht noch nicht fest. Vor Beginn der eigentlichen Planungen eine Zahl zu nennen, wäre „fahrlässig“, so Bleis. Der Korridor, in dem die Trasse verlaufen wird, ist vor allem im Bereich der Kleingartenanlagen noch sehr breit. Betroffenen Kleingärtnern sollen möglichst in unmittelbarer Nähe Ausweichparzellen angeboten werden, sagt Senatorin Fischer-Gäde.
Auch im Barnstorfer Wald müssen wahrscheinlich Bäume geopfert werden. Bis zum Zoo-Haupteingang soll die Trasse möglichst südlich des Barnstorfer Rings verlaufen, um Fahrgästen das Überqueren der Fahrbahn zu ersparen. Für die Verbindung zum Groß Schwaßer Weg könnte eine ehemalige Abbiegespur genutzt werden, wo es nicht so viel alten Baumbestand gibt.
Synergieeffekte mit dem geplanten Radschnellweg sollen noch einmal geprüft werden, verspricht Steffen Nozon vom Amt für Mobilität. Allerdings sind die Planungen dafür bereits sehr weit fortgeschritten und man habe sich für die nördliche Seite entschieden.
Die Eingriffe in die Natur sollen minimiert werden, so Fischer-Gäde, „aber der Mehrwert ist entscheidend.“ Dieser liege im Gemeinwohl, zu dem auch die nachhaltige Mobilität gehört.

Zeitplan und Kosten
Im Juni soll die Bürgerschaft darüber entscheiden, ob es mit den Projekt weitergeht. Das ist noch kein Votum für den Bau, sondern nur für die weitere Planung bis zum Förderantrag und dem Planfeststellungsverfahren.
Im Idealfall könnte ab 2027 mit dem Bau begonnen werden und 2030 die erste Bahn auf dem neuen Streckabschnitt fahren. 2032/33 dürfte realistischer sein.
Die Gesamtkosten für Planung und Bau der neuen Straßenbahntrasse werden aktuell auf 50 Millionen Euro geschätzt. 75 Prozent der Kosten können vom Bund gefördert werden, durch das Land wäre eine Aufstockung um weitere 15 Prozent möglich.
RSAG bzw. Stadt müssten im Idealfall nur zehn Prozent der Kosten tragen. Hinzu kommen rund acht Mio. Euro für zwei neue Bahnen, die für den Betrieb der Strecke benötigt werden. Wird die Linie 3 über Marienehe hinaus in den Nordwesten verlängert, wären zusätzliche Bahnen erforderlich.
Bei den Betriebskosten soll die neue Strecke sogar Geld einsparen, ca. 1,1 Mio. Euro jährlich. Diese Summe soll im Bus-Netz erzielt werden, erläutert Jan Bleis. Insbesondere die Linie 28 sei durch die Stoßzeiten bei der Schülerbeförderung für die Christophorusschule sehr kostenintensiv. „Das würde dann komplett die Straßenbahn übernehmen – in viel höherer Qualität und Wirtschaftlichkeit“, so der RSAG-Vorstand.
Bürgerbeteiligung
In der kommenden Woche sollen die betroffenen Ortsbeiräte informiert werden, eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung ist geplant.