Semesterticket beschäftigt die Bürgerschaft

AStA und RSAG streiten um den Preis des Semestertickets – Stadtpolitik spricht sich für dessen Erhalt aus

6. November 2014, von
AStA-Vertreter und RSAG-Vorstand Jochen Bruhn im Bürgerschaftssaal
AStA-Vertreter und RSAG-Vorstand Jochen Bruhn im Bürgerschaftssaal

Bleibt das Semesterticket für Studenten bezahlbar? Der Allgemeine Studierenden Ausschuss der Universität Rostock (AStA) und die Rostocker Straßenbahn (RSAG) streiten sich um den Preis. Um ihre Position zu bekräftigen, hatten die Studenten in den letzten Wochen bereits eine Demonstration organisiert und über 2500 Unterschriften gesammelt. Gestern zogen die Studentenvertreter vor die Rostocker Bürgerschaft, um sich Unterstützung seitens der Stadtpolitik zu holen. Doch die hielt sich zurück. Mehrheitlich sprachen sich die Fraktionsvertreter zwar für den Erhalt des Tickets aus. „Doch die Politik mischt sich nicht ein, beobachtet die Verhandlungen aber genau“, erklärte Oberbürgermeister Roland Methling (UFR). Ein Kostenausgleich über städtische Mittel oder Unterstützung vom Land komme nicht infrage, so Eva Maria Kröger (Linke). Immerhin werden bei der heutigen Verhandlung auch Mitglieder der Bürgerschaft einbezogen.

Da die Universität Rostock keine Campusuniversität ist, ist der ÖPNV eine gute Möglichkeit für Studenten, die Wege zwischen den Hochschulstandorten zurückzulegen.
Da die Universität Rostock keine Campusuniversität ist, ist der ÖPNV eine gute Möglichkeit für Studenten, die Wege zwischen den Hochschulstandorten zurückzulegen.

Derzeit kostet das Semesterticket 82 Euro. Dafür können Studenten sechs Monate im Stadtgebiet Rostocks fahren und ein Fahrrad mitnehmen. Für eine Person ist das besonders günstig, vergleicht man die Ticketpreise beispielsweise für Schüler. Sie blättern für ein Monatsticket ohne Fahrrad 26,50 Euro hin. Anders als Schüler zahlen jedoch alle Studenten das Semesterticket, unabhängig davon, ob und wie oft sie es benutzen. Wegen dieses Solidaritätsprinzips kann die RSAG alle halbe Jahre sicher mit einer Summe von 1,15 Millionen Euro rechnen.

Immer mehr Studenten nutzen das Semesterticket – es fahren aber nicht mehr Bahnen

Jochen Bruhn verhandelt für die RSAG
Jochen Bruhn verhandelt für die RSAG

Nun wollen die RSAG und der Verkehrsverbund Warnow (VVW) jedoch an der Preisschraube drehen und den Ticketpreis erhöhen. Verhandlungsführer RSAG-Vorstand Jochen Bruhn begründet dies mit der angestiegenen Nutzung des ÖPNVs durch die Studenten. Eine Zählung, die alle fünf Jahre durchgeführt wird, habe ergeben, dass die Nutzung im Zeitraum zwischen 2008 und 2011 um 55 Prozent gestiegen sei. Besonders zu Spitzenzeiten am Nachmittag seien über eine Million Fahrräder gezählt worden. Das werde zum Platzproblem für andere Fahrgäste mit Kinderwagen oder Rollstühlen. Für den AStA-Vorsitzenden sind diese Berechnungen aufgrund erhöhter Nutzungszahlen hingegen nicht nachvollziehbar, denn: „Er erklärt uns nicht, welche Mehrausgaben dadurch entstehen, denn es fahren weder mehr Bahnen, noch hat sich der Service verbessert.“

Das aktuelle Angebot liegt bei 86 Euro ohne Fahrrad, 18 Euro für eine Fahrradkarte extra oder insgesamt 104 Euro. Im Verhandlungsprozess sei die RSAG damit schon von ihrer ursprünglichen Forderung zurückgegangen. Ein dreistelliger Preis jedoch sei nicht vermittelbar, befürchten die Studentenvertreter. Kommilitonen, die das Semesterticket nicht benutzen, gelangen hier an eine Schmerzgrenze, für eine Leistung zu bezahlen, die sie nicht in Anspruch nehmen. Seit 2006 hätten sie eine Preissteigerung von 80 Prozent mitgemacht, so Lisa Bornschein vom AStA. Für die RSAG wäre der Wegfall des Semestertickets zu verkraften. Jochen Bruhn geht davon aus, dass dann immer noch 20 bis 30 Prozent der Studenten regelmäßig eine Monatskarte (ermäßigt derzeit 38,50 Euro) kaufen würden, was den Fehlbetrag wieder ausgleichen würde.

Doch ein Verzicht auf das Semesterticket sei keine Alternative. Das wolle auch der Aufsichtsrat nicht, betont dessen Vorsitzender Prof. Dr. Dieter Neßelmann.

Mit oder ohne Fahrrad?

RSAG-Aufsichtsratsvorsitzender Dieter Neßelmann
RSAG-Aufsichtsratsvorsitzender Dieter Neßelmann

Doch ob das Ticket die Fahrradmitnahme enthalten soll, ist umstritten. Seit seiner Einführung 1996 war es bisher immer enthalten, erinnert sich Jochen Bruhn, der einst das Semesterticket in Rostock erfunden hat. Claudia Barlen (SPD) plädiert dafür, dass wer das Fahrrad nutzt, gerade auf kurzen Strecken nicht damit in die Bahn steigen und für den Einzelfall, beispielsweise bei Regen, ein Einzelticket für das Fahrrad lösen solle. Für Simone Briese-Finke (Grüne) ist die Kombination von ÖPNV und Fahrrad die sinnvollste Lösung, um sich zwischen Wohnort und den über die Stadt verteilten Hochschulstandorten zu bewegen. Die Infrastruktur müsse sich den steigenden Studierendenzahlen anpassen. „Wir wollen Dierkow-Toitenwinkel für studentisches Wohnen entwickeln. Dann muss auch ein Fahrrad mit in die Straßenbahn, denn eine S-Bahn fährt dort eben nicht hin.“

Ein Entgegenkommen der anderen Art bietet der Oberbürgermeister den Studenten an. So solle das Begrüßungsgeld, was alle Studienanfänger, die ihren Hauptwohnsitz in Rostock anmelden, erhalten, aufgestockt werden. Außerdem wolle man unter ihnen sieben Fahrräder und andere Preise verlosen.

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