Tag der Architektur & Rostocker Architekturpreis
Architekturradtour mit Besichtigung neuer Bauwerke in Rostock
28. Juni 2010, von Stefanie
Auf die Spuren neuer kunstvoll gestalteter Bauwerke in Rostock begab ich mich am Wochenende anlässlich des Tages der Architektur.
Die Gestaltung von öffentlichen Räumen hat für viele Menschen, vor allen für diejenigen, deren alltägliches Leben davon beeinflusst wird, eine hohe Bedeutung. Mitunter löst eine konkrete Bauweise heftige Debatten aus.
Um einige neu entstandene Gebäude kennenzulernen, schloss ich mich am Sonntag der „Architekturradtour“ des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) an. 15 Radfahrer hatten sich für eine etwa 30 Kilometer lange Strecke zusammengetan, um fünf Gebäude zu besichtigen.
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Die erste Station war das Pressehaus der Ostsee-Zeitung. Hier wartete bereits der Architekt Carsten Nielsen. Er war für die Modernisierung zuständig und arbeitet in dem Büro, welches bereits Ende der 1950er Jahre das Haus geplant hatte.
„Der Verkehrslärm, der Wärmeschutz, der Sonnenschutz für einen blendfreien Arbeitsplatz – das sind alles Probleme, die über die Jahre neu dazugekommen sind und irgendwann dazu führten, dass man gesagt hat: Hier können wir nicht mehr angemessen arbeiten. Hier muss jetzt was getan werden“, erklärte der Architekt den Schritt zur Sanierung.
Mit dem Umbau sollten aber nicht nur die Arbeitsbedingungen verbessert, sondern auch ein Imagewechsel vollzogen werden. Mit dem neu gestalteten Gebäude möchte sich die Ostsee-Zeitung zukünftig offener und transparenter repräsentieren.
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Die nächste Station war ein neu errichtetes Einfamilienhaus in der Östlichen Altstadt. Das schmale Stadthaus, das eine Lücke in der Brauergasse schließt, ging aus dem Architektenwettbewerb „Neues Wohnen in der Innenstadt“ als Sieger hervor.
Hier hatten die Besucher die Gelegenheit, auch das Innere des Hauses zu besichtigen. Über vier Etagen erstreckte sich der Wohnraum für die junge Familie, die am Tag der Architektur Einblicke in ihr privates Umfeld gewährte. Trotz des beschränkten Platzes wirkt es durch die offene Bauweise sehr großzügig, dank Oberlichtern und einer großzügigen Fenstergestaltung gibt es in jedem der Räume Tageslicht.
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Im Anschluss stand die Besichtigung des Neubaus der „Kinderkunstakademie“ des Instituts Lernen & Leben e.V. in Rostock-Kassebohm auf dem Tourenplan.
Auf gut 4.600 qm ist hier eine Ganztagsgrundschule mit angeschlossener Kindertagesstätte entstanden. Neben Werkstatt, Lehrküche, Bibliothek und Sporthalle steht den Kindern hier auch eine Sauna zur Verfügung.
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Weiter ging es nach Roggentin, wo der Erweiterungsbau der Druckerei Aidant auf dem Programm stand.
Durch die Druckerei führte der Architekt Claus Sesselmann. Er machte auf die besonderen Anforderungen hinsichtlich der Materialwahl und Konstruktion aufmerksam und erläuterte das Energiekonzept.
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Die letzte Station der Radtour war die Kabelübergabestation in Markgrafenheide. Hier erfolgt die Verbindung des von Dänemark ankommenden Hochspannungsseekabels mit dem europäischen Stromverbundnetz. Wegen der Höhe des Wasserspiegels war ein oberirdisches Gebäude erforderlich. „Und das musste irgendwie gestaltet werden“, so der Architekt Christian Blauel, als er die Besucher auf die Baustelle führte.
Anstatt einfach nur einen simplen Quader in die Landschaft zu setzen, entschloss sich sein Team, dem Thema „Verbindung“ (zweier Stromkabel, Energiekonzerne, Länder) auch durch die äußere Gestaltung eine Form zu verleihen. Entstanden sind zwei Baukörper, die ineinandergreifen und sich farblich und in der Materialität voneinander absetzten. Auf der Landseite der weiße Beton, auf der Seeseite der metallische Körper, der für Skandinavien steht.

Bei der Kabelübergabestation endete die Architekturradtour. Diese befand sich übrigens auch unter den zehn Objekten, die für den Rostocker Architekturpreis nominiert waren, der am Vorabend überreicht wurde. Gewonnen hat ihn Andreas Webersinke für die Sanierung der Urnengemeinschaftsanlage auf dem Neuen Friedhof in Rostock. Der Jury-Vorsitzende Professor Gerd Jäger würdigte den Preisträger und lobte die "gelungene Auseinandersetzung mit der Funktion dieses Ortes."
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Die Urnenanlage stammt aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts und gilt als Musterbeispiel geometrischer Sachlichkeit des so genannten „Neuen Bauens“. Zu den vorhandenen baulichen Strukturen wie Treppen und Mauern aus Formklinkern fügte Andreas Webersinke neue Gestaltungselemente in zeitgemäßer Formensprache hinzu.
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Rückblickend auf dieses Projekt äußerte sich der Landschaftsarchitekt zufrieden: "Das ist eine schöne Arbeit gewesen, weil dieser Friedhof ja an sich eine schöne Anlage ist."
Mit dem Rostocker Architekturpreis werden jährlich herausragende Beispiele gelungener Architektur ausgezeichnet. Auf diese Weise soll die Diskussion in der breiten Öffentlichkeit, aber auch in Fachkreisen über qualitätsvolle Architektur angeregt und die Baukultur gefördert werden.