Timo Parvela: „Ella in der Schule“
Schule kann auch Spaß machen – Lesung im Peter-Weiss-Haus
21. April 2010, von Katrin
Ich wusste gleich, dass ich wieder einen Augenblick zu früh dran war, als ich heute Morgen das Peter-Weiss-Haus in der Doberaner Straße betrat. Da war erst einmal Niemand auf dem langen Flur zu sehen. Doch Licht brannte. Ich schlich also gemächlich die Treppe hinauf und schaute mich um. In einem Glaskasten entdeckte ich zwei „Ella“-Bücher von Timo Parvela, dem ich heute begegnen sollte.
Kurz darauf lernte ich die überaus nette Praktikantin des Literaturhauses kennen. Sie schenkte mir unversehens einen Bonbon und freute sich sehr über mein Interesse. Dann zeigte sie mir, wo die Lesung stattfinden würde. Im sogenannten Möckelsaal nämlich. Der heißt so, weil ein gewisser Gotthilf Möckel um 1890 für die Innengestaltung des Saales verantwortlich war, erfahre ich im Zuge meiner späteren Recherchen. Der Saal ist doppelgeschossig und besitzt eine hölzerne Deckenkonstruktion.

Ich schaute mich noch ein wenig um und da kam dann auch schon die erste Schulklasse. Timo Parvela und die Übersetzerin Elina Kritzokat waren inzwischen ebenfalls eingetroffen und so konnte die Lesung beginnen.
Der finnische Kinderbuchautor sagte: „Guten Morgen“ und begann etwas auf Finnisch aus seinem Buch vorzulesen. Dann fragte er: „Habt ihr das verstanden?“ und die Kinder antworteten: „Nein!“. Er las dann noch einmal lauter und langsamer vor. Aber niemand verstand ihn, was sogleich für heitere Stimmung unter der jungen Hörerschaft sorgte. Sodann kam die Übersetzerin Elina Kritzokat zu Wort. Sie stellte sich vor und begann Parvelas Worte zu übersetzen.

Zunächst erklärte der Autor, warum es in seinen Büchern immer um die Schule gehe. Er hätte, als er mit dem Schreiben begann, den Tipp erhalten, dass man am besten über etwas schreiben könne, was man sehr gut kenne.
Ja, und er kenne nun einmal die Schule sehr, sehr gut. Das sei so, weil er selbst einmal Lehrer war. Auch seine Eltern, seine Frau und selbst deren Eltern seien Lehrer gewesen. Sogar alle Freunde und Bekannte des Schriftstellers übten diesen Beruf aus, sagte er. Aaaahhh, da wurde so Einigen etwas klar und wieder hatte Timo allen Kindern ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Diese hatten es sich übrigens nicht nur auf den Stühlen im Saal bequem gemacht. Die am Boden liegenden superbequemen Matratzen eigneten sich ebenso vorzüglich für eine flauschige Lauschstunde.

Elina Kritzokat las nun aus dem ersten auf Deutsch erschienenen Ella-Buch „Ella in der Schule“ vor. Ich hörte die Geschichte über einen Ausflug von Ellas Klasse ins Schwimmbad. Wie Mika seine Badehose dort verlor und der Lehrer samt seinen Kleidern ins Becken sprang und auf einer Seife ausrutschte.
Auch die Geschichte einer rätselhaften Verschwörung wurde vorgetragen. Die Schüler entdeckten geheimnisvolle Briefe auf dem Arbeitstisch des Lehrers und mutmaßten daraufhin, dass es sich dabei eigentlich nur um einen Erpresserbrief handeln könne. Sie klebten sich deshalb, der Tarnung wegen, falsche Bärte an und begannen das vermeintliche Opfer zu beschatten. Schließlich wurde ein geheimnisvoller Koffer entdeckt, in dem die Kinder ein Lösegeld vermuteten. Sie tauschten ihn deshalb gegen einen Koffer mit Micky-Maus-Heften aus und folgten ihrem Lehrer weiter auf Schritt und Tritt. Was dann geschah? Ich kann doch hier nicht alles verraten, oder?

Auch Elina Kritzokat erfreute die Kinder sehr. Ab und an musste sie die Lesung selbst vor Lachen unterbrechen. Ein wirklich amüsanter Morgen war das. Alle hatten unheimlich viel Spaß.
Anschließend erzählte Timo, wie wichtig ihm der Humor in seinen Geschichten sei. Mit Humor könne man eben zu Menschen im verschiedensten Alter sprechen, sagte er. Er hätte es auch sehr schön gefunden, dass die Kinder hier in Rostock an denselben Stellen, wie die Kinder in Finnland gelacht hätten. Da habe sich gezeigt, dass der Humor die Menschen aus Finnland und Deutschland miteinander verbunden habe, obwohl ein großes Meer sie ja eigentlich voneinander trenne.

In Finnland sind bereits 14 Ella-Bücher erschienen. In diesem Jahr wird das fünfzehnte veröffentlicht. Ins Deutsche sind bisher drei Bücher übersetzt worden. Gerade letzte Woche wurde in Finnland sogar ein Musical über „Ella“ uraufgeführt. Selbst ein Kinofilm werde gerade gedreht, erzählte Parvela.
Dann wies er noch auf einen wichtigen Aspekt der Ella-Geschichten hin. Darin gehe es stets um die Erlebnisse einer bestimmten Gruppe von Kindern. Sie blieben immer zusammen, seien Freunde und unterstützten einander. Freunde seien im Leben sehr wichtig. Sie würden einem helfen, wenn man etwas nicht allein schaffe, sagte er. Diese Erfahrung sei gerade in unserer Zeit von großer Bedeutung. In einer Zeit, in der in Sendungen wie „Big Brother“, „Germanys next Topmodel“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ vorgelebt werde, dass Menschen, die bestimmten Anforderungen nicht genügten, einfach abgeschoben werden.

Im Anschluss an die Lesung durften alle Kinder noch Fragen an den Schriftsteller richten. Wie es so in Finnland sei, fragte ein Junge. Im Moment gäbe es dort noch kein einziges grünes Blatt. Denn der Frühling zeige sich in Finnland erst einen Monat später als in Deutschland, antwortete Timo Parvela. Wie lange er an einem Buch schreibe, lautetet die zweite Frage. Etwa drei Monate, erfuhren die Schüler.
Ob ihm Rostock gefalle? Ja, sagte er. Vor allem die schönen Häuser am Neuen Markt und dass Rostock am Meer liegt, fände er toll. Könne er nicht auch ein Ella-Buch über Rostock schreiben? Mal sehen, vielleicht, ließ Parvela verlauten.
Der Fragen-Ansturm nahm kein Ende und gerne wären die Kleinen wohl noch eine Weile dageblieben, doch die Lehrerin mahnte nun zum Aufbruch.

Zur Freude der Klasse gab es für jeden noch ein Autogramm vom Schriftsteller. Schließlich wünschte er allen Kindern einen lustigen Frühling und einen netten Spaziergang zurück in die Schule. Darüber hinaus wünschte er ihnen, dass sie in diesem Jahr schöne Geschichten zum Lesen für sich fänden.