Kempowski-Tage 2010 im Rostocker Rathaus eröffnet

Hansestadt Rostock würdigt Walter Kempowskis Werk als Lebensleistung

13. Oktober 2010, von
Kempowski-Tage 2010 in Rostock - Eröffnungsveranstaltung im Rathaus
Kempowski-Tage 2010 in Rostock - Eröffnungsveranstaltung im Rathaus

Mit der Lesung „Immer bin ich in Rostock gewesen …“ starteten heute die Kempowski-Tage 2010 in Rostock. Zahlreiche Fans des Schriftstellers waren zur Eröffnung ins Rathaus gekommen.

1929 in Rostock geboren, saß Kempowski von 1948 bis 1956 wegen Spionage-Vorwürfen in Bautzen und ging anschließend in den Westen.

Mit seinen Romanen der „Deutschen Chronik“ und seinem „Echolot“ zählt der Schriftsteller nicht nur zu den bedeutendsten deutschen Gegenwartsautoren, sein autobiografischer Roman „Tadellöser & Wolff“ und dessen Verfilmung machten auch Rostock bundesweit bekannt.

Kempowski-Ufer Rostock
Kempowski-Ufer Rostock

Nach der Wende kehrte der verlorene Sohn in die Hansestadt zurück, wenn auch nie mehr ganz. Er wurde Ehrenbürger und erhielt 2002 die Ehrendoktorwürde der Universität Rostock. 2009 wurde eine Straße im Rostocker Stadthafen nach ihm benannt.

„Der Ort, von dem aus die Heimat bedacht wird, ist beliebig“, brachte es Professor Dieter Schröder vom Kempowski-Archiv in seiner Einleitung zum Ausdruck. „Aber der Ort, zu dem die Gedanken immer wieder zurückkehren, ist nicht austauschbar.“ Ein Umstand, den Kempowski mit vielen seiner Kollegen teile, die aus der Ferne über ihre Heimat schrieben. Sei es Fritz Reuter oder Uwe Johnson.

Prof. Dieter Schröder
Prof. Dieter Schröder

„Die Wiederbegegnung mit der entbehrten Heimat“, so Schröder, sei es jedoch, was Kempowski von den anderen Schriftstellern unterscheide. Walter Kempowski konnte zurückkehren in seine Heimat, in sein Rostock.

Durchaus ein schwieriger Prozess für den Schriftsteller, diese Rückkehr. Aufgearbeitet hat er sie in Tagebüchern, waren diese doch seine ganz persönliche Leidenschaft. „Ein Schriftsteller, der kein Tagebuch schreibt, ist irgendwie schief gewickelt, mit dem stimmt was nicht“, brachte er es einst zum Ausdruck.

Und so stehen im 20. Jahr nach der Wende bewusst diese Tagebücher im Zentrum der Kempowski-Tage. Und ganz bewusst lautete das Motto heute: „Immer bin ich in Rostock gewesen …“ Selbst in den Jahren, in denen er nicht nach Rostock konnte, war Kempowski doch stets hier.

Stephan Fiedler liest Walter Kempowski
Stephan Fiedler liest Walter Kempowski

Untermalt mit einer Fotopräsentation von Gerhard Weber las Stephan Fiedler vom Volkstheater Rostock heute Abend Auszüge aus den Tagebüchern „Alkor“ (1989), „Hamit“ (1990) und „Somnia“ (1991).

Nach dem gelungenen Auftakt gibt es in der Hansestadt noch bis zum Sonntag ein buntes Programm zum Gedenken an den Rostocker Ehrenbürger. An erster Stelle seien zwei Lesungen genannt, die vom Literaturhaus Rostock organisiert werden.

Martin Mosebach, dem 2007 der Georg-Büchner-Preis verliehen wurde, liest am Freitag um 20 Uhr in der Universitätsbuchhandlung Weiland aus seinem neuen Roman „Was davor geschah.“ Einen Tag später sind um 20 Uhr Falko Hennig und Jochen Schmidt auf der MS Stubnitz zu Gast. 2007 gründeten die beiden Schriftsteller die „Weltchronik“, in der ein ‚Star‘ jeweils 30 Tage seines Lebens dokumentieren sollte. In Rostock werden wir erfahren, welche Beziehung die beiden zu Walter Kempowski haben und welchen Einfluss er auf ihre Texte hat.

Kempowski-Archiv Rostock
Kempowski-Archiv Rostock

Kempowskis Verhältnis zur Kirche und Religion widmet sich eine Plenumsdiskussion am Freitag um 18 Uhr im Kulturhistorischen Museum.

Auf historische Spurensuche bis „Im Block“ (Kempowskis Erstlingswerk, in dem er seine Zeit in Bautzen verarbeitete) geht Dr. Matthias Braun am Sonntagmorgen in der Dokumentations- und Gedenkstätte der BStU.

Zusätzlich gibt es Bilder- und Filmvorträge im Kulturhistorischen Museum, einen Stadtrundgang auf den Spuren der Familie Kempowski (Samstag, 15 Uhr ab dem Kempowski Archiv) und nicht zu vergessen noch einmal drei Aufführungen des Theaterstücks „Alles offen“ (Geschichten aus der Zeitenwende) in der Inszenierung von Tobias Rausch.

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