Rostocker Volkstheater sucht neue Spielstätten

Ob Großes Haus, Halle 207 oder ein Theaterzelt – bis der Theaterneubau fertig ist, wird nach einem Provisorium gesucht

26. Februar 2011, von
Das Große Haus des Volkstheaters Rostock in der Doberaner Straße
Das Große Haus des Volkstheaters Rostock in der Doberaner Straße

„Wir sind leider ausverkauft“ – dass so ein Satz aus dem Mund eines Theaterintendanten kommt, hätte sich der Chef des Rostocker Volkstheaters Peter Leonard auch nicht träumen lassen. Seitdem er und die Stadtverwaltung am Dienstag die Schließung des Großen Hauses bekannt geben mussten, wird nun fieberhaft nach Ersatz gesucht.

Im Falle der Pinocchiovorstellung, die für nächste Woche geplant war, gestaltet sich die Suche nämlich schwierig.

Bronislav Roznos, Peter Leonard und Corina Wenke
Bronislav Roznos, Peter Leonard und Corina Wenke

Ein Ort, wo ausreichend Plätze, eine gute Akustik und ein geeigneter Tanzboden vorhanden sind, muss erst einmal gefunden werden. Deshalb fällt die nächste Aufführung des Tanztheaters am Mittwoch aus.

„Tänzer können nicht auf jedem Fußboden tanzen“, gibt Chefchoreograf Bronislav Roznos zu bedenken und nimmt die Entwicklung flexibel einsetzbarer Bühnenbilder als Herausforderung für die kommende Zeit an.

neue Brandschutzwand im Foyer des Großen Hauses
neue Brandschutzwand im Foyer des Großen Hauses

Dennoch ist Peter Leonard zuversichtlich, für die meisten in dieser Spielzeit geplanten Vorstellungen Ersatzspielstätten zu finden, betont aber, dass diese in jedem Fall nur Provisorien sein können.

„Wir hoffen, dass uns das Publikum trotz dieser schwierigen Situation weiter treu bleibt“, wünscht sich der Intendant. Solange es noch keinen neuen Geschäftsführer für die Theater GmbH gibt, hat er auch die kaufmännische Leitung übernommen.

Stadthalle Rostock
Stadthalle Rostock

In den vergangenen Tagen war dies schon recht gut gelungen. So war das Konzert der Pasternack Big Band, die nach der Schließung des MOYAs im Volkstheater einen neuen Auftrittsort gefunden zu haben glaubte, im als Ausweichort genutzten Saal 2 der Stadthalle ausverkauft. Mit über 300 Besuchern war auch die gekürzte konzertante Version von Figaros Hochzeit in der Heiligen-Geist-Kirche fast so gut besucht, wie zuvor Karten reserviert und verkauft wurden.

Eine gekürzte und konzertante Darbietung des Musicals „My Fair Lady“ wird es am kommenden Wochenende auch im Barocksaal geben. Die für den 4. März angesetzte Max-Gold-Lesung wird in den Mai ins Peter-Weiss-Haus verschoben.

Nikolaikirche in Rostock
Nikolaikirche in Rostock

Corina Wenke vom künstlerischen Management kündigt weiterhin an, dass das 7. Philharmonische Konzert in der Nikolaikirche gespielt wird. „Es ist zwar akustisch nicht hundertprozentig günstig, aber akustisch gute Bedingungen haben wir eigentlich auch im Großen Haus nicht gehabt.“ Peter Leonard ergänzt: „Dieser Ort ist nicht ideal, auch hinsichtlich der Parksituation. Aber wir werden einen Transport organisieren.“

Hochschule für Musik und Theater im Katharinenstift
Hochschule für Musik und Theater im Katharinenstift

Die Premiere für „Tagträumer“ am 11. März wird im Katharinensaal der Hochschule für Musik und Theater gefeiert werden können. „Wir haben seit Jahren eine sehr freundliche Kooperation mit der HMT. Die Zugänglichkeit des Katharinensaals ist aber eingeschränkt, da sie selber so viele Aktivitäten haben“, schließt Peter Leonard eine Dauerpräsenz dort aus.

Hanse-Messe in Schmarl
Hanse-Messe in Schmarl

Ähnliches gilt wohl auch für die Räumlichkeiten der Rostocker Stadthalle und der Hanse-Messe. Für eine Nutzung der Messehalle in Schmarl für jeweils zwei Wochen im März und April überprüft das Volkstheater derzeit die technischen Voraussetzungen. Vor allem größere Produktionen des Musik- und Tanztheaters sollen dorthin verlegt werden.

Höchstwahrscheinlich wird hier auch die Premiere von „1st Dancework with Orchestra“ stattfinden – eine Produktion des Tanztheaters Bronislav Roznos, bei der die Norddeutsche Philharmonie sowohl akustisch, als auch visuell Bestandteil sein wird.

Das Große Haus vom Patritotischen Weg aus
Das Große Haus vom Patritotischen Weg aus

Eine schwere Entscheidung ist auch der Umgang mit dem Stück Effie Briest, welches sich schon in der Endphase der Proben befindet. „Wir arbeiten an der Idee, dass wir die Premiere im Großen Haus aufführen und per Live-Stream im Internet ausstrahlen“, verrät Peter Leonard. Es ginge dabei weniger um Internettheater, dem dann das für das Theater wesentliche Live-Moment fehle, sondern vielmehr um einen geeigneten Abschluss der kreativen Arbeit, bevor man das Stück im Herbst dann vor Publikum aufführen könne.

Kurzfristig scheint das Theater also Lösungen zu finden. Wie geht es aber in der nächsten Spielzeit im Herbst bis zur Einweihung des Theaterneubaus weiter? Im Moment liegen alle Vertragsverhandlungen auf Eis und auch der Druck des neuen Spielplans 2011/12 verzögert sich. Der Eigenbetrieb „Kommunale Objektbewirtschaftung und -entwicklung der Hansestadt Rostock“ (KOE) rechnet derzeit mehrere Lösungsmöglichkeiten durch.

Zum einen überprüfen Bauplaner, ob das Große Haus wieder bespielbar gemacht werden kann. Genaue Zahlen dazu werden für nächste Woche erwartet. Eine Brandschutzwand wurde schon vor einigen Tagen ins Foyer gebaut. „Ich finde die Idee nicht ganz klug, hier Geld zu investieren“, meint jedoch Peter Leonard und tendiert eher für eine Alternative. Diese sieht er in der Ertüchtigung der Halle 207 und dem Erwerb eines Theaterzeltes.

Sommertheater in Halle 207, einer ehemaligen Schiffbauhalle
Sommertheater in Halle 207, einer ehemaligen Schiffbauhalle

Die Halle 207, die das Volkstheater schon seit zwei Jahren für das Sommerfestival nutzt, wird zwar für seine akustischen Qualitäten und die interessante Industriearchitektur gelobt. Alleine könne diese Spielstätte aber keine Dauerlösung für die nächsten fünf Jahre sein. Da sie nicht für größere dekorative Bühnenbilder geeignet sei, so der künstlerische Leiter des Volkstheaters Peter Leonard.

Mit einem Zelt mussten auch schon andere Theater wie das in Magdeburg als Provisorium auskommen, allerdings nur für zwei Jahre. Bei der Standortfrage müssten aber Probleme wie Verkehrslärm und Sicherheit berücksichtigt werden. Peter Leonard geht davon aus, dass für ein Zelt mindestens ein sechsstelliger Eurobetrag investiert werden müsse.

Auch das Theater im Stadthafen ist aus künstlerischer Sicht mangelhaft und kostet monatlich 11.000 Euro Miete
Auch das Theater im Stadthafen ist aus künstlerischer Sicht mangelhaft und kostet monatlich 11.000 Euro Miete

Die jeweiligen Kosten werden jetzt zusammengestellt, informiert Leonard. „Die Entscheidung treffen wir aber nicht, sondern die Stadt. Wir leisten nur die Zuarbeit, um ein Konzept vorzulegen.“

„Dass wir Einnahmeverluste aufgrund dieser Situation haben können, ist klar. Auch dass Mehrkosten entstehen, ist unabdingbar“, macht der Intendant deutlich. Der Wirtschaftsplan der Theater GmbH, von der die Stadt alleinige Gesellschafterin ist, ist aber nach der Schließung des Großen Hauses längst wieder hinfällig.

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