Uwe Johnson-Gesellschaft begrüßt 100. Mitglied
Aus der ganzen Welt versammeln sich begeisterte Leser des Schriftstellers Uwe Johnson in der Gesellschaft
8. März 2011, von StefanieGut ein Jahr ist es nun schon her, dass sich die Uwe Johnson-Gesellschaft in Rostock gegründet hat. Mit Tagungen, Vor-/Lesungen, Radtouren oder Publikationen hat sie in den letzten zwölf Monaten die Auseinandersetzung mit dem Schriftsteller Uwe Johnson gefördert.
Seither schließen sich immer mehr Fans des preisgekrönten Autors der Gesellschaft an. In den USA, wo Johnson selbst für einige Zeit lebte und dessen Hauptroman „Jahrestage“ teilweise dort spielt; in England, wo der Schriftsteller 1984 starb; aber auch in Kanada, Frankreich, Italien und der Schweiz sind ihre Mitglieder zu Hause. Sogar bis nach Japan reicht mittlerweile die Bekanntheit der Gesellschaft, wo es bereits ein Mitglied und viele weitere Interessenten gibt. Die meisten kommen jedoch aus Deutschland.
Bunt gemischt ist die Zusammensetzung der Gesellschaft. Sowohl Leute, die sich aus beruflichen Gründen mit Literatur beschäftigen, als auch klassische Literaturliebhaber sind darin zu finden. Erstaunlich viele junge Leute gebe es in der Gesellschaft, informiert Professor Dr. Holger Helbig. Er ist einer der beiden Vorsitzenden der Gesellschaft und Inhaber der Johnson-Professur an der Universität Rostock. Das hänge zum einen damit zusammen, dass von der Gründung an ein hoher Anteil an Studenten dabei war und zum anderen, dass „wir gleich versucht haben, Programm für junge Leute zu machen und an Schulen zu gehen“, erklärt Holger Helbig. Die Frage, weshalb junge Leute den Autor interessant finden könnten, spielte hierbei eine zentrale Rolle.

„Uwe Johnson hat eine sehr beeindruckende Art zu schreiben“, antwortet André Kischel darauf. Er gehört zu den jüngeren Gesellschaftsmitgliedern. Im letzten Jahr hat er sein Germanistik- und Geschichtsstudium abgeschlossen und möchte nun über Uwe Johnson promovieren. Kennengelernt hat er den Autor 2007 bei einem Seminar an der Rostocker Uni. „Mutmassungen über Jakob war das erste Buch, was ich sehr intensiv gelesen habe und das mir den Zugang zu Uwe Johnson eröffnet hat“, erinnert sich der Germanist. Vor allem die dynamische Sprache der frühen Werke habe ihn begeistert und dazu geführt, dass er auch später noch weitergelesen hat. „Die Gegenstände, über die er schreibt, sind gerade für Studenten der Germanistik und Geschichte immer wieder relevant.“ Aber nicht nur aus historischem Interesse schätzt er den Autor. Auch persönlich fühlt er sich mit ihm verbunden, gingen doch sein Vater und Uwe Johnson auf dieselbe Schule, das John-Brinkman-Gymnasium in Güstrow.

Als der Vater durch Gespräche mit seinem Sohn davon erfuhr, wurde es für ihn interessant. „Ich kenne die Plätze, die in Johnsons Werk beschrieben werden“, erzählt Dr. Erwin Kischel. Als Barlach-Verehrer wurde der Autor für ihn durch die Beschäftigung mit Barlachs Romanfragment „Der gestohlene Mond“ noch interessanter. Und auch die anderen Werke Johnsons haben bei dem promovierten Landwirt einen starken Eindruck hinterlassen. „Ich bewundere seinen Stil und die Objektivität seiner Darstellungsweise. Er beschreibt keine Typen, sondern Menschen in Verhältnissen ohne irgendwelche Ideologien zu bevorzugen“, erklärt der begeisterte Johnson-Leser.
Eine ganz wichtige Schrift ist für ihn der zehnseitige „Versuch eine Mentalität zu erklären“. „Dort beschreibt er, wie DDR-Bürger, die in den Westen gegangen sind, sich verhalten und wie deren Verhalten zu beschreiben ist. Das ist auch heute noch von höchster Aktualität“, betont Erwin Kischel.
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„Ich halte es für enorm wichtig, nicht nur Johnson als Literat wahrzunehmen, sondern auch als Helfer bei der Verarbeitung der eigenen Geschichte meiner Generation“, fasst er die Bedeutung des Schriftstellers zusammen. Deshalb findet der Rentner aus Satow es wichtig, Uwe Johnson bekannter zu machen. Nicht nur im eigenen Bekanntenkreis, sondern auch darüber hinaus, möchte er sich dafür einsetzen.
Da er dieses Ziel mit der Uwe Johnson-Gesellschaft teilt und hier weitere Anregungen für die Beschäftigung mit dem Autor erhält, hat er sich dazu entschlossen, ebenfalls Teil dieser Gemeinschaft zu werden. Mit Dr. Erwin Kischel konnte die Gesellschaft Anfang März nun ihr 100. Mitglied in ihren Reihen begrüßen. Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung der noch jungen Gesellschaft.