„Kahlschlag ist nicht unser Ziel“ - Pflege der Wallanlagen

Grünamt und Denkmalpflege erklären ihre Pläne für Rostocks Wallanlagen

30. März 2012, von
Teufelskuhle mit Blick zum Kröpeliner Tor
Teufelskuhle mit Blick zum Kröpeliner Tor

„Die Axt in der Hand eines zuverlässigen Gärtners ist nichts Schlimmes, sondern etwas Gutes“, warb bei einer Informationsveranstaltung am Mittwochabend Dr. Stefan Neubauer um Vertrauen für die Arbeit des ihm unterstellten Amtes für Stadtgrün, Naturschutz und Landschaftspflege. Das war Rostocker Bürgern in den letzten Jahren verloren gegangen angesichts des Kahlschlags auf dem Kanonsberg. Nun befürchten viele Ähnliches für die Wallanlagen, die beliebte grüne Oase im Herzen der Stadt.

Bekritzelte Stadtmauer und Bänke
Bekritzelte Stadtmauer und Bänke

„Kahlschlag ist nicht unser Ziel“, versuchte Professor Stefan Pulkenat zu beruhigen. Als Landschaftsarchitekt war er an der Erstellung der denkmalpflegerischen Zielstellung beteiligt, die eine der Grundlagen für die Pflege- und Gestaltungsmaßnahmen der Parkanlage bildet. Pulkenat bezeichnet die noch gut erhaltenden Höhenunterschiede der einstigen Festungsanlage als einzigartig in Norddeutschland. „Wenn alles zugewachsen ist, nivelliert sich das“, erklärt er die gärtnerische Gestaltung. Die denkmalgeschützte Parkanlage vom Steintor bis zum Kröpeliner Tor, so die Vorstellungen der Planer, soll daher wieder so aussehen, wie in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts mit einer „wunderschönen Durchgrünung, aber auch mit Öffnungen und freien Flächen, sodass man von den Wegen wunderbare Aussichten hat.“

Davon kann heute an vielen Stellen keine Rede sein. Wildwuchs, Vandalismus, Fernwärmeleitungen, abrutschgefährdete, steile Hänge und schlechte Wasserqualität im Wallgraben bereiten hier Probleme. Die Pflege und Gestaltung der Grünanlage richte sich außerdem nicht nur nach der denkmalpflegerischen Zielstellung, sondern auch danach, wie viel Geld aus dem Haushalt der Stadt zur Verfügung gestellt wird.

Der Steg der Teufelskuhle wird in diesem Jahr saniert
Der Steg der Teufelskuhle wird in diesem Jahr saniert

„Aus meiner Sicht ist der Zustand der Wallanlagen so prekär, weil die Pflege in den letzten zwei Jahrzehnten massiv heruntergefahren worden ist. Wir fordern mehr Pflege, damit so ein radikaler Schritt, wie auf dem Kanonsberg nicht notwendig wird“, mahnt Denkmalpflegerin Uta Jahnke.

„Unser Hauptziel ist trotz der angespannten Budgetsituation die Sicherung und Verbesserung des durchaus kritikwürdigen Pflegezustands“, erklärt Stefan Neubauer. Die Promenade auf dem Oberwall, die Fischerbastion und der Kanonsberg sowie der Spielplatz auf dem Mittelwall, wo derzeit einige Spielgeräte ausgetauscht werden, bilden drei örtliche Schwerpunkte.

Links versperrt Wildwuchs den Blick von der Promenade auf die Teufelskuhle
Links versperrt Wildwuchs den Blick von der Promenade auf die Teufelskuhle

Als laufende Maßnahme sollen die wild wachsenden Gehölze ausgelichtet werden. „Es geht dabei nicht um starke und ausgewachsene Bäume, sondern es geht um den Wildwuchs“, betont der Grünamtsleiter. Dieser Wildwuchs mache besonders den Platanen auf dem Wall zu schaffen, die von anderen Bäumen bedrängt werden. Insbesondere der dünne Spitzahorn soll unter anderem auf den Innenflächen der Teufelskuhle herausgenommen werden, um so wieder die Sicht freizulegen.

Dennoch soll der Wildwuchs nicht konsequent weg. „Wir suchen uns unter den jungen Bäumen die Zukunftsbäume aus, damit wir in 50 und 100 Jahre noch Bäume haben“, erklärt Neubauer den Ansatz der Pflegearbeiten. Eine komplette Rodung wies er als Unterstellung zurück: „Man kann gar nichts Besseres haben, als die steilen Böschungen mit dieser biologischen Verbauung zu sichern.“ Den Bürgerschaftsbeschluss vom Februar, der Baumfällarbeiten auf den Wallanlagen einschränkt, bezeichnete er als kontraproduktiv.

Der Kahlschlag auf dem Kanonsberg ergab sich, so die Erklärung Neubauers, aus technischen Zwängen, da die schlechte Statik der Mauer die Sicherheit auf der L22 gefährdete. Im Herbst sollen hier aber zusätzliche Bäume gepflanzt werden.

Auch an der Sanierung des Kröpeliner-Tor-Vorplatzes und des Wallgrabens, wo derzeit die über hundert Jahre alten Rohre saniert werden, beteiligt sich das Amt mit kurzfristigen Investitionen.

Die Treppe zur Heubastion ist nicht barrierefrei und soll saniert werden. Links Fernwärmeleitungen und Graffiti sind ein unliebsamer Blickfang in den Wallanlagen. Die Platane rechts hat große Verwucherungen und ist als Naturdenkmal geschützt.
Die Treppe zur Heubastion ist nicht barrierefrei und soll saniert werden. Links Fernwärmeleitungen und Graffiti sind ein unliebsamer Blickfang in den Wallanlagen. Die Platane rechts hat große Verwucherungen und ist als Naturdenkmal geschützt.

Zu einem späteren Zeitpunkt sollen auch die Treppe zur Heubastion und der Eingang aus dem Bereich der Hermannstraße saniert werden.

„Die Wallanlagen sind seit 100 Jahren ein geschütztes Baudenkmal und seit den 1970er Jahren ein geschütztes Gartendenkmal“, erläutert Uta Jahnke vom Amt für Denkmalpflege. Das Amt war an der Erstellung der denkmalpflegerischen Zielstellung, der eine Analyse der historischen Entwicklung und des gegenwärtigen Zustandes vorausgegangen war, maßgeblich beteiligt.

Der Eingang der Wallanlagen von der Hermannstraße
Der Eingang der Wallanlagen von der Hermannstraße

Die Wallanlagen wurden im Mittelalter als Teil der Stadtbefestigung angelegt und im Zuge des 30-jährigen Krieges ausgebaut. Mit dem Rückbau der Festungsanlagen im 19. Jahrhundert fand auch eine Umgestaltung der militärischen Anlage zu einem Park statt, der noch heute die Handschrift des Stadtgärtners Schomburg trägt. Schon um 1911 beklagte er den Wildwuchs, der die freie Sicht beim Flanieren einschränke, die Sicherheit der Damen gefährde und die Ursache für den üblen Geruch des Grabens wäre.

Schlagwörter: Bäume (51)Denkmalschutz (37)Geschichte (90)Heubastion (5)Natur (109)Stadtgrün (31)Umwelt (129)Wallanlagen (37)