„Fokus Junge Kunst“ in der Rostocker Kunsthalle
Gruppenausstellung der Jürgen Ponto-Stiftung zeigt Arbeiten von Julia Leschik, Paetrick Schmidt, Martina Stein und Christin Wilcken
8. Dezember 2012, von Andre
Da hängen zwei Schreibtische an der Wand. Außerdem noch ein Lampenständer, der in einer Zielscheibe steckt. Julia Leschik macht räumliche Kunst. Sie löst Objekte aus ihrer ursprünglichen Umgebung heraus und lässt so neue Bedeutungswelten entstehen. Sehen kann man eine kleine Auswahl ihrer Arbeiten in der Ausstellung „Fokus Junge Kunst“, die heute in der Rostocker Kunsthalle eröffnet wurde.
Die beiden mit Lackfarbe bearbeiteten Schreibtische tragen den Titel „resistencia“. Ihre Schubladen sind geschlossen, sie verstecken ein Geheimnis. Ein Motiv, das sich durch alle in der Kunsthalle gezeigten Exponate der Neuruppinerin zieht. Ein Versteck, ein Schutzraum, der erschaffen wird. Es ist die individuelle Aufgabe des Betrachters, die Geschichte hinter diesem Raum zu lüften und die Schubladen gedanklich mit Inhalt zu füllen.
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Ebenso wie Julia Leschik hat auch Martina Stein in Greifswald studiert. In ihrer Zeit dort wurde sie auf den kleinen Ort Loitz aufmerksam. In der 4000-Einwohner-Gemeinde zwischen Demmin und Greifswald entdeckte die Künstlerin im Jahr 2009 ein Haus, das sie zu einem künstlerischen Gesamtprojekt machte. „Dieses Haus hat mich einfach angesprochen“, erzählt die 30-Jährige.
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Um das Schicksal des Hauses ranken sich verschiedene Geschichten. Sicher ist nur, dass die Anwohner das Gebäude kurz nach dem Mauerfall über Nacht verlassen haben. Julia Leschik hat sich der alten Bausubstanz angenommen und mit den Fundstücken eine Installation erarbeitet. Zuerst wurde jedoch jedes Fundstück mit einem Fineliner inventarisiert. So sind 580 Zeichnungen entstanden, die spannende Geschichten ganz ohne Worte erzählen.
Ganz anders ist es in den Arbeiten von Paetrick Schmidt. Er nutzt für seine Bilder und Skulpturen bewusst Schrift als grafisches Mittel. „Wir waren glücklich“ oder „This town ain´t big enough for both of us“ schreit es einem förmlich entgegen. Doch die Wörter sind nur ein kleiner Aspekt seiner Werke. Viel läuft bei dem Grafiker aus Wismar auch über immer wiederkehrende Fratzen, abgedrehte Figuren und schrille Farben.
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„Bei Paetrick wuselt es nur so“, erzählt Dr. Ulrich Ptak von der Kunsthalle, der die Ausstellung in Zusammenarbeit mit den Künstlern kuratiert hat. Paetrick Schmidt erschafft sich ganz eigene Welten, die zwar kindlich anmuten, wie etwa das „Tuko Land“, aber oft auch kriegerische Aspekte beleuchten. Mit seinem intensiven Einsatz von Farben und Symbolen erinnern seine Arbeiten oft an Comics und beinhalten – mal offensichtlich und mal versteckt – Anspielungen auf Filme und andere moderne Medienerscheinungen.
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Ganz im Gegensatz zu den grell überzeichneten Bildern von Paetrick Schmidt stehen die minimalistischen Arbeiten von Christin Wilcken. Auch die gebürtige Güstrowerin hat wie Julia Leschik und Martina Stein in Greifswald studiert und ist auch in Rostock keine Unbekannte. Hier hat sie schon in der Galerie wolkenbank ausgestellt und war im März für ein Stipendium im Schleswig-Holstein-Haus.
Ausschnitte aus zwei Serien sind in der Kunsthalle zu sehen. Bei „Einsiedel“ handelt es sich um eine besondere Form der Landschaftsmalerei, die mit Kohle und Graphit räumliche Strukturen entstehen lässt. Und auch „Die großen Berge“ zeigen ganz besondere Landschaften. Durch speziell gefaltetes Papier entstehen Muster, die mit Graphit akzentuiert sind. Eine Verbindung zu Gebirgen, die ja ebenfalls durch Faltung entstanden sind, liegt nahe, aber auch ganz eigene Interpretationen lassen sich in den Bildern wiederfinden.
Organisiert und finanziert wurde die Ausstellung „Fokus Junge Kunst“ von der Jürgen Ponto-Stiftung. Ziel ist es, junge Künstler aus bestimmten Regionen zu fördern. Die Kunsthalle ist nach Altenburg im letzten Jahr die zweite Station der Reihe. Mit den 30.000 Euro wird nicht nur die Ausstellung selbst gefördert, die noch bis zum 27. Januar besucht werden kann, sondern auch ein eigener Katalog für jeden der Nachwuchskünstler.