Zuordnung der Kulturverwaltung wird nicht geändert
Bürgerschaft stoppt in einer Dringlichkeitssitzung die Strukturveränderungspläne des Oberbürgermeisters
1. August 2012, von Stefanie
Moment! Mit einem Zeichen des Innehaltens demonstrierten heute Nachmittag zahlreiche Rostocker Kulturschaffende und interessiertes Publikum, dass sie sich von der aktuellen Kulturpolitik in Rostock überrumpelt fühlen. Regungslos verharrten sie um 15:45 Uhr im Rahmen eines Flashmobs vor dem Rathaus, in dem sich eine Viertelstunde später die Bürgerschaft zu einer Dringlichkeitssitzung in der Sommerpause zusammenfand.
Anlass war die vom Oberbürgermeister Roland Methling geplante Strukturveränderung im Senatsbereich Kultur. Der dafür verantwortlichen Senatorin Dr. Liane Melzer (SPD) sollten demnach die Bereiche Kultur, Denkmalpflege und Museen entzogen und dem Oberbürgermeister direkt untergeordnet werden.
Schon ab 1. September – so seine Absicht – sollte die neue Verwaltungsstruktur in Kraft treten. Die Bürgerschaft wäre regulär erst am 5. September wieder zusammengekommen. Mit einem Dringlichkeitsbeschluss in einer Sondersitzung schob sie nun dem Vorhaben einen Riegel vor.
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Heftig fiel die Kritik der Fraktionsmitglieder zu dem Alleingang Methlings aus. Undemokratisches Vorgehen und eine selbstherrliche Amtsführung warfen sie ihm vor. „So geht es nicht“, empört sich Professor Dr. Dieter Neßelmann (CDU). „Die Art und Weise der Kommunikation, wie sie in den letzten Monaten stattgefunden hat, ist nicht akzeptabel.“
Viele Fraktionsmitglieder mahnten auf der Sitzung eine Einbeziehung der Bürgerschaft an, wenn es um eine Änderung in der Verwaltungsstruktur geht. Schließlich werden die Senatoren durch die Abgeordneten gewählt, so ihr übereinstimmender Tenor.
Roland Methling hingegen beruft sich auf die Kommunalverfassung. Die regelt, dass die Geschäftsverteilung dem Bürgermeister zukommt und dass die Zustimmung der Gemeindevertretung erst ab zehn Prozent der von einer Strukturveränderung betroffen Stellen erforderlich sei. Mit sechs Stellen aus dem Bereich Denkmalpflege werde die Zahl jedoch unterschritten.
Seine Idee: Der Bereich Denkmalpflege sollte aus dem Amt Kultur und Denkmalpflege herausgelöst und dem Amt für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Wirtschaft zugeordnet werden, der Bereich Kultur mit dem Amt für städtische Museen verschmelzen. Während das Amt für Stadtentwicklung bereits zur Zuständigkeit des Oberbürgermeisters gehört, sollte auch das neue Amt für Kultur und Museen dem Stadtoberhaupt untergeordnet werden.
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Damit „würde mir der strategische Kern des Kulturbereiches entzogen“, beklagt die Kultursenatorin Liane Melzer, die sich mit den OB-Absichten Anfang Juli – einen Tag vor ihrem Urlaub – überraschend konfrontiert sah.
Sie seien das Ergebnis einer Organisationsuntersuchung, die im Herbst 2011 begonnen wurde und bei dem auch betroffene Mitarbeiter wie Liane Melzer und die Direktorin der städtischen Museen Dr. Michaela Selling einbezogen wurden, erklärt Roland Methling.
Ausgangspunkt für die Untersuchung war die öffentliche Kritik an der aufgeblasenen Ämterstruktur. So stehe hinter dem Amt für städtische Museen – nachdem Kunsthalle, Warnemünder Heimatmuseum und das Schifffahrtsmuseum von anderen Betreibern übernommen wurden – lediglich das Kulturhistorische Museum. Auch das mit 11,5 Stellen besetzte Kulturamt verdiene eigentlich keine Ämterstruktur mit hoch dotiertem Amtsleiter, so Methling.
Er betont: „Es ändert sich für keinen der Mitarbeiter in den zusammengelegten Bereichen etwas in der Arbeitsaufgabe, der Funktion, der Bezahlung, nicht einmal in der örtlichen Situation.“
„Das können wir nicht beurteilen, da uns keine maßgeblichen Unterlagen vorliegen“, bezweifelt Eva Wesenberg vom Personalrat der Stadtverwaltung. Auch sie kritisiert, dass die Verwaltungsmitarbeiter erst kürzlich durch die Presse von den Umstrukturierungsplänen erfahren haben.
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Einigkeit herrschte weitestgehend darüber, dass es angesichts der üppigen Ausstattung des Senatsbereichs von Liane Melzer zu einer Entlastung kommen sollte. „Aber bevor ihr Kompetenzen entzogen werden, sind andere Schritte wesentlich angemessener“, entgegnet Eva-Maria Kröger (Linke) und fordert stattdessen Amtsleiter einzustellen, um die Personalstruktur zu stärken.
Bereits im Dezember hatte die Bürgerschaft dies beschlossen. Da sich bisher jedoch nichts getan hat, erneuerten die Abgeordneten ihren Beschluss.
Mit der Entscheidung die Ämterstruktur wie bisher zu belassen, folgte die Mehrheit der anwesenden Bürgerschaftsmitglieder einer Empfehlung der Kulturausschusses.
Der lehnt eine Umstrukturierung ebenfalls ab. „Wir sehen keinerlei fachliche Begründung“, erklärt dessen Vorsitzende Susan Schulz (Grüne). Mit der Zerschlagung des Kulturbereiches werde eine gerade in Gang gekommene Entwicklung der kulturpolitischen Leitlinien gefährdet, verweist sie auf einen Prozess, an dem sowohl die Verwaltung als auch die Kulturträger beteiligt sind.
Letztere standen auf der Balustrade des Bürgerschaftssaals demonstrativ in weißen T-Shirts mit der Aufschrift: „Kultur ist eine Chefsache“.