Fußball und Kinderlesefest im Peter-Weiss-Haus

„Mit dem Fußball um die Welt“

4. Juli 2010, von
Kinderlesefest im Peter-Weiss-Haus
Kinderlesefest im Peter-Weiss-Haus

Jetzt komm ich doch nicht drum herum, über Fußball zu schreiben. Seit Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika wurde auf fast jeder Veranstaltung, die ich besuchte, irgendwie darauf Bezug genommen und wenn es auch nur im Nebensatz war. Bisher habe ich tapfer das Thema vermieden. Am Samstag nun, nur wenige Stunden vor dem Viertelfinale Deutschland gegen Argentinien, war ich auf dem Kinderlesefest im Peter-Weiss-Haus. Unter dem Motto „Mit dem Fußball um die Welt“ stand dieses ganz im Zeichen der WM.

Als ich mich dem Peter-Weiss-Haus näherte, fiel mir sofort die Stille auf, die für ein Kinderfest doch recht ungewöhnlich ist. Na, vielleicht haben sich die Kids bei den heißen Temperaturen ins kühle Haus zurückgezogen und lauschen schon gespannt einer Geschichte, dachte ich mir. Als ich jedoch in die Räume schaute, herrschte dort gähnende Leere.

Bjarne Richter
Bjarne Richter

Nur Bjarne Richter hatte sich einen Ball geschnappt und zielte auf eine Torwand. In seiner Freizeit spielt er gern Fußball und ja, lesen mag er auch. Aber eigentlich seien er und seine Schwester wegen ihres Vaters zum Kinderlesefest gekommen, erzählt er. Sein Vater, Peter Richter, ist Sportreporter und wurde eingeladen, um sich den Fragen rund um den Fußball zu stellen und Anekdoten zu erzählen. Doch leider fehlten die Zuhörer.

Plötzlich rief jemand auf dem Flur: „Das erste Kind ist da!“ Schnell wurden noch ein paar Erwachsene zusammengetrommelt, damit Eva Weiss ihre Musikgeschichten erzählen konnte. Die Musikerin Eva Weiss kommt aus Hannover und hat sich vor allem auf ältere Musik aus der Zeit der Renaissance und des Barocks spezialisiert. Vor einigen Jahren hat sie ihre Liebe für das Geschichten-Erzählen entdeckt und tritt seitdem für Kinder in Schulen und Bibliotheken auf. Immer mit dabei hat sie ein buntes Sammelsurium an ungewöhnlichen Instrumenten.

Eva Weiss mit der Gambe
Eva Weiss mit der Gambe

Eines ist die Viola da Gamba, im Deutschen auch Gambe oder Kniegeige genannt. Mit diesem historischen Streichinstrument spielt sie nicht nur 400 Jahre alte Musik, sondern verleiht auch den Figuren in ihren Geschichten und der Handlung selbst damit einen lebendigen Charakter.

Dem Rostocker Publikum stellte sie auf diese Weise musikalisch einen Esel, einen traurigen Hund, eine Katze, die „sehr leise klingen muss“ und einen Hahn, der sich aufplustert vor. Ja, „die Bremer Stadtmusikanten“ standen auf dem heutigen Programm. Angereichert wurde der Vortrag durch die Klänge unter anderem von Waldteufeln, Flexaton und Psalter. Alle Instrumente konnten vom Publikum im Anschluss ausgiebig begutachtet und ausprobiert werden.

Psalter
Psalter

Und was hatte das Grimmsche Märchen nun mit Fußball zu tun? Na ist doch klar: Ohne den Teamgeist, den die Mannschaft im Kampf gegen die Räuber bewiesen hat, würden die vier Freunde nicht bis an ihr Lebensende friedlich im Haus leben können. Und hätte die deutsche Mannschaft nicht besser zusammen Fußball gespielt als die argentinische, dann hätten sie das Viertelfinale wahrscheinlich nicht gewonnen.

Lesefest im Literaturhaus Rostock
Lesefest im Literaturhaus Rostock

Trotz des aktuellen Mottos, welches im Moment nahezu jeden mitzureißen scheint, kamen leider nur sehr wenige Kinder ins Peter-Weiss-Haus. „Bei dem sommerlichen Wetter zieht es wohl alle eher an den Strand“, versuchte sich Katinka Friese vom Literaturhaus Rostock die geringe Resonanz zu erklären. Gemeinsam mit dem Verein Soziale Bildung e.V. – OKJA hatte sie das Fest organisiert. Bleibt nur zu wünschen, dass es beim nächsten Mal – ohne Konkurrenz von Fußball- und Wettergott – mindestens wieder so viel Interesse gibt wie beim Lesefest vor ein paar Wochen. Wer heute nicht den Weg ins Peter-Weiss-Haus gefunden hat, der hat nämlich wirklich etwas verpasst.

Alternative? Der Sonne hinterher! Das Literaturhaus zieht an den Strand und es gibt, wie beispielsweise in Prerow, eine Strandkorblesenacht in Warnemünde – hat durchaus Charme diese Idee …

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