Eva Menasse: „Lässliche Todsünden“
Großes Finale bei der LiteraTour Nord in Rostock
17. Februar 2010, von Elina
Die Lesungsreihe der LiteraTour Nord begleitet uns nun schon seit Oktober letzten Jahres und hat uns in der kalten Jahreszeit durchaus warme und schöne Momente beschert. Doch wenn es am schönsten ist, soll man bekanntlich aufhören und so ist mit der Lesung von Eva Menasse nun das große Finale und Ende dieser sechsteiligen Lesungsreihe erreicht.
Bereits bei der letzten Lesung von Matthias Politycki hatte meine Sitznachbarin prophezeit, dass das Rennen um den Publikumspreis an der Stelle noch längst nicht entschieden sei. Eva Menasse könne eine ernsthafte Konkurrentin für meinen persönlichen Favoriten Helmut Krausser sein, dessen Buch ich heute gerade endlich fertig gelesen habe.
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Eva Menasse scheint allerdings kein sonderlich geheimer Geheimtipp zu sein. Bei meiner Ankunft in der „anderen Buchhandlung“ erwartet mich eine unvorstellbar lange Schlange, die jeden Zutritt in die Innenräume erst einmal verwehrt. Zusätzlich scheinen sämtliche Sitzplätze bereits belegt oder reserviert zu sein, wodurch den ungeduldig Wartenden bald die Hoffnung schwindet, überhaupt noch eingelassen zu werden.
Doch bekanntlich ist ja in der kleinsten Hütte Platz, und so wird dank Stehplätzen und Sitzkissen auf Bücherregalen schließlich doch niemand weggeschickt. Am Ende passen etwa 100 literaturbegeisterte Zuschauer in die kleine Buchhandlung, wer hätte das gedacht? Inhaber Manfred Keiper ist „überwältigt“ angesichts des unerwarteten Andrangs. Hätte man das vorher gewusst, wäre die Lesung sicher auch ins Peter-Weiss-Haus verlegt worden.
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Eva Menasse erforscht in ihrem Erzählband „Lässliche Todsünden“ die sieben größten menschlichen Laster in unserer heutigen modernen Gesellschaft und verdeutlicht diese auf humorvolle aber oftmals traurig direkte Art und Weise. In den gleichnamigen Kapiteln werden Trägheit, Gefräßigkeit, Wollust, Hochmut, Zorn, Neid und Habgier neu interpretiert, es wird sozusagen „neuer Wein in alte Schläuche“ gefüllt.
Zuerst liest Eva Menasse den Anfang ihres Buches, aus dem Kapitel „Zorn“. Nachdem wir dort die Hausfrau und Mutter Ilka kennen lernen durften, die mit ihren Nachbarn vom Schrebergarten und ihrer eigenen Familie zu kämpfen hat, geht es weiter zum nächsten Kapitel. Die Zuschauer dürfen zwischen „Trägheit“ und „Wollust“ wählen und entscheiden sich (natürlich) für letzteres.
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Nach der Buchvorstellung leitet Prof. Lutz Hagestedt von der Uni Rostock die lockere Fragerunde ein. Die erste und einfachste Frage bezieht sich auf Eva Menasses Einstellung zur Religion, da dies ja offensichtlich wichtiger Gegenstand ihres Buches ist. Diese These belegt er anschaulich an einer Vielzahl biblischer Begriffe, die er dem Werk frei entnommen hat.
Die Autorin bezeichnet ihr Verhältnis zur Religion allerdings als „freundlich distanziert“. Im Buch wurden viele biblische Begriffe benutzt, die allerdings im weltlichen Kontext stehen und so „überhaupt nicht ins religiöse führen“. Die sieben Todsünden wurden lediglich als „Gefäß“ für ihre Erzählungen verwendet und haben keinen tieferen religiösen Sinn.
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Nach diesem würdevollen Abschied wird schließlich das Ende der Lesungsreihe eingeläutet und der treue Zuschauer steht vor der schwierigen Entscheidung um seinen Favoriten. Noch die ganze Woche über kann der Stimmzettel der LiteratourNord ausgefüllt und in der „anderen Buchhandlung“ oder im Literaturhaus abgegeben werden. Der Sieger des Publikumspreises wird dann in den nächsten Wochen ermittelt.