„The Fairy Queen“ von Henry Purcell im Barocksaal
Volkstheater Rostock zeigt Achterbahn der Gefühlswelt inszeniert von Alexander Herrmann
27. April 2011, von Stefanie
Das Volkstheater Rostock feiert am kommenden Samstag die Premiere von Henry Purcells „The Fairy Queen“. Eine Barockoper im Barocksaal – das passt doch wie angegossen. Wo auch sonst in Rostock, im Großen Haus vielleicht? Das steht seit dem 22. Februar bekanntermaßen nicht mehr für Theateraufführungen zur Verfügung. Also wurde flugs umgeplant und die ursprünglich angesetzte Premiere von Humperdincks „Hänsel und Gretel“ vom 30. April in den Herbst (und voraussichtlich in ein Zelt) verschoben. Ein neues Stück für das Musiktheater musste her, und zwar schnell. Nur noch wenige Wochen blieben für die Vorbereitungen. Schließlich fiel die Wahl auf „The Fairy Queen“ des englischen Komponisten Henry Purcell.
„In so kurzer Zeit eine Opernproduktion von null auf hundert zu führen, das hat noch nie jemand in Rostock erlebt“, macht Bernd Hobe, der seit zwei Jahren Musiktheaterdramaturg in Rostock ist, auf die erschwerten Bedingungen aufmerksam, unter denen derzeit im Volkstheater gearbeitet wird. Aber „bisher lief alles gut“, verkündet er auf der Probe am Dienstag.

Auch Regisseur Alexander Herrmann gibt grünes Licht für seine erste Operninszenierung in Rostock. Es schiebe sich zum Glück alles zusammen, sagt er und verspricht einen unterhaltsamen und spannenden Theaterabend mit allen Aufregungen, die mit der Liebe zu tun haben.

Denn die Grundlage für Purcells Musikstück ist die Shakespearekomödie „Ein Sommernachtstraum“ – der Klassiker schlechthin über das Ver- und Entlieben. „Ich habe versucht, mit den Mitteln des Theaters den Geist des Sommernachtstraums, die Verwirrungen der Gefühle, wie sich Paare finden, sich verlieben – auch in den Falschen – und eine Achterbahn der Gefühlswelt erleben, auf die ‚Fairy Queen‘ zu übertragen“, beschreibt der Regisseur seine Herangehensweise für die Umsetzung der Oper. Bei der es sich übrigens nicht um eine Oper im herkömmlichen Sinn handelt, sondern um eine sogenannte Semi-Oper: ein Schauspiel, in dem musikalische und auch getanzte Szenen eingeflochten sind. Diese Bühnenform erfreute sich besonders im England des 17. Jahrhunderts großer Beliebtheit.

Schon damals gab es einige Zeitgenossen, die Zweifel an der Kombination von Musik und Dialog äußerten. Und auch für die Rostocker Fassung hat man sich für eine Kürzung des Stückes, das 1692 uraufgeführt wurde, entschieden. „Wir machen keine Semi-Oper, sondern nur Musik und sind auch frei mit der Anordnung der Musik und der Szenen umgegangen“, erklärt Bernd Hobe den Probenbesuchern.

Ausgangspunkt ist der Streit des Elfenkönigspaares Titania und Oberon um das Wesen der Liebe. Während Oberon der Meinung ist, dass Liebe Abwechslung brauche, um von Dauer zu sein, sind für die Elfenkönigin Beständigkeit und Treue ganz wichtig. Im Laufe des Stückes entwickeln sich dann drei Episoden um drei Liebespärchen, deren Konstellation durch die magischen Kräfte einer Zauberblume durcheinandergewirbelt wird. Die Liebespaare sind nicht aus dem Stück genommen, sondern frei erfunden. Auch die allegorischen Figuren, die sich den beiden Komplexen „Nacht“ und „Jahreszeiten“ zuordnen lassen, werden in besonderer Weise in das Geschehen eingebunden.

Gesungen wird in der Originalsprache Englisch. Da es keine Möglichkeit für Übertitel wie im Großen Haus gibt, dient eine deutsche Übersetzung des Librettos im Programmheft als Aushilfe.
Dargestellt wird die Handlung durch acht Solisten auf einem zehn Meter langen und zwei Meter breiten Steg inmitten des Barocksaals. Von drei Seiten kann das Publikum das Bühnengeschehen verfolgen.

Im hinteren Teil des prachtvollen Raumes spielt die Norddeutsche Philharmonie auf einem Podest, in kleiner Besetzung, wie es zur Barockzeit üblich war, aber mit modernen Instrumenten. Eine spezielle Orgel, ein Cembalo und Blockflöten sollen den typischen Klangcharakter der Barockmusik unterstreichen.
Die musikalische Leitung übernimmt Manfred Hermann Lehner. Wie im 17. Jahrhundert noch üblich, wird der Kapellmeister selbst am Cembalo mitspielen und von dort das Orchester dirigieren.
Auch der Opernchor wird in kleiner Kammerbesetzung auftreten. Zum einen, um die historische Vortragsweise zu bedienen, „aber auch aus praktischen Gründen, weil man so viele Menschen in diesem Saal schwer unterbringt“, erläutert Alexander Herrmann.
„In der ganzen schwierigen Situation aufgrund der Schließung des Großen Hauses war diese Produktion im Barocksaal von Anfang an ein Lichtblick“, bemerkt Bernd Hobe. „Zum einen wegen des Raumes und vor allem wegen des Stückes.“
Organisatorische Flexibilität mit künstlerischer Kreativität zu verbinden, das wird dem Rostocker Volkstheater derzeit in besonderer Weise abverlangt. Wie das Ergebnis bei der Produktion von Henry Purcell „The Fairy Queen“ aussieht, das können die Theaterbesucher bei der Premiere am 30. April und weiteren Vorstellungen am 8. und 24. Mai erleben.