Weltrekordversuch im Sandbrückenbau an Karls Pier 7
Kann eine Brücke nur aus Sand und Wasser einen Menschen tragen? Rekordversuch bei der 2. Warnemünder Sandwelt
13. Mai 2011, von Olaf
Warnemünde, Pier 7, 14:06 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit – der Durchbruch ist geschafft. Seit gestern arbeiten die beiden bulgarischen Künstler Irina Taflewskaja und Ruslan Korovkov hier an einem Weltrekordversuch – dem Bau einer Brücke nur aus Sand und Wasser.
Bereits zum zweiten Mal wird in diesem Jahr an Karls Pier 7 die Warnemünder Sandwelt veranstaltet. Unter dem Motto „Meeresgeschichten“ erschaffen neun Künstlern aus sieben europäischen Ländern Skulpturen aus Sand – bis zu sechs Meter breit und dreieinhalb Meter hoch.

Immer wieder wurde er von Besuchern gefragt, wie stabil und belastbar die Kunstwerke aus Sand denn tatsächlich sind, erzählt Othmar Schiffer-Belz, der künstlerische Leiter von Karls Erlebnis-Dorf. Da sei ihm die Idee zu diesem Test gekommen – ob eine Brücke aus Sand und Wasser tatsächlich einen Menschen tragen kann.
Ein Rohling aus verdichtetem Sand diente als Basis. Spezieller Sand, mit einer körnigen Struktur –erdfeucht, ein Fünftel Wasser, vier Fünftel Sand, aber kein Lehm oder gar Zement, betont Schiffer-Belz. Mit Schaufel und Spachtel arbeiteten die beiden Künstler aus diesem die äußere Form der Brücke heraus: den Bogen, das Geländer und die Treppenstufen. Doch bis heute fehlte noch ein wichtiges Detail der Bogenbrücke – der Durchbruch.

Mit einem Rohr ging es an die Arbeit und prompt stieß man auf ein Hindernis. Genau in der Mitte trafen die Brückenbauer auf einen kleinen Stein. Kurzerhand wurde auf der anderen Seite angesetzt und der Durchbruch – wie beim modernen Tunnelbau – von beiden Seiten punktgenau vorangetrieben. Um exakt 14:06 Uhr war es dann geschafft und der Durchstoß gelungen.
Beeindruckende 10 Tonnen Sand kamen bei dem Brückenbau zum Einsatz. 4,5 Meter lang und zwei Meter hoch ist das Bauwerk geworden – der Durchbruch misst gut einen Meter.
Doch wieso Weltrekord, ist diese Brücke wirklich so rekordverdächtig? Nach seinen Informationen gibt es nirgendwo auf der Welt eine Brücke dieser Größe, die nur aus Sand und Wasser gebaut wurde, erklärt Schiffer-Belz.

„Vielleicht ist es ja der Start eines großen weltweiten Wettbewerbes“, schaut der künstlerische Leiter in die Zukunft, „eines Wettbewerbs, der hier in Warnemünde seinen Anfang nahm.“ Nur ins Guinness-Buch der Rekorde wird es das Kunstwerk aus Sand nicht schaffen, das hätte man vorher anmelden müssen.
Und wann geht der erste Mensch über diese Brücke? „Heute noch nicht“, vertröstet Schiffer-Belz die zahlreichen Schaulustigen. Der Sand muss erst noch weiter trocknen und durchhärten. „Deshalb wollen wir jetzt nicht gleich übertreiben.“

In den nächsten Tagen soll der Durchbruch Schritt für Schritt vergrößert und dann auch immer wieder die Statik geprüft werden. Der obere Brückenteil soll zudem noch etwas abgeflacht werden, damit die Brücke einfacher überquert werden kann.
„Wir lassen erstmal den Tieren den Vortritt“, erzählt Schiffer-Belz augenzwinkernd. „Gestern war schon eine Krabbe unterwegs und heute haben wir einen Marienkäfer rübergehen lassen – den haben wir extra trainiert.“

Die zwei Brückenbauer bleiben übrigens noch etwas länger in Warnemünde, um neben dem Zwiebelschuppen an ihren eigenen Skulpturen zu arbeiten. Ruslan Korovkov gestaltet „Der alte Mann und das Meer“, Irina Taflewskaja widmet sich in ihrer Sandskulptur dem „Geist in der Qualle“. Bis zum 23. Mai kann man den beiden Künstlern bei ihrer Arbeit zuschauen.
Vorher steht aber noch der endgültige Belastungstest für die Brücke an. Am Montag könnte es so weit sein, gibt sich Schiffer-Belz verhalten optimistisch. Dann wird sich zeigen, ob eine Brücke aus Sand und Wasser tatsächlich einen Menschen tragen kann.
Aktualisierung, 19. Mai 2011:
Bestand der Durchbruch anfangs nur aus einem kleinen Loch, hat sich seit letzter Woche viel getan. „Behutsam mussten wir vorgehen, Zentimeter für Zentimeter“, beschreibt Korovkov die Arbeit der vergangenen Tage.

Doch die Mühe hat sich gelohnt, der Durchbruch ist komplett. Das Kunstwerk aus Sand sieht jetzt nicht nur aus wie eine echte Brücke, auch der erste Belastungstest wurde heute bestanden. Irina Taflewskaja selbst bewies, dass die nur aus Sand und Wasser erbaute Brücke problemlos einen Menschen tragen kann. Glückwunsch!
Wer weiß, vielleicht entwickelt sich aus dieser schönen Idee im nächsten Jahr tatsächlich ein Wettbewerb um die Brücke mit der höchsten Tragkraft oder der größten Spannweite. Bis es soweit ist, schaut einfach mal vorbei, bei der 2. Warnemünder Sandwelt an Pier 7.