Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner
Michael Joseph und Matthias Schümann – Lesung bei Thalia
13. März 2010, von Daniela
Bei den vielen Lachern während der gestrigen Lesung in der Thalia-Buchhandlung beschlich mich zwischendurch das Gefühl, die beiden Autoren hätten nur ihre Verwandten und Bekannten eingeladen oder es wurde ein Claqueur im Publikum versteckt.
Andererseits will ich nicht unfair sein. – Vielleicht bin ich durch Wiglaf Droste im Literaturhaus und die Lesung zum Frauentag in der Anderen Buchhandlung mittlerweile ein bisschen verwöhnt. Nur weil ich nicht so herzhaft lachen konnte, muss es anderen ja nicht genauso gehen.
Michael Joseph und Matthias Schümann stellten ihr Buch „Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner“ vor. Die Thalia Buchhandlung war zur Lesung ausgesprochen gut besucht. Nachdem gefühlte tausend Leute ihr Glas Wasser oder Wein erstanden hatten und das akademische Viertel mehr als ausgereizt war, begann die Lesung.
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Die beiden jungen Männer machten zwar einen sehr sympathischen Eindruck, das mit den Lesungen sollten sie in nächster Zeit allerdings noch etwas üben. Wie Wiglaf Droste letzten Samstag so treffend formulierte, „wird eine Lesung nicht unbedingt besser, wenn der Literat seinen eigenen Text nicht lesen kann“ oder, wie in diesem Fall, nicht mehr so gut kennt. Denn textlich war das Ganze zwischenzeitlich doch ein bisschen holprig und das ständige Sich-selbst-unterbrechen, um eine lustige Randbemerkung zu machen, hat das Ganze eher „verschlimmbessert“.
In ihrem Buch werfen die beiden Männer einen liebevollen Blick auf die Macken und Eigenarten unseres schönen Bundeslandes und seiner Bewohner. Vom Anbaden im März über archäologische Funde beim Bau der A20 bis hin zum alljährlichen Volksfestchaos während der Hanse Sail haben sie sich über dies und das Gedanken gemacht und es mit einem Augenzwinkern in ihren Texten verarbeitet.
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Interessant fand ich die Beschreibung der verschiedenen Autofahrertypen. So zum Beispiel der Typ „Vadder mit Prinz-Heinrich-Mütze“, der auf 60er-Strecken bevorzugt 50 fährt, weil die Beifahrerin – auch Muddi genannt – zum Haltegriff über dem Fenster greift, wenn es so „rasant“ in die Kurven geht. Tatsächlich sind die alltäglichen Verrücktheiten Mecklenburg-Vorpommerns gut beobachtet, auch wenn die Einwohner stellenweise vielleicht doch etwas zu sehr durch den Kakao gezogen werden.
Was sonst hätte die Zuschauer veranlasst, wie das Mr. Bean-Serienpublikum zu klingen? Nett war die Lesung schon, aber zum Schreien komisch war sie auch wieder nicht. Ich hoffe jedenfalls, dass die beiden Autoren es ernst meinten, als sie sagten, sie würden jetzt „nur die langweiligen Stellen“ lesen, damit man die guten noch zuhause lesen könne. Viele Dinge, die angesprochen wurden, sind wahrscheinlich für echte „Ausspanner“ witzig, also Leute, die einen distanzierten Blick von außen auf unser Land werfen können. Wenn man selbst hier lebt, ist man als junger Mensch tatsächlich froh, wenn man endlich ein Auto hat und findet die „Mützen-Opis“ auf der Straße irgendwann auch nicht mehr lustig.
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In einer anschließenden kurzen Fragerunde erklärten Michael Joseph und Matthias Schümann, dass sie sich jeweils Themen und Themenkomplexe ausgedacht und dann ausgelost hätten, wer worüber schreiben darf. Wobei sie in ihrer Wahl dann doch flexibel waren und auch noch getauscht hätten. Beide haben abwechselnd über ein Thema geschrieben. Welches Kapitel von wem stammt, ist im Buch aber nicht ersichtlich, „damit unsere Familien auch das ganze Buch lesen und nicht nur das halbe.“
Am Schluss bedankten die beiden sich, dass zu ihrer Lesung „mehr Zuschauer gekommen sind, als bei Klaus Wowereit“ und wiesen dann auf ihre nächsten Lesungen hin – unter anderem in Heiligendamm oder auf der Leipziger Buchmesse. Anschließend konnte man natürlich das Buch kaufen, oder, wer schon längst eines hatte, dieses signieren lassen. Einen positiven Effekt hatte die Lesung auf jeden Fall: nach der Veranstaltung wurden so viele Bücher wie noch nie nach einer Lesung verkauft. Irgendwas muss an dem Buch wohl doch dran sein.